Zu den einzelnen Fragen, die der Wissenschaftsausschuss den Experten gestellt hat, haben sowohl die Universitätsleitung als auch die Senatsvorsitzende schriftlich Stellung genommen. Heute allerdings geht es nicht nur um diese Fragen, sondern um den Gesetzentwurf zur Neustrukturierung der Hochschulregion Lausitz (Drucksache 5/6180 der 5. Wahlperiode des Landtags Brandenburg) als Ganzes. In meiner mündlichen Einlassung will ich mich daher nur auf die folgenden Punkte beschränken, die einige andere Aspekte ins Zentrum rücken:
1) die Begründung der Auflösung von BTU und HL sowie der Neugründung
2) die brandenburgische und die bundesdeutsche Hochschullandschaft sowie
3) einige Konsequenzen.
1. Von den ursprünglich im Raume stehenden möglichen Begründungen für die Brachialmethode einer Auflösung einer gut funktionierenden Universität und einer funktionierenden Fachhochschule sowie der Gründung einer fragwürdigen neuen Gesamthochschule haben sich die meisten in der Zwischenzeit in Luft aufgelöst. Ich nenne nur beispielhaft die möglichen Einspareffekte (auf Sicht der nächsten 5-10 Jahre wird das Experiment Gesamthochschule nach Einschätzung der Fachleute das Land erheblich teuer zu stehen kommen als die Fortführung der BTU und der HL), den auch im Gesetzentwurf noch genannten demografischen Wandel (sowohl die neueren HIS-Studien als auch die faktische Entwicklung zeigen das Gegenteil; mindestens die BTU hat sich von der demografischen Entwicklung der Region nahezu vollständig abgekoppelt und bringt jedes Jahr anderthalb tausend junge Leute in die Region, die sonst niemals in die Lausitz gekommen wären – Die mangelnde Kooperation zwischen BTU und HL scheint nun als letzter Vorwurf noch übrig geblieben zu sein.
Um also die Kooperation zwischen einer Universität und einer
Fachhochschule zu intensivieren, wird die Radikallösung gewählt, die beiden Hochschulen zunächst aufzulösen und eine neue Gesamthochschule zu gründen. Betrachtet man diesen Vorwurf mangelnder Kooperation jedoch genauer, so stellt sich heraus, dass er nicht nur nicht belegt ist, sondern zudem mit den Fakten nicht übereinstimmt. Zum einen ist nicht jede Kooperation erstrebenswert, da es gute Gründe dafür gibt, dass die Hochschultypen Universität und Fachhochschule weiterhin getrennt bleiben. Hier befinde ich mich nicht nur in Übereinstimmung mit den entsprechenden Empfehlungen des Wissenschaftsrates 2010, sondern es gibt in der ganzen akademischen Welt kaum ernstzunehmende Stellungnahmen, die das Erfolgsrezept der deutschen Hochschullandschaft, nämlich die Trennung zwischen grundlagenorientierter Wissenschaftsausrichtung der Universitäten und anwendungsorientierter Ausrichtung der Fachhochschulen grundsätzlich in Frage stellten – ganz im Gegenteil!
Außerdem – und hier kann ich dem Gutachten der Emmermann- und der Buttler-Kommission eine inhaltliche Kritik nicht ersparen – trifft es nicht zu, dass die BTU und die HL in den vergangenen 5 Jahren nicht kooperiert hätten. Vielmehr ist neben vielen Einzelkooperationen (die beiden Kommissionen bekannt waren) in den vergangenen 3 Jahren etwas geschaffen worden, was bundesweit einmalig ist, nämlich ein gemeinsames Institut und ein gemeinsamer Studiengang zur Ausbildung der Bauingenieure, von vielen externen Experten gelobt und von der Volkswagen-Stiftung und der Mercator-Stiftung mit einer halben Million Euro gefördert sowie auch von den beiden Kommissionen – wenn auch nur widerwillig – anerkannt wird. Und dies alles geschah ohne die geringsten Androhungen und ohne die gesetzliche Keule, schlicht aufgrund der Kooperationsfähigkeit und Kooperationswilligkeit der beiden betreffenden Fachrichtungen. Das ist der Weg, der gegangen werden muss; es handelt sich bei den Akteuren ja nicht um schwererziehbare Kinder, sondern um verantwortungsbewusste und forschungsintensive Erwachsene, die zudem den grundgesetzlichen Schutz von Artikel 5.3 GG genießen.
Darüberhinaus muss noch einmal mit Nachdruck wiederholt werden, dass Kooperation per se kein Wert ist. Die BTU unterhält mannigfache Kooperationsbeziehungen zu Hochschulen aller Sorten weltweit. Die letzte entsprechende Nachricht, die durch die Medien gegangen ist, berichtete von dem weltweit ersten Joint–degree–Programm im Themenfeld Welterbestudien mit der Hainan University Kairo, von DAAD mit einer Million Euro gefördert.
Das ist der Weg der gegangen werden muss, statt vermeintliche Überlappungen mit einer benachbarten Fachhochschule zu suchen und diese als Vorwand zu benutzen, andere hochschulpolitische Ziele durchzusetzen. In den Gesprächen mit dem Beauftragten des MWFK, Herrn Dr. Grünewald, ist jedenfalls von den vermeintlichen Überlappungen nichts mehr übrig geblieben. Umso verwunderlicher ist, dass der Gesetzentwurf sich in seiner Begründung immer noch auf diese Fehleinschätzung verlässt. Ebenso ist völlig unverständlich, in welchem Kontext die gute Einbindung der HL in die regionale Wirtschaft als Argument für die Notwendigkeit des Errichtungsgesetzes verwendet werden kann, wenn doch jeder Fachmann weiß, dass die Kooperationsmuster zwischen Fachhochschulen und regionaler Wirtschaft vollständig anders aussehen als diejenigen zwischen technischen Universitäten und in der Regel stärker überregionaler Wirtschaft. Dass die BTU hier nicht ganz schlecht aufgestellt sein kann, lässt sich allein schon an ihrer bundesweiten Spitzenposition in der Einwerbung von Drittmitteln (mehr als 60% des Globalhaushalts im Jahr 2011) belegen.
Der Versuchung, das düstere Bild der Leistungsfähigkeit der neuen Gesamthochschule hinsichtlich internationaler Kooperationen und Drittmitteln aus der überregionalen Wirtschaft auszumalen, will ich hier widerstehen; das klägliche Scheitern des Gesamthochschulprojekts in Nordrhein-Westfalen und anderswo spricht eine deutliche Sprache.
Der – relativ hilflose – Versuch, die Beteiligung der Betroffenen durch ein Pseudoresümee von Punkten darzustellen, die angeblich in einem offenen Beteiligungsverfahren erarbeitet worden seien, hatte einen in zweifacher Hinsicht völlig kontraproduktiven Effekt: Zum einen weisen alle Beteiligten seit Monaten darauf hin, dass keine Dialoge stattgefunden haben und dass das Verfahren keineswegs ergebnisoffen war, sondern explizit von Seiten des Ministeriums in die Formel gefasst wurde: Nicht das Ob, sondern nur noch das Wie der Fusion gelte es zu besprechen. Umgekehrt widersprechen die aufgelisteten 26 (!) angeblich „wichtigen Anliegen der Beteiligten“ der Begründungsabsicht. Für nahezu alle Punkte (mit Ausnahme einiger arbeitsrechtlicher Selbstverständlichkeiten wie die Ablehnung betriebsbedingter Kündigungen) gilt, dass sie besser im Rahmen der bisherigen Strukturen realisiert werden können, als aufgrund einer nach der Auflösung beider Hochschulen erfolgenden Neugründung. Dafür liefern die Stellungnahmen der heute anwesenden Experten genügend Beispiele, und die Kritik des Cottbuser Oberbürgermeisters an der Einlösung seiner eigenen Forderungen, zeigt, dass hier nur Verfahrenskosmetik betrieben wird.
