Das Brandenburger Innenministerium hat den Landesverband Brandenburg der Alternative für Deutschland (AfD) als Beobachtungsfall eingestuft, das wurde vom Ministerium am Montagmorgen mitgeteilt. Über die aktuellen Erkenntnisse und Entscheidungen zur Einstufung informieren Innenminister Michael Stübgen (CDU) und der Leiter der Verfassungsschutzabteilung Jörg Müller am Mittag in einer Pressekonferenz in der Brandenburger Staatskanzlei in Potsdam.
Die Pressekonferenz wird live auf Twitter übertragen.
Trotz Kalbitzrauswurf Beobachtungsfall
Teil der Brandenburger Landtagsfraktion ist Andreas Kalbitz, der vor Kurzem vom Bundesvorstand der AfD aus der Partei ausgeschlossen wurde (Niederlausitz aktuell berichtete), dadurch fraktionslos im Landtag sitzt und dennoch von der Fraktion als Mitglied bestätigt wurde. Ihm wurde vom Bundesvorstand das Verschweigen der Mitgliedschaft in der HDJ (rechtsextreme Heimattreue Deutsche Jugend) und bei den Republikanern vorgeworfen. Kalbitz geht sowohl innerparteilich als auch über ein Zivilgericht gegen den Rauswurf vor, er hat einen Eilantrag beim Berliner Landgericht gestellt. Vorher war er Fraktionsvorsitzender in Brandenburg und gemeinsam mit Björn Höcke einer der führenden Köpfe im “Flügel”, der vom Verfassungsschutz als rechtsextremistisch eingestuft wurde (Niederlausitz aktuell berichtete). Ende April soll sich der “Flügel” aufgelöst haben. Die bisherigen verfassungsfeindlichen Anhaltspunkte haben sich verdichtet. Der „Flügel“ ist als rechtsextremistische Bestrebung einzuordnen.” sagte der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz Thomas Haldenwang zur Bewertung.
Der Tagesspiegel berichtet zur aktuellen Entwicklung, dass der Brandenburger Landesverband auch als absoluter Beobachtungsfall hätte eingestuft werden können, nach dem Rauswurf von Kalbitz aus der Partei, aber “nur” als Verdachtsfall zur Beobachtung gilt, um die Maßnahme vor Gerichten wasserdicht zu gestalten. “Es bestehen hinreichende Anhaltspunkte für rechtsextreme Bestrebungen des Landesverbands gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung. Der Verfassungsschutz gehe von einer “Verflügelung” der Brandenburger AfD aus.”
Kontroversen um rechtsextreme Mitarbeiter
(aus Wikipedia)
Die Landtagsfraktion beschäftigte nach Medienberichten mehrere Mitarbeiter aus dem rechtsextremen Milieu. Hierzu zählte beispielsweise Jean-Pascal Hohm, ehemaliger Landesvorsitzender der Jungen Alternative in Brandenburg, der sich auf Selfies regelmäßig in T-Shirts der Identitären Bewegung zeigte und im Dezember 2016 an einer Sitzblockade der Identitären vor der CDU-Parteizentrale teilnahm. Hohm, der bei der rechtsradikalen Gruppierung Ein Prozent für unser Land ein Praktikum absolviert hatte, trat auch bei Demonstrationen der fremdenfeindlichen Gruppe Zukunft Heimat in Brandenburg als Redner auf und wurde im Frühjahr 2017 als Fraktionsmitarbeiter entlassen, wenige Monate später aber Mitarbeiter von René Springer.[29] Olaf Sundermeyer sah in „der Nachwuchshoffnung der AfD“ Hohm einen „der aktivsten Identitären überhaupt“.[30] Seit Anfang 2015 war ein Ex-Kader der verbotenen Heimattreuen Deutschen Jugend (HDJ) als verkehrs- und europapolitischer Referent für die brandenburgische AfD-Landtagsfraktion tätig gewesen, der nach dem Einzug der AfD in den Bundestag in das Mitarbeiterbüro von Alexander Gauland wechselte,[31] wie Gauland gegenüber der FAZ bestätigte.[32] Ein anderer aus Brandenburg stammender Praktikant der Landtagsfraktion bewegte sich gemäß Zeit Online in der Berliner Neonaziszene, im Frühjahr 2016 war eine Person seines Namens von den Veranstaltern eines Neonazikonzerts in Thüringen als Ordner angemeldet worden. Auch dieser Mann, der mit extrem rechten Ansichten auffiel, wurde im Oktober 2017 Mitarbeiter von Gauland im Bundestag.[29] Auch weitere Mitarbeiter stehen nach Bestätigung des Fraktionsvorsitzenden Andreas Kalbitz in Verbindung zur unter Beobachtung des Verfassungsschutzes[33] stehenden Identitären Bewegung: Kai Laubach, Grundsatzreferent der Fraktion, habe an einzelnen Aktionen der IB teilgenommen. Franz Dusatko, Vize-Landeschef der „Jungen Alternative“ und Assistent der Fraktionsführung, war im Dezember 2016 ebenfalls an einer Blockadeaktion der IB gegen die CDU-Zentrale in Berlin beteiligt.[34] Der laut JA-Homepage stellvertretende Bundesschriftführer der Jungen Alternative Tim Ballschuh, der ebenfalls für die brandenburgische AfD-Landtagsfraktion arbeitet, schoss 2018 nach einer AfD-Wahlkampfkundgebung in Regensburg mit einer Schreckschusspistole auf Gegendemonstranten. Laut einem Bericht des Bundesverfassungsschutzes hat Ballschuh frühere Kontakte zur NPD eingeräumt und war „zudem Mitglied in den als rechtsextremistisch eingeordneten Burschenschaften Frankonia Erlangen und Halle-Leobener Burschenschaft“. Ein im März 2008 während einer Neonazikundgebung aufgenommenes Foto zeigt ihn in den Räumen der damaligen JN-Bundeszentrale in Bernburg.[35]
Reaktionen
Der Generalsekretär der CDU Brandenburg, Gordon Hoffmann: „Die Entscheidung des Verfassungsschutzes Brandenburg ist absolut nachvollziehbar. Immer wieder hat die AfD Brandenburg unter Beweis gestellt, dass man als Rechtsextremist in ihren Reihen nichts zu befürchten hat. Im Gegenteil: Unter der Führung von Andreas Kalbitz scheint eine rechtsextreme Einstellung sogar außerordentlich hilfreich für die eigene Karriere. Von einem handlungsfähigen und wehrhaften Staat können die Bürger mit Recht erwarten, solche besorgniserregenden Entwicklungen genau unter die Lupe zu nehmen. Es ist daher nur folgerichtig, dass die AfD Brandenburg vom Verfassungsschutz zum Verdachtsfall erklärt wird.“