Seit Wochen sorgt die Entscheidung zur Nichtverlängerung des Intendantenvertrages von Daniel Ris an der neuen Bühne Senftenberg für Diskussionen. Stadt und Landkreis hatten Anfang August öffentlich gemacht, dass Ris 2027 abgelöst werden soll – verbunden mit deutlicher Kritik an seiner Arbeit (->> wie berichtet). Nun hat sich der Intendant selbst zu Wort gemeldet. In einer ausführlichen Stellungnahme widerspricht er den Vorwürfen, kritisiert das Vorgehen der Verantwortlichen und erinnert an die Erfolge seines Teams in den vergangenen Jahren. Er betont, dass die Gründe für die Nichtverlängerung erst Monate nach der Entscheidung über eine Pressemitteilung bekanntgegeben worden seien und viele seiner Gesprächsangebote ungehört blieben. Ris stellt klar, dass das Theater unter seiner Leitung künstlerisch und wirtschaftlich erfolgreich gearbeitet habe und dass er trotz der Situation mit voller Kraft weitermachen will.
Im folgenden das komplette Statement von Daniel Ris:
Am 04.08.25 erschien eine gemeinsame Pressemitteilung des Landkreises Oberspreewald-Lausitz und der Stadt Senftenberg zur Nichtverlängerung des Intendanten der neuen Bühne Senftenberg. Nach Beendigung der Theaterferien am 25.08.25 reagiert Daniel Ris im Folgenden mit einer persönlichen Stellungnahme: „Es ist zutreffend, dass mir der Termin der Zweckverbandsversammlung vom 04.08. mitgeteilt wurde. Bei der Auswahl dieses Datums war jedoch bekannt, dass es in der Mitte meines vertraglich festgelegten Jahres-Erholungsurlaubs liegt und mir eine Teilnahme daher nicht möglich sein kann. Die Versammlung wurde anberaumt, da eine zwischen den Verwaltungen des Landratsamtes und des Theaters bereits Mitte Mai für den 16. Juli vereinbarte und satzungsgemäß vorbereitete Versammlung vom Landrat persönlich kurzfristig abgesagt wurde.
Es ist bemerkenswert, dass ich nach der bereits am 07.03. schriftlich erfolgten Mitteilung meiner Nichtverlängerung knapp fünf Monate später aus einer Pressemitteilung von meinem Arbeitgeber die Gründe für diese Entscheidung erfahre. Seit dem 07.03. habe ich zahlreiche Gesprächsangebote gemacht. Sie wurden ignoriert. Die jetzt erfolgte Erklärung gibt mir jedoch die Möglichkeit, auf konkret benannte Gründe zu reagieren. In der Pressemitteilung wird eine konstruktive und vertrauensvolle Zusammenarbeit angemahnt. Die Verantwortung für diese liegt meines Erachtens sowohl bei mir selbst als auch bei den beiden Vertretern des Rechtsträgers. Zum von ihnen als „angespannt“ bezeichneten Verhältnis möchte ich anmerken, dass es in verschiedenen Verbandsversammlungen kontroverse Diskussionen gab. In diesen war ich immer bemüht, auf Augenhöhe mit all meiner Fachkompetenz im Interesse des Theaters zu argumentieren. Die konkreten Themen dieser Auseinandersetzungen, das jeweilige Diskussionsverhalten und die von den Zweckverbandsräten getroffenen Entscheidungen sind durch die Teilnehmenden bezeugt.
Die mir jetzt vom Arbeitgeber abgesprochenen „organisatorischen und administrativen Kompetenzen“ waren in den ersten drei Jahren meiner Intendanz tatsächlich in besonderer Weise gefordert. Neben der Rückeroberung des Publikums nach den Corona-Jahren galt es, die Sanierung und den Neubau unserer Werkstätten als Bauherr zu bewältigen. Im Volumen war es die größte Einzel-Baumaßnahme in der Geschichte des Hauses. Dass diese jetzt erfolgreich abgeschlossen werden konnte, ist großartig. Die Verwaltung des Theaters war jedoch zusätzlich zu einem stark wiederbelebten Spielbetrieb nicht in der Lage, diese Aufgabe mit den eigenen begrenzten Ressourcen zu bewältigen. In diesem Zusammenhang entstanden die in der Mitteilung dargestellten Situationen, in denen Stadt und Landkreis sich stark unterstützend eingebracht haben. Den Dank dafür haben wir oft zum Ausdruck gebracht, und ich tue es gerne erneut, auch an dieser Stelle. Meines Erachtens ist es jedoch von der vorherigen Intendanz und Verwaltungsleitung des Theaters, vom Rechtsträger und auch von mir selbst versäumt worden, rechtzeitig zu erkennen, dass die Bauherrentätigkeit von der Verwaltung des Theaters ohne zusätzliches Personal nicht zu leisten sein würde.
