Mit der Programmsektion >Fokus< setzt das 22. FilmFestival Cottbus vom 6. bis zum 11. November die filmische Erkundung osteuropäischer Vielfalt in diesem Jahr unter dem Leitmotiv „Osteuropa der Religionen“ fort. In einer Mischung aus aktuellen Dokumentar- und Spielfilmen beleuchten die insgesamt 15 Beiträge sowohl die Geschichte als auch den heutigen Stellenwert von christlichem Glauben, Judentum und Islam in der Gesellschaft unserer östlichen Nachbarn. Die Beziehungen zwischen Staat und Kirche werden ebenso thematisiert wie das Verhältnis zwischen den einzelnen Religionen, Identitätsfragen werden aufgeworfen und Konflikte aufgezeigt.
Die kulturelle Vielfalt Osteuropas ins Bild zu setzen, diesem Ziel hat sich das FilmFestival Cottbus in seiner Programmsektion >Fokus< verschrieben. Im letzten Jahr galt der Blick den Regionen – und damit grenzübergreifenden, oft historisch geprägten kulturellen Schnittstellen. Die 22. Festivalausgabe vom 6. bis zum 11. November 2012 nähert sich dieser Vielfalt nun unter dem Titel „Osteuropa der Religionen“.
Die insgesamt 15 Spiel- und Dokumentarfilme, die Kurator Bernd Buder (Berlin) zusammengestellt hat, möchten Einblicke geben in religiöses Leben und gelebte Religiosität heute. Charakteristisch für den östlichen Teil Europas ist dabei das vielerorts seit Jahrhunderten verwurzelte Neben- und Miteinander verschiedener religiöser Bekenntnisse wie Judentum, Christentum und Islam.
Die Filmreihe will Chancen, aber auch Risiken dieser multi-religiös geprägten Lebenswirklichkeiten aufzeigen, denn nicht selten wurde und wird Religion in politischen Machtkämpfen missbraucht und zum Katalysator ethnischer Konflikte. Vor diesem Hintergrund versucht „Osteuropa der Religionen“ Denkanstöße zu geben sowie die aktuelle Debatte zum Stellenwert von Religion anzuregen und zu vertiefen.
Der >Fokus< zeigt in diesem Jahr Filme, in denen Religion und Kirche, religiöse Riten und Symbole auf ganz unterschiedliche Art und Weise sichtbar werden. So beleuchtet THE DAUGHTER (Russland 2012) die Gewissenskonflikte eines Kleinstadtpriesters zwischen Beichtgeheimnis und persönlichen Rachegedanken und MERCY (Polen 2012) bringt die Spannungen zwischen weltlichem und geistlichem Leben in Polen auf die Leinwand. Die Persiflage LOVELESS ZORICA (Serbien, Polen, Zypern, Griechenland 2012) dagegen bürstet das ambivalente Verhältnis zwischen Rechtschaffenheit und Aberglauben in der serbischen Provinz gegen den Strich. Und schließlich begleiten die Zuschauer den Regisseur von DREAMING THE PATH (Litauen 2012), in meditativen Momentaufnahmen innerer Seelenlandschaften, auf dem Jakobsweg von Vilnius ins fast 4500 Kilometer entfernte Santiago de Compostela.
Selbstfindungsprozesse, Identitätsfragen und die Suche nach dem eigenen Platz in der Gesellschaft: Gleich fünf Filme des diesjährigen >Fokus< ergründen die Religion in Gestalt von Coming-of-Age-Geschichten. Mitglieder einer rechtsradikalen Jugendgang in der polnisch-israelischen Koproduktion MY AUSTRALIA (2011) und ein Hooligan in dem polnischen Dokumentarfilm THE MOON IS JEWISH (2011) – die Protagonisten in beiden Filmen werden mit der eigenen jüdischen Abstammung konfrontiert und damit zu einer Neuorientierung gezwungen. HOW ARE YOU, RUDOLF MING? (Lettland 2010) wiederum folgt dem jugendlichen Trickfilmmacher Rudolf, der eine Vorliebe für blutrünstige Horrorstorys hat und vom Pfarrer dazu eingeladen wird, eine Geschichte aus dem Alten Testament zu animieren und in der Kirche vorzuführen. IVETKA AND THE MOUNTAIN (Tschechien 2008) zeichnet den Lebenslauf eines Mädchens nach, dem in den 1990er Jahren mehrmals die Heilige Jungfrau Maria erschienen ist: zerrissen zwischen Kloster und weltlichem Leben. Der polnische Spielfilm IN THE NAME OF THE DEVIL (2011) schließlich zeigt, wie eine charismatische Führerfigur eine Gruppe junger Frauen auf der Suche nach sich selbst in die ideologische Radikalität leitet und macht damit die Gefahren religiöser Verblendung deutlich.
