Seit Stunden halten etwa 1500 Aktivist*innen den westlichen Gleiszugang des Kohlekraftwerkes Schwarze Pumpe in der Lausitz besetzt. Soeben drangen etwa 700 von ihnen auf das Gelände des Kraftwerks vor. Sämtliche Gleiszugänge zum Kraftwerk sind jetzt blockiert, so dass Vattenfall keine weitere Braunkohle aus den Tagebau ins Kraftwerk transportieren kann. Auch von Vattenfall vorbereitete Vorratszüge mit Braunkohle können derzeit nicht im Kraftwerk verfeuert werden. Zusammen mit den Blockadepunkten im Tagebau und am Verladekran sind derzeit über 2000 Menschen Teil der Aktion zivilen Ungehorsams.
„Deutschland ist Weltmeister bei der Verbrennung dreckiger Braunkohle. Deshalb nehmen wir den Kohleausstieg selbst in die Hand und schalten einer der größten Klimakiller Europas ab“, sagt Pressesprecherin Hannah Eichberger von Ende Gelände.
Währenddessen findet in Welzow eine Demonstration an den Rand des Tagebaus Welzow Süd statt. Über 1.000 Menschen folgten dem Aufruf zahlreicher Organisationen. „Das ist ein kraftvolles Zeichen der Solidarität!“ freut sich Eichberger. Die Demonstration endet in Proschim, die Aktion Ende Gelände geht weiter.
„Ende Gelände ist Teil der internationalen Bewegung für Klimagerechtigkeit“, sagt Hannah Eichberger. Das Aktionswochenende ist Teil der weltweiten Aktionswelle „Break free from fossil fuels“, die auf fünf Kontinenten in insgesamt 12 Ländern stattfindet. Ein Ausdruck der starken internationalen Vernetzung ist die Aktions-Teilnahme von mindestens 1000 Menschen aus ganz Europa in der Lausitz.
Die Polizeidirektion Süd zur Lage vor Ort:
Seit Montag, dem 09. Mai 2016 haben sich auflaufend mehrere tausend Umweltaktivisten aus verschiedenen europäischen Ländern in der Lausitz eingefunden und in Proschim ihr Lager aufgestellt. Neben zahlreichen friedlichen Aktionen wie Fahrradtouren zum Protest gegen die Kohleverstromung, drangen geschätzte 1.600 Personen am gestrigen Freitag, dem 13. Mai 2016, in den Tagebau Welzow Süd auf das Betriebsgelände des Unternehmens „Vattenfall“ ein. Sie wurden zuvor durch das Unternehmen als Hausrechtsinhaber und darüber hinaus mehrfach durch die Polizei darauf aufmerksam gemacht, dass es sich dabei um Privatgelände des Unternehmens handelt. Weiterhin wurde darauf hingewiesen, dass sie sich mit dem Betreten des Geländes in Lebensgefahr begeben. Diese Hinweise erfolgten mit Lautsprecherdurchsagen und zweisprachig (deutsch/englisch) verfassten Hinweisblättern.
In der weiteren Folge haben sich temporär seit dem genannten Zeitraum Personengruppen von 50 bis 200 oder auch 600 Teilnehmern auf dem Betriebsgelände verteilt und Gleisanlagen, sowie auch Großgeräte blockiert. Der Betrieb des Tagebaus war bereits regulär und planmäßig in den Betriebsabläufen durch das Unternehmen am vergangen Donnerstag eingestellt.
Ein Betreten des Unternehmensgeländes bei einer Ausdehnung in der Diagonale von 55 km auf dem Territorium der Zuständigkeit der Polizeidirektion Süd war durch die vor Ort befindlichen Polizeibeamten nicht möglich. Zum anderen wurde der Fürsorgepflicht im Abraumgebiet wegen der Gefahr von Erdrutschungen Rechnung getragen.
Durch das Unternehmen Vattenfall wurden Anzeigen wegen Hausfriedensbruch und Nötigung gegen die Umweltaktivisten erstattet. Nach erster Bewertung der Staatsanwaltschaft Cottbus ist die Tatbestandmäßigkeit des Hausfriedensbruchs wegen des Problemfeldes der Umfriedung nicht gegeben. Eingehende Anzeigen werden einer sorgfältigen Prüfung unterzogen.
Nötigungen durch Eingriffe in die Betriebsabläufe des Unternehmens wegen des Besetzens in verschiedenster Form von Gleisanlagen oder Klettern auf Großgeräte sind ebenfalls nach erster Bewertung durch die Staatsanwaltschaft nicht strafrechtlich relevant. Dies resultiert aus dem Umstand, dass der Betrieb wie vorab beschrieben eingestellt wurde. Die ständigen Aktionen der Umweltaktivisten und eingehende Anzeigen werden einer ständigen Prüfung unterzogen.
Zu einem angezeigten Landfriedensbruch (Sitzblockade durch Unterhaken) des Unternehmens, laufen die Ermittlungen im Rahmen der Anzeigenprüfung.
Durch Polizei und Staatsanwaltschaft werden permanent die Situationen im Einzelfall bewertet. Ines Filohn von der Polizeidirektion dazu: “Wir befinden uns in einer sogenannten Gemengelage in der die Prüfung von Maßnahmen des Strafverfahrensrechts, der Gefahrenabwehr, zivilrechtlicher Ansprüche und dem Versammlungsrecht stattfindet. Wir sind bei unseren Grundrechtseingriffen gegenüber Personen an rechtsstaatliche Grundsätze und einer ständigen Abwägung der Verhältnismäßigkeit gebunden. Es erfolgt eine permanente Dokumentation der Ereignisse durch die Polizei um auch im Nachgang eine Wahrung der Rechtsansprüche des Unternehmens zu ermöglichen.”
Im Rahmen des polizeilichen Handelns wurde von einer Frau ein Widerstand gegen Polizeibeamte verübt. Sie war nach einem Platzverweis im Unternehmensgelände nicht bereit, diesen zu befolgen und schlug nach den Beamten. Da die Frau ihre Identität nicht Preis gab, wurde sie in Polizeigewahrsam genommen und am heutigen Tag dem zuständigen Amtsgericht vorgeführt. Auch hier verweigerte sie die Angaben zu ihrer Personen und wurde zu einem Monat Freiheitsentzug ohne Bewährung verurteilt.
Gegen einen 26-jährigen polnischen Bürger wurde ein Ermittlungsverfahren wegen Körperverletzung und Widerstand zum Nachteil eines Polizeibeamten eingeleitet. Mehrere Personen wurden einer Identitätsfeststellung unterzogen.
Drei Personen hatten sich auf einem Betriebsgleis der Kohlebahn in Roggosen einbetoniert und wurden am heutigen Tag durch Spezialisten der Polizei von der Gleisanlage getrennt.
pm
Fotos: Ende Gelände