Was seit längerer Zeit befürchtet wurde, ist nun eingetreten. Die Glasmanufaktur Brandenburg GmbH (GMB) in Tschernitz hat Insolvenz angemeldet. Der entsprechende Antrag wurde beim Amtsgericht Cottbus eingereicht. Das Unternehmen galt als der letzte spezialisierte Solarglashersteller Europas. Rund 240 Beschäftigte sind betroffen. Brandenburgs Wirtschaftsminister Daniel Keller spricht von einem politischen Versäumnis auf EU-Ebene. Spree-Neiße-Landrat Harald Altekrüger sieht nach dem kürzlichen Glaswerk-Aus in Drebkau den nächsten schweren Schlag für die Lausitzer Region. Beide sicherten den Beschäftigten Unterstützung zu.
Keller: ,,EU läuft sehenden Auges in Abhängigkeit”
Brandenburgs Wirtschaftsminister Daniel Keller erklärte am Montag, er bedaure die Entscheidung sehr. Nach seiner Einschätzung seien es die politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in Europa, die letztlich zur Insolvenz geführt hätten. Wörtlich sagte er: „Es sind letztlich die Rahmenbedingungen in Europa, die dazu führen, dass der letzte europäische Solarglashersteller Insolvenz beantragt hat. Damit läuft die EU sehenden Auges in eine Abhängigkeit von chinesischen Produkten. Das ist eine bedenkliche Entwicklung und mit Blick auf den besonders sensiblen Bereich der Energiegewinnung fahrlässig.“ Das Land Brandenburg habe die GMB mit verschiedenen Instrumenten unterstützt, unter anderem durch Fördermittel im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ (GRW).
Monatelanges Ringen um Zukunft
Bereits im Vorfeld hatte es Gespräche zwischen dem Wirtschaftsministerium, dem Betriebsrat, der Unternehmensleitung, der Wirtschaftsförderung Brandenburg, dem Amt Döbern-Land und dem Landkreis Spree-Neiße gegeben. Ziel dieser Abstimmungen war es, den Standort in Tschernitz zu stabilisieren und den Betrieb zu sichern. Zu den diskutierten Maßnahmen zählten unter anderem energiepolitische Entlastungen und Hilfen zur Finanzierung der Kurzarbeit. Im Februar dieses Jahres wandte sich Minister Keller zudem an die Bundesregierung und den EU-Handelskommissar Maroš Šefčovič. In seinem Schreiben sprach er sich für einen Resilienzbonus sowie für eine Verlängerung der Antidumping- und Antisubventionsmaßnahmen zum Schutz der europäischen Solarglasproduktion aus. Auch der ehemalige Wirtschaftsminister Jörg Steinbach hatte im Jahr 2024 entsprechende Forderungen erhoben.
Altekrüger: ,,Schwerer Schlag für Beschäftigte und Region”
Landrat Harald Altekrüger äußerte sich ebenfalls zur Entwicklung. Er erklärte: „Es ist schwer vorstellbar, dass die Glasindustrie vollständig aus der Lausitz verschwindet. Alle Bemühungen, diesen wertvollen Industriezweig zu erhalten, waren nicht erfolgreich. Das ist für die Beschäftigten und die ganze Region ein schwerer Schlag.“ Die Kreisverwaltung wolle gemeinsam mit allen beteiligten Stellen dazu beitragen, die Folgen für die Betroffenen abzufedern.
Wirtschaftsminister Keller ergänzte, unter den derzeitigen Bedingungen gebe es keinen Markt für Solarglas aus Tschernitz. Diese Situation könnten weder das Land Brandenburg, noch die kommunale Ebene oder ein einzelner Abgeordneter grundlegend verändern. Er würdigte zugleich das Engagement des indischen Mehrheitseigentümers Borosil, der trotz der schwierigen Marktlage an einer Fortführung des Werks festgehalten habe. Wie es aus dem Ministerium weiter heißt, sollen die Beschäftigten nicht allein lassen gelassen werden. Die Bundesagentur für Arbeit sei eingebunden, um neue Perspektiven zu eröffnen. Zudem werde sich die Wirtschaftsförderung Brandenburg um eine gewerbliche Nachnutzung des Standorts bemühen.
Rückgang der Lausitzer Glasindustrie
Die Glasmanufaktur Brandenburg war rund 15 Jahre in der Solarglasproduktion tätig. Die Gespräche über die Zukunft des Standorts sollen nun im Rahmen des Insolvenzverfahrens mit dem zuständigen Verwalter fortgeführt werden. Bereits im Frühjahr hatte ein weiteres Glaswerk in der Region geschlossen. Das Ardagh-Werk in Drebkau stellte den Betrieb ein. Dort waren 160 Beschäftigte betroffen.
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Red.