Physiotherapie ist ein interessantes Betätigungsfeld, das immer mehr an Interesse gewinnt. Sie bietet vielfältige Entfaltungsmöglichkeiten für Schulabgänger, die in ihrem Berufsleben gerne mit Menschen in Kontakt kommen. Aufgrund des großen Fachkräftemangels im Gesundheitsbereich werden ausgebildete Physiotherapeuten so stark nachgefragt, dass sie sich ihre Arbeitsstelle in der Regel aussuchen können.
Diese Tendenz wird befeuert durch die zunehmende Überalterung der Gesellschaft, da vor allem die ältere Generation bewegungs- und physiotherapeutischer Behandlungsformen bedarf. Bevor die Ausbildung losgeht, steht für potenzielle Kandidaten die Frage an, ob der Beruf im Dualen Bildungsweg erlernt werden soll oder ob eine akademische Laufbahn angestrebt wird. Was ist bei einer Ausbildung beziehungsweise einem Studium der Physiotherapie zu beachten?
Was genau wird unter Physiotherapie verstanden?
Unter einer physiotherapeutischen Behandlung wird ein Bündel an verschiedenen Maßnahmen verstanden, mit der die geschwächte Muskulatur eines Patienten wieder aufgebaut wird. Außerdem dient sie zur Schmerzlinderung und zur Wiederherstellung der Beweglichkeit. Sie umfasst aktive Krankengymnastik und passive therapeutische Massagen. Zudem gehören Wärme- und Kältetherapien sowie Ultraschall, Lymphdrainagen und Elektrotherapie zum Arbeitsbereich eines Physiotherapeuten.
Eine weitere Aufgabe ist es, die Patienten in die Behandlung aktiv einzubeziehen. Eine physiotherapeutische Versorgung beschränkt sich nämlich nicht nur auf direkte Anwendungen in der Klinik oder Praxis. Vielmehr werden die Patienten angeleitet, wie sie ihre Übungen zu Hause selbstständig durchführen können, um den Behandlungserfolg zu beschleunigen. Moderne Praxen nutzen inzwischen Künstliche Intelligenz (KI), um anpassbare Therapiepläne für Patienten zu erstellen.
Physiotherapie als Ausbildungsberuf
In Deutschland gelangen die meisten Physiotherapeuten über eine dreijährige Ausbildung in den Beruf. Die Lehre kann an über 200 staatlichen oder privaten Schulen und Berufsschulen absolviert werden. In diesen Einrichtungen wird das theoretische Wissen vermittelt.
Die Ausbildung ist stark praxisbezogen. Daher ist es von Vorteil, eine Schule zu wählen, in deren Nähe Ausbildungsbetriebe angesiedelt sind, in denen die notwendigen Praktika absolviert werden. Dabei handelt es sich unter anderem um folgende Einrichtungen:
- Krankenhäuser und Kliniken
- Physiotherapeutische Fachpraxen
- Rehabilitationszentren
- Alten- und Pflegeheime
- Einrichtungen für Menschen mit körperlichen Behinderungen
- Fitnesscenter
- Sportvereine
Welche schulischen Anforderungen werden vorausgesetzt?
Die Grundvoraussetzung, um eine Ausbildung in Physiotherapie zu beginnen, ist die Mittlere Reife. Außerdem berechtigt der Hauptschulabschluss dazu, eine Ausbildung anzugehen. Dann wird allerdings eine zweijährige, abgeschlossene Berufsausbildung vorausgesetzt.
Darüber hinaus ist es möglich, dass weitere Anforderungen erfüllt werden müssen, die sich von Schule zu Schule unterscheiden. Darunter fällt beispielsweise ein Sportabzeichen als Nachweis für die physische Eignung. Oft wird der Besuch eines Erste-Hilfe-Kurses und ein polizeiliches Führungszeugnis vorausgesetzt. Genaueres kann in der Prüfungsordnung der jeweiligen Schule nachgelesen werden.
Persönliche Voraussetzungen, um in der Physiotherapie zu arbeiten
Die Tätigkeit des Physiotherapeuten ist körperlich anstrengend und kann psychische Belastungen mit sich bringen, weil der Berufsalltag mit dem Kontakt zu kranken und leidenden Menschen angefüllt ist. Daher ist es von Vorteil, die folgenden persönlichen Eigenschaften einzubringen:
- Kontaktfreudigkeit
- Physische und mentale Stärke
- Organisationstalent
- Empathie
- Stressresistenz
- Innere Ausgeglichenheit
- Spaß an der Bewegung
- Interesse an Sport und Biologie
Welche Inhalte umfasst eine Ausbildung in der Physiotherapie?
Die Ausbildung setzt sich aus einem theoretischen und einem praktischen Teil zusammen. Für letzteren sind mindestens 1.600 Stunden vorgesehen. Zu jedem Fachgebiet werden turnusmäßig mündliche und schriftliche Prüfungen abgehalten. Folgende Inhalte gehören zum Lehrplan:
- Anatomie und der Aufbau des menschlichen Körpers
- Bewegungs- und Trainingslehre
- Befund- und Untersuchungstechniken
- Krankengymnastische Behandlungs- und Untersuchungstechniken
- Bewegungserziehung
- Prävention und Rehabilitation
- Massagetherapie
- Strahlen-, Licht und Elektrotherapie
- Inhalations-, Thermo- und Hydrotherapie
- Funktionsanalyse
- Gangschulung
- Neurophysiologische Behandlungsmethoden
- Manuelle Therapie
Am Ende der Ausbildung kommt es zu einer abschließenden Prüfung. Diese besteht aus einem schriftlichen, einem mündlichen und einem praktischen Teil. Nach Abschluss der dreijährigen Ausbildung wird den Absolventen der Titel eines “Staatlich anerkannten Physiotherapeuten” verliehen. Weiterhin können Spezialisierungen integriert werden. Zudem eröffnet sich der Weg, um über ein anschließendes Studium einen akademischen Abschluss zu erlangen.