Im Filmschaffen der post-kommunistischen Länder des östlichen Europa spielt die Frage der historischen Beziehungen zwischen Gesellschaft, Staat und Religion eine maßgebliche Rolle. Die Kirche als Opposition zum sozialistischen Staat war besonders in Polen ein prägendes Phänomen: nicht umsonst stieß der Spielfilm POPIELUSZKO (Polen 2009) über das Schicksal des Solidarnosc-Priesters, der 1984 vom polnischen Geheimdienst umgebracht wurde, in seinem Heimatland auf immenses Publikumsinteresse. Der russische Monumentalfilm THE HORDE (2012) geht dagegen weit zurück ins 14. Jahrhundert und beschreibt aus der Perspektive der russisch-orthodoxen Kirche den Kampf der christlichen Welt gegen die Goldene Horde.
Auf dem Balkan fanden zwischenethnische und religiöse Spannungen zuletzt in den Zerfallskriegen des ehemaligen Jugoslawien ihren blutigen Ausdruck. 1996 drehte Srñjan Dragojević (derzeit mit PARADA in den deutschen Kinos) als einer der ersten serbischen Filmemacher im Kriegsgebiet einen kontrovers diskutierten Meilenstein in der südosteuropäischen Filmgeschichte: PRETTY VILLAGE, PRETTY FLAME (Serbien 1996). Milja Radović, in diesem Jahr Mitglied der Ökumenischen Jury des FilmFestival Cottbus, wird in einem die Filmaufführung begleitenden Vortrag die Bedeutung und Verwendung nationaler und religiöser Symbole analysieren. Die beiden estnischen Beiträge NARROW IS THE GATE und THIS IS THE DAY beobachten das Leben von Nonnen und Mönchen in serbisch-orthodoxen Klöstern im Kosovo. 2002 bzw. 2010 entstanden, wird darin zugleich die Entwicklung des Konflikts zwischen Albanern und Serben eindrucksvoll dokumentiert. Schließlich entlässt ALBANIAN CHRONICLE (Albanien, Frankreich, Italien, Griechenland 2009) über das Zusammenleben von Muslimen und Christen in einer südalbanischen Gemeinde das Publikum des diesjährigen >Fokus< mit der Hoffnung auf Verständigung zwischen den Religionen und Ethnien.
Die Mehrzahl der ausgewählten Filme erlebt auf dem Festival ihre internationale oder deutsche Erstaufführung und wird von den Regisseuren in Cottbus persönlich vorgestellt.
Foto: Filmfestival Cottbus
Mit der Programmsektion >Fokus< setzt das 22. FilmFestival Cottbus vom 6. bis zum 11. November die filmische Erkundung osteuropäischer Vielfalt in diesem Jahr unter dem Leitmotiv „Osteuropa der Religionen“ fort. In einer Mischung aus aktuellen Dokumentar- und Spielfilmen beleuchten die insgesamt 15 Beiträge sowohl die Geschichte als auch den heutigen Stellenwert von christlichem Glauben, Judentum und Islam in der Gesellschaft unserer östlichen Nachbarn. Die Beziehungen zwischen Staat und Kirche werden ebenso thematisiert wie das Verhältnis zwischen den einzelnen Religionen, Identitätsfragen werden aufgeworfen und Konflikte aufgezeigt.
Die kulturelle Vielfalt Osteuropas ins Bild zu setzen, diesem Ziel hat sich das FilmFestival Cottbus in seiner Programmsektion >Fokus< verschrieben. Im letzten Jahr galt der Blick den Regionen – und damit grenzübergreifenden, oft historisch geprägten kulturellen Schnittstellen. Die 22. Festivalausgabe vom 6. bis zum 11. November 2012 nähert sich dieser Vielfalt nun unter dem Titel „Osteuropa der Religionen“.
