In der aktuellen Stunde des Brandenburger Landtages zur Ukraine-Thematik erklärte Europaministerin Katrin Lange, dass ihrer Ansicht nach in Europa ein neuer Kalter Krieg bevorstehe.
Europaministerin Katrin Lange äußerte sich wie folgt:
„Es ist wahr, dass der russische Angriff auf die Ukraine eine „Zeitenwende“ darstellt. Der 24. Februar markiert auch einen tiefen Einschnitt in den Beziehungen zwischen uns und Russland. Derzeit ist nicht abzusehen, wie sich die Beziehungen davon je wieder werden erholen können.
Der Angriff auf die Ukraine hat auch die nach 1989 entstandene europäische Friedensordnung zerstört; und zwar nicht als Kollateralschaden, sondern als russisches Kriegsziel. Es ist ein Desaster. Bislang sind wir – auch ich – davon ausgegangen, dass Russland ein zweifelsohne schwieriger Partner im Osten Europas ist.
Diplomatie und wirtschaftliche Zusammenarbeit waren keineswegs das Steckenpferd einiger leichtgläubiger „Putin-Versteher“, sondern die gültige Leitlinie aller Bundesregierungen und der sie tragenden Parteien seit Jahrzehnten.
Diese Einschätzung vom schwierigen Partner hat jetzt keinen Bestand mehr. Russland ist in einem Anfall von Selbsttäuschung und Hybris zu einer revisionistischen Großmacht geworden. Diese Großmacht ist allen Ernstes bereit, die Landkarte Europas mit militärischer Gewalt neu zu zeichnen.
Es geht dabei keineswegs um legitime russische Sicherheitsinteressen. Russland stellt vielmehr die nationale und staatliche Identität der Ukraine ganz grundsätzlich in Frage. So muss man Putin selbst verstehen und so auch seine Einflüsterer. Dafür gibt es zahlreiche Belege.
In einer offenbar verfrühten halboffiziellen Siegesmeldung, die dann eilig wieder eingesammelt wurde, hieß es: „Russland versammelt die russische Welt, das russische Volk – in seiner Gesamtheit der Großrussen, Weissrussen und Kleinrussen.“ Gemeint sind: Russland, Belarus und eben die Ukraine.
Dass nun in den laufenden Verhandlungen offenbar Fragen der Neutralität oder Statusfragen der Krim oder des Donbass erörtert werden, steht dem nicht entgegen, sondern zeigt nur das Scheitern des russischen Plans.
Im Übrigen war nichts davon diesen verbrecherischen Krieg wert. In dieser Situation stehen wir heute klar an der Seite der Ukraine. Es kommt dabei entscheidend darauf an, ihre Durchhaltefähigkeit zu stärken. Das schließt die Lieferung von Waffen und anderen Gütern ein. Die Ukraine hat jedes Recht zur Selbstverteidigung. Ihre Streitkräfte setzen sich im ganzen Land erbittert zur Wehr.
Selbst in den überwiegend russischsprachigen Gebieten der Ukraine wie am Asowschen Meer demonstrieren die Menschen gegen die Besatzer. Und so ist mittlerweile klar, dass der russische Plan nicht aufgeht. Ich glaube auch, dass Russland die Ukraine nicht besiegen kann.
Russland steht hier vor einem selbst geschaffenen Dilemma: Russland kann nur siegen, indem es militärische Erfolge erringt. Ganz anders die Ukraine: Sie gewinnt schon dann, wenn sie nicht verliert. Sie muss einfach nur durchhalten. Sie muss die Russen gar nicht besiegen, sondern darf nur nicht aufgeben.
Um das sicherzustellen, ist es vollkommen richtig, dass der Westen seinen Worten auch Taten folgen lässt. Dabei gibt es allerdings Grenzen: Wir sind keine Kriegspartei; und wir dürfen auch keine werden.
“Ausweitung des Konflikts hätte verheerende Folgen”
Eine Ausweitung dieses Konflikts hätte verheerende Folgen. Darauf hinzuarbeiten, wäre nicht nur ein Fehler, sondern geradezu ein Verbrechen. Denn so schlimm die Lage in der Ukraine schon ist, muss man doch auch nüchtern sehen: Es könnte auch noch deutlich schlimmer kommen. Ich muss das so deutlich ansprechen, weil sich die Stimmen hierzulande mehren, die die Gefahr einer Eskalation des Konflikts leichtfertig bagatellisieren. Diese Stimmen gibt es gerade auch hier in Potsdam.
Die Konsequenzen dieses Konflikts für Brandenburg werden umso geringer und begrenzter sein, je schneller dieser elende Krieg beendet wird.
Es wird dort keine militärische Lösung geben können. Sicherlich wird Russland den Krieg in die Länge ziehen können, aber mit welchem Ziel und zu welchem Preis? Irgendeine Form von politischer Verständigung wird also gefunden werden müssen. Besser früher als später; aber: noch ist es nicht so weit.
Bis dahin müssen wir zur Kenntnis nehmen, dass 30 Jahre Arbeit umsonst waren. Politische Beziehungen zu Russland bestehen praktisch nicht mehr. Wir haben keinen Kontakt mehr zur russischen Botschaft – und suchen ihn auch nicht.
