Nach den Forderungen des Cottbuser Oberbürgermeisters Frank Szymanski und den Zusage des Landes für die Hochschulregion Lausitz ergeben sich folgende Rahmenbedingungen für den Hochschulstandort Lausitz:
– ein Budget von 66 Millionen Euro für beide Hochschulen für fünf Jahre,
– ca. 4 Millionen Euro zusätzlich zum Aufbau neuer Studiengänge und eines Ausbildungsbereiches für die Studieneingangsphase (College),
– weitere 2-3 Millionen Euro für Reorganisationsmaßnahmen, die sich aus der Zusammenlegung der Hochschulen ergeben,
– eine gleichbleibende Zahl von Professuren bei möglicher fachlicher Neuverteilung,
– Erhalt der Campi der HS Lausitz in Cottbus und Senftenberg sowie der BTU Cottbus,
– eine Studierendenzahl von 10000 verteilt auf die drei Campi.
Momentan erhalten die beiden autonomen Hochschulen in Summe ca. 66-67 Millionen Euro. Da die zusätzlich versprochenen Mittel den existierenden Struktureinheiten nicht zugutekommen, wird sich die prekäre Situation durch Unterfinanzierung in Lehre und Forschung nicht verändern. Durch den voraussichtlich sehr viel höheren Abstimmungsbedarf in der Studierendenausbildung sowie zusätzlichen Aufwand durch die Betreuung dreier Standorte ist eine Verbesserung sowohl für die Kolleginnen und Kollegen der HS Lausitz als auch der BTU Cottbus nicht in Sicht. Gleichzeitig bleibt die Studierendenzahl in etwa konstant, so dass ein gleichbleibender Betreuungsaufwand gegeben ist. Neben den Lehraufgaben ist es für die Technische Universität – unabhängig davon ob Erhalt oder Neugründung angestrebt wird – essentiell, Mitglied in der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) zu werden. Dies ist nur durch entsprechende Anstrengungen im Forschungsbereich zu bewältigen, wofür große Ressourcenteile gebunden sind. Der große versprochene Zugewinn ist also für die Wissenschaft ein Nullsummenspiel. Die Region profitiert letztlich nur durch die Anschubfinanzierung in Höhe von 6-7 Millionen Euro. Ob in den Folgejahren weitere Aufstockungen erfolgen, ist eher ungewiss und es wäre naiv zu glauben, dass das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kultur dauerhaft für die Lausitz die Geldtöpfe weit öffnet.
Was wäre denn notwendig, um 229 Professuren auszustatten? Im bundesweiten Vergleich sind für die Ausstattung von Lehrstühlen an Technischen Universitäten durchschnittlich 600.000 bis 800.000 Euro anzunehmen. Eingeschlossen sind dabei nicht nur Personal- und Sachkosten, sondern auch Verwaltung und Gemeinkosten. Brandenburg ist momentan von der Mindestausstattung meilenweit entfernt und bildet das Schlusslicht im Vergleich der Bundesländer. 137,4 Millionen Euro wären hypothetisch notwendig, um alle geplanten Professuren adäquat auszustatten – illusorisch. Bei Annahme der absoluten Sparvariante von 400.000 Euro pro Lehrstuhl wäre man immer noch bei 91,6 Millionen Euro, um einen universitären Mindeststandard zu schaffen. Und dieser ist notwendig, um die DFG-Kriterien zu erreichen. Die zugesicherten 66 Millionen Euro stellen den Status Quo dar und werden durch teure strukturelle und organisatorische Anpassungsprozesse bei einer Neugründung und dem Betrieb einer Gesamthochschule zusätzlich verknappt. Das Einsparungspotenzial bei einer Zusammenlegung der Hochschulen ist dagegen gering: der Betreuungsaufwand bleibt gleich, die Forschungsaktivitäten müssen aufrechterhalten oder möglichst sogar gesteigert werden (DFG-Mitgliedschaft) und die Verwaltungsaufgaben werden nicht weniger, sondern aufgrund des größeren Abstimmungsbedarfes mehr. Personal- und Sachkostenausstattung sind für die zu erbringende Leistung an beiden Hochschulen bereits jetzt kritisch. Einzig und allein können das Amt eines Präsidenten und eines Kanzlers gespart werden.