Die insgesamt 15 Spiel- und Dokumentarfilme, die Kurator Bernd Buder (Berlin) zusammengestellt hat, möchten Einblicke geben in religiöses Leben und gelebte Religiosität heute. Charakteristisch für den östlichen Teil Europas ist dabei das vielerorts seit Jahrhunderten verwurzelte Neben- und Miteinander verschiedener religiöser Bekenntnisse wie Judentum, Christentum und Islam.
Die Filmreihe will Chancen, aber auch Risiken dieser multi-religiös geprägten Lebenswirklichkeiten aufzeigen, denn nicht selten wurde und wird Religion in politischen Machtkämpfen missbraucht und zum Katalysator ethnischer Konflikte. Vor diesem Hintergrund versucht „Osteuropa der Religionen“ Denkanstöße zu geben sowie die aktuelle Debatte zum Stellenwert von Religion anzuregen und zu vertiefen.
Der >Fokus< zeigt in diesem Jahr Filme, in denen Religion und Kirche, religiöse Riten und Symbole auf ganz unterschiedliche Art und Weise sichtbar werden. So beleuchtet THE DAUGHTER (Russland 2012) die Gewissenskonflikte eines Kleinstadtpriesters zwischen Beichtgeheimnis und persönlichen Rachegedanken und MERCY (Polen 2012) bringt die Spannungen zwischen weltlichem und geistlichem Leben in Polen auf die Leinwand. Die Persiflage LOVELESS ZORICA (Serbien, Polen, Zypern, Griechenland 2012) dagegen bürstet das ambivalente Verhältnis zwischen Rechtschaffenheit und Aberglauben in der serbischen Provinz gegen den Strich. Und schließlich begleiten die Zuschauer den Regisseur von DREAMING THE PATH (Litauen 2012), in meditativen Momentaufnahmen innerer Seelenlandschaften, auf dem Jakobsweg von Vilnius ins fast 4500 Kilometer entfernte Santiago de Compostela.
Selbstfindungsprozesse, Identitätsfragen und die Suche nach dem eigenen Platz in der Gesellschaft: Gleich fünf Filme des diesjährigen >Fokus< ergründen die Religion in Gestalt von Coming-of-Age-Geschichten. Mitglieder einer rechtsradikalen Jugendgang in der polnisch-israelischen Koproduktion MY AUSTRALIA (2011) und ein Hooligan in dem polnischen Dokumentarfilm THE MOON IS JEWISH (2011) – die Protagonisten in beiden Filmen werden mit der eigenen jüdischen Abstammung konfrontiert und damit zu einer Neuorientierung gezwungen. HOW ARE YOU, RUDOLF MING? (Lettland 2010) wiederum folgt dem jugendlichen Trickfilmmacher Rudolf, der eine Vorliebe für blutrünstige Horrorstorys hat und vom Pfarrer dazu eingeladen wird, eine Geschichte aus dem Alten Testament zu animieren und in der Kirche vorzuführen. IVETKA AND THE MOUNTAIN (Tschechien 2008) zeichnet den Lebenslauf eines Mädchens nach, dem in den 1990er Jahren mehrmals die Heilige Jungfrau Maria erschienen ist: zerrissen zwischen Kloster und weltlichem Leben. Der polnische Spielfilm IN THE NAME OF THE DEVIL (2011) schließlich zeigt, wie eine charismatische Führerfigur eine Gruppe junger Frauen auf der Suche nach sich selbst in die ideologische Radikalität leitet und macht damit die Gefahren religiöser Verblendung deutlich.
Im Filmschaffen der post-kommunistischen Länder des östlichen Europa spielt die Frage der historischen Beziehungen zwischen Gesellschaft, Staat und Religion eine maßgebliche Rolle. Die Kirche als Opposition zum sozialistischen Staat war besonders in Polen ein prägendes Phänomen: nicht umsonst stieß der Spielfilm POPIELUSZKO (Polen 2009) über das Schicksal des Solidarnosc-Priesters, der 1984 vom polnischen Geheimdienst umgebracht wurde, in seinem Heimatland auf immenses Publikumsinteresse. Der russische Monumentalfilm THE HORDE (2012) geht dagegen weit zurück ins 14. Jahrhundert und beschreibt aus der Perspektive der russisch-orthodoxen Kirche den Kampf der christlichen Welt gegen die Goldene Horde.