Einige der vorgelegten Formulierungen darf man sich dann schon mal auf der Zunge zergehen lassen:
– Dass das Forschungsniveau von BTU Cottbus und HL durch die Fusion verbessert werden soll,
– wieso 10.000 zukünftig mögliche Studierende nach der Fusion besser sein sollen als 10.000 wirkliche Studierende ohne Fusion,
– wieso bekannte und bewährte Marken erhalten werden können, wenn alles am Schluss BTU heißt,
– wieso die Abwanderung angesehener Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler verhindert werden soll, wenn bereits im Vorfeld der Fusion das Gegenteil der Fall ist,
– wie man den Studienerfolg allein durch Fortbestand der Studiengänge sichern will, dies sind nur einige der Ungereimtheiten, die auch beim nur oberflächlichen Lesen sofort in die Augen springen.
2. Ein Blick in die Hochschullandschaft über die Lausitz hinaus zeigt, dass man mit diesem Unterfangen nicht nur alleine dasteht, sondern sich auch die massive Kritik der bundesweit aktiven Fachverbände und Wissenschaftsorganisationen einhandelt. Sich über sämtliche kompetente Stellungnahmen von VDI über die Fakultätentage, den Deutschen Hochschulverband und jüngst sogar noch die Gruppe der technischen Hochschulen und technischen Universitäten sowie die Mitgliedergruppe Universitäten der Hochschulrektorenkonferenz einfach hinwegsetzen zu wollen, von den Stimmen der überregionalen Wirtschaft und den internationalen Partnern einmal ganz zu schweigen, das spricht schon von Mut, um nicht zu sagen: von Tollkühnheit.
Als kleines Beispiel sei nur der Text zitiert, den die Mitgliedergruppe Universitäten der HRK am 19. November 2012 einstimmig beschlossen hat:
„Anlässlich der Jahresversammlung der Hochschulrektorenkonferenz am 19. November 2012 in Göttingen hat die Mitgliedergruppe der Universitäten darüber beraten, dass das Land Brandenburg die Auflösung der Hochschule Lausitz und der BTU Cottbus sowie die Neugründung zur BTU Cottbus/Senftenberg beabsichtigt.
Die Mitgliedergruppe der Universitäten weist dieses Vorhaben entschieden zurück, weil dadurch das bewährte Profil der beiden Hochschulen in der Lausitz verwässert wird. Stattdessen sollte es darum gehen, dieses bewährte Profil weiter zu schärfen und fortzuentwickeln.
Darüber hinaus weist die Mitgliedergruppe der Universitäten den massiven Eingriff in die Hochschulautonomie zurück, der darin besteht, das Selbstergänzungsrecht beider Hochschulen durch einen nicht gewählten Gründungssenat und Gründungspräsidenten zu umgehen.“
Ich glaube, nicht zu viel zu sagen, wenn ich festhalte: das einzige, was Experten, z.B. aus dem Bereich der Jurisprudenz, bescheinigen können, ist, dass eine solche Auflösung und Neugründung, wenn sie handwerklich gut gemacht ist, rechtlich im Prinzip möglich ist. Was hingegen den konkreten Fall betrifft, finde ich keinen einzigen Experten, der der Auflösung der BTU Cottbus und HL Senftenberg und der anschließenden Errichtung einer Gesamthochschule unter dem irreführenden Titel BTU Cottbus/Senftenberg das Wort reden oder gar eine Garantie über deren Erfolg abgeben würde, wie es der vorliegende Gesetzentwurf nahelegt. Dass der Wissenschaftsrat vor vollendete Tatsachen gestellt werden und erst nach Auflösung und Neugründung seine Beurteilung abgeben soll, zeugt nicht davon, dass man sich seiner Sache sehr sicher ist. Meiner eigenen Einschätzung nach wird – und das ist auch die Forderung wichtiger Mitspieler in der deutschen Wissenschaftslandschaft – jede Landesregierung, die ein solches Unterfangen unterstützt, gut darin tun, den Wissenschaftsrat zuerst anzuhören und erst danach gesetzgeberische Maßnahmen einzuleiten.
3. Wer sich schließlich ein wenig in der Diskussionslandschaft auskennt, wird wissen, dass die entscheidenden Konsequenzen des vorliegenden Gesetzentwurfs erst zum Vorschein kommen werden, wenn man das, was dieser Entwurf in allgemeiner Form zu regeln vorgibt, in die Realität übersetzt. Ich verweise in diesem Zusammenhang auf die entsprechenden Aktivitäten und Publikationen des hier anwesenden Kollegen Volker Epping, der unter dem Titel „Alter Wein in neuen Schläuchen“ am Beispiel der Leuphana in Lüneburg zeigt, dass diese sogenannte „Bologna-Universität“ nichts anderes ist als die Gesamthochschule des letzten Jahrhunderts unter Bologna-Vorzeichen. Ich fasse Eppings Analysen in Sachen Lüneburg kurz zusammen: Weder handelt es sich dabei um etwas Innovatives, noch sind die massiven – korporationsrechtlichen – Probleme, wie sie sich etwa bei der Gruppenzugehörigkeit, bei der Habilitationsadäquatheit der erbrachten Forschungsleistungen, bei der Überleitung von Professoren, bei der Mitwirkungsberechtigung bei Promotionen und Habilitationen auch nur im Blick, da diese erst durch die entsprechenden Satzungen ausformuliert werden müssen.
Kurz: Ich prognostiziere Folgendes: Tritt das Gesetz in Kraft, werden wir das übliche Bild erleben, das das Schicksal solcher Gesamthochschulprojekte ausmacht: der universitäre Teil, in diesem Falle die BTU, wird den fachhochschulischen Teil schlucken, die Fachhochschule wird damit vom Erdboden verschwunden und die Universität in ihrer Forschungsleistung reduziert sein; es wird trotz Namensschwindel Jahrzehnte dauern, bis die Reputation beider Einrichtungen wieder den heutigen Stand erreicht hat, es werden uns (vorwiegend jüngere) Leistungsträger verlassen und die in diesem Jahr durch die Kosmetik der Aufhebung von Numerus-Clausus-Beschränkungen noch verdeckte rückläufige Entwicklung der MINT-Studierendenzahlen in den Kernfächern wird dafür sorgen, dass der befürchtete regionale Einbruch sowohl wirtschaftlich als auch demografisch geschieht. Das alles wird begleitet sein von einer jahrzehntelangen Auseinandersetzung der unterschiedlichen Gruppen von Professoren, und das Land Brandenburg wird zu dem Schaden auch für den Spott nicht sorgen müssen.
Wenn man das alles vermeiden will, sollte man sich die alternativen Konzepte anschauen, die schon längst auf dem Tisch liegen, aber der parteipolitischen Rhetorik zum Opfer gefallen sind. Übermorgen vor 7 Monaten hat die BTU Cottbus ihr eigenes Konzept vorgelegt und in der Zwischenzeit immer weiter verfeinert. Ich denke, 7 Monate müssten reichen, um ein Konzept zur Kenntnis zu nehmen, das das, was zu verbessern ist, ohne einen unverhältnismäßigen gesetzgeberischen Gewaltakt zu realisieren im Stande ist. Das ist der Weg, der gegangen werden muss und der zudem den Vorteil hat, dass die Betroffenen mitmachen würden. Denn ohne Mitwirkung der grundgesetzlich in ihrer Lehr- und Forschungsfreiheit geschützten Professorinnen und Professoren geht an einer Universität nichts.
