Wer von Spreetal an der B 97 bis nach Senftenberg in der Lausitz wollte, fuhr bisher über die B 156 oder B 96. Knapp dreißig Kilometer liegen zwischen den beiden Orten in Sachsen, dicht an der Grenze zu Brandenburg. 30 Kilometer oder sieben Seen.
Wo einst der Abbau von Braukohle gigantisch tiefe Löcher in der Natur hinterließ, sind im Laufe der letzten Jahrzehnte künstliche Seen entstanden. Schon heute ist es möglich, den Weg zwischen Spreetal und Senftenberg mit dem Boot zu begehen. Bald sollen Touristen aus der ganzen Republik dort Urlaub machen, wo zur Wende noch die Bagger standen.
Einzigartiges Projekt
Das Lausitzer Seenland wird eines Tages zur größten künstlichen Seenlandschaft in Europa werden. Derzeit ist noch nicht ganz klar, wann die Flutung aller Seen in der Region abgeschlossen ist. Experten rechnen mit dem Abschluss der Flutung zum Ende des kommenden Jahrzehnts. Da die Seen aus Flüssen mit Wasser versorgt werden, ist der Stand der Wasserstraßen maßgeblich für die zur Verfügung stehende Menge Wasser.
Einmal abgeschlossen, wird das Lausitzer Seenland das viertgrößte Seengebiet der Bundesrepublik. Die Flutung der ehemaligen Kohlereviere ist in dem Ausmaß einzigartig. Zwar wurden auch schon andere Abbaugebiete geflutet, nicht aber in dieser Größenordnung. Der Grund dafür ist die Wende. In der DDR wurde der Kohleabbau intensiv betrieben und viele Gruben betrieben. Der Bedarf sank nach der Wiedervereinigung schlagartig – und entsprechend viele Abbaugebiete wurden stillgelegt. Seit dem Jahr 2000 werden die Seen systematisch geflutet.
Schub für die Region
Die Energiewende ist aktuell ein Thema in Deutschland. Für die Kernenergie ist das Ende längst besiegelt, in den kommenden Jahrzehnten soll auch kein Braunkohlewerk in der Bundesrepublik Strom erzeugen. Bundesweit wird über die Energiewende gestritten und um die Folgen für ganze Landstriche. In der Lausitz sind die Menschen bereits einen Schritt weiter. Tausende Menschen verloren durch stillgelegte Gruben die Arbeit. Der Hoffnungsschimmer für die Region ist nun das Lausitzer Seeland. In der Zukunft liegt zwischen Senftenberg und Spreetal das Zentrum des sächsischen Tourismus. Nicht wenige erhoffen sich davon den wirtschaftlichen Anschluss an andere Regionen. Mehr als 90 Prozent der Wassermengen wurden für die Vollendung der Landschaft bereits gefördert. Eines Tages wird das Seenland eine Fläche von 144 Quadratkilometer umfassen.
Die Wirtschaft boomt
Mit der Flutung von 30 Seen wurde die Lausitzer und Mitteldeutsche Bergbau-Verwaltungsgesellschaft, kurz LMBV, einst beauftragt. Mehr als die Hälfte der Seen ist vollständig geflutet. An den Seen siedeln sich Dienstleister aus verschiedenen Bereichen an, etwa Segel- oder Bootsfahrschulen. Ein Bootsführerschein für die Lausitz wird in Zukunft stark gefragt sein, ebenso kleine Werften für den Bau und die Reparatur.
Der große Schub soll durch den Tourismus kommen. An den Ufern einiger Seen haben gastronomische Einrichtungen ihre Pforten längst geöffnet. In Senftenberg etwa sind neue Hotels und Restaurants entstanden. Viel Geld wurde für den Bau neuer Gebäude und die neue Infrastruktur geschaffen. Gleiches gilt für den bereits vollständig gefluteten Großräschener See.
Am Geierswalder See wurde sogar ein Leuchtturm als Teil einer Hotelanlage errichten. Ein Leuchtturm mitten in Sachsen – vor einigen Jahren undenkbar. Ebenso wie schwimmende Ferienhäuser und maritime Gewerbeparks. Die Wasserqualität der Seen ist ausgezeichnet, die meisten Wassergebiete sind als Badeseen mit Stränden angelegt.