Der hohen Verantwortung im Amt des Zweckverbandsvorstehers bin ich und war ich mir immer bewusst. Für wesentliche Entscheidungen im administrativen Bereich liegt die Verantwortung jedoch auch bei der Verwaltungsleitung des Theaters und den Zweckverbandsräten. Sollte es zu Versäumnissen gekommen sein, hätte dies im Sinne einer konstruktiven Fehlerkultur meines Erachtens gemeinsam bewältigt werden können. Warum die Zweckverbandsräte hierzu keine Versuche unternommen haben, ist mir auch nach der jetzt erfolgten Begründung noch immer nicht verständlich. Auf verschiedene Punkte der Kritik an meiner Arbeit möchte ich im Folgenden konkret eingehen.
Die angesprochenen Rückstellungen für Überstunden und Resturlaube betreffen ausschließlich die Abteilungen Veranstaltungstechnik Licht und Ton. In diesen Bereichen ist der Fachkräftemangel extrem. Dennoch wurden durch die Ausschreibung und erfolgreiche Neubesetzung der Stelle des Hauselektrikers und die Schaffung und Besetzung einer Lehrstelle im Bereich Ton bereits deutlich Gegenmaßnahmen ergriffen. Die beschriebenen mutmaßlichen Verstöße gegen das Vergabe- und Zuwendungsrecht mit möglichen negativen finanziellen Auswirkungen für das Theater fußen überwiegend auf Beschlüssen, die bereits vor meiner Amtszeit getroffen wurden. Zur Personalstruktur und -entwicklung möchte ich anmerken, dass Theater grundsätzlich Betriebe mit sehr stark ausdifferenzierten Abteilungsstrukturen sind. Auch wenn eine Abteilung oft nur aus zwei oder drei Personen besteht, muss eine dieser Personen die Etatverantwortung tragen. Eine Steigerung der Anzahl dieser Personen hat es nicht gegeben. Höhere Lohnkosten sind daraus nicht entstanden. Die kritisierten angeblich starken Lohnaufwüchse bei einzelnen Mitarbeitenden sind schwer nachvollziehbar. Unsere 100 Mitarbeitenden arbeiten in tarifgebundenen Verträgen des TVöD oder NV-Bühne. Hier hatten alle deutschen Theater durch die letzten Tarifabschlüsse außergewöhnlich starke Lohnzuwächse zu verkraften. Dies konnte am Theater Senftenberg erfreulicherweise jedoch durch Einnahmenrekorde nahezu ausgeglichen werden. Die beiden in der Mitteilung angesprochenen „offenen Rechtsverfahren“ haben ihre Ursache in Entscheidungen, die bereits vor meiner Zeit vom damaligen Intendanten, der damaligen Verwaltungsleitung und den Zweckverbandsräten getroffen wurden. Zudem möchte ich darauf hinweisen, dass es sich nicht um gerichtliche Verfahren handelt.
Das in der Pressemitteilung formulierte Lob für die künstlerische Arbeit des gegenwärtigen Teams steht dem Versuch gegenüber, die Erfolge dieses Teams zu relativieren. Die Behauptung, die positive Entwicklung der Zuschauendenzahlen sei kontinuierlich bei allen Intendanzen zu verzeichnen und „deutlich“ auf Besuchende der Gastspiele zurückzuführen, ist falsch. In der letzten Spielzeit vor Beginn der Corona-Pandemie 2018/19 wurden für die Eigenproduktionen auf den drei Bühnen im Haupthaus gesamt 4.611 Tickets verkauft. In der ersten Saison des amtierenden Teams 2022/23 waren es 10.914 und in der Saison 2023/24 dann 12.196 Tickets. Auch im Amphitheater hat gerade das eigene künstlerische Programm des Theaters durch sehr erfolgreiche Abendstücke und die neue Einführung einer zusätzlichen Eigenproduktion für Kinder und Familien mit 10.749 Gästen maßgeblich zum Besuchendenrekord des Sommers 2024 beigetragen. Zum Vergleich: im Sommer 2019 sahen 2.736 Gäste die Produktion „Die Dreigroschenoper“. Im Sommer 2024 sahen 5.892 Gäste die Produktion „Hair“ und 4.857 Besuchende „Der gestiefelte Kater“.