Fotos: Johannes Koziol
Zu den einzelnen Fragen, die der Wissenschaftsausschuss den Experten gestellt hat, haben sowohl die Universitätsleitung als auch die Senatsvorsitzende schriftlich Stellung genommen. Heute allerdings geht es nicht nur um diese Fragen, sondern um den Gesetzentwurf zur Neustrukturierung der Hochschulregion Lausitz (Drucksache 5/6180 der 5. Wahlperiode des Landtags Brandenburg) als Ganzes. In meiner mündlichen Einlassung will ich mich daher nur auf die folgenden Punkte beschränken, die einige andere Aspekte ins Zentrum rücken:
1) die Begründung der Auflösung von BTU und HL sowie der Neugründung
2) die brandenburgische und die bundesdeutsche Hochschullandschaft sowie
3) einige Konsequenzen.
1. Von den ursprünglich im Raume stehenden möglichen Begründungen für die Brachialmethode einer Auflösung einer gut funktionierenden Universität und einer funktionierenden Fachhochschule sowie der Gründung einer fragwürdigen neuen Gesamthochschule haben sich die meisten in der Zwischenzeit in Luft aufgelöst. Ich nenne nur beispielhaft die möglichen Einspareffekte (auf Sicht der nächsten 5-10 Jahre wird das Experiment Gesamthochschule nach Einschätzung der Fachleute das Land erheblich teuer zu stehen kommen als die Fortführung der BTU und der HL), den auch im Gesetzentwurf noch genannten demografischen Wandel (sowohl die neueren HIS-Studien als auch die faktische Entwicklung zeigen das Gegenteil; mindestens die BTU hat sich von der demografischen Entwicklung der Region nahezu vollständig abgekoppelt und bringt jedes Jahr anderthalb tausend junge Leute in die Region, die sonst niemals in die Lausitz gekommen wären – Die mangelnde Kooperation zwischen BTU und HL scheint nun als letzter Vorwurf noch übrig geblieben zu sein.
Um also die Kooperation zwischen einer Universität und einer
Fachhochschule zu intensivieren, wird die Radikallösung gewählt, die beiden Hochschulen zunächst aufzulösen und eine neue Gesamthochschule zu gründen. Betrachtet man diesen Vorwurf mangelnder Kooperation jedoch genauer, so stellt sich heraus, dass er nicht nur nicht belegt ist, sondern zudem mit den Fakten nicht übereinstimmt. Zum einen ist nicht jede Kooperation erstrebenswert, da es gute Gründe dafür gibt, dass die Hochschultypen Universität und Fachhochschule weiterhin getrennt bleiben. Hier befinde ich mich nicht nur in Übereinstimmung mit den entsprechenden Empfehlungen des Wissenschaftsrates 2010, sondern es gibt in der ganzen akademischen Welt kaum ernstzunehmende Stellungnahmen, die das Erfolgsrezept der deutschen Hochschullandschaft, nämlich die Trennung zwischen grundlagenorientierter Wissenschaftsausrichtung der Universitäten und anwendungsorientierter Ausrichtung der Fachhochschulen grundsätzlich in Frage stellten – ganz im Gegenteil!
Außerdem – und hier kann ich dem Gutachten der Emmermann- und der Buttler-Kommission eine inhaltliche Kritik nicht ersparen – trifft es nicht zu, dass die BTU und die HL in den vergangenen 5 Jahren nicht kooperiert hätten. Vielmehr ist neben vielen Einzelkooperationen (die beiden Kommissionen bekannt waren) in den vergangenen 3 Jahren etwas geschaffen worden, was bundesweit einmalig ist, nämlich ein gemeinsames Institut und ein gemeinsamer Studiengang zur Ausbildung der Bauingenieure, von vielen externen Experten gelobt und von der Volkswagen-Stiftung und der Mercator-Stiftung mit einer halben Million Euro gefördert sowie auch von den beiden Kommissionen – wenn auch nur widerwillig – anerkannt wird. Und dies alles geschah ohne die geringsten Androhungen und ohne die gesetzliche Keule, schlicht aufgrund der Kooperationsfähigkeit und Kooperationswilligkeit der beiden betreffenden Fachrichtungen. Das ist der Weg, der gegangen werden muss; es handelt sich bei den Akteuren ja nicht um schwererziehbare Kinder, sondern um verantwortungsbewusste und forschungsintensive Erwachsene, die zudem den grundgesetzlichen Schutz von Artikel 5.3 GG genießen.
Darüberhinaus muss noch einmal mit Nachdruck wiederholt werden, dass Kooperation per se kein Wert ist. Die BTU unterhält mannigfache Kooperationsbeziehungen zu Hochschulen aller Sorten weltweit. Die letzte entsprechende Nachricht, die durch die Medien gegangen ist, berichtete von dem weltweit ersten Joint–degree–Programm im Themenfeld Welterbestudien mit der Hainan University Kairo, von DAAD mit einer Million Euro gefördert.
Das ist der Weg der gegangen werden muss, statt vermeintliche Überlappungen mit einer benachbarten Fachhochschule zu suchen und diese als Vorwand zu benutzen, andere hochschulpolitische Ziele durchzusetzen. In den Gesprächen mit dem Beauftragten des MWFK, Herrn Dr. Grünewald, ist jedenfalls von den vermeintlichen Überlappungen nichts mehr übrig geblieben. Umso verwunderlicher ist, dass der Gesetzentwurf sich in seiner Begründung immer noch auf diese Fehleinschätzung verlässt. Ebenso ist völlig unverständlich, in welchem Kontext die gute Einbindung der HL in die regionale Wirtschaft als Argument für die Notwendigkeit des Errichtungsgesetzes verwendet werden kann, wenn doch jeder Fachmann weiß, dass die Kooperationsmuster zwischen Fachhochschulen und regionaler Wirtschaft vollständig anders aussehen als diejenigen zwischen technischen Universitäten und in der Regel stärker überregionaler Wirtschaft. Dass die BTU hier nicht ganz schlecht aufgestellt sein kann, lässt sich allein schon an ihrer bundesweiten Spitzenposition in der Einwerbung von Drittmitteln (mehr als 60% des Globalhaushalts im Jahr 2011) belegen.
Der Versuchung, das düstere Bild der Leistungsfähigkeit der neuen Gesamthochschule hinsichtlich internationaler Kooperationen und Drittmitteln aus der überregionalen Wirtschaft auszumalen, will ich hier widerstehen; das klägliche Scheitern des Gesamthochschulprojekts in Nordrhein-Westfalen und anderswo spricht eine deutliche Sprache.
Der – relativ hilflose – Versuch, die Beteiligung der Betroffenen durch ein Pseudoresümee von Punkten darzustellen, die angeblich in einem offenen Beteiligungsverfahren erarbeitet worden seien, hatte einen in zweifacher Hinsicht völlig kontraproduktiven Effekt: Zum einen weisen alle Beteiligten seit Monaten darauf hin, dass keine Dialoge stattgefunden haben und dass das Verfahren keineswegs ergebnisoffen war, sondern explizit von Seiten des Ministeriums in die Formel gefasst wurde: Nicht das Ob, sondern nur noch das Wie der Fusion gelte es zu besprechen. Umgekehrt widersprechen die aufgelisteten 26 (!) angeblich „wichtigen Anliegen der Beteiligten“ der Begründungsabsicht. Für nahezu alle Punkte (mit Ausnahme einiger arbeitsrechtlicher Selbstverständlichkeiten wie die Ablehnung betriebsbedingter Kündigungen) gilt, dass sie besser im Rahmen der bisherigen Strukturen realisiert werden können, als aufgrund einer nach der Auflösung beider Hochschulen erfolgenden Neugründung. Dafür liefern die Stellungnahmen der heute anwesenden Experten genügend Beispiele, und die Kritik des Cottbuser Oberbürgermeisters an der Einlösung seiner eigenen Forderungen, zeigt, dass hier nur Verfahrenskosmetik betrieben wird.
