Ab heute gilt die neue Bauordnung, die der Landtag Ende April verabschiedet hatte. Die Neufassung war notwendig geworden, um das Regelwerk an die von der Bauministerkonferenz der Länder beschlossene Musterbauordnung anzupassen, an der sich die Landesbauordnungen der Bundesländer orientieren. Zu Beginn der Legislaturperiode war die Novellierung im Koalitionsvertrag vereinbart worden.
„Die neue Bauordnung erleichtert den Planern und Fachbetrieben die Bauausführung und die Kostenkalkulation, weil ab heute erstmals seit 1990 in Brandenburg die gleichen Standards für Bauvorhaben gelten, wie in Berlin und den benachbarten Bundesländern. Angeglichen wurde auch die Praxis für die Prüfung der bautechnischen Nachweise für Standsicherheit und Brandschutz. Trotz steigender Genehmigungsgebühren ergeben sich insbesondere für Ein- und Zweifamilienhäuser geringere Baunebenkosten, weil die Ausgaben für die Statikprüfung entfallen. Außerdem sind in der neuen Bauordnung neue Regeln enthalten, mit denen wir mehr Barrierefreiheit in Gebäuden erreichen, “ sagte Bauministerin Kathrin Schneider.
Mit der neuen Bauordnung gilt für Wohnungen zukünftig die Pflicht zum Einbau von Rauchwarnmeldern. Aufenthaltsräume und Flure in Wohnungen, über die Rettungswege führen, müssen mit einem Rauchwarnmelder ausgestattet sein. Für bestehende Wohnungen gilt eine Nachrüstpflicht bis zum 31. Dezember 2020. Eine technische Lösung wird nicht vorgeschrieben, so dass der Mindestschutz mit batteriebetriebenen, kostengünstigen Rauchwarnmeldern ausreichend ist. Es dürfen aber nur Rauchwarnmelder verwendet werden, die nach der europäischen Bauproduktnorm EN 14604 in Verkehr gebracht wurden und entsprechend gekennzeichnet sind. Verantwortlich für den Einbau ist der Eigentümer oder die Eigentümerin.
Um mehr Barrierefreiheit für ältere Menschen oder Familien mit Kindern zu erreichen, muss künftig in Gebäuden mit mehr als zwei Wohnungen mindestens ein Geschoss barrierefrei erreichbar sein. Diese Verpflichtung kann zukünftig auch durch barrierefrei zugängliche Wohnungen in mehreren Geschossen erfüllt werden.
Der Gesetzentwurf orientiert sich auch an den Bedürfnissen von Menschen mit Pflege und Betreuungsbedarf. Bisher war die Nutzung einer Wohnung durch einen Betreiber zur Pflege und Betreuung von älteren Menschen immer als Sondernutzung genehmigungspflichtig. Zukünftig ist die Pflege und Betreuung von bis zu 6 Personen in einer Wohnung genehmigungsfrei.
Die Bauordnung regelt auch, dass bei Errichtung von Gebäuden mit mehr als drei Wohnungen, Kinderspielplätze auf dem Baugrundstück oder in unmittelbarer Nähe gebaut werden müssen. Von dieser Pflicht befreien, können sich Bauherrinnen oder Bauherren durch die Zahlung eines Geldbetrags (Ablösung). In diesem Fall ist die Gemeinde verpflichtet, dieses Geld für die Einrichtung neuer oder die Instandhaltung und Modernisierung bestehender Kinderspielplätze zu verwenden.
Die Prüfung der bautechnischen Nachweise wird – in Anknüpfung an die Gebäudeklassen und Sonderbaueigenschaft – neu geregelt. Für die Kompensation entfallender bauaufsichtlicher Prüfungen stellt § 66 ein dreistufiges Modell zur Verfügung:
- bei einfachen Bauvorhaben genügt die Erstellung der Nachweise durch den Entwurfsverfasser,
- in der nächsten Stufe genügt die Erstellung der Nachweise durch qualifizierte Tragwerksplaner / qualifizierte Brandschutzplaner,
- in der dritten Stufe ist die Prüfung der Nachweise durch Prüfingenieure für Standsicherheit / Brandschutz erforderlich.
Brandenburg folgt damit den anderen Ländern, in denen bei einfachen Bauvorhaben keine generelle Prüfung der Standsicherheitsnachweise gefordert wird, sondern vom Ersteller des Nachweises eine höhere Qualifikation verlangt wird. Für größere Gebäude (Gebäudeklasse 4 und 5) bleibt es bei der Prüfung des Standsicherheitsnachweises nach dem Vieraugenprinzip.
Die Neuregelung betrifft nicht den Verbraucherschutz, denn die Gewährleistungspflichten werden nicht in der Brandenburgischen Bauordnung, sondern im privaten Baurecht geregelt.
Brandenburg war das einzige Bundesland, in dem die bauvorlageberechtigte Objektplanerin oder der Objektplaner im Auftrag der Bauherrin oder des Bauherrn auch die Bauüberwachung leisten musste. Zukünftig kann, wie in allen anderen Bundesländern auch, diese Aufgabe durch eine oder einen für das jeweilige Vorhaben geeignete/n Bauleiterin oder Bauleiter wahrgenommen werden.
Für planfestgestellte oder plangenehmigte Bauvorhaben wird die Geltungsdauer der Baugenehmigung, der Teilbaugenehmigung oder des Vorbescheides an die Geltungsdauer der Planfeststellung oder Plangenehmigung geknüpft. Die Praxis zeigt, dass die Fertigstellung komplexer Großvorhaben – wie beispielsweise des Flughafens Berlin-Brandenburg – einen weiteren Zeitrahmen beansprucht, als ein normales Bauvorhaben.
Die Landesverfassung verpflichtet das Land, dauerhaft für eine ausreichende Deckung der Kosten zu sorgen, die den Kommunen als untere Bauaufsichtsbehörden entstehen. Derzeit werden nicht alle Kosten durch die Gebühren gedeckt. Der Kostenausgleich wird durch eine Änderung der Brandenburgischen Baugebührenordnung geschaffen. Für die Bauherrinnen und Bauherren erhöhen sich dadurch die Baugebühren. Da aber bei vielen einfachen Bauvorhaben (Gebäudeklasse 1 bis 3) die Gebühr für die Prüfung bautechnischer Nachweise entfällt, ergibt sich insgesamt eine Verringerung der Baunebenkosten.
Mit der Übergangsvorschrift (§ 89 Abs. 4 BbgBO) wurde geregelt, dass alle Bauanträge, die vor dem 1. Juli 2016 eingereicht wurden, auf Basis der alten Bauordnung entschieden werden. Die Übergangsvorschrift lässt es aber zu, dass materielle Vorschriften (z. B. die Regelung zu Abstandsflächen), die nach der neuen Rechtslage für die Bauherrin oder den Bauherren günstiger sind, angewendet werden können. Bereits vor dem 1. Juli 2016 genehmigte Bauvorhaben, mit deren Ausführung begonnen wurde, müssen nach den Vorschriften der alten Bauordnung zu Ende geführt werden.
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