Auf dem Balkan fanden zwischenethnische und religiöse Spannungen zuletzt in den Zerfallskriegen des ehemaligen Jugoslawien ihren blutigen Ausdruck. 1996 drehte Srñjan Dragojević (derzeit mit PARADA in den deutschen Kinos) als einer der ersten serbischen Filmemacher im Kriegsgebiet einen kontrovers diskutierten Meilenstein in der südosteuropäischen Filmgeschichte: PRETTY VILLAGE, PRETTY FLAME (Serbien 1996). Milja Radović, in diesem Jahr Mitglied der Ökumenischen Jury des FilmFestival Cottbus, wird in einem die Filmaufführung begleitenden Vortrag die Bedeutung und Verwendung nationaler und religiöser Symbole analysieren. Die beiden estnischen Beiträge NARROW IS THE GATE und THIS IS THE DAY beobachten das Leben von Nonnen und Mönchen in serbisch-orthodoxen Klöstern im Kosovo. 2002 bzw. 2010 entstanden, wird darin zugleich die Entwicklung des Konflikts zwischen Albanern und Serben eindrucksvoll dokumentiert. Schließlich entlässt ALBANIAN CHRONICLE (Albanien, Frankreich, Italien, Griechenland 2009) über das Zusammenleben von Muslimen und Christen in einer südalbanischen Gemeinde das Publikum des diesjährigen >Fokus< mit der Hoffnung auf Verständigung zwischen den Religionen und Ethnien.
Die Mehrzahl der ausgewählten Filme erlebt auf dem Festival ihre internationale oder deutsche Erstaufführung und wird von den Regisseuren in Cottbus persönlich vorgestellt.
Foto: Filmfestival Cottbus
Mit der Programmsektion >Fokus< setzt das 22. FilmFestival Cottbus vom 6. bis zum 11. November die filmische Erkundung osteuropäischer Vielfalt in diesem Jahr unter dem Leitmotiv „Osteuropa der Religionen“ fort. In einer Mischung aus aktuellen Dokumentar- und Spielfilmen beleuchten die insgesamt 15 Beiträge sowohl die Geschichte als auch den heutigen Stellenwert von christlichem Glauben, Judentum und Islam in der Gesellschaft unserer östlichen Nachbarn. Die Beziehungen zwischen Staat und Kirche werden ebenso thematisiert wie das Verhältnis zwischen den einzelnen Religionen, Identitätsfragen werden aufgeworfen und Konflikte aufgezeigt.
Die kulturelle Vielfalt Osteuropas ins Bild zu setzen, diesem Ziel hat sich das FilmFestival Cottbus in seiner Programmsektion >Fokus< verschrieben. Im letzten Jahr galt der Blick den Regionen – und damit grenzübergreifenden, oft historisch geprägten kulturellen Schnittstellen. Die 22. Festivalausgabe vom 6. bis zum 11. November 2012 nähert sich dieser Vielfalt nun unter dem Titel „Osteuropa der Religionen“.
Die insgesamt 15 Spiel- und Dokumentarfilme, die Kurator Bernd Buder (Berlin) zusammengestellt hat, möchten Einblicke geben in religiöses Leben und gelebte Religiosität heute. Charakteristisch für den östlichen Teil Europas ist dabei das vielerorts seit Jahrhunderten verwurzelte Neben- und Miteinander verschiedener religiöser Bekenntnisse wie Judentum, Christentum und Islam.
Die Filmreihe will Chancen, aber auch Risiken dieser multi-religiös geprägten Lebenswirklichkeiten aufzeigen, denn nicht selten wurde und wird Religion in politischen Machtkämpfen missbraucht und zum Katalysator ethnischer Konflikte. Vor diesem Hintergrund versucht „Osteuropa der Religionen“ Denkanstöße zu geben sowie die aktuelle Debatte zum Stellenwert von Religion anzuregen und zu vertiefen.