Einige der vorgelegten Formulierungen darf man sich dann schon mal auf der Zunge zergehen lassen:
– Dass das Forschungsniveau von BTU Cottbus und HL durch die Fusion verbessert werden soll,
– wieso 10.000 zukünftig mögliche Studierende nach der Fusion besser sein sollen als 10.000 wirkliche Studierende ohne Fusion,
– wieso bekannte und bewährte Marken erhalten werden können, wenn alles am Schluss BTU heißt,
– wieso die Abwanderung angesehener Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler verhindert werden soll, wenn bereits im Vorfeld der Fusion das Gegenteil der Fall ist,
– wie man den Studienerfolg allein durch Fortbestand der Studiengänge sichern will, dies sind nur einige der Ungereimtheiten, die auch beim nur oberflächlichen Lesen sofort in die Augen springen.
2. Ein Blick in die Hochschullandschaft über die Lausitz hinaus zeigt, dass man mit diesem Unterfangen nicht nur alleine dasteht, sondern sich auch die massive Kritik der bundesweit aktiven Fachverbände und Wissenschaftsorganisationen einhandelt. Sich über sämtliche kompetente Stellungnahmen von VDI über die Fakultätentage, den Deutschen Hochschulverband und jüngst sogar noch die Gruppe der technischen Hochschulen und technischen Universitäten sowie die Mitgliedergruppe Universitäten der Hochschulrektorenkonferenz einfach hinwegsetzen zu wollen, von den Stimmen der überregionalen Wirtschaft und den internationalen Partnern einmal ganz zu schweigen, das spricht schon von Mut, um nicht zu sagen: von Tollkühnheit.
Als kleines Beispiel sei nur der Text zitiert, den die Mitgliedergruppe Universitäten der HRK am 19. November 2012 einstimmig beschlossen hat:
„Anlässlich der Jahresversammlung der Hochschulrektorenkonferenz am 19. November 2012 in Göttingen hat die Mitgliedergruppe der Universitäten darüber beraten, dass das Land Brandenburg die Auflösung der Hochschule Lausitz und der BTU Cottbus sowie die Neugründung zur BTU Cottbus/Senftenberg beabsichtigt.
Die Mitgliedergruppe der Universitäten weist dieses Vorhaben entschieden zurück, weil dadurch das bewährte Profil der beiden Hochschulen in der Lausitz verwässert wird. Stattdessen sollte es darum gehen, dieses bewährte Profil weiter zu schärfen und fortzuentwickeln.
Darüber hinaus weist die Mitgliedergruppe der Universitäten den massiven Eingriff in die Hochschulautonomie zurück, der darin besteht, das Selbstergänzungsrecht beider Hochschulen durch einen nicht gewählten Gründungssenat und Gründungspräsidenten zu umgehen.“
Ich glaube, nicht zu viel zu sagen, wenn ich festhalte: das einzige, was Experten, z.B. aus dem Bereich der Jurisprudenz, bescheinigen können, ist, dass eine solche Auflösung und Neugründung, wenn sie handwerklich gut gemacht ist, rechtlich im Prinzip möglich ist. Was hingegen den konkreten Fall betrifft, finde ich keinen einzigen Experten, der der Auflösung der BTU Cottbus und HL Senftenberg und der anschließenden Errichtung einer Gesamthochschule unter dem irreführenden Titel BTU Cottbus/Senftenberg das Wort reden oder gar eine Garantie über deren Erfolg abgeben würde, wie es der vorliegende Gesetzentwurf nahelegt. Dass der Wissenschaftsrat vor vollendete Tatsachen gestellt werden und erst nach Auflösung und Neugründung seine Beurteilung abgeben soll, zeugt nicht davon, dass man sich seiner Sache sehr sicher ist. Meiner eigenen Einschätzung nach wird – und das ist auch die Forderung wichtiger Mitspieler in der deutschen Wissenschaftslandschaft – jede Landesregierung, die ein solches Unterfangen unterstützt, gut darin tun, den Wissenschaftsrat zuerst anzuhören und erst danach gesetzgeberische Maßnahmen einzuleiten.
3. Wer sich schließlich ein wenig in der Diskussionslandschaft auskennt, wird wissen, dass die entscheidenden Konsequenzen des vorliegenden Gesetzentwurfs erst zum Vorschein kommen werden, wenn man das, was dieser Entwurf in allgemeiner Form zu regeln vorgibt, in die Realität übersetzt. Ich verweise in diesem Zusammenhang auf die entsprechenden Aktivitäten und Publikationen des hier anwesenden Kollegen Volker Epping, der unter dem Titel „Alter Wein in neuen Schläuchen“ am Beispiel der Leuphana in Lüneburg zeigt, dass diese sogenannte „Bologna-Universität“ nichts anderes ist als die Gesamthochschule des letzten Jahrhunderts unter Bologna-Vorzeichen. Ich fasse Eppings Analysen in Sachen Lüneburg kurz zusammen: Weder handelt es sich dabei um etwas Innovatives, noch sind die massiven – korporationsrechtlichen – Probleme, wie sie sich etwa bei der Gruppenzugehörigkeit, bei der Habilitationsadäquatheit der erbrachten Forschungsleistungen, bei der Überleitung von Professoren, bei der Mitwirkungsberechtigung bei Promotionen und Habilitationen auch nur im Blick, da diese erst durch die entsprechenden Satzungen ausformuliert werden müssen.
Kurz: Ich prognostiziere Folgendes: Tritt das Gesetz in Kraft, werden wir das übliche Bild erleben, das das Schicksal solcher Gesamthochschulprojekte ausmacht: der universitäre Teil, in diesem Falle die BTU, wird den fachhochschulischen Teil schlucken, die Fachhochschule wird damit vom Erdboden verschwunden und die Universität in ihrer Forschungsleistung reduziert sein; es wird trotz Namensschwindel Jahrzehnte dauern, bis die Reputation beider Einrichtungen wieder den heutigen Stand erreicht hat, es werden uns (vorwiegend jüngere) Leistungsträger verlassen und die in diesem Jahr durch die Kosmetik der Aufhebung von Numerus-Clausus-Beschränkungen noch verdeckte rückläufige Entwicklung der MINT-Studierendenzahlen in den Kernfächern wird dafür sorgen, dass der befürchtete regionale Einbruch sowohl wirtschaftlich als auch demografisch geschieht. Das alles wird begleitet sein von einer jahrzehntelangen Auseinandersetzung der unterschiedlichen Gruppen von Professoren, und das Land Brandenburg wird zu dem Schaden auch für den Spott nicht sorgen müssen.
Wenn man das alles vermeiden will, sollte man sich die alternativen Konzepte anschauen, die schon längst auf dem Tisch liegen, aber der parteipolitischen Rhetorik zum Opfer gefallen sind. Übermorgen vor 7 Monaten hat die BTU Cottbus ihr eigenes Konzept vorgelegt und in der Zwischenzeit immer weiter verfeinert. Ich denke, 7 Monate müssten reichen, um ein Konzept zur Kenntnis zu nehmen, das das, was zu verbessern ist, ohne einen unverhältnismäßigen gesetzgeberischen Gewaltakt zu realisieren im Stande ist. Das ist der Weg, der gegangen werden muss und der zudem den Vorteil hat, dass die Betroffenen mitmachen würden. Denn ohne Mitwirkung der grundgesetzlich in ihrer Lehr- und Forschungsfreiheit geschützten Professorinnen und Professoren geht an einer Universität nichts.
