Ein Tropfen ist am Freitag morgen in den Becher der Vorfreude auf das erste Drittligaspiel gefallen, als auf der Energie-Museumsseite zu lesen war “HaJo Schulze gestern verstorben”. Ein Mann ist von uns gegangen, der zu Cottbus gehörte, wie die Spree und der Spremberger Turm. Weil sein Name über Jahrzehnte in den Medien als Autor so oft unter den Artikeln und Beiträgen stand, wie wohl kein Zweiter. Was an seinem Eifer, seiner Umtriebigkeit und seinen unzähligen Kontakten lag, die stets anwuchsen und ihm Futter für eine Vielzahl von Beiträgen lieferten.
Ganz wichtig für all seine Arbeiten war ein perfekt geführtes Archiv mit Kontakten, Statistiken und (Hintergrund-)informationen. Für einen Beitrag im lokalen Fernsehsender durfte ich vor Jahren einen Blick in diesen Fundus der Cottbuser (nicht nur Sport-) Geschichte werfen. Was heute unkompliziert die Kameraden “Google” und “Wikipedia” preisgeben, war bei HaJo Schulze in unzähligen Ordnern erfasst, nachdem er wichtige Fakten zu Menschen und Mannschaften zunächst mit seiner Zwei-Tasten-Mignon, später mit seiner “Erika”-Schreibmaschine zu Papier gebracht hatte. Doch von dieser zeitaufwändigen Archivarbeit lebte dieser Mann, und oft genug half er mit seinem Wissensschatz auch Mitstreitern “auf die Beine”.
Ihren Anfang nahm bei ihm die Leidenschaft für die Schreiberei bereits, als er 16 Jahre jung war. Seinen damaligen Cottbuser Mitstreiter Heinz Florian Oertel gern ob dessen blumiger Sprache kopierend verfasste er Stücke zum Fußball in der Lausitz, die zunächst lediglich im Schaukasten am späteren “Haus der Jugend” landeten. Wo Spieler und Anhänger der beteiligten Mannschaften am Montagmorgen die Stücke lasen, die dieser Schulze und seine Mitstreiter von Oertel bis Trogisch verfasst hatten.
Dass der jetzt 88-jährig verstorbene Lokalreporter natürlich besonders dem Cottbuser Fußball zugetan war, mag daran liegen, dass er selbst (wie er zwar oft genug bescheiden anmerkte “eher etwas amateuerhaft”) diese Sportart in der Jugend betrieben hatte. Speziell seit der Umsiedlung des Leistungsfußballs 1963 von Brieske nach Cottbus hatten es ihm dann die Kicker in Rotweiß angetan. Über Jahre war Schulze der wohl eifrigste Berichterstatter der BSG Energie, des späteren FC Energie. Selbst wenn es über schmerzliche Niederlagen zu berichten galt, auch über kapitale Fehler einzelner Spieler – niemals hat HaJo Schulze sich in Häme oder gar denunzierend zu schwachen Leistungen geäußert. Dennoch aber kritisch, zudem sachlich argumentierend war er ein, trotz seiner mitunter knurrigen Art, akzeptierter Reporterkollege, mit dem auch ich ein kollegiales Miteinander pflegte. Das ich ihm und seiner Familie gewünscht hätte, dass er im höher werdenden Alter ein oder zwei Gänge zurückzuschalten in der Lage gewesen wäre, ist meine persönliche Meinung. Zumal nicht nur ich, sondern auch unsere Mitstreiter der Reporterzunft längst erkannt hatten, dass er mehr und mehr auf die Begleitung und Hilfe seiner Familie angewiesen war. Genau deshalb gehört in der Stunde des schmerzlichen Abschieds mein ganz großer Respekt Hajos Frau Brunhilde und dem Rest der Familie von Tochter Marion bis Sohn Gunnar und der folgenden Generation.
Ein letztes Mal sah ich den jetzt Verstorbenen beim erfolgreichen Relegationsspiel gegen Flensburg Ende Mai im Stadion. Wie sehr hätte ich ihm doch gegönnt, am Sonntag bei der so erfolgreichen Rückkehr des FCE in die dritte Liga Augenzeuge zu sein. Dass zum ehrenden Gedenken an den treuen Wegbegleiter die Mannschaft mit Trauerflor auflief, war eine unbeschreiblich rührende Geste. Vor allem deshalb, weil wohl nur wenige der jungen Spieler mit der Reporterlegende permanent in Kontakt waren. Die ehrende Dekoration an den zwei Sitzplätzen, auf denen Hajo und Begleitung zuletzt saßen, passte da perfekt ins Bild unserer angebremsten Freude, trotz des großartigen 3:0-Sieges gegen den FC Hansa Rostock.
Lege nun Stift und Tastatur aus den Händen Hajo und ruhe in Frieden – R.I.P.
gewünscht von Deinem Mitstreiter Schorsch Z.
Foto: René Stiller