Der Hinweis auf ein Gespräch mit den Personalräten im Vorfeld der Versammlung am 04.08. ist korrekt. Allerdings hat vor der Entscheidung, die bereits Anfang März zur Nichtverlängerung führte, kein solches Gespräch stattgefunden. Der Termin Mitte Juli entstand auf Initiative der Personalräte. Sie setzten damit ein Anliegen fort, das in einem Brief formuliert wurde, den abteilungsübergreifend ein Großteil der Belegschaft Ende Juni an Landrat und Bürgermeister persönlich versandt hatten. An der Entstehung und Formulierung des Briefes war ich in keiner Weise beteiligt. Da mir in der Pressemitteilung aber auch die „Fähigkeit zur Führung von Mitarbeitenden und ein verantwortungsbewusster Umgang mit dem Team“ abgesprochen wird, möchte ich auf einige Inhalte des Schreibens hinweisen. Die Belegschaft formuliert, dass unter meiner Leitung eine moderne Arbeitskultur etabliert und Organisationsstrukturen verbessert wurden. In künstlerischer, struktureller und persönlicher Hinsicht wird eine Fortsetzung der Zusammenarbeit ausdrücklich gewünscht, da die gemeinsam angestrebten nachhaltigen Veränderungsprozesse Zeit bräuchten. Der unabhängige Wirtschaftsprüfer der positiven Jahresabschlüsse 2023 und 2024 hat der Geschäftsführung des Theaters ein wirtschaftlich vernünftiges und verantwortungsvolles Handeln bestätigt. Auf den Erkenntnisgewinn der am 04.08. ebenfalls beschlossenen Struktur- und Personalkostenüberprüfung durch einen externen Prüfer darf man gespannt sein. Möge sich die Investition lohnen. Es ist beruhigend zu erfahren, dass die Zweckverbandsräte im Zuge des von Ihnen beschlossenen Intendanzwechsels keine Kündigungen planen. Allerdings möchte ich darauf hinweisen, dass nach gegenwärtiger Rechtslage diese Entscheidung nicht in ihrer Hand liegt, sondern bei meiner Nachfolgerin oder meinem Nachfolger. Von einer neuen Intendanz können im Rahmen des künstlerischen Gestaltungsspielraums 34 Arbeitsverhältnisse des NV Bühne ohne Angabe von Gründen beendet werden. Es ist richtig, dass Intendanz-Wechsel grundsätzlich keine ungewöhnlichen Vorgänge sind. Doch jeder Wechsel ist Chance und Risiko zugleich und er kostet in jedem Fall Zeit und Geld. Der Betrieb eines Theaters ist ungewöhnlich stark von der künstlerischen Ausrichtung der Unternehmensleitung geprägt. Im Vergleich zu anderen produzierenden Organisationen sind daher Wechsel in der Führung mit starken Konsequenzen für alle Mitarbeitenden und auch alle Kundinnen und Kunden verbunden. Jede neue Leitung bestimmt nicht nur, welche „Produkte“ es künftig geben soll, sondern auch wie diese produziert werden. In Senftenberg wird meines Erachtens ein leistungsstark und erfolgreich arbeitender Betrieb unnötigerweise den Kosten, Mühen und Risiken des Wechsels ausgesetzt.
Außerdem erschließt sich mir nicht, wie ein Theater, das von einer Person geleitet wird, der wie nun dargestellt in gravierendem Ausmaß Führungskompetenzen fehlen, drei Jahre lang künstlerisch und wirtschaftlich so erfolgreich arbeiten konnte. Die Zweckverbandsräte teilen dem Publikum mit, dass auch in den kommenden zwei Jahren alle Angebote des Theaters in „gewohnt hoher Qualität“ garantiert seien. Auch dies ist nach den zuvor geäußerten Vorwürfen bemerkenswert. Natürlich werde ich mit meinem Team aber weiterhin mit aller Kraft für das Senftenberger Theater arbeiten und freue mich bereits sehr auf die Spielzeiteröffnung „FestSpiel AKTIVIST“ am 26. September in der Niederlausitzhalle.
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Red. / Presseinformation