Fotos: Johannes Koziol
Zu den einzelnen Fragen, die der Wissenschaftsausschuss den Experten gestellt hat, haben sowohl die Universitätsleitung als auch die Senatsvorsitzende schriftlich Stellung genommen. Heute allerdings geht es nicht nur um diese Fragen, sondern um den Gesetzentwurf zur Neustrukturierung der Hochschulregion Lausitz (Drucksache 5/6180 der 5. Wahlperiode des Landtags Brandenburg) als Ganzes. In meiner mündlichen Einlassung will ich mich daher nur auf die folgenden Punkte beschränken, die einige andere Aspekte ins Zentrum rücken:
1) die Begründung der Auflösung von BTU und HL sowie der Neugründung
2) die brandenburgische und die bundesdeutsche Hochschullandschaft sowie
3) einige Konsequenzen.
1. Von den ursprünglich im Raume stehenden möglichen Begründungen für die Brachialmethode einer Auflösung einer gut funktionierenden Universität und einer funktionierenden Fachhochschule sowie der Gründung einer fragwürdigen neuen Gesamthochschule haben sich die meisten in der Zwischenzeit in Luft aufgelöst. Ich nenne nur beispielhaft die möglichen Einspareffekte (auf Sicht der nächsten 5-10 Jahre wird das Experiment Gesamthochschule nach Einschätzung der Fachleute das Land erheblich teuer zu stehen kommen als die Fortführung der BTU und der HL), den auch im Gesetzentwurf noch genannten demografischen Wandel (sowohl die neueren HIS-Studien als auch die faktische Entwicklung zeigen das Gegenteil; mindestens die BTU hat sich von der demografischen Entwicklung der Region nahezu vollständig abgekoppelt und bringt jedes Jahr anderthalb tausend junge Leute in die Region, die sonst niemals in die Lausitz gekommen wären – Die mangelnde Kooperation zwischen BTU und HL scheint nun als letzter Vorwurf noch übrig geblieben zu sein.
Um also die Kooperation zwischen einer Universität und einer
Fachhochschule zu intensivieren, wird die Radikallösung gewählt, die beiden Hochschulen zunächst aufzulösen und eine neue Gesamthochschule zu gründen. Betrachtet man diesen Vorwurf mangelnder Kooperation jedoch genauer, so stellt sich heraus, dass er nicht nur nicht belegt ist, sondern zudem mit den Fakten nicht übereinstimmt. Zum einen ist nicht jede Kooperation erstrebenswert, da es gute Gründe dafür gibt, dass die Hochschultypen Universität und Fachhochschule weiterhin getrennt bleiben. Hier befinde ich mich nicht nur in Übereinstimmung mit den entsprechenden Empfehlungen des Wissenschaftsrates 2010, sondern es gibt in der ganzen akademischen Welt kaum ernstzunehmende Stellungnahmen, die das Erfolgsrezept der deutschen Hochschullandschaft, nämlich die Trennung zwischen grundlagenorientierter Wissenschaftsausrichtung der Universitäten und anwendungsorientierter Ausrichtung der Fachhochschulen grundsätzlich in Frage stellten – ganz im Gegenteil!
Außerdem – und hier kann ich dem Gutachten der Emmermann- und der Buttler-Kommission eine inhaltliche Kritik nicht ersparen – trifft es nicht zu, dass die BTU und die HL in den vergangenen 5 Jahren nicht kooperiert hätten. Vielmehr ist neben vielen Einzelkooperationen (die beiden Kommissionen bekannt waren) in den vergangenen 3 Jahren etwas geschaffen worden, was bundesweit einmalig ist, nämlich ein gemeinsames Institut und ein gemeinsamer Studiengang zur Ausbildung der Bauingenieure, von vielen externen Experten gelobt und von der Volkswagen-Stiftung und der Mercator-Stiftung mit einer halben Million Euro gefördert sowie auch von den beiden Kommissionen – wenn auch nur widerwillig – anerkannt wird. Und dies alles geschah ohne die geringsten Androhungen und ohne die gesetzliche Keule, schlicht aufgrund der Kooperationsfähigkeit und Kooperationswilligkeit der beiden betreffenden Fachrichtungen. Das ist der Weg, der gegangen werden muss; es handelt sich bei den Akteuren ja nicht um schwererziehbare Kinder, sondern um verantwortungsbewusste und forschungsintensive Erwachsene, die zudem den grundgesetzlichen Schutz von Artikel 5.3 GG genießen.
Darüberhinaus muss noch einmal mit Nachdruck wiederholt werden, dass Kooperation per se kein Wert ist. Die BTU unterhält mannigfache Kooperationsbeziehungen zu Hochschulen aller Sorten weltweit. Die letzte entsprechende Nachricht, die durch die Medien gegangen ist, berichtete von dem weltweit ersten Joint–degree–Programm im Themenfeld Welterbestudien mit der Hainan University Kairo, von DAAD mit einer Million Euro gefördert.
Das ist der Weg der gegangen werden muss, statt vermeintliche Überlappungen mit einer benachbarten Fachhochschule zu suchen und diese als Vorwand zu benutzen, andere hochschulpolitische Ziele durchzusetzen. In den Gesprächen mit dem Beauftragten des MWFK, Herrn Dr. Grünewald, ist jedenfalls von den vermeintlichen Überlappungen nichts mehr übrig geblieben. Umso verwunderlicher ist, dass der Gesetzentwurf sich in seiner Begründung immer noch auf diese Fehleinschätzung verlässt. Ebenso ist völlig unverständlich, in welchem Kontext die gute Einbindung der HL in die regionale Wirtschaft als Argument für die Notwendigkeit des Errichtungsgesetzes verwendet werden kann, wenn doch jeder Fachmann weiß, dass die Kooperationsmuster zwischen Fachhochschulen und regionaler Wirtschaft vollständig anders aussehen als diejenigen zwischen technischen Universitäten und in der Regel stärker überregionaler Wirtschaft. Dass die BTU hier nicht ganz schlecht aufgestellt sein kann, lässt sich allein schon an ihrer bundesweiten Spitzenposition in der Einwerbung von Drittmitteln (mehr als 60% des Globalhaushalts im Jahr 2011) belegen.
Der Versuchung, das düstere Bild der Leistungsfähigkeit der neuen Gesamthochschule hinsichtlich internationaler Kooperationen und Drittmitteln aus der überregionalen Wirtschaft auszumalen, will ich hier widerstehen; das klägliche Scheitern des Gesamthochschulprojekts in Nordrhein-Westfalen und anderswo spricht eine deutliche Sprache.
Der – relativ hilflose – Versuch, die Beteiligung der Betroffenen durch ein Pseudoresümee von Punkten darzustellen, die angeblich in einem offenen Beteiligungsverfahren erarbeitet worden seien, hatte einen in zweifacher Hinsicht völlig kontraproduktiven Effekt: Zum einen weisen alle Beteiligten seit Monaten darauf hin, dass keine Dialoge stattgefunden haben und dass das Verfahren keineswegs ergebnisoffen war, sondern explizit von Seiten des Ministeriums in die Formel gefasst wurde: Nicht das Ob, sondern nur noch das Wie der Fusion gelte es zu besprechen. Umgekehrt widersprechen die aufgelisteten 26 (!) angeblich „wichtigen Anliegen der Beteiligten“ der Begründungsabsicht. Für nahezu alle Punkte (mit Ausnahme einiger arbeitsrechtlicher Selbstverständlichkeiten wie die Ablehnung betriebsbedingter Kündigungen) gilt, dass sie besser im Rahmen der bisherigen Strukturen realisiert werden können, als aufgrund einer nach der Auflösung beider Hochschulen erfolgenden Neugründung. Dafür liefern die Stellungnahmen der heute anwesenden Experten genügend Beispiele, und die Kritik des Cottbuser Oberbürgermeisters an der Einlösung seiner eigenen Forderungen, zeigt, dass hier nur Verfahrenskosmetik betrieben wird.