Aber lohnt sich die Zusammenlegung in Anbetracht der entstehenden zusätzlichen Kosten? In dem drohenden Aufwand zur Anpassung von Studiengängen einschließlich neuer Akkreditierung, der schlechteren Gesamtprofilierung durch eine noch breitere fachliche Aufstellung und der ungünstigeren Ausgangsbedingungen für die Aufnahme in die DFG liegen offensichtliche strategische Risiken. Muss es also eine Zwangsfusion geben oder können nicht viele alternative Konzepte aufgegriffen werden, die etablierte Forschungs- und Bildungseinrichtungen nicht voreilig zerstören. Daher stellt sich die Frage: Wird eine Trennung von Fachhochschule und Universität benötigt? Ja und nein. Die deutsche Hochschulbildung gliedert sich traditionell in eine praktisch orientierte und eine theorieorientierte Aus- und Weiterbildung. Darauf haben sich Industrie und Wirtschaft über viele Jahrzehnte hinweg eingestellt. Es gibt also eine trennscharfe Nachfrage nach Praktikern und Theoretikern bzw. auch einen durch Unternehmensaufgaben differenzierten Bedarf an unterschiedlichen Fachkräften. Wissenschaftlich betrachtet macht es deutlich mehr Sinn, die Wissensvermittlung zum Einen in Richtung der Fähigkeiten zur Anwendungen und Vertiefung vorhandenen Wissen und zum Anderen in Richtung der grundlegenden Neuentwicklung von Wissen zu profilieren. Bis zu diesem Punkt können praxisorientierte und theorieorientierte Studienfächer auch in einer Hochschule angeboten werden. Aufgrund der notwendigen Profilierung sind jedoch die Wissensvermittlung als auch die didaktische Aufbereitung unterschiedlich. Damit ist nicht besser und schlechter oder schwerer und leichter gemeint, sondern eine Wissensvermittlung, die auf verschiedenartige Kompetenzen abzielt. Beide Ausbildungsrichtungen sprechen unterschiedliche Teile der menschlichen Begabung an und fördern Fähigkeiten, Fertigkeiten sowie Kenntnisse in anders geartetem Maße und Umfang. Gleiche Lehrveranstaltungen für Praktiker und Theoretiker sind in Grundlagenfächern noch vereinbar, aber auch hier müsste eigentlich die didaktische Schwerpunktsetzung verschieden sein. Es ist also folglich nicht sinnvoll, die Wissensvermittlung zu normieren, da die Ausbildungsziele völlig andere sind.
Die viel zitierten Doppelangebote an Fachhochschule und Universität sind also eigentlich gar kein Problem: es gibt eine differenzierte Nachfrage nach beiden Ausbildungsprofilen und dafür sind speziell ausgerichtete Lehrinhalte vonnöten. Hinzu kommt, dass jeder Mensch unterschiedliche Begabungen und Interessen hat. Nicht jedem liegt ein Universitätsstudium und nicht jeder möchte an einer Uni studieren. Studierende entscheiden sich beim Erststudium bewusst für einen der beiden Hochschultypen. Seitens der Außendarstellung und Bewerbung von Studienangeboten ist eine klar ersichtlich Trennung von praxis- und theorieorientierten Fächern absolut sinnvoll. Jedes Unternehmen hat ein klar formuliertes Leitbild, das dazu dient, die eigene Ausrichtung zu kommunizieren und sich von anderen Wettwerbern abzuheben. In einer forschungsorientierten Universität, die sich nach außen auch klar als solche darstellen muss, wären integrierte Fachhochschulangebote kaum mehr sichtbar. Das heißt, Interessenten, die ihren Fokus genau auf diese Ausbildungsrichtung legen, würden ihre Nachfrage gar nicht durch diese Universität gedeckt sehen. Infolge dessen kann es gut sein, dass die Fachhochschulausbildung nach und nach unattraktiver wird oder nach einiger Zeit komplett untergeht. Umgekehrt kann natürlich die Entwicklung auch dahin gehen, dass Lehraufgaben dominieren und in der neuaufgestellten Gesamthochschule die Forschung stagniert. Alles in allem erscheint eine Vermengung von eindeutig abgrenzbaren Ausbildungsaufgaben als wenig zweckmäßig.
Zusammenfassend ist es eindeutig sinnvoller, eigenständige und speziell auf die jeweiligen Erwartungen abgestimmte Hochschulen zu betreiben. Dies sichert weiterhin attraktive Ausbildungsangebote für Studierende an profilierten Forschungs- und Bildungseinrichtungen. Industrie und Wirtschaft in Brandenburg sind auf Fachkräfte mit unterschiedlichen Kompetenzprofilen angewiesen. Eine zielgerichtete Restrukturierung beider Hochschulen und ggf. die Neuzuordnung von Fachbereichen ermöglicht beiden Einrichtungen eine Profilschärfung. Die bereits genannten strategischen Risiken könnten so vermieden und vorhandene Stärken der Hochschulen in Lehre und Forschung gezielt genutzt werden. Daher müssen die Hochschule Lausitz und die BTU Cottbus eigenständig erhalten bleiben.