Denn es ist so: Entweder wissen die offiziellen Vertreter auch nicht, was im Kreml wirklich los ist. Dann wäre das Zeitverschwendung. Oder sie belügen und betrügen uns. Auch das ist mittlerweile denkbar. Am 23. Februar erschien noch ein Interview mit dem russischen Botschafter Netschajew in der „Stuttgarter Zeitung“. Dort hieß es – Zitat -: „Wir wollen keinen Krieg, wir planen keine Offensive.“ Einen Tag später begann der Angriff auf die Ukraine.
Alle unsere Kontakte zu offiziellen russischen Stellen sind derzeit abgebrochen; alle Projekte der länderübergreifenden Zusammenarbeit, bei denen offizielle Regierungsstellen beteiligt sind, haben wir eingestellt oder eingefroren.
Im letzten Jahr noch haben wir gemeinsam in Lebus im Oderbruch gefallene sowjetische Soldaten zur letzten Ruhe gebettet. Das wird jetzt meines Erachtens nicht mehr mit offizieller russischer Beteiligung stattfinden – ihre Vertreter sind dort nicht mehr erwünscht. Jetzt ist Schluss.
Brandenburg ist ein kleines Land und wir können hier keine großen Räder drehen. Wahrscheinlich ist Russland unsere Haltung auch völlig egal; das ist wohl alles eingepreist. Aber es soll sich auch keiner täuschen, wie tief die Erschütterung geht. Nichts wird wieder so werden, wie es einmal war.
Jahrzehntelange Arbeit der Aussöhnung und des Ausgleichs waren umsonst. Ein neuer Kalter Krieg hat begonnen. Seine Vorgeschichte ist im Übrigen nicht so schwarz-weiß, wie es sich nun aktuell angesichts des Ukrainekrieges darstellt. Kluge Leute wie Julian Nida-Rümelin haben darauf kürzlich zu Recht hingewiesen. Er wird bleiben, auch wenn der heiße Krieg in der Ukraine einmal beendet sein sollte.
Das ist leider Putins Werk. Und das ist die Lage. Arbeiten wir gemeinsam und mit kühlem Kopf dafür, dass sie nicht noch schlimmer wird. Denn es ist schon schlimm genug.”
Reaktion von der Brandenburger FDP
Anlässlich der aktuellen Stunde im Landtag Brandenburg zum Thema „Aus Solidarität mit der Ukraine erwächst konkrete Verantwortung – Brandenburg leistet seinen Beitrag“ erklärt Zyon Braun, Landesvorsitzender der FDP Brandenburg:
“Seit vier Wochen ist Krieg in der Ukraine. Die Härte des russischen Angriffskrieges nimmt jeden Tag zu und die Skrupellosigkeit Putins, verstärkt zivile Ziele anzugreifen, ist ein Akt der Unmenschlichkeit. Die Solidarität der Menschen in Brandenburg, Deutschland und Europa ist groß. Doch wir können uns nicht allein auf die Solidarität der Bürgerinnen und Bürger verlassen. Das Land Brandenburg steht in dieser humanitären Notlage in der Pflicht und muss seine Leistungsfähigkeit unter Beweis stellen. Das gilt auch für die Landesregierung.
Täglich steigt die Zahl der Menschen, die aus ihrer Heimat fliehen, um sich und ihre Familien zu schützen. Die Landesregierung hat sich bei der Anzahl der Flüchtlinge massiv verschätzt und wälzt nun alle damit verbundenen Probleme auf die Landkreise und kreisfreien Städte ab. Es ist richtig, dass das Land den Bund in die Pflicht nimmt. Insbesondere bei der Verteilung von Flüchtlingen benötigen wir eine Verständigung zwischen Bund und Ländern. Wir benötigen aber auch eine bessere Koordinierung im Land, um freie Kapazitäten schneller zu identifizieren und die Kommunikation zwischen allen Ebenen zu verbessern. Städte und Kommunen dürfen nicht erst wenige Stunden vor dem Eintreffen von Flüchtlingen lediglich eine ungefähre Anzahl übermittelt bekommen und dann im weiteren Prozess allein gelassen werden. Oft ist unklar, wie viele Frauen, Kinder und Familien zu erwarten sind und welche medizinische Versorgung erforderlich ist. Das Land muss zügig eine zentrale Koordinierung in der Staatskanzlei einrichten. Diese humanitäre Notsituation muss der Ministerpräsident zur Chefsache erklären.
Darüber hinaus müssen wir alle uns zur Verfügung stehenden Mittel und Hilfen nutzen: Wir müssen Kapazitäten ausweiten. Impfzentren, welche weniger Zulauf verzeichnen, könnten schnell umgebaut werden. Auch die Unterstützung der Bundeswehr ist nun bei der Verteilung und vor allem der vollständigen Registrierung von Flüchtlingen gefragt. Hier darf das Land die kommunale Ebene nicht im Stich lassen. Das betrifft auch die finanzielle Ausstattung – die Landesregierung muss die Kürzung der Integrationsmittel zurücknehmen und die Bemessungsgrundlage auf die tatsächliche Anzahl geflüchteter Menschen korrigieren.”
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Red. / Presseinformation