In Brandenburg gibt es kaum einen Behördenleiter, der noch nicht mit dem Phänomen der „Reichsbürger“ zu tun hatte und manchmal nicht wusste, welchen Umgang mit ihnen er seinen Mitarbeitern anraten sollte. Das Brandenburgische Institut für Gemeinwesenberatung (demos) hat nun ein kompaktes Handbuch zum Thema „Reichsbürger“ herausgegeben. Das Handbuch ist ein Kooperationsprodukt von Mitarbeitern mehrerer Behörden, darunter auch Experten des Brandenburger Verfassungsschutzes und des Landeskriminalamtes. Gefördert wurde das Handbuch von den Landespräventionsräten in Brandenburg und Sachsen.
„Dem Brandenburgischen Institut für Gemeinwesenberatung als Herausgeber ist es gelungen, Fachleute auf diesem Gebiet aus unserer Verfassungsschutzbehörde, dem Landeskriminalamt und dem kommunalen Bereich zusammenzubringen und zur Veröffentlichung ihrer Erfahrungen, Analysen und Studien anzuregen. Erfreulicherweise hat sich auch der Verfassungsschutz Sachsen an diesem Projekt beteiligt, weil dort ein ähnlicher Problemdruck besteht. Ich bin der festen Überzeugung, dass dieser Band für jeden Behördenmitarbeiter, der mit „Reichsbürgern“ umgehen muss, eine unverzichtbare Hilfe ist. Aber auch jeder andere Interessierte wird dieses Handbuch mit Gewinn lesen“, sagte Innenstaatssekretär Matthias Kahl heute in Potsdam.
Überschneidungen zwischen „Reichsbürgern“ und Rechtsextremisten
Brandenburger Behörden sehen sich seit mehreren Jahren mit Ideen der sogenannten „Reichsbürger“ konfrontiert, die die Bundesrepublik nicht anerkennen. Sie postulieren stattdessen den Fortbestand des Deutschen Reiches. Nach Meinung von Carlo Weber, Leiter der Abteilung Verfassungssschutz im Ministerium des Innern und für Kommunales kommt das Handbuch zur richtigen Zeit: „Nicht nur, dass sich vermehrt Bürger etwa bei Widersprüchen auf diese Ideen stützten. Mittlerweile beklagen Kommunen, Landkreise und auch Finanzbehörden, dass es sogar zu Einschüchterungsversuchen und Übergriffen kommt. Wir sehen auch ideologische Überschneidungen zwischen Reichsbürgern und Rechtsextremisten, auch wenn Reichsbürger das oft nicht wahrhaben wollen. Zwar ist nicht jeder Szeneaktivist automatisch als Rechtsextremist zu werten. Je länger er sich jedoch im Milieu bewegt, desto größer wird die Wahrscheinlichkeit, dass er den dort vorherrschenden rechtsextremistischen Grundton verinnerlicht. Je weiter entfernt urbane Zentren liegen, desto größer scheint die Sogkraft zu sein.“
„Bedeutungssüchtige, Querulanten, Verzweifelte, Unzurechnungsfähige“
Eine weitere Erkenntnis des Handbuchs ist, dass sich „Reichsbürger“ durchaus auch zu einer Gefahr für das Zusammenleben in Dörfern und Kleinstädten entwickeln können: „Unter den „Reichsbürgern“ finden sich Bedeutungssüchtige, Geschäftemacher, Trickser, Querulanten, aber auch ernsthaft Überzeugte, psychisch Kranke, Betrogene, Verzweifelte und Träumer. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass sich Reichsbürger bis in den Bereich der Unzurechnungsfähigkeit in ihre Ideen hineinsteigern. In Brandenburg gibt es einige Beispiele, wo das psychiatrisch manifest geworden ist und sogar im Suizid geendet hat. Eine Eigenschaft dieser Einzelpersonen ist, dass sie zwar Verwaltungen und öffentliche Einrichtungen belästigen und sogar gefährlich sein können. Generell können sie jedoch kaum eine propagandistische Wirkung in das Gemeinwesen entfalten. Wenn diese Menschen jedoch von Rechtsextremisten funktionalisiert werden oder mit ihnen zeitweilige oder dauerhaftere Verbindungen eingehen, können erhebliche Auswirkungen auf das öffentliche Leben eintreten“, warnt Dirk Wilking, Leiter der Mobilen Beratungsteams in Brandenburg und Herausgeber der Publikation.
Das Handbuch kann auf den Internetseiten des Brandenburger Verfassungsschutze, des Brandenburgischen Instituts für Gemeinwesenberatung (demos) oder bei uns am Ende des Textes heruntergeladen werden. Es kann ebenso über die Landeszentrale für politische Bildung Brandenburg bezogen werden.
Bestellung:
http://www.politische-bildung-brandenburg.de/shop/Brandenburger/Extremismus—Gewalt—Fremdenfeindlichkeit/–8222-Reichsbuerger–8220—-Ein-Handbuch.html
Quelle: Ministerium des Innern und für Kommunales des Landes Brandenburg