Sven Binkowski und Roberto Kockrow
Foto: Johannes Koziol
Nach den Forderungen des Cottbuser Oberbürgermeisters Frank Szymanski und den Zusage des Landes für die Hochschulregion Lausitz ergeben sich folgende Rahmenbedingungen für den Hochschulstandort Lausitz:
– ein Budget von 66 Millionen Euro für beide Hochschulen für fünf Jahre,
– ca. 4 Millionen Euro zusätzlich zum Aufbau neuer Studiengänge und eines Ausbildungsbereiches für die Studieneingangsphase (College),
– weitere 2-3 Millionen Euro für Reorganisationsmaßnahmen, die sich aus der Zusammenlegung der Hochschulen ergeben,
– eine gleichbleibende Zahl von Professuren bei möglicher fachlicher Neuverteilung,
– Erhalt der Campi der HS Lausitz in Cottbus und Senftenberg sowie der BTU Cottbus,
– eine Studierendenzahl von 10000 verteilt auf die drei Campi.
Momentan erhalten die beiden autonomen Hochschulen in Summe ca. 66-67 Millionen Euro. Da die zusätzlich versprochenen Mittel den existierenden Struktureinheiten nicht zugutekommen, wird sich die prekäre Situation durch Unterfinanzierung in Lehre und Forschung nicht verändern. Durch den voraussichtlich sehr viel höheren Abstimmungsbedarf in der Studierendenausbildung sowie zusätzlichen Aufwand durch die Betreuung dreier Standorte ist eine Verbesserung sowohl für die Kolleginnen und Kollegen der HS Lausitz als auch der BTU Cottbus nicht in Sicht. Gleichzeitig bleibt die Studierendenzahl in etwa konstant, so dass ein gleichbleibender Betreuungsaufwand gegeben ist. Neben den Lehraufgaben ist es für die Technische Universität – unabhängig davon ob Erhalt oder Neugründung angestrebt wird – essentiell, Mitglied in der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) zu werden. Dies ist nur durch entsprechende Anstrengungen im Forschungsbereich zu bewältigen, wofür große Ressourcenteile gebunden sind. Der große versprochene Zugewinn ist also für die Wissenschaft ein Nullsummenspiel. Die Region profitiert letztlich nur durch die Anschubfinanzierung in Höhe von 6-7 Millionen Euro. Ob in den Folgejahren weitere Aufstockungen erfolgen, ist eher ungewiss und es wäre naiv zu glauben, dass das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kultur dauerhaft für die Lausitz die Geldtöpfe weit öffnet.
Was wäre denn notwendig, um 229 Professuren auszustatten? Im bundesweiten Vergleich sind für die Ausstattung von Lehrstühlen an Technischen Universitäten durchschnittlich 600.000 bis 800.000 Euro anzunehmen. Eingeschlossen sind dabei nicht nur Personal- und Sachkosten, sondern auch Verwaltung und Gemeinkosten. Brandenburg ist momentan von der Mindestausstattung meilenweit entfernt und bildet das Schlusslicht im Vergleich der Bundesländer. 137,4 Millionen Euro wären hypothetisch notwendig, um alle geplanten Professuren adäquat auszustatten – illusorisch. Bei Annahme der absoluten Sparvariante von 400.000 Euro pro Lehrstuhl wäre man immer noch bei 91,6 Millionen Euro, um einen universitären Mindeststandard zu schaffen. Und dieser ist notwendig, um die DFG-Kriterien zu erreichen. Die zugesicherten 66 Millionen Euro stellen den Status Quo dar und werden durch teure strukturelle und organisatorische Anpassungsprozesse bei einer Neugründung und dem Betrieb einer Gesamthochschule zusätzlich verknappt. Das Einsparungspotenzial bei einer Zusammenlegung der Hochschulen ist dagegen gering: der Betreuungsaufwand bleibt gleich, die Forschungsaktivitäten müssen aufrechterhalten oder möglichst sogar gesteigert werden (DFG-Mitgliedschaft) und die Verwaltungsaufgaben werden nicht weniger, sondern aufgrund des größeren Abstimmungsbedarfes mehr. Personal- und Sachkostenausstattung sind für die zu erbringende Leistung an beiden Hochschulen bereits jetzt kritisch. Einzig und allein können das Amt eines Präsidenten und eines Kanzlers gespart werden.