Einige der vorgelegten Formulierungen darf man sich dann schon mal auf der Zunge zergehen lassen:
– Dass das Forschungsniveau von BTU Cottbus und HL durch die Fusion verbessert werden soll,
– wieso 10.000 zukünftig mögliche Studierende nach der Fusion besser sein sollen als 10.000 wirkliche Studierende ohne Fusion,
– wieso bekannte und bewährte Marken erhalten werden können, wenn alles am Schluss BTU heißt,
– wieso die Abwanderung angesehener Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler verhindert werden soll, wenn bereits im Vorfeld der Fusion das Gegenteil der Fall ist,
– wie man den Studienerfolg allein durch Fortbestand der Studiengänge sichern will, dies sind nur einige der Ungereimtheiten, die auch beim nur oberflächlichen Lesen sofort in die Augen springen.
2. Ein Blick in die Hochschullandschaft über die Lausitz hinaus zeigt, dass man mit diesem Unterfangen nicht nur alleine dasteht, sondern sich auch die massive Kritik der bundesweit aktiven Fachverbände und Wissenschaftsorganisationen einhandelt. Sich über sämtliche kompetente Stellungnahmen von VDI über die Fakultätentage, den Deutschen Hochschulverband und jüngst sogar noch die Gruppe der technischen Hochschulen und technischen Universitäten sowie die Mitgliedergruppe Universitäten der Hochschulrektorenkonferenz einfach hinwegsetzen zu wollen, von den Stimmen der überregionalen Wirtschaft und den internationalen Partnern einmal ganz zu schweigen, das spricht schon von Mut, um nicht zu sagen: von Tollkühnheit.
Als kleines Beispiel sei nur der Text zitiert, den die Mitgliedergruppe Universitäten der HRK am 19. November 2012 einstimmig beschlossen hat:
„Anlässlich der Jahresversammlung der Hochschulrektorenkonferenz am 19. November 2012 in Göttingen hat die Mitgliedergruppe der Universitäten darüber beraten, dass das Land Brandenburg die Auflösung der Hochschule Lausitz und der BTU Cottbus sowie die Neugründung zur BTU Cottbus/Senftenberg beabsichtigt.
Die Mitgliedergruppe der Universitäten weist dieses Vorhaben entschieden zurück, weil dadurch das bewährte Profil der beiden Hochschulen in der Lausitz verwässert wird. Stattdessen sollte es darum gehen, dieses bewährte Profil weiter zu schärfen und fortzuentwickeln.
Darüber hinaus weist die Mitgliedergruppe der Universitäten den massiven Eingriff in die Hochschulautonomie zurück, der darin besteht, das Selbstergänzungsrecht beider Hochschulen durch einen nicht gewählten Gründungssenat und Gründungspräsidenten zu umgehen.“
Ich glaube, nicht zu viel zu sagen, wenn ich festhalte: das einzige, was Experten, z.B. aus dem Bereich der Jurisprudenz, bescheinigen können, ist, dass eine solche Auflösung und Neugründung, wenn sie handwerklich gut gemacht ist, rechtlich im Prinzip möglich ist. Was hingegen den konkreten Fall betrifft, finde ich keinen einzigen Experten, der der Auflösung der BTU Cottbus und HL Senftenberg und der anschließenden Errichtung einer Gesamthochschule unter dem irreführenden Titel BTU Cottbus/Senftenberg das Wort reden oder gar eine Garantie über deren Erfolg abgeben würde, wie es der vorliegende Gesetzentwurf nahelegt. Dass der Wissenschaftsrat vor vollendete Tatsachen gestellt werden und erst nach Auflösung und Neugründung seine Beurteilung abgeben soll, zeugt nicht davon, dass man sich seiner Sache sehr sicher ist. Meiner eigenen Einschätzung nach wird – und das ist auch die Forderung wichtiger Mitspieler in der deutschen Wissenschaftslandschaft – jede Landesregierung, die ein solches Unterfangen unterstützt, gut darin tun, den Wissenschaftsrat zuerst anzuhören und erst danach gesetzgeberische Maßnahmen einzuleiten.
3. Wer sich schließlich ein wenig in der Diskussionslandschaft auskennt, wird wissen, dass die entscheidenden Konsequenzen des vorliegenden Gesetzentwurfs erst zum Vorschein kommen werden, wenn man das, was dieser Entwurf in allgemeiner Form zu regeln vorgibt, in die Realität übersetzt. Ich verweise in diesem Zusammenhang auf die entsprechenden Aktivitäten und Publikationen des hier anwesenden Kollegen Volker Epping, der unter dem Titel „Alter Wein in neuen Schläuchen“ am Beispiel der Leuphana in Lüneburg zeigt, dass diese sogenannte „Bologna-Universität“ nichts anderes ist als die Gesamthochschule des letzten Jahrhunderts unter Bologna-Vorzeichen. Ich fasse Eppings Analysen in Sachen Lüneburg kurz zusammen: Weder handelt es sich dabei um etwas Innovatives, noch sind die massiven – korporationsrechtlichen – Probleme, wie sie sich etwa bei der Gruppenzugehörigkeit, bei der Habilitationsadäquatheit der erbrachten Forschungsleistungen, bei der Überleitung von Professoren, bei der Mitwirkungsberechtigung bei Promotionen und Habilitationen auch nur im Blick, da diese erst durch die entsprechenden Satzungen ausformuliert werden müssen.
Kurz: Ich prognostiziere Folgendes: Tritt das Gesetz in Kraft, werden wir das übliche Bild erleben, das das Schicksal solcher Gesamthochschulprojekte ausmacht: der universitäre Teil, in diesem Falle die BTU, wird den fachhochschulischen Teil schlucken, die Fachhochschule wird damit vom Erdboden verschwunden und die Universität in ihrer Forschungsleistung reduziert sein; es wird trotz Namensschwindel Jahrzehnte dauern, bis die Reputation beider Einrichtungen wieder den heutigen Stand erreicht hat, es werden uns (vorwiegend jüngere) Leistungsträger verlassen und die in diesem Jahr durch die Kosmetik der Aufhebung von Numerus-Clausus-Beschränkungen noch verdeckte rückläufige Entwicklung der MINT-Studierendenzahlen in den Kernfächern wird dafür sorgen, dass der befürchtete regionale Einbruch sowohl wirtschaftlich als auch demografisch geschieht. Das alles wird begleitet sein von einer jahrzehntelangen Auseinandersetzung der unterschiedlichen Gruppen von Professoren, und das Land Brandenburg wird zu dem Schaden auch für den Spott nicht sorgen müssen.
Wenn man das alles vermeiden will, sollte man sich die alternativen Konzepte anschauen, die schon längst auf dem Tisch liegen, aber der parteipolitischen Rhetorik zum Opfer gefallen sind. Übermorgen vor 7 Monaten hat die BTU Cottbus ihr eigenes Konzept vorgelegt und in der Zwischenzeit immer weiter verfeinert. Ich denke, 7 Monate müssten reichen, um ein Konzept zur Kenntnis zu nehmen, das das, was zu verbessern ist, ohne einen unverhältnismäßigen gesetzgeberischen Gewaltakt zu realisieren im Stande ist. Das ist der Weg, der gegangen werden muss und der zudem den Vorteil hat, dass die Betroffenen mitmachen würden. Denn ohne Mitwirkung der grundgesetzlich in ihrer Lehr- und Forschungsfreiheit geschützten Professorinnen und Professoren geht an einer Universität nichts.
