Ein Bündnis spricht sich für die Schaffung einer europäischen Direktverbindung auf der Schiene von Berlin über Cottbus und Görlitz – mit einem kurzen Stück auf dem Gebiet der Republik Polen – weiter nach Liberec und Prag aus. Der ökologische Verkehrsclub VCD Brandenburg mit seiner Cottbuser Kreisgruppe und das Umweltnetzwerk GRÜNE LIGA stellten dazu am vergangenen Donnerstag ein aktuelles Diskussionspapier vor.
Bahnstrecke aus der Vorkriegszeit
„Die Reaktivierung der Bahnstrecke aus der Vorkriegszeit muss ein Teil des Strukturwandels in den Kohleregionen in Deutschland, Polen, Tschechien werden. Das Vorhaben könnte auch das Zusammenwachsen in Europa fördern“, sagt der Bundesvorsitzende der GRÜNEN LIGA René Schuster. „Die Lausitz ist derzeit vom internationalen Fernverkehr nahezu abgekoppelt. Das muss sich ändern“, mahnt Dieter Schuster, Vorstandmitglied des VCD-Brandenburg und Sprecher der Kreisgruppe VCD-Cottbus.
„Gegenüber der bestehenden und sehr stark ausgelasteten direkten Bahnstrecke zwischen Berlin, Dresden und Prag würde die Strecke über Cottbus-Liberec lediglich 27 km länger als die Verbindung durch das Elbtal“, erklärt der Oberlausitzer Bahnexperte Wolfgang Domeyer. Die Initiative zur Reaktivierung geht zurück auf den VCD Brandenburg, der dafür 2021 die Arbeitsgruppe Lausitz-CZ ins Leben gerufen hat. Mitglieder der AG sind neben dem VCD Brandenburg auch der Bundesverband des VCD, der VCD Elbe-Saale, die Euroregion Neiße, Pro Bahn und Greenpeace Cottbus.
„Seit Jahrzehnten gibt es entsprechende Vorschläge und durch den Strukturwandel öffnet sich jetzt ein hervorragendes Zeitfenster für eine Umsetzung“, meint Dieter Schuster. „Auf deutscher Seite sei der Ausbau der Bahnstrecke von Berlin bis Görlitz Bestandteil der Maßnahmen des Bundes für den Strukturwandel. In Tschechien würde die Stadt Liberec bessere Bahnanbindungen an Prag und Berlin befürworten, erläutert Domeyer aus Großschönau (Landkreis Görlitz), der als Mitglied der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft EVG im Arbeitskreis Regionalentwicklung Lausitz und bei Greenpeace in der Fachgruppe Mobilität aktiv ist.
Anschluss der Lausitz nach Polen, Tschechien und weiter nach Osten
Der Aufbau der Direktverbindung würde einen Anschluss der Lausitz und der polnischen Region im Umfeld des Tagebaus Turów an den internationalen Bahn-TEN-V-Korridor „Orient/östliches Mittelmeer“ bedeuten. Neben dem Güterverkehr würde auch der Personenverkehr erheblich an Attraktivität gewinnen. „Von Cottbus oder Görlitz könnte man auf direktem Wege nach nur zwei Stunden Fahrt in Prag auf dem Wenzelsplatz spazieren gehen“, sagt Domeyer.
Auch die Bahn hat das Nadelöhr „Elbtal“ erkannt und plant bis etwa 2040 den Neubau einer Bahnstrecke von Dresden ins nordböhmische Ústí nad Labem (Tschechien) quer durch noch unerschlossenes Land. Dafür muss ein umstrittener riesiger Tunnel von etwa 25 Kilometern Länge durch das Erzgebirge gefräst werden. Als Konkurrenz zu dem bereits angedachten Projekt der Bahnunternehmen in Deutschland und Tschechien sieht das Bündnis seine Idee nicht. „Zur Schaffung der Klimaneutralität in Europa bis zur Mitte des Jahrhunderts wird es eine Verkehrswende – mit einer Verlagerung des Güterverkehrs von der Straße auf die Schiene – geben müssen. Wir verstehen unseren Vorschlag als absolut passende Ergänzung“, sagt Dieter Schuster. „Unsere Variante würde auch wesentlich schneller umsetzbar sein, da lediglich die fast durchgängig bestehenden Gleisverbindungen ausgebaut werden müssen. Nur durch das Jeschkengebirge in Nordböhmen westlich der tschechischen Stadt Liberec müsste ein etwa fünf Kilometer langer Tunnel errichtet werden“, ergänzt Domeyer.
„Wir müssen jetzt in die Diskussion kommen“, sagt Dieter Schuster vom VCD Brandenburg. Das Bündnis wird mit seinem Vorschlag an den Bahnvorstand, Bahnorganisationen wie Allianz pro Schiene, den Fahrgastverband und an die Politik herantreten, kündigt die GRÜNE LIGA an. „Es werden dicke Bretter zu bohren sein. Allerdings hat jedes noch so große Projekt mit einem Gedanken angefangen“, sagt René Schuster optimistisch.
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pm/red