VORTRAG UND DISKUSSION MIT DR. GERD-RÜDIGER HOFFMANN
FREITAG 22. JANUAR 2016 – 19 UHR
TENGLERS BUCHHANDLUNG / MARKT 11 / 01968 SENFTENBERG / ZŁY KOMOROW
ANTONIO GRAMSCI lesen ist nicht die einfachste Aufgabe. Das liegt nicht daran, dass seine Sprache besonders akademisch und lediglich für ein philosophisch gebildetes Fachpublikum geeignet wäre. Eher trifft im Vergleich zu anderen philosophischen Texten seiner Zeit das Gegenteil zu. Bei ihm kommen hohe Bildung und existentielle Lebensfragen zusammen, anders als im Kanon der Lehrbücher. Denn seine wichtigsten Ideen schrieb er im faschistischen Gefängnis zwischen 1927 und 1935. Er hatte also nur sehr bedingt Zugang zu Büchern, Zeitschriften und Zeitungen. Er war gezwungen, sich zum Beispiel an Schriften von Marx lediglich zu erinnern. Exaktes Zitieren oder andere akademische Standards für wissenschaftliche Bücher waren ihm verwehrt. Doch vielleicht genau deshalb gelang es ihm, das ihm besonders Wichtige mit eigenen verständlichen Worten zu formulieren, ohne Hinweis auf Quellen von Autoritäten. Seine 32 „Gefäng-nishefte” umfassten schließlich über 2.000 Seiten. Die wissenschaftliche Ausgabe im Argument-Verlag bringt es mit Erläuterungen auf über 3.000 Seiten. Antonio Gramsci musste die Arbeit an den „Gefängnisheften” auf Grund der gesundheitlichen Folgen seines Gefängnisaufenthaltes abbrechen.
BIOGRAPHISCHES: Vor 125 Jahren, am 22. Januar 1891, wurde Antonio Gramsci in Ales auf Sardinien geboren. Er war Mitbegründer der Kommunistischen Partei Italiens, bis zu seiner Verhaftung Abgeordneter des italienischen Parlaments, einer der originellsten und weltweit wirkmächtigsten Theoretiker des Marxismus, vom Lehrbuch-ML jedoch ignoriert. Er starb, erst 46 Jahre alt, am 27. April 1937.
GERD-RÜDIGER HOFFMANN wird sich nach einer kurzen Einführung in Gramscis Werk besonders mit der Frage beschäftigen, wie zwar Kultur weitgehend als das aufzufassen ist, was im Volke verankert ist, jedoch Politik nicht bloß darauf aus sein kann, „populistisch” diese Stimmungen und Gewohnheiten zur Erlangung der „Hegemonie” zu nutzen. Demokratie ohne kulturellen Bildungs-anspruch, also ohne das Einlassen auf Neues und bisher Unbekanntes, schützt kaum vor Demagogie und diktatorischen Tendenzen.
Quelle: ROSA-LUXEMBURG-STIFTUNG BRANDENBURG