Fotos: Johannes Koziol
Zu den einzelnen Fragen, die der Wissenschaftsausschuss den Experten gestellt hat, haben sowohl die Universitätsleitung als auch die Senatsvorsitzende schriftlich Stellung genommen. Heute allerdings geht es nicht nur um diese Fragen, sondern um den Gesetzentwurf zur Neustrukturierung der Hochschulregion Lausitz (Drucksache 5/6180 der 5. Wahlperiode des Landtags Brandenburg) als Ganzes. In meiner mündlichen Einlassung will ich mich daher nur auf die folgenden Punkte beschränken, die einige andere Aspekte ins Zentrum rücken:
1) die Begründung der Auflösung von BTU und HL sowie der Neugründung
2) die brandenburgische und die bundesdeutsche Hochschullandschaft sowie
3) einige Konsequenzen.
1. Von den ursprünglich im Raume stehenden möglichen Begründungen für die Brachialmethode einer Auflösung einer gut funktionierenden Universität und einer funktionierenden Fachhochschule sowie der Gründung einer fragwürdigen neuen Gesamthochschule haben sich die meisten in der Zwischenzeit in Luft aufgelöst. Ich nenne nur beispielhaft die möglichen Einspareffekte (auf Sicht der nächsten 5-10 Jahre wird das Experiment Gesamthochschule nach Einschätzung der Fachleute das Land erheblich teuer zu stehen kommen als die Fortführung der BTU und der HL), den auch im Gesetzentwurf noch genannten demografischen Wandel (sowohl die neueren HIS-Studien als auch die faktische Entwicklung zeigen das Gegenteil; mindestens die BTU hat sich von der demografischen Entwicklung der Region nahezu vollständig abgekoppelt und bringt jedes Jahr anderthalb tausend junge Leute in die Region, die sonst niemals in die Lausitz gekommen wären – Die mangelnde Kooperation zwischen BTU und HL scheint nun als letzter Vorwurf noch übrig geblieben zu sein.
Um also die Kooperation zwischen einer Universität und einer
Fachhochschule zu intensivieren, wird die Radikallösung gewählt, die beiden Hochschulen zunächst aufzulösen und eine neue Gesamthochschule zu gründen. Betrachtet man diesen Vorwurf mangelnder Kooperation jedoch genauer, so stellt sich heraus, dass er nicht nur nicht belegt ist, sondern zudem mit den Fakten nicht übereinstimmt. Zum einen ist nicht jede Kooperation erstrebenswert, da es gute Gründe dafür gibt, dass die Hochschultypen Universität und Fachhochschule weiterhin getrennt bleiben. Hier befinde ich mich nicht nur in Übereinstimmung mit den entsprechenden Empfehlungen des Wissenschaftsrates 2010, sondern es gibt in der ganzen akademischen Welt kaum ernstzunehmende Stellungnahmen, die das Erfolgsrezept der deutschen Hochschullandschaft, nämlich die Trennung zwischen grundlagenorientierter Wissenschaftsausrichtung der Universitäten und anwendungsorientierter Ausrichtung der Fachhochschulen grundsätzlich in Frage stellten – ganz im Gegenteil!
Außerdem – und hier kann ich dem Gutachten der Emmermann- und der Buttler-Kommission eine inhaltliche Kritik nicht ersparen – trifft es nicht zu, dass die BTU und die HL in den vergangenen 5 Jahren nicht kooperiert hätten. Vielmehr ist neben vielen Einzelkooperationen (die beiden Kommissionen bekannt waren) in den vergangenen 3 Jahren etwas geschaffen worden, was bundesweit einmalig ist, nämlich ein gemeinsames Institut und ein gemeinsamer Studiengang zur Ausbildung der Bauingenieure, von vielen externen Experten gelobt und von der Volkswagen-Stiftung und der Mercator-Stiftung mit einer halben Million Euro gefördert sowie auch von den beiden Kommissionen – wenn auch nur widerwillig – anerkannt wird. Und dies alles geschah ohne die geringsten Androhungen und ohne die gesetzliche Keule, schlicht aufgrund der Kooperationsfähigkeit und Kooperationswilligkeit der beiden betreffenden Fachrichtungen. Das ist der Weg, der gegangen werden muss; es handelt sich bei den Akteuren ja nicht um schwererziehbare Kinder, sondern um verantwortungsbewusste und forschungsintensive Erwachsene, die zudem den grundgesetzlichen Schutz von Artikel 5.3 GG genießen.
Darüberhinaus muss noch einmal mit Nachdruck wiederholt werden, dass Kooperation per se kein Wert ist. Die BTU unterhält mannigfache Kooperationsbeziehungen zu Hochschulen aller Sorten weltweit. Die letzte entsprechende Nachricht, die durch die Medien gegangen ist, berichtete von dem weltweit ersten Joint–degree–Programm im Themenfeld Welterbestudien mit der Hainan University Kairo, von DAAD mit einer Million Euro gefördert.
Das ist der Weg der gegangen werden muss, statt vermeintliche Überlappungen mit einer benachbarten Fachhochschule zu suchen und diese als Vorwand zu benutzen, andere hochschulpolitische Ziele durchzusetzen. In den Gesprächen mit dem Beauftragten des MWFK, Herrn Dr. Grünewald, ist jedenfalls von den vermeintlichen Überlappungen nichts mehr übrig geblieben. Umso verwunderlicher ist, dass der Gesetzentwurf sich in seiner Begründung immer noch auf diese Fehleinschätzung verlässt. Ebenso ist völlig unverständlich, in welchem Kontext die gute Einbindung der HL in die regionale Wirtschaft als Argument für die Notwendigkeit des Errichtungsgesetzes verwendet werden kann, wenn doch jeder Fachmann weiß, dass die Kooperationsmuster zwischen Fachhochschulen und regionaler Wirtschaft vollständig anders aussehen als diejenigen zwischen technischen Universitäten und in der Regel stärker überregionaler Wirtschaft. Dass die BTU hier nicht ganz schlecht aufgestellt sein kann, lässt sich allein schon an ihrer bundesweiten Spitzenposition in der Einwerbung von Drittmitteln (mehr als 60% des Globalhaushalts im Jahr 2011) belegen.
Der Versuchung, das düstere Bild der Leistungsfähigkeit der neuen Gesamthochschule hinsichtlich internationaler Kooperationen und Drittmitteln aus der überregionalen Wirtschaft auszumalen, will ich hier widerstehen; das klägliche Scheitern des Gesamthochschulprojekts in Nordrhein-Westfalen und anderswo spricht eine deutliche Sprache.
Der – relativ hilflose – Versuch, die Beteiligung der Betroffenen durch ein Pseudoresümee von Punkten darzustellen, die angeblich in einem offenen Beteiligungsverfahren erarbeitet worden seien, hatte einen in zweifacher Hinsicht völlig kontraproduktiven Effekt: Zum einen weisen alle Beteiligten seit Monaten darauf hin, dass keine Dialoge stattgefunden haben und dass das Verfahren keineswegs ergebnisoffen war, sondern explizit von Seiten des Ministeriums in die Formel gefasst wurde: Nicht das Ob, sondern nur noch das Wie der Fusion gelte es zu besprechen. Umgekehrt widersprechen die aufgelisteten 26 (!) angeblich „wichtigen Anliegen der Beteiligten“ der Begründungsabsicht. Für nahezu alle Punkte (mit Ausnahme einiger arbeitsrechtlicher Selbstverständlichkeiten wie die Ablehnung betriebsbedingter Kündigungen) gilt, dass sie besser im Rahmen der bisherigen Strukturen realisiert werden können, als aufgrund einer nach der Auflösung beider Hochschulen erfolgenden Neugründung. Dafür liefern die Stellungnahmen der heute anwesenden Experten genügend Beispiele, und die Kritik des Cottbuser Oberbürgermeisters an der Einlösung seiner eigenen Forderungen, zeigt, dass hier nur Verfahrenskosmetik betrieben wird.
