Dr. Gerd-Rüdiger Hoffmann (DIE LINKE, fraktionsloser Abgeordneter im Landtag Brandenburg) zur „Stellungnahme der brandenburgischen Landesregierung zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung von Rechtsvorschriften über die Rechte der Sorben/Wenden im Land Brandenburg“: „Eine Stellungnahme der Landesregierung behindert und fördert nicht die Verabschiedung eines überarbeiteten Sorben/Wendengesetzes“
Seit Monaten wird nicht nur unter Sorben/Wenden in der Niederlausitz darüber diskutiert, wie eine überarbeitete Fassung des brandenburgischen Sorben/Wenden-Gesetzes aussehen soll, besonders seit der NOWY CASNIK einen ersten Entwurf des Rates für sorbische/wendische Angelegenheiten veröffentlicht hatte. Dieses Thema interessiert durchaus auch Menschen ohne sorbische/wendische Wurzeln. Schließlich begreifen oder empfinden immer mehr Brandenburgerinnen und Brandenburger, dass ein wichtiges, besonderes und liebenswertes Merkmal ihres Landes fehlte, wenn der Artikel 25 der Landesverfassung „Rechte der Sorben (Wenden)“ und damit die Förderung und Bewahrung der Kultur und Sprache dieser slawischen Minderheit lediglich zu einer formalen Sache werden würde. Mit Interesse wird die Diskussion auch in der Oberlausitz verfolgt. Dort berichtet vor allem die Abendzeitung SERBSKE NOWINY regelmäßig über die Debatte.
Leider muss man aber den Eindruck haben, dass die Landesregierung keine Anstrengungen unternimmt, um das neue Gesetz zu unterstützen. Eher trifft das Gegenteil zu, denn in einer Stellungnahme der Regierung findet sich zu fast allen wesentlichen Veränderungsvorschlägen der Vermerk: „Es wird daher empfohlen, von der vorgeschlagenen Neufassung … insgesamt abzusehen“.
„Jedenfalls fehlt innerhalb des Ministeriums des Innern (…) das entsprechende Fachwissen.“ Dieser (selbstkritische?) Satz in der Stellungnahme der Landesregierung bezieht sich zwar auf den Paragraphen 3 zur Neuregelung des sorbischen/wendischen Siedlungsgebietes, trifft aber fast komplett auf alle Punkte der Stellungnahme zu. Es sei denn, die Landesregierung weiß doch, was sie tut, und will keine Verbesserung der Sorben/Wenden-Politik. Dass sie das Wesen von Minderheitenpolitik nicht erkannt hat, wird besonders deutlich, wenn sie empfiehlt, davon abzusehen, dass bei Eingliederungen von Gemeinden mit sorbischen/wendischen Ortsteilen, die dann größere Gemeinde zum sorbischen/wendischen Siedlungsgebiet gehören kann. Überhaupt scheint die Landesregierung zu befürchten, dass sich das Siedlungsgebiet erweitern könnte – und die Minderheit plötzlich noch mehr Kosten verursacht. Aber vielleicht haben zum Beispiel die Freienhufener gar nichts dagegen, wenn ihr Dorf als Ortsteil von Großräschen wieder wie vor 1937 Dobristroh (niedersorbisch Dobry Wotšow) heißen würde. Statt diese Möglichkeit als Ergebnis erfolgreicher Landespolitik auf dem Gebiet der Förderung des Sorbischen/Wendischen oder kluger Beschlüsse der Kommunen zu begrüßen, zählt die Stellungnahme in allen wesentlichen Punkten lediglich Bedenken auf.
Kassenlage, kommunale Spitzenverbände, Braunkohle usw. wiegen offenbar mehr. Man kann wohl davon ausgehen, dass die Landesregierung kein neues Gesetz will. Selbst eine Berichterstattung im Parlament – einmal innerhalb einer Legislaturperiode – über ihre Sorben/Wenden-Politik möchte die Landesregierung nicht und verweist dabei auf die ohnehin verpflichtende Berichterstattung im Rahmen der europäischen Sprachencharta und gegenüber dem Europarat zur Frage des Schutzes von autochthonen Minderheiten. Genau hier werden aber von den europäischen Instanzen immer wieder die gleichen Mängel in Hinblick auf die Brandenburgische Politik aufgelistet. Zynisch wird es, wenn vom bürokratischen Mehraufwand die Rede ist und zur Frage der Wahlinformationen im Kern festgestellt wird, ein „tatsächlicher Bedarf für die Neuregelung ist hier nicht ersichtlich“, weil bisher kein Sorbe/Wende danach gefragt hätte. Schließlich können doch alle Sorben/Wenden die deutschsprachigen Wahlinformationen lesen. Oder was ist gemeint?
Ich habe Verständnis dafür, dass eine Koalition, die Bildung und Soziales ganz weit oben in ihrem politischen Handeln sieht, als Wert an sich gesehen wird und deshalb in anderen Politikfeldern Kompromisse nötig sind. Trotzdem bin ich enttäuscht, dass DIE LINKE sich hier in einem Kernbereich ihrer bisherigen Politik auf faule Kompromisse einlässt und damit ihre erworbene Anerkennung in der Sorben/Wenden-Politik aufs Spiel setzt. Vor allem aber besteht die Gefahr, dass die Sache der Sorben/Wenden auf der Strecke bleibt. Und das kann ich nicht tolerieren.
Quelle: Dr. Gerd-Rüdiger Hoffmann (DIE LINKE, fraktionsloser Abgeordneter im Landtag Brandenburg)
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