Der >Fokus< zeigt in diesem Jahr Filme, in denen Religion und Kirche, religiöse Riten und Symbole auf ganz unterschiedliche Art und Weise sichtbar werden. So beleuchtet THE DAUGHTER (Russland 2012) die Gewissenskonflikte eines Kleinstadtpriesters zwischen Beichtgeheimnis und persönlichen Rachegedanken und MERCY (Polen 2012) bringt die Spannungen zwischen weltlichem und geistlichem Leben in Polen auf die Leinwand. Die Persiflage LOVELESS ZORICA (Serbien, Polen, Zypern, Griechenland 2012) dagegen bürstet das ambivalente Verhältnis zwischen Rechtschaffenheit und Aberglauben in der serbischen Provinz gegen den Strich. Und schließlich begleiten die Zuschauer den Regisseur von DREAMING THE PATH (Litauen 2012), in meditativen Momentaufnahmen innerer Seelenlandschaften, auf dem Jakobsweg von Vilnius ins fast 4500 Kilometer entfernte Santiago de Compostela.
Selbstfindungsprozesse, Identitätsfragen und die Suche nach dem eigenen Platz in der Gesellschaft: Gleich fünf Filme des diesjährigen >Fokus< ergründen die Religion in Gestalt von Coming-of-Age-Geschichten. Mitglieder einer rechtsradikalen Jugendgang in der polnisch-israelischen Koproduktion MY AUSTRALIA (2011) und ein Hooligan in dem polnischen Dokumentarfilm THE MOON IS JEWISH (2011) – die Protagonisten in beiden Filmen werden mit der eigenen jüdischen Abstammung konfrontiert und damit zu einer Neuorientierung gezwungen. HOW ARE YOU, RUDOLF MING? (Lettland 2010) wiederum folgt dem jugendlichen Trickfilmmacher Rudolf, der eine Vorliebe für blutrünstige Horrorstorys hat und vom Pfarrer dazu eingeladen wird, eine Geschichte aus dem Alten Testament zu animieren und in der Kirche vorzuführen. IVETKA AND THE MOUNTAIN (Tschechien 2008) zeichnet den Lebenslauf eines Mädchens nach, dem in den 1990er Jahren mehrmals die Heilige Jungfrau Maria erschienen ist: zerrissen zwischen Kloster und weltlichem Leben. Der polnische Spielfilm IN THE NAME OF THE DEVIL (2011) schließlich zeigt, wie eine charismatische Führerfigur eine Gruppe junger Frauen auf der Suche nach sich selbst in die ideologische Radikalität leitet und macht damit die Gefahren religiöser Verblendung deutlich.
Im Filmschaffen der post-kommunistischen Länder des östlichen Europa spielt die Frage der historischen Beziehungen zwischen Gesellschaft, Staat und Religion eine maßgebliche Rolle. Die Kirche als Opposition zum sozialistischen Staat war besonders in Polen ein prägendes Phänomen: nicht umsonst stieß der Spielfilm POPIELUSZKO (Polen 2009) über das Schicksal des Solidarnosc-Priesters, der 1984 vom polnischen Geheimdienst umgebracht wurde, in seinem Heimatland auf immenses Publikumsinteresse. Der russische Monumentalfilm THE HORDE (2012) geht dagegen weit zurück ins 14. Jahrhundert und beschreibt aus der Perspektive der russisch-orthodoxen Kirche den Kampf der christlichen Welt gegen die Goldene Horde.
