Die Zeit, zu der Deutschland noch durch eine Mauer geteilt war, liegt glücklicherweise schon viele Jahre zurück. Die Generation der unter 30-Jährigen kennt diesen Abschnitt größtenteils nur noch von Erzählungen der Eltern oder aus dem Geschichtsunterricht. Doch mehr als 40 Jahre deutsche Teilung haben Spuren hinterlassen, die zwar heute weniger sichtbar, aber nichtsdestotrotz vorhanden sind. Vor allem in Bezug auf persönliche Werte und die eigene Familien- und Karriereplanung unterscheiden sich die Ansichten der Menschen im östlichen Teil von Deutschland zwar subtil, aber teils doch recht gravierend von denen der im Westen lebenden Deutschen. So ist zum Beispiel immer noch zu beobachten, dass die Bereitschaft und der feste Wille, Kinderwunsch und Karriereziele zu vereinbaren, bei Frauen im Osten weitaus stärker vertreten ist als bei ihren westdeutschen Altersgenossinnen.
In der DDR gehörte es zur sozialistischen Weltanschauung, dass auch Frauen ihren Teil zur kollektiven Arbeit beitrugen. Ihre Rolle erschöpfte sich nicht in der Geburt und Erziehung der Kinder, was quasi nebenbei erledigt wurde, sondern bestand auch darin, ihren Teil zur Versorgung der Familie beizutragen. Das Bild des Familienvaters als alleinigen Ernährer gab es nur in Einzelfällen. Unterstützt wurden die jungen Familien darin durch ein umfassendes Betreuungsangebot, das bereits wenige Monate alte Babys aufnahm, und dessen Öffnungszeiten auf die der nahen Produktionsbetriebe abgestimmt war.
Klar ist: Eine auf diese Weise sozialisierte Generation legt die verinnerlichten Ideale nicht von einem Tag auf den anderen ab. Aus diesem Grund ist auch heute die Kombination von Job, Familie und Kindern für viele Frauen aus den östlichen Bundesländern ein selbstverständlicher Lebensentwurf.
Allerdings muss man gleichzeitig beachten, dass sich auch die Karriereziele der Frauen in Ost und West teils recht deutlich voneinander unterscheiden. In Ostdeutschland ist die Situation auf dem Arbeitsmarkt nach wie vor angespannt, weshalb viele Frauen mit einer unbefristeten Vollzeitbeschäftigung trotz geringer Karriereaussichten zufrieden sind. Sie profitieren dafür von der wesentlich höheren Familien- und Kinderfreundlichkeit, die auch in der Region Niederlausitz gefördert wird. Projekte dieser Art sollen helfen, junge Familien von der Abwanderung Richtung Westen abzuhalten, der immer noch ganz klar für bessere Berufs- und Karrierechancen steht. Doch inzwischen kann man über spezielle Karriereportale besonders Führungspositionen verschiedener Branchen speziell in der Region Niederlausitz oder der näheren Umgebung finden und mit etwas Glück nicht nur Familie und Arbeit verbinden, sondern auch einige Stufen auf der Karriereleiter emporklettern.
Die Frauen in Westdeutschland sind hingegen mit dem Betreuungsengpass konfrontiert, aufgrund dessen sie nur schwer einen Kita-Platz für ihren Nachwuchs bekommen. Dieser ist schlimmstenfalls nicht einmal mit den Arbeitszeiten einer Vollzeitbeschäftigung zu vereinbaren, ganz zu schweigen von denen in einer Führungsposition. Aus diesem Grund sind junge Frauen oft noch gezwungen, sich für Kind oder Karriere zu entscheiden; eine Entscheidung, die hoffentlich in den nächsten Jahren durch eine Verbesserung der Kinderbetreuungsangebote obsolet wird.
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