Täglich 2,9 Stunden: So viel Zeit verbringen Krankenhausärzte in Deutschland im Durchschnitt mit Dokumentation und Bürokratie – laut einer Umfrage des Deutschen Krankenhausinstituts (DKI) vom August 2024 unter 225 Allgemeinkrankenhäusern. Hochgerechnet auf eine 40-Stunden-Woche (2,9 h ÷ 8 h ≈ 36 %) entspricht das rund 36 % der Arbeitszeit. Bei Pflegekräften sind es mit 2,7 Stunden täglich nur geringfügig weniger.
Diese Stunden fehlen genau dort, wo sie gebraucht werden: am Krankenbett, im Behandlungszimmer, im Gespräch mit Angehörigen. Doch es gibt Lösungen. Plattformen wie Korto.io zeigen, wie intelligente Systeme die administrative Aufgabenlast reduzieren können. Das Ergebnis: spürbare Entlastung des Personals.
Die versteckte Krise: Wenn Formulare Ärzte ersetzen
Die DKI-Zahlen enthüllen ein Problem, das weit über einzelne Kliniken hinausgeht. Deutschland beschäftigt derzeit etwa 165.000 Krankenhausärzte (Statistisches Bundesamt, 2022). Hochgerechnet entspräche die dokumentationsbedingte Bindung rund 59.000 Vollzeitstellen. Bei 343.000 Pflegekräften wären über 116.000 Vollkräfte bürokratisch gebunden – reine Schätzungen auf Basis der gemeldeten Zeiten.
Gerald Gaß, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Krankenhausgesellschaft, formulierte es bei der Präsentation der Umfrageergebnisse drastisch: Eine Reduzierung der bürokratischen Aufgaben um nur eine Stunde pro Tag würde dem System über Nacht 21.600 zusätzliche Ärzte bescheren. Keine neuen Absolventen, keine Anwerbung aus dem Ausland – einfach nur weniger Formulare.
Die Tendenz zeigt nach oben, nicht nach unten. Der Marburger Bund befragte seine Mitglieder 2022 zur Bürokratiebelastung (MB-Monitor Krankenhausärzte 2022). Ergebnis: Ein Drittel der Ärzte verbringt täglich mehr als vier Stunden mit administrativen Tätigkeiten. 2013 lag dieser Anteil bei gerade mal acht Prozent (damals bezogen auf mehr als drei Stunden). Parallel dazu prognostiziert eine PwC-Studie zur Digitalisierung im Gesundheitswesen, dass bis 2030 voraussichtlich mindestens 400.000 Vollzeitkräfte im Gesundheitswesen fehlen werden. Moderne Dokumentenmanagementsysteme – vergleichbar mit bewährten Lösungen wie DMS im Bankwesen – könnten diese Schere zumindest teilweise schließen.
Wie lässt sich diese Lücke schließen?
Ein modernes Dokumentenmanagementsystem (DMS) setzt genau hier an. Im Kern geht es um die digitale Erfassung, Verwaltung und Archivierung von Dokumenten. Patientenakten, Befunde, Abrechnungen – alles landet zentral in einer Datenbank statt in Regalen. Autorisierte Mitarbeiter greifen mit wenigen Klicks darauf zu, unabhängig vom Standort.
Künstliche Intelligenz (KI) spielt dabei eine zentrale Rolle. Sie verschlagwortet und kategorisiert Dokumente automatisch, selbst wenn es sich um eingescannte Handschriften handelt (was im medizinischen Alltag keine Seltenheit ist). Die Software routet Unterlagen eigenständig an die zuständigen Stellen – zur Freigabe, Abrechnung oder Archivierung.
Die Zeitersparnis summiert sich rasch. Routineaufgaben wie Ablegen und Suchen laufen weitgehend automatisiert. Zugriffskontrollen stellen sicher, dass nur befugte Personen sensible Patientendaten einsehen. Verschlüsselung schützt Daten bei Übertragung und Speicherung; Protokollierung und Rollenmodelle unterstützen Audits und den DSGVO-Nachweis. Für Compliance-Prüfungen lassen sich alle relevanten Dokumente in Minuten zusammenstellen – früher kostete das Tage, manchmal Wochen.
Bagatin Poliklinik: Vom Excel-Chaos zur digitalen Klarheit
Die Poliklinik Bagatin in Kroatien liefert ein anschauliches Beispiel. Die Klinik beschäftigt rund 100 Mitarbeiter an drei Standorten (zwei in Zagreb, einen in Split) und ist auf Plastische Chirurgie, Zahnmedizin, Dermatologie und Kosmetologie spezialisiert. Vor der Digitalisierung arbeitete man mit einem veralteten Karten- und PIN-System, das sich als unzuverlässig erwies. Die Urlaubsplanung lief über Excel-Tabellen.