Einige der vorgelegten Formulierungen darf man sich dann schon mal auf der Zunge zergehen lassen:
– Dass das Forschungsniveau von BTU Cottbus und HL durch die Fusion verbessert werden soll,
– wieso 10.000 zukünftig mögliche Studierende nach der Fusion besser sein sollen als 10.000 wirkliche Studierende ohne Fusion,
– wieso bekannte und bewährte Marken erhalten werden können, wenn alles am Schluss BTU heißt,
– wieso die Abwanderung angesehener Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler verhindert werden soll, wenn bereits im Vorfeld der Fusion das Gegenteil der Fall ist,
– wie man den Studienerfolg allein durch Fortbestand der Studiengänge sichern will, dies sind nur einige der Ungereimtheiten, die auch beim nur oberflächlichen Lesen sofort in die Augen springen.
2. Ein Blick in die Hochschullandschaft über die Lausitz hinaus zeigt, dass man mit diesem Unterfangen nicht nur alleine dasteht, sondern sich auch die massive Kritik der bundesweit aktiven Fachverbände und Wissenschaftsorganisationen einhandelt. Sich über sämtliche kompetente Stellungnahmen von VDI über die Fakultätentage, den Deutschen Hochschulverband und jüngst sogar noch die Gruppe der technischen Hochschulen und technischen Universitäten sowie die Mitgliedergruppe Universitäten der Hochschulrektorenkonferenz einfach hinwegsetzen zu wollen, von den Stimmen der überregionalen Wirtschaft und den internationalen Partnern einmal ganz zu schweigen, das spricht schon von Mut, um nicht zu sagen: von Tollkühnheit.
Als kleines Beispiel sei nur der Text zitiert, den die Mitgliedergruppe Universitäten der HRK am 19. November 2012 einstimmig beschlossen hat:
„Anlässlich der Jahresversammlung der Hochschulrektorenkonferenz am 19. November 2012 in Göttingen hat die Mitgliedergruppe der Universitäten darüber beraten, dass das Land Brandenburg die Auflösung der Hochschule Lausitz und der BTU Cottbus sowie die Neugründung zur BTU Cottbus/Senftenberg beabsichtigt.
Die Mitgliedergruppe der Universitäten weist dieses Vorhaben entschieden zurück, weil dadurch das bewährte Profil der beiden Hochschulen in der Lausitz verwässert wird. Stattdessen sollte es darum gehen, dieses bewährte Profil weiter zu schärfen und fortzuentwickeln.
Darüber hinaus weist die Mitgliedergruppe der Universitäten den massiven Eingriff in die Hochschulautonomie zurück, der darin besteht, das Selbstergänzungsrecht beider Hochschulen durch einen nicht gewählten Gründungssenat und Gründungspräsidenten zu umgehen.“
Ich glaube, nicht zu viel zu sagen, wenn ich festhalte: das einzige, was Experten, z.B. aus dem Bereich der Jurisprudenz, bescheinigen können, ist, dass eine solche Auflösung und Neugründung, wenn sie handwerklich gut gemacht ist, rechtlich im Prinzip möglich ist. Was hingegen den konkreten Fall betrifft, finde ich keinen einzigen Experten, der der Auflösung der BTU Cottbus und HL Senftenberg und der anschließenden Errichtung einer Gesamthochschule unter dem irreführenden Titel BTU Cottbus/Senftenberg das Wort reden oder gar eine Garantie über deren Erfolg abgeben würde, wie es der vorliegende Gesetzentwurf nahelegt. Dass der Wissenschaftsrat vor vollendete Tatsachen gestellt werden und erst nach Auflösung und Neugründung seine Beurteilung abgeben soll, zeugt nicht davon, dass man sich seiner Sache sehr sicher ist. Meiner eigenen Einschätzung nach wird – und das ist auch die Forderung wichtiger Mitspieler in der deutschen Wissenschaftslandschaft – jede Landesregierung, die ein solches Unterfangen unterstützt, gut darin tun, den Wissenschaftsrat zuerst anzuhören und erst danach gesetzgeberische Maßnahmen einzuleiten.
3. Wer sich schließlich ein wenig in der Diskussionslandschaft auskennt, wird wissen, dass die entscheidenden Konsequenzen des vorliegenden Gesetzentwurfs erst zum Vorschein kommen werden, wenn man das, was dieser Entwurf in allgemeiner Form zu regeln vorgibt, in die Realität übersetzt. Ich verweise in diesem Zusammenhang auf die entsprechenden Aktivitäten und Publikationen des hier anwesenden Kollegen Volker Epping, der unter dem Titel „Alter Wein in neuen Schläuchen“ am Beispiel der Leuphana in Lüneburg zeigt, dass diese sogenannte „Bologna-Universität“ nichts anderes ist als die Gesamthochschule des letzten Jahrhunderts unter Bologna-Vorzeichen. Ich fasse Eppings Analysen in Sachen Lüneburg kurz zusammen: Weder handelt es sich dabei um etwas Innovatives, noch sind die massiven – korporationsrechtlichen – Probleme, wie sie sich etwa bei der Gruppenzugehörigkeit, bei der Habilitationsadäquatheit der erbrachten Forschungsleistungen, bei der Überleitung von Professoren, bei der Mitwirkungsberechtigung bei Promotionen und Habilitationen auch nur im Blick, da diese erst durch die entsprechenden Satzungen ausformuliert werden müssen.
Kurz: Ich prognostiziere Folgendes: Tritt das Gesetz in Kraft, werden wir das übliche Bild erleben, das das Schicksal solcher Gesamthochschulprojekte ausmacht: der universitäre Teil, in diesem Falle die BTU, wird den fachhochschulischen Teil schlucken, die Fachhochschule wird damit vom Erdboden verschwunden und die Universität in ihrer Forschungsleistung reduziert sein; es wird trotz Namensschwindel Jahrzehnte dauern, bis die Reputation beider Einrichtungen wieder den heutigen Stand erreicht hat, es werden uns (vorwiegend jüngere) Leistungsträger verlassen und die in diesem Jahr durch die Kosmetik der Aufhebung von Numerus-Clausus-Beschränkungen noch verdeckte rückläufige Entwicklung der MINT-Studierendenzahlen in den Kernfächern wird dafür sorgen, dass der befürchtete regionale Einbruch sowohl wirtschaftlich als auch demografisch geschieht. Das alles wird begleitet sein von einer jahrzehntelangen Auseinandersetzung der unterschiedlichen Gruppen von Professoren, und das Land Brandenburg wird zu dem Schaden auch für den Spott nicht sorgen müssen.
Wenn man das alles vermeiden will, sollte man sich die alternativen Konzepte anschauen, die schon längst auf dem Tisch liegen, aber der parteipolitischen Rhetorik zum Opfer gefallen sind. Übermorgen vor 7 Monaten hat die BTU Cottbus ihr eigenes Konzept vorgelegt und in der Zwischenzeit immer weiter verfeinert. Ich denke, 7 Monate müssten reichen, um ein Konzept zur Kenntnis zu nehmen, das das, was zu verbessern ist, ohne einen unverhältnismäßigen gesetzgeberischen Gewaltakt zu realisieren im Stande ist. Das ist der Weg, der gegangen werden muss und der zudem den Vorteil hat, dass die Betroffenen mitmachen würden. Denn ohne Mitwirkung der grundgesetzlich in ihrer Lehr- und Forschungsfreiheit geschützten Professorinnen und Professoren geht an einer Universität nichts.
Fotos: Johannes Koziol