Berlin/Lausitz. Die Koalitionsfraktionen haben sich nach harten Verhandlungen jetzt auf einen Kompromiss zum Netzentgeltmodernisierungsgesetz verständigt. Damit werden die bisher höchst unterschiedlichen Preisstrukturen in Deutschland bereinigt.
Der Lausitzer SPD-Bundestagsabgeordnete Ulrich Freese erklärt dazu: „Durch den Ausbau der Windenergie im Norden Deutschlands entstehen erhebliche Lasten. Diese werden bislang allerdings nicht gerecht verteilt – zum Nachteil der nord- und ostdeutschen Bundesländer. Diese Effekte sind so stark, dass der Strom im Osten bislang im Schnitt 4 Cent pro Kilowattstunde teurer ist als im Süden oder Westen. Die SPD hat das gegen den Widerstand der Union – insbesondere der CDU Nordrhein-Westfalen, die sich noch im November 2016 in einem Brandbrief an Bundeskanzleramtsminister Peter Altmaier mit dem Ziel keine Angleichung herbeizuführen, gewandt hat – geändert. „Mein sächsischer Bundestagskollege Thomas Jurk und ich haben uns seit vielen Monaten für eine Lösung im Sinne der ostdeutschen Haushalte und Unternehmer in unseren Bundestagsausschüssen eingesetzt“, erklärt Freese. „Bis zuletzt hat die CDU immer wieder mit taktischen Varianten und vergifteten Angeboten versucht eine vernünftige Lösung zu verhindern. Über das jetzige Ergebnis bin ich von daher zufrieden, es ist ein erster Schritt, weitere müssen folgen. Wir haben klar die ostdeutschen Interessen nach vorne gestellt!“.
Freese erklärt weiter: „Bislang werden gerade die Regionen, welche ökologischen Strom aus erneuerbaren Energien für ganz Deutschland produzieren und durchleiten, mit höheren Strompreisen bestraft. Das ist niemandem – weder in Ost noch in West – zu vermitteln. Die SPD hat das geändert“, so Freese, der zusammen mit Thomas Jurk seit Monaten in den Bundestagsausschüssen auf eine Lösung gedrängt hatte, um die Ungleichbehandlung zu beseitigen: „Die CDU konnte sich leider lange nicht auf eine klare Linie einigen. Über das jetzige Ergebnis bin ich daher umso glücklicher. Die SPD hat in den Verhandlungen klar die ostdeutschen Interessen nach vorne gestellt. Ein weiterer wichtiger Erfolg, den die SPD erringen konnte, betrifft die Zukunft der lokalen KWK-Anlagen und Pumpspeicherkraftwerke. Gerade KWK-Anlagen werden zumeist von Kommunen betrieben – die meisten davon in Ostdeutschland. Jetzt gibt es Planungssicherheit für die Betreiber. Die Einigung bringt einen fairen Ausgleich für die gesamte Republik und entlastet den Osten. Der bisherige Wettbewerbsvorteil im Süden und Westen der Republik, basiert auf einer Subvention aus dem Norden und Osten. Die gewaltigen finanziellen Verschiebungen, ungleichen Marktchancen und eine nicht zu rechtfertigende Belastung der Bürgerinnen und Bürger im Norden und Osten beseitigen wir mit der neuen Regelung.“, so Freese.
Der Lausitzer Bundestagsabgeordnete Klaus-Peter Schulze (CDU) begrüßt diese Einigung: „Die Energiewende ist ein gesamtgesellschaftliches Projekt. Es war daher höchste Zeit, dass vor allem die neuen Bundesländer durch die bundesweite Vereinheitlichung der Netzentgelte entlastet werden. Schließlich haben sie bereits massiv zur Reduzierung der CO2-Emissionen beigetragen und einen erheblichen Anteil des Ausbaus der erneuerbaren Energien geschultert. Die Netzentgelte belaufen sich pro Jahr auf mehr als 17 Milliarden Euro. In Ostdeutschland sind sie besonders hoch, da hier bei vergleichsweise geringer Bevölkerungsdichte viele Windräder sowie Solaranlagen errichtet wurden. Die Kosten für den Ausbau und den Unterhalt der dafür notwendigen neuen Leitungen werden auf die Stromkunden umgelegt.”
Annalena Baerbock, Grüne Bundestagsabgeordnete aus Brandenburg: „Die Entscheidung zur Angleichung der Netzentgelte war überfällig. Die jetzige Hauruckaktion bei den Netzentgelten ist bei genauer Betrachtung jedoch nur ein Scheinriese. Sie entspricht nicht den Zusagen der Bundeskanzlerin an die ostdeutschen Länder. Die Koalition spielt auf Zeit und verlängert in Wahrheit die unfaire Verteilung der Übertragungsnetzentgelte. Die Haushalte und Unternehmen in ländlichen Regionen werden auch in den kommenden Jahren mehr zahlen als in dicht besiedelten Ländern. Statt diese Ungerechtigkeit, die meist Ostdeutschland betrifft, sofort zu beenden, wird die Angleichung grundlos auf 2022 vertagt. Außerdem ist die geplante Vereinheitlichung nicht gesetzlich verbindlich. Die Bundesregierung will die überfällige Angleichung lediglich über eine Verordnungsermächtigung regeln. So wird im Wahlkampf der große Wurf suggeriert, während die Bundesregierung das Thema in Wahrheit in die Ministerien verschiebt, ohne dass die Beteiligung des Bundestags gewährleistet wird.“
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pm/red