Ausbildungsvergütung und Einstiegsgehalt
Dabei kommt es darauf an, ob die Ausbildung an einer privaten oder an einer staatlichen Schule absolviert wird. Privatschulen zahlen in der Regel keine Vergütung. Um die finanzielle Absicherung während der Lehrzeit zu garantieren, kann entweder ein Schüler-BAföG beantragt oder ein Bildungskredit in Anspruch genommen werden.
Es empfiehlt sich daher, sich um einen Ausbildungsplatz an einer Einrichtung des öffentlichen Dienstes zu bemühen. Dann werden Löhne gezahlt, die den tariflichen Vereinbarungen entsprechen. Folgende Brutto-Vergütungen sind vorgesehen:
- 1. Ausbildungsjahr: 1.068 Euro
- 2. Ausbildungsjahr: 1.118 Euro
- 3. Ausbildungsjahr: 1.164 Euro
- Einstiegsgehalt: Je nach Bundesland zwischen 1.900 und 2.400 Euro
Das Gehalt erhöht sich sukzessive mit steigender Berufserfahrung und abhängig vom Arbeitgeber bis auf rund 3.800 Euro monatlich.
Physiotherapie als Bachelorstudiengang
Schulabgänger, die einen akademischen Grad anstreben, können Physiotherapie auch im Bachelorstudiengang belegen, der sieben Semester Regelstudienzeit umfasst. Am Ende wird der akademische Grad des “Bachelor of Science” oder “Bachelor of Arts” ausgestellt. Dazu gibt es mehrere Angebote.
Dualer Studiengang
Dabei wird die oben beschriebene Ausbildung angegangen und um wissenschaftliche Studiengänge erweitert. Das Studium wird also parallel zur Ausbildung angegangen.
Primärqualifizierendes Studium
Das gesamte Studium wird an einer entsprechenden Hochschule absolviert. Die Ausrichtung basiert auf theoretischen und wissenschaftlichen Schwerpunkten.
Berufsbegleitendes Studium
Dieser Studiengang beginnt nach der Ausbildung zum Physiotherapeuten. In der Regel werden die Inhalte der Ausbildung anerkannt und der Studiengang verkürzt sich auf drei Semester.
Voraussetzungen für ein Studium in Physiotherapie
Wer direkt nach der Schule ins Studium wechseln möchte, benötigt entweder das Abitur oder die Fachhochschulreife. Von vielen Hochschulen wird ein Pflegepraktikum erwartet. In Ausnahmefällen ist ein Eignungstest ausreichend, in dem das Einfühlungsvermögen und die körperliche Fitness geprüft werden. Anwärter sollten sich vor Aufnahme des Studiums in jedem Fall direkt bei der infrage kommenden Hochschule über die Aufnahmebedingungen informieren.
Welche Studieninhalte sind zu erwarten
Ein Bachelor-Studium der Physiotherapie besitzt einen hohen Praxisanteil. Dennoch umfasst es viele theoretische Inhalte:
- Wissenschaftliche Methoden
- Theoretische Grundlagen
- Bewegungslehre
- Medizinethik
- Innere Medizin
- Biometrie
- Neurologie
- Psychiatrie
- Pädiatrie
Zu den fachpraktischen Inhalten im Studiengang Physiotherapie zählen:
- Berufliche Didaktik
- Diagnostik
- Manuelle Therapie
- Rehabilitation
- Prävention
- Bewegungsanalyse
- Qualitätsmanagement
Master-Studiengang Physiotherapie
Der Master-Studiengang Physiotherapie ist vorrangig für Menschen gedacht, die schon über eine jahrelange Berufserfahrung verfügen und ihre klinischen und wissenschaftlichen Kompetenzen ausbauen möchten. In der Regel wird ein Bachelor in Physiotherapie oder ein vergleichbarer Abschluss erwartet. Zudem sind gute Englischkenntnisse hilfreich.
Die Studierenden beschäftigen sich mit fortschrittlichen bewegungstherapeutischen Maßnahmen, die die motorische Funktionstüchtigkeit verbessern. Außerdem werden die einzelnen physiotherapeutischen Verfahren kritisch durchleuchtet. Neben diesen forschungsrelevanten Inhalten legt der Master-Studiengang seine Schwerpunkte auf die klinischen Aspekte. Dabei stehen Inhalte aus dem Bereich der Sportmedizin, der Neurologie, der Pädiatrie und der kardiopulmonalen Physiotherapie im Mittelpunkt.
Dauer und Abschluss
Der Master-Studiengang ist auf vier Semester angelegt. Nach der Abschlussprüfung wird der “Master of Science” verliehen. Dieser qualifiziert die Absolventen zur Arbeit in Kliniken oder Praxen. Zudem ermöglicht er, in die Forschung und Lehre einzusteigen. Überdies befähigt er dazu, eine Promotion in Angriff zu nehmen.