Nein, die schieren Zahlen wären noch kein Qualitätsmerkmal – doch ist es in diesem Fall unbedingt so, dass jeder dieser Einzelwerte Teil einer grandiosen Konzertaufführung wurde:
150 Chor-Sängerinnen und -Sänger, zirka 30 Kinder, eine Orchesterbesetzung mit rund 70 Personen und 4 Gesangssolisten: Die Bühne ist also mit 250 Musikern sehr gut gefüllt – das Konzertzimmer (der typische Bühnenaufbau für klassische Konzerte) gerät an seine Grenzen.
Vor dem großen Ensemble – gebildet aus dem Philharmonischen Orchester, dem Opern-, Kinderchor und Solisten des Staatstheaters sowie dem Sinfonischen Chor der Singakademie Cottbus – steht Christian Möbius, der das Werk auch einstudierte und den Abend leitet. Bei den Chören erhielt er Unterstützung durch Norienne Olberg (Kinderchor) und Christian Georgi (Opernchor).
Was es zu hören gibt, ist ein Gänsehaut-Konzert im exzellenten Zusammenspiel aller Beteiligten, mit Einzelleistungen, die das Ganze nochmals steigern.
Ob Matthias Bleidorn, glänzend aufgelegt am ganzen Abend, mit einem besonderen iPunkt, seinem Gesangsduell mit dem Kinderchor. Der übrigens außerordentlich gut eingeübt war. Ob die neue Stimme im Bunde, Christian Henneberg, ein Zugang im Opernensemble, der im Klang hier schon Zeichen setzte und wohl auch im Ausdruck Einiges zu bieten hat. Dann Miss Teacher Inkley, Carola Fischer, und ihre Tres Conejos – einfach toll, wie sie die eher frechen Gören in Spanisch unterrichtet. – Und schließlich Debra Stanley, die in ihrer eigenen Sprache nochmals viel mehr von ihrem Können freisetzen kann: fabelhaft.
Sehr schöne Solopassagen gibt es auch aus dem Orchester heraus. Wir hören Konzertmeisterin Elena Soltan an der Geige, Frank Wiethaus (Cello), Cornelia Schmidt (Englisch Horn), Andrés Nebot (Trompete) und Antje Gräupner (Harfe).
Es ist ein wundervolles Werk dieses Liverpool Oratorium. Dessen Bezeichnung, mit dem verbindlich voranzustellenden Namen Paul McCartney, etwas in die Irre führt. Denn vom Beatle stammen zwar die Texte, musikalisch jedoch lediglich die Melodien. Die eigentliche Arbeit, daraus ein Werk für klassische Orchester zu machen, erledigte der amerikanische Dirigent Carl Davis. Tja – Urheberschaften richten sich teils auch nach Eitelkeit und Marketing.
Die Kombination aus McCartney Einfällen und Davis Arrangements bietet in Summe Klangbilder, die besonders sind von der einzelnen Stimme bis zum mächtigen Chor, vom Kinderlied zum Kirchenklang – mal fast Musical, mal etwas Folk, mal die ganze Wucht der klassischen Instrumente, mal Geige und Cello allein. Und jeder Moment davon gelingt Christian Möbius und seinen Künstlern äußerst eindrucksvoll.
Mein Tipp ist übrigens, die Handlung beiseite und die Musik wirken lassen. Nachlesen, was da inhaltlich passiert und warum, kann man im sehr guten Programmheft von Anne Sprenger. – Das heißt, nachlesen kann man es, wenn es weitere Vorstellungstermine gibt. Derzeit sind leider keine geplant, doch mit kräftiger Nachfrage lässt sich vielleicht etwas machen.
Den Besucherservice erreichen Sie unter Cottbus 78242424.
PAUL McCARTNEY (*1942)
Liverpool-Oratorio
Debra Stanley – Sopran
Carola Fischer – Alt
Matthias Bleidorn – Tenor
Christian Henneberg – Bariton
Opernchor des Staatstheaters Cottbus
Kinder- und Jugendchor des Staatstheaters Cottbus
Sinfonischer Chor der Singakademie Cottbus e. V.
Philharmonisches Orchester
Dirigent: Christian Möbius
Eine Veröffentlichung im Zusammenarbeit mit: Kulturmagazin “BLICKLICHT”, Cottbus-Lausitz, www.kultur-cottbus.de.
Foto: Marlies Kross