Das vor zwei Wochen von der Landesregierung verabschiedete Konzept zum Übergang Schule-Beruf wird inhaltlich untersetzt. Das Kabinett stimmte dazu am Dienstag der von Bildungsminister Günter Baaske vorgelegten knapp 60-seitigen Landesstrategie zur Berufs- und Studienorientierung zu. Es steckt insbesondere den Handlungsrahmen für Schulen ab, um Schülerinnen und Schüler individuell und praxisnah auf ihrem Weg der Berufs- und Studienorientierung zu unterstützen.
Die Strategie soll an den Schulen bereits im Laufe des aktuellen Schuljahres eingeführt werden. Daneben wird die Berufs- und Studienorientierung im neuen Rahmenlehrplan als Querschnittsaufgabe in zahlreichen Unterrichtsfächern verankert. Den Schwerpunkt bildet dabei das Unterrichtsfach Wirtschaft-Arbeit-Technik (W-A-T). Als begleitende Unterstützung für die unterrichtliche Verankerung der Berufs- und Studienorientierung erhalten die Schulen zum kommenden Schuljahr 2016/17 eine Handreichung, die zurzeit vom Landesinstitut für Schule und Medien Berlin-Brandenburg (LISUM) erarbeitet wird.
Die Lehrkräfte werden zur Vermittlung der Berufs- und Studienorientierung weitergebildet. An allen weiterführenden allgemein bildenden Schulen soll es künftig vermehrt Koordinatoren zur Berufs- und Studienorientierung geben. Eltern sollen gezielt zur beruflichen Entwicklung ihrer Kinder einbezogen werden. Durch Betriebsbesichtigungen und das Kennenlernen von Berufsfeldern sollen Schülerinnen und Schüler verstärkt Praxiserfahrungen machen.
Zentraler Gedanke der Strategie ist, die Berufs- und Studienorientierung individuell auf jede Schülerin und jeden Schüler auszurichten. Bildungsminister Günter Baaske: „Wir brauchen keine pro-forma-Massenabfertigung beim kollektiven Betriebsbesuch, sondern müssen die individuelle Situation jedes Jugendlichen im Blick haben. Aber es gibt bereits viele gute Ansätze: So wurden seit 2009 bereits 78 unserer Schulen als ´Schule mit hervorragender Berufs- und Studienorientierung` ausgezeichnet und 60 Schulen setzen bereits das Praxislernen um“.
Die schrittweise Umsetzung der Landesstrategie bis hin zu ihrer dauerhaften und kontinuierlichen Realisierung erfordert insbesondere auch eine Verankerung in den regionalen Netzwerken samt abgestimmtem Handeln der beteiligten Akteure. Dies soll vor allem über die regionalen Arbeitskreise SCHULEWIRTSCHAFT erreicht werden.
An der Entwicklung der Landesstrategie waren die Regionaldirektion Berlin-Brandenburg der Agentur für Arbeit, die Vereinigung der Unternehmensverbände in Berlin-Brandenburg (UVB), der DGB Berlin-Brandenburg sowie – jeweils stellvertretend für ihre Landeskammern – die Handwerkskammer Frankfurt (Oder) und die IHK Ostbrandenburg intensiv beteiligt. Zudem wirkten das Netzwerk Zukunft, Kobra.net, das Landesschulamt sowie das Arbeitsministerium (MASGF) mit.
Dazu sagt Bildungsminister Günter Baaske: „Die Kooperation mit diesen Partnern ist entscheidend, damit unsere Strategie erfolgreich wird. Schule allein kann das nicht schaffen. Ich danke allen, die engagiert an der Strategie mitgewirkt haben und sich jetzt an der praktischen Umsetzung beteiligen. Das ist im doppelten Interesse: Die Unternehmen können ihre Fachkräfte der Zukunft gewinnen und die Jugendlichen haben die Chance, schon früh den für sie besten Weg einzuschlagen. Derzeit haben sie beste Chancen, in ihrer Brandenburger Heimat gute Ausbildung und gute Arbeit zu finden.“
Arbeitsministerin Diana Golze: „Die richtige Berufswahl ist eine der schwierigsten und wichtigsten Entscheidungen im Leben. Je intensiver sich Jugendliche bereits in der Schule mit dieser Frage auseinandersetzen, umso erfolgreicher werden sie ihren Berufsweg starten. Mithilfe einer systematischen schulischen Berufs- und Studienorientierung können Jugendliche ihre Berufswahlkompetenz gründlich entwickeln. Aber auch Arbeitgeber sollten bereits in der Schule auf Jugendliche zugehen und frühzeitig mit guten Ausbildungsbedingungen und Entwicklungsperspektiven überzeugen. Praktika können ebenso die Basis für eine langfristige Bindung zum Betrieb schaffen. Heute wird in Brandenburg fast jeder dritte Ausbildungsvertrag vorzeitig aufgelöst. Die Gründe dafür sind vielfältig und oft komplex. Oft stimmt die Berufsvorstellung mit der Praxis nicht überein, umso wichtiger ist eine gute Beratung und Orientierung im Vorfeld.“