Aber lohnt sich die Zusammenlegung in Anbetracht der entstehenden zusätzlichen Kosten? In dem drohenden Aufwand zur Anpassung von Studiengängen einschließlich neuer Akkreditierung, der schlechteren Gesamtprofilierung durch eine noch breitere fachliche Aufstellung und der ungünstigeren Ausgangsbedingungen für die Aufnahme in die DFG liegen offensichtliche strategische Risiken. Muss es also eine Zwangsfusion geben oder können nicht viele alternative Konzepte aufgegriffen werden, die etablierte Forschungs- und Bildungseinrichtungen nicht voreilig zerstören. Daher stellt sich die Frage: Wird eine Trennung von Fachhochschule und Universität benötigt? Ja und nein. Die deutsche Hochschulbildung gliedert sich traditionell in eine praktisch orientierte und eine theorieorientierte Aus- und Weiterbildung. Darauf haben sich Industrie und Wirtschaft über viele Jahrzehnte hinweg eingestellt. Es gibt also eine trennscharfe Nachfrage nach Praktikern und Theoretikern bzw. auch einen durch Unternehmensaufgaben differenzierten Bedarf an unterschiedlichen Fachkräften. Wissenschaftlich betrachtet macht es deutlich mehr Sinn, die Wissensvermittlung zum Einen in Richtung der Fähigkeiten zur Anwendungen und Vertiefung vorhandenen Wissen und zum Anderen in Richtung der grundlegenden Neuentwicklung von Wissen zu profilieren. Bis zu diesem Punkt können praxisorientierte und theorieorientierte Studienfächer auch in einer Hochschule angeboten werden. Aufgrund der notwendigen Profilierung sind jedoch die Wissensvermittlung als auch die didaktische Aufbereitung unterschiedlich. Damit ist nicht besser und schlechter oder schwerer und leichter gemeint, sondern eine Wissensvermittlung, die auf verschiedenartige Kompetenzen abzielt. Beide Ausbildungsrichtungen sprechen unterschiedliche Teile der menschlichen Begabung an und fördern Fähigkeiten, Fertigkeiten sowie Kenntnisse in anders geartetem Maße und Umfang. Gleiche Lehrveranstaltungen für Praktiker und Theoretiker sind in Grundlagenfächern noch vereinbar, aber auch hier müsste eigentlich die didaktische Schwerpunktsetzung verschieden sein. Es ist also folglich nicht sinnvoll, die Wissensvermittlung zu normieren, da die Ausbildungsziele völlig andere sind.
Die viel zitierten Doppelangebote an Fachhochschule und Universität sind also eigentlich gar kein Problem: es gibt eine differenzierte Nachfrage nach beiden Ausbildungsprofilen und dafür sind speziell ausgerichtete Lehrinhalte vonnöten. Hinzu kommt, dass jeder Mensch unterschiedliche Begabungen und Interessen hat. Nicht jedem liegt ein Universitätsstudium und nicht jeder möchte an einer Uni studieren. Studierende entscheiden sich beim Erststudium bewusst für einen der beiden Hochschultypen. Seitens der Außendarstellung und Bewerbung von Studienangeboten ist eine klar ersichtlich Trennung von praxis- und theorieorientierten Fächern absolut sinnvoll. Jedes Unternehmen hat ein klar formuliertes Leitbild, das dazu dient, die eigene Ausrichtung zu kommunizieren und sich von anderen Wettwerbern abzuheben. In einer forschungsorientierten Universität, die sich nach außen auch klar als solche darstellen muss, wären integrierte Fachhochschulangebote kaum mehr sichtbar. Das heißt, Interessenten, die ihren Fokus genau auf diese Ausbildungsrichtung legen, würden ihre Nachfrage gar nicht durch diese Universität gedeckt sehen. Infolge dessen kann es gut sein, dass die Fachhochschulausbildung nach und nach unattraktiver wird oder nach einiger Zeit komplett untergeht. Umgekehrt kann natürlich die Entwicklung auch dahin gehen, dass Lehraufgaben dominieren und in der neuaufgestellten Gesamthochschule die Forschung stagniert. Alles in allem erscheint eine Vermengung von eindeutig abgrenzbaren Ausbildungsaufgaben als wenig zweckmäßig.
Zusammenfassend ist es eindeutig sinnvoller, eigenständige und speziell auf die jeweiligen Erwartungen abgestimmte Hochschulen zu betreiben. Dies sichert weiterhin attraktive Ausbildungsangebote für Studierende an profilierten Forschungs- und Bildungseinrichtungen. Industrie und Wirtschaft in Brandenburg sind auf Fachkräfte mit unterschiedlichen Kompetenzprofilen angewiesen. Eine zielgerichtete Restrukturierung beider Hochschulen und ggf. die Neuzuordnung von Fachbereichen ermöglicht beiden Einrichtungen eine Profilschärfung. Die bereits genannten strategischen Risiken könnten so vermieden und vorhandene Stärken der Hochschulen in Lehre und Forschung gezielt genutzt werden. Daher müssen die Hochschule Lausitz und die BTU Cottbus eigenständig erhalten bleiben.
Sven Binkowski und Roberto Kockrow
Foto: Johannes Koziol