Am 24. Februar 2014 tagten der Rat für sorbische/wendische Angelegenheiten des Landtages Brandenburg und der Sorbenrat des Freistaates Sachsen gemeinsam in Potsdam, um Schlussfolgerungen für die weitere Arbeit nach der Verabschiedung des neuen Sorben/Wenden-Gesetzes des Landes Brandenburg zu beraten. Der brandenburgische Abgeordnete Dr. Gerd-Rüdiger Hoffmann nahm an dieser Sitzung teil und legte seine Position dar.
Nachdem der Landtagsabgeordnete Jürgen Maresch (DIE LINKE) betonte, dass er das verabschiedete Gesetz nicht so negativ sehe wie Měto Nowak (Mitglied des Brandenburgischen Sorben/Wenden-Rates), sondern es als ein sehr positives Ergebnis der Arbeit der Koalition aus SPD und DIE LINKE betrachten möchte, hob der Landtagsabgeordnete Dr. Gerd-Rüdiger Hoffmann aus Senftenberg/Zły Komorow u.a. folgende Gesichtspunkte hervor:
„Nach der Verabschiedung des Sorben/Wenden-Gesetzes wird es gar nicht mehr darum gehen dürfen, ob man es positiv oder negativ bewertet. Die Aufgabe ist jetzt, das Beste daraus zu machen. Das heißt jedoch auch, die Aufgaben zu beschreiben, die noch zu lösen sind, damit dieses durch Kompromiss entstandene Gesetz dennoch mit Leben erfüllt werden kann.
Erstens wird es darum gehen müssen, Bildungsarbeit im Land Brandenburg zu leisten, besonders bei kommunalen Abgeordneten und Verwaltungsangestellten, um klarzustellen, dass es in dem Gesetz nicht um eine Erweiterung des Siedlungsgebietes der Sorben/Wenden geht, sondern um das Feststellen, dass die aufgeführten Kommunen historisch und kulturell zum Siedlungsgebiet gehören. Geschichtskenntnisse werden gefragt sein. Damit in Verbindung steht, jene europäischen Standards im Bewusstsein der politisch Verantwortlichen des Landes zu verankern, die jeden Assimilationsdruck untersagen.
Zweitens geht es darum, dass den Sorben/Wenden und ihrer Kultur Weiterentwicklung als Selbstverständlichkeit zugebilligt werden muss. Das größte Ärgernis in diesem parlamentarischen Prozess war für mich, dass jede positive Aussage dazu aus dem ursprünglichen Gesetzesentwurf von der Regierungskoalition getilgt wurde.
Drittens geht es um ein Problem, dass noch gar nicht diskutiert werden konnte, weil im politischen Diskurs die Zeit dafür noch nicht reif ist. Oder anders gesagt: Verglichen mit internationalen Debatten in Kulturwissenschaft, Ethnologie, Komparatistik und Geschichtswissenschaft sowie interkultureller Philosophie fehlt in der Politik oft die richtige Fragestellung, die jedoch nötig ist, wenn man zu richtigen Lösungen kommen will. Hier handelt es sich besonders um die Frage, wie Minderheitenschutz in Zeiten der Globalisierung und hoher Mobilität bei Menschen, Waren und Kulturgütern zu bewerkstelligen ist. Die Forderung an die Minderheiten, schön autochthon und nur dort zu bleiben, wo sie herkommen, um gefördert zu werden, erscheint nicht mehr zeitgemäß. Damit entstehen neue Fragen, die nicht einfach zu lösen sein werden.
Wichtig wird es sein, nicht einfach zur Tagesordnung überzugehen. Wir werden uns die Mühe machen müssen, herauszufinden, welches die Gründe für teilweise irrationale Kontroversen und fast ins Rassistische gehende Vorbehalte gegenüber Sorben/Wenden sind. Da es kaum um höhere Ausgaben geht, die sonst Vorbehalte gegen neue Gesetzesvorhaben schüren, könnte es sich eventuell sogar um Ideologie handeln. Dagegen hilft nur Aufklärung, damit deutlich wird, dass eine Region mit zwei Kulturen vor allem Vorteile hat.
Interkulturelle Kompetenz, Brückenfunktion des Niedersorbischen mit Bezug auf Touristen und Unternehmen aus Polen oder Tschechien oder Neugierde auf eine zu wenig bekannte Geschichte und Kultur sind hier die Stichworte. Eine moderne Sorben/Wenden-Politik wird eine Schlüsselaufgabe zu erfüllen haben, wenn es um Fragen der Regionalentwicklung und regionaler Kulturen in einem multikulturellen Europa und der Weiterentwicklung einer partizipativen Demokratie auf europäischer Ebene geht.
Diese Aufgabe ist von der schwersten nicht abzukoppeln: Eine erfolgreiche Sorben/Wenden-Politik funktioniert nur, wenn sie in den Kommunen gelebt wird – viel Arbeit also. Da diese Fragen in Brandenburg und in Sachsen stehen, ist es nur richtig, wenn die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Sorben/Wenden-Politik enger gestaltet werden soll. Es wird nicht allein darum gehen können, wer von wem was zu lernen hat. Ziel ist doch eine zeitgemäße Minderheitenpolitik. Deshalb gibt es in Sachsen aktuell wegen des brandenburgischen Gesetzes nicht bloß Nachholbedarf, sondern auch Brandenburg wird sich auf Veränderungen einstellen müssen.“
Quelle: Dr. Gerd-Rüdiger Hoffmann, MdL
Foto: serbski dom, Bautzen
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