Wollte ein Mitarbeiter wissen, wie viele Urlaubstage noch verfügbar waren, blieb nur der Griff zum Telefon. Ein Anruf bei der Personalabteilung. Jemand suchte die Information heraus, teilte sie mit. Beide Seiten verloren Zeit – multipliziert mit der Anzahl solcher Anfragen pro Woche.
Im Juni 2024 führte die Klinik eine digitale Zeiterfassungslösung ein. Seitdem können alle Mitarbeiter ihre Daten direkt am Smartphone abrufen. Manager genehmigen Urlaubsanträge per App, ohne Papierkram. Die Personalabteilung erstellt Gehaltsabrechnungen deutlich schneller als zuvor.
Ante Šantić, IT-Leiter der Poliklinik, bringt es auf den Punkt: „Vorher mussten Mitarbeiter die Finanzabteilung kontaktieren. Jetzt überwachen sie alle Daten selbst.“ Die Klinik plant bereits weitere Schritte – CRM- und ERP-Systeme für die Dokumentation stehen auf der Agenda.
Deutschland im internationalen Vergleich: Abgeschlagen
Andere europäische Länder sind weiter. Telemonitoring, Videosprechstunden, elektronische Patientenakten – in vielen Nachbarstaaten längst Standard. Estland gilt als Vorreiter: Alle rund 50 Krankenhäuser sind digital vernetzt. Der Rückstand Deutschlands hat mehrere Ursachen – föderale Strukturen, Fragmentierung der Anbieter, unterschiedliche Anreizsysteme und Datenschutzbedenken spielen eine Rolle.
Die Nutzung der elektronischen Patientenakte (ePA) bleibt – Stand 2024 – sehr gering. Nach Angaben der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) nutzt aktuell rund ein Prozent der Versicherten eine elektronische Patientenakte. Bei der AOK haben bundesweit nur etwa 30.000 Versicherte eine ePA beantragt (Stand März 2024), was etwa 0,1 Prozent der AOK-Versicherten entspricht.
Dabei fehlt es nicht an Akzeptanz in der Bevölkerung. Eine PwC-Umfrage ergab: 61 Prozent der Befragten halten Deutschland bei digitalen Technologien bereits für gut aufgestellt. Weltweit sind 54 Prozent bereit, KI in der Medizin zu nutzen. 64 Prozent der deutschen Führungskräfte im Gesundheitswesen glauben, dass KI die Medizin in den kommenden zehn Jahren grundlegend verändern wird.
Die Bereitschaft ist vorhanden. Es hapert an der Umsetzung.
Was bedeutet das für Polikliniken?
Polikliniken stehen vor ähnlichen Herausforderungen wie große Krankenhäuser – oft mit noch knapperen Ressourcen. Jede Stunde Dokumentation ist eine Stunde weniger für Patienten. Jeder Euro für Drucker, Papier und Archivräume fehlt bei medizinischen Geräten oder Personal.
Ein durchdachtes DMS kann sich – je nach Ausgangslage – bereits im ersten Jahr amortisieren (beispielsweise durch besseren Cashflow und geringere Prozesskosten). Mitarbeiter finden schneller, was sie brauchen. Patienten warten kürzer (manchmal nur Minuten statt Stunden). Fehler durch unleserliche Handschriften oder verlegte Dokumente werden seltener. Die DSGVO-Konformität lässt sich einfacher nachweisen. Und wenn der Medizinische Dienst zur Prüfung kommt, sind alle Unterlagen mit wenigen Klicks verfügbar – statt tagelanger Suchaktionen.
Jetzt handeln, nicht später
Die Digitalisierung des Gesundheitswesens ist keine ferne Zukunftsvision mehr. Sie ist eine dringende Notwendigkeit. Der Fachkräftemangel verschärft sich, die bürokratischen Aufgaben wachsen, die Erwartungen der Patienten steigen. Polikliniken, die jetzt handeln, verschaffen sich einen Vorsprung – nicht primär gegenüber Wettbewerbern, sondern vor allem im Kampf gegen die administrative Überlastung ihres Personals.
Die Technologie existiert. Die Systeme funktionieren – oft fehlt lediglich der erste Schritt.
Doch der lohnt sich: mehr Zeit für Patienten, weniger Dokumentation, zufriedenere Mitarbeiter. Das ist keine Utopie. Das ist in vielen Kliniken bereits Realität.