Auf dem Balkan fanden zwischenethnische und religiöse Spannungen zuletzt in den Zerfallskriegen des ehemaligen Jugoslawien ihren blutigen Ausdruck. 1996 drehte Srñjan Dragojević (derzeit mit PARADA in den deutschen Kinos) als einer der ersten serbischen Filmemacher im Kriegsgebiet einen kontrovers diskutierten Meilenstein in der südosteuropäischen Filmgeschichte: PRETTY VILLAGE, PRETTY FLAME (Serbien 1996). Milja Radović, in diesem Jahr Mitglied der Ökumenischen Jury des FilmFestival Cottbus, wird in einem die Filmaufführung begleitenden Vortrag die Bedeutung und Verwendung nationaler und religiöser Symbole analysieren. Die beiden estnischen Beiträge NARROW IS THE GATE und THIS IS THE DAY beobachten das Leben von Nonnen und Mönchen in serbisch-orthodoxen Klöstern im Kosovo. 2002 bzw. 2010 entstanden, wird darin zugleich die Entwicklung des Konflikts zwischen Albanern und Serben eindrucksvoll dokumentiert. Schließlich entlässt ALBANIAN CHRONICLE (Albanien, Frankreich, Italien, Griechenland 2009) über das Zusammenleben von Muslimen und Christen in einer südalbanischen Gemeinde das Publikum des diesjährigen >Fokus< mit der Hoffnung auf Verständigung zwischen den Religionen und Ethnien.
Die Mehrzahl der ausgewählten Filme erlebt auf dem Festival ihre internationale oder deutsche Erstaufführung und wird von den Regisseuren in Cottbus persönlich vorgestellt.
Foto: Filmfestival Cottbus
Mit der Programmsektion >Fokus< setzt das 22. FilmFestival Cottbus vom 6. bis zum 11. November die filmische Erkundung osteuropäischer Vielfalt in diesem Jahr unter dem Leitmotiv „Osteuropa der Religionen“ fort. In einer Mischung aus aktuellen Dokumentar- und Spielfilmen beleuchten die insgesamt 15 Beiträge sowohl die Geschichte als auch den heutigen Stellenwert von christlichem Glauben, Judentum und Islam in der Gesellschaft unserer östlichen Nachbarn. Die Beziehungen zwischen Staat und Kirche werden ebenso thematisiert wie das Verhältnis zwischen den einzelnen Religionen, Identitätsfragen werden aufgeworfen und Konflikte aufgezeigt.
Die kulturelle Vielfalt Osteuropas ins Bild zu setzen, diesem Ziel hat sich das FilmFestival Cottbus in seiner Programmsektion >Fokus< verschrieben. Im letzten Jahr galt der Blick den Regionen – und damit grenzübergreifenden, oft historisch geprägten kulturellen Schnittstellen. Die 22. Festivalausgabe vom 6. bis zum 11. November 2012 nähert sich dieser Vielfalt nun unter dem Titel „Osteuropa der Religionen“.
Die insgesamt 15 Spiel- und Dokumentarfilme, die Kurator Bernd Buder (Berlin) zusammengestellt hat, möchten Einblicke geben in religiöses Leben und gelebte Religiosität heute. Charakteristisch für den östlichen Teil Europas ist dabei das vielerorts seit Jahrhunderten verwurzelte Neben- und Miteinander verschiedener religiöser Bekenntnisse wie Judentum, Christentum und Islam.
Die Filmreihe will Chancen, aber auch Risiken dieser multi-religiös geprägten Lebenswirklichkeiten aufzeigen, denn nicht selten wurde und wird Religion in politischen Machtkämpfen missbraucht und zum Katalysator ethnischer Konflikte. Vor diesem Hintergrund versucht „Osteuropa der Religionen“ Denkanstöße zu geben sowie die aktuelle Debatte zum Stellenwert von Religion anzuregen und zu vertiefen.
Der >Fokus< zeigt in diesem Jahr Filme, in denen Religion und Kirche, religiöse Riten und Symbole auf ganz unterschiedliche Art und Weise sichtbar werden. So beleuchtet THE DAUGHTER (Russland 2012) die Gewissenskonflikte eines Kleinstadtpriesters zwischen Beichtgeheimnis und persönlichen Rachegedanken und MERCY (Polen 2012) bringt die Spannungen zwischen weltlichem und geistlichem Leben in Polen auf die Leinwand. Die Persiflage LOVELESS ZORICA (Serbien, Polen, Zypern, Griechenland 2012) dagegen bürstet das ambivalente Verhältnis zwischen Rechtschaffenheit und Aberglauben in der serbischen Provinz gegen den Strich. Und schließlich begleiten die Zuschauer den Regisseur von DREAMING THE PATH (Litauen 2012), in meditativen Momentaufnahmen innerer Seelenlandschaften, auf dem Jakobsweg von Vilnius ins fast 4500 Kilometer entfernte Santiago de Compostela.