Jutta Cordt, Vorsitzende der Geschäftsführung der Regionaldirektion Berlin- Brandenburg der Bundesagentur für Arbeit: „Die Berufs- und Studienberatung ist eine klare gesetzliche Aufgabe der Bundesagentur. Eine gute Berufs- und Studienorientierung während der Schulzeit ist der Schlüssel für einen erfolgreichen Übergang von der Schule in den Beruf. Ausbildungsabbrüchen und Jugendarbeitslosigkeit wird so effektiv vorgebeugt. Die jahrelange Arbeit und Erfahrung unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter steigert das Vertrauen von Schülerinnen und Schülern und ihren Eltern in die Beratung. An jeder Schule muss Berufs- und Studienorientierung deshalb systematisch aufgebaut sein und die Bedarfe des einzelnen Schülers bzw. der einzelnen Schülerin berücksichtigen. Um diese Herausforderung zu meistern, beraten und begleiten die Experten der Bundesagentur für Arbeit die Schulen bei der Umsetzung. Wir freuen uns, dass mit der neuen Landesstrategie auch das Land dieses wichtige Feld gemeinsam intensiver mitgestalten möchte. Ich wünsche mir, dass die Schulen im Land Brandenburg dieses Unterstützungsangebot schnell und umfassend in Anspruch nehmen, damit uns kein junger Mensch am Übergang von der Schule in den Beruf verloren geht!“
Christian Amsinck, Hauptgeschäftsführer der Unternehmensverbände Berlin-Brandenburg (UVB): „Eine stärkere Berufs- und Studienorientierung ist in Brandenburg schon lange ein Thema. Wir begrüßen es, dass die Landesregierung hier nun weitere verbindliche Schritte unternimmt. Es ist zentral, den Schülerinnen und Schülern Berufswahlkompetenz mit auf den Weg zu geben. Bei der neuen Landesstrategie stehen die Jugendlichen mit ihren individuellen Bedürfnissen und Fähigkeiten im Vordergrund. Wichtig ist nun, dass sie zügig von den Lehrerinnen und Lehrern umgesetzt wird. Denn junge Menschen, die sich frühzeitig Gedanken über ihre Zukunft im Arbeitsleben machen, laufen seltener Gefahr, den Beruf zu verfehlen. Das macht das Bildungssystem effizienter und senkt die Kosten für die Betriebe. Für die Unternehmen ist das angesichts des zunehmenden Fachkräftemangels überaus wichtig. Auch die Förderung der Fähigkeiten im naturwissenschaftlich-technischen Bereich gehört dazu. Als Träger der Landesarbeitsgemeinschaft SCHULEWIRTSCHAFT engagieren wir uns seit vielen Jahren an der Schnittstelle zwischen Schule und Wirtschaft.“
Doro Zinke, Vorsitzende des DGB Bezirk Berlin-Brandenburg: „Schulen sind sehr wichtig für die Berufs- und Studienorientierung, aber auch andere Lernorte wie Bildungsstätten helfen Jugendlichen dabei. Sie müssen die nötige Unterstützung dafür bekommen. Berufs- und Studienorientierung kann nur erfolgreich sein, wenn sie verlässlich, zielgerichtet und auskömmlich finanziert ist. Sie ist eine wichtige, dauerhafte Herausforderung, die nicht nur befristet und projektbezogen gestaltet werden kann.“
Dr. Ulrich Müller, Sprecher der Landesarbeitsgemeinschaft der IHKs des Landes Brandenburg (LAG) und Präsident der IHK Ostbrandenburg: „Die systematische Berufs- und Studienorientierung ist der richtige Weg, jetzt gemeinsam die riesigen wirtschaftsstrukturellen Herausforderungen des demographischen Wandels anzugehen. Dabei wird die Wirtschaft ein verlässlicher Partner sein. Die neu entwickelte Strategie muss nun in den Schulen verankert und umgesetzt werden. Dafür brauchen wir qualifizierte und genügend Lehrer sowie eine ausreichende finanzielle Ausstattung des Unterrichts.“
Uwe Hoppe, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Frankfurt (Oder), Region Ostbrandenburg: „Die Berufswahl der Schülerinnen und Schüler ist ein sehr umfangreicher Prozess. Sie müssen am Ende ihrer Schullaufbahn in der Lage sein, eine fundierte Berufswahl zu treffen. Durch die systematische Berufsorientierung nach der vorliegenden Landesstrategie soll dieses Ziel flächendeckend erreicht werden. Mit der Landesstrategie als Handlungsleitfaden und der Erarbeitung einer Handreichung durch das LISUM, erhalten die Schulen ein gutes Instrument für die Umsetzung einer gezielten Berufs- und Studienorientierung und der fächerübergreifenden Verankerung im Unterricht. Hier kann auf bereits bestehende und gut funktionierende Systeme in den Schulen aufgebaut werden. Wichtig ist, dass die Schülerinnen und Schüler eine individuelle Berufs- und Studienorientierung erhalten, welche durch Praxislernen unterstützt wird. Hier können die zahlreichen Angebote der Wirtschaft und die Berufsorientierung in unserem Bildungszentrum verstärkt genutzt werden. Vor dem Hintergrund des wachsenden Fachkräftebedarfs wurde jetzt mit der Landesstrategie eine seit Jahren bestehende Forderung der Mitgliedsunternehmen der Brandenburger Wirtschaftskammern umgesetzt.“
Foto: Ministerium fASFF
Quelle: Ministerium für Bildung, Jugend und Sport