Selbstfindungsprozesse, Identitätsfragen und die Suche nach dem eigenen Platz in der Gesellschaft: Gleich fünf Filme des diesjährigen >Fokus< ergründen die Religion in Gestalt von Coming-of-Age-Geschichten. Mitglieder einer rechtsradikalen Jugendgang in der polnisch-israelischen Koproduktion MY AUSTRALIA (2011) und ein Hooligan in dem polnischen Dokumentarfilm THE MOON IS JEWISH (2011) – die Protagonisten in beiden Filmen werden mit der eigenen jüdischen Abstammung konfrontiert und damit zu einer Neuorientierung gezwungen. HOW ARE YOU, RUDOLF MING? (Lettland 2010) wiederum folgt dem jugendlichen Trickfilmmacher Rudolf, der eine Vorliebe für blutrünstige Horrorstorys hat und vom Pfarrer dazu eingeladen wird, eine Geschichte aus dem Alten Testament zu animieren und in der Kirche vorzuführen. IVETKA AND THE MOUNTAIN (Tschechien 2008) zeichnet den Lebenslauf eines Mädchens nach, dem in den 1990er Jahren mehrmals die Heilige Jungfrau Maria erschienen ist: zerrissen zwischen Kloster und weltlichem Leben. Der polnische Spielfilm IN THE NAME OF THE DEVIL (2011) schließlich zeigt, wie eine charismatische Führerfigur eine Gruppe junger Frauen auf der Suche nach sich selbst in die ideologische Radikalität leitet und macht damit die Gefahren religiöser Verblendung deutlich.
Im Filmschaffen der post-kommunistischen Länder des östlichen Europa spielt die Frage der historischen Beziehungen zwischen Gesellschaft, Staat und Religion eine maßgebliche Rolle. Die Kirche als Opposition zum sozialistischen Staat war besonders in Polen ein prägendes Phänomen: nicht umsonst stieß der Spielfilm POPIELUSZKO (Polen 2009) über das Schicksal des Solidarnosc-Priesters, der 1984 vom polnischen Geheimdienst umgebracht wurde, in seinem Heimatland auf immenses Publikumsinteresse. Der russische Monumentalfilm THE HORDE (2012) geht dagegen weit zurück ins 14. Jahrhundert und beschreibt aus der Perspektive der russisch-orthodoxen Kirche den Kampf der christlichen Welt gegen die Goldene Horde.
Auf dem Balkan fanden zwischenethnische und religiöse Spannungen zuletzt in den Zerfallskriegen des ehemaligen Jugoslawien ihren blutigen Ausdruck. 1996 drehte Srñjan Dragojević (derzeit mit PARADA in den deutschen Kinos) als einer der ersten serbischen Filmemacher im Kriegsgebiet einen kontrovers diskutierten Meilenstein in der südosteuropäischen Filmgeschichte: PRETTY VILLAGE, PRETTY FLAME (Serbien 1996). Milja Radović, in diesem Jahr Mitglied der Ökumenischen Jury des FilmFestival Cottbus, wird in einem die Filmaufführung begleitenden Vortrag die Bedeutung und Verwendung nationaler und religiöser Symbole analysieren. Die beiden estnischen Beiträge NARROW IS THE GATE und THIS IS THE DAY beobachten das Leben von Nonnen und Mönchen in serbisch-orthodoxen Klöstern im Kosovo. 2002 bzw. 2010 entstanden, wird darin zugleich die Entwicklung des Konflikts zwischen Albanern und Serben eindrucksvoll dokumentiert. Schließlich entlässt ALBANIAN CHRONICLE (Albanien, Frankreich, Italien, Griechenland 2009) über das Zusammenleben von Muslimen und Christen in einer südalbanischen Gemeinde das Publikum des diesjährigen >Fokus< mit der Hoffnung auf Verständigung zwischen den Religionen und Ethnien.
Die Mehrzahl der ausgewählten Filme erlebt auf dem Festival ihre internationale oder deutsche Erstaufführung und wird von den Regisseuren in Cottbus persönlich vorgestellt.
Foto: Filmfestival Cottbus