Ging es im letzten Teil um die mangelnde Finanzierung der Hochschulen in Brandenburg greift 4Ing nun verschiedene Argumente des Ministeriums auf, die angeblich für eine Fusion sprechen.
Vor dem Hintergrund der schwierigen Rahmenbedingungen in Brandenburg, insbesondere der schlechten finanziellen Ausstattung erkennen wir ein strukturelles Problem, das nicht nur die Hochschulstandorte in der Lausitz betrifft, sondern sich in an allen Hochschulstandorten auswirkt, wenn auch mit unterschiedlicher Intensität.
Verstärkt wird das Problem durch ein rein auf quantitativen Merkmalen gestütztes Mittelverteilungssystem, das eindeutig die Hochschulen in der Nähe Berlins bevorzugt, die ohne eigenes Zutun Studierende anziehen, und die weiterentfernten Standorte von vornherein benachteiligt.
Qualitative Parameter wie das günstige Abschneiden in Rankings, hohe Quote an ausländischen Studierenden, Forschungsleistungen etc. bleiben außen vor. Ein solches System eröffnet den Verdrängungswettbewerb zwischen den Hochschulstandorten und fördert gerade nicht die angemahnte Kooperation.
Der Doppelhaushalt 2013/2014 soll für den Wissenschaftsbereich 634 Millionen € betragen und somit zu einer nominalen Steigerung von 5,66 % gegenüber dem Doppelhaushalt 2011/12 mit 601 Millionen € führen. Tarifliche Steigerungen, erhöhte Verbrauchskosten, die jährlich steigende finanzielle Beteiligung an der Finanzierung der außeruniversitären Forschungseinrichtungen, welche die gemeinsame wissenschaftliche Konferenz festlegt, die Einrichtung neuer Studienangebote (Jüdische Studien) und die Auswirkungen des Bundesverfassungsgerichtsurteils vom 14.02.12
zur Amtsangemessenheit der W2-Besoldung sowie die Inflation werden die Steigerung aufzehren, so dass zur Problemlösung aus unserer Sicht kaum Mittel zur Verfügung stehen werden.
Wir verkennen die Folgen des demografischen Wandels nicht, die ein Flächenland wie Brandenburg in einen hoch besiedelten Raum um Berlin und weniger besiedelten Randgebieten teilen wird. Für Fachhochschulen, die eher regional rekrutieren, könnte sich der demografische Wandel dramatischer auswirken als für Universitäten, die neben dem regionalen Einzugsgebiet immer Studierende aus dem gesamten Bundesgebiet und auch dem Ausland anziehen.
Die Fokussierung auf die Themen „Energie“, „Umwelt“ und „Mensch“ und der Vorschlag für eine neue Struktur der Fakultäten sowie gemeinsame Einrichtungen der beiden Hochschulen in der Lausitz hat die Hochschulstrukturkommission von der Lausitzkommission vollständig übernommen. Ob z.B. durch die Aufspaltung der Elektrotechnik in zwei Fakultäten tatsächlich ein Mehrwert erzielt werden kann, ist vor dem Hintergrund der geringen Anzahl an Lehrstühlen zu bezweifeln. Schon jetzt ist die Vertretung des Fachs in seiner Breite, wie sie der Fakultätentag Elektro- und Informationstechnik bei der Aufnahme als Mitglied zwingend fordert, als kritisch anzusehen.
Neu eingebracht hat die Hochschulstrukturkommission die Zusammenfassung der beiden Hochschulen in der neuzugründenden Technische Universität Lausitz, die eine Holdingstruktur besitzen soll6. Diesen Vorschlag macht sich der Gesetzesentwurf zu Eigen.
Weder die Hochschulstrukturkommission noch der Gesetzesentwurf definieren, was unter dem Begriff Holding zu verstehen ist. Hochschulen (Universitäten und Fachhochschulen) sind landesunmittelbare Körperschaften des öffentlichen Rechts (KöR). Unter einer KöR versteht man eine mitgliedschaftlich verfasste und unabhängig vom Wechsel der Mitglieder bestehende Organisation, die ihre Rechtssubjektivität nicht der Privatautonomie, sondern einem Hoheitsakt verdankt. Ihre Verfassung ist öffentliches Recht und sie ist satzungsbefugt.
Eine Recherche zeigt, dass der Begriff „Holding“ aus dem Wirtschaftswirtschaftlichen Kontext stammt. Er steht für Holding-Gesellschaft/Dachgesellschaft oder Holding-Organisation und umschreibt keine eigenständige Rechtsform, sondern eine in der Praxis etablierte Organisationsform der Muttergesellschaft von verbundenen Unternehmen. Der Begriff Holding ist gesetzlich nicht definiert und wird daher auch in der Literatur nicht einheitlich verwendet.
Im Wirtschaftsleben verlieren die in einer Holding verbundenen Unternehmen gerade nicht Ihre Rechtspersönlichkeit, sondern bestehen als eigenständige Rechtssubjekte fort. Genau das will aber der Gesetzesentwurf nicht. In der Auflösung der beiden Hochschulen in der Lausitz und anschließender Neugründung der TU Lausitz Holding soll die Problemlösung liegen. Warum genau dieses Vorgehen die Lösung darstellt und zudem der einzige Weg für die Problembeseitigung sein soll, vermag der Gesetzesentwurf nicht zu erklären.
Es bleibt unverständlich, warum dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht Rechnung getragen wird und sofort die ultima ratio gewählt wird, wenn das Brandenburgische Hochschulgesetz auch weniger drakonische Wege ermöglicht, wie z.B. §73 zeigt, der ohne Gesetzesakt gemeinsame wissenschaftliche Einrichtungen und Betriebseinheiten zwischen Hochschulen ermöglicht.
Bemerkenswert ist auch, dass sich im Brandenburgischen Hochschulgesetz keine Regelung zur Ersatzvornahme findet, einer Regelung aus dem Bereich des Polizei und Ordnungsrechtes, wohl aber im Gesetzesentwurf (§ 19).
Der Zeitplan für die Umstrukturierung/Fusion ist mehr als ambitioniert, aber im Hinblick auf das Wahljahr 2014 zumindest erklärlich.
Es verwundert daher nicht, dass sich gegen das bisherige Vorgehen als auch den Gesetzesentwurf selbst massiver Widerstand regt. In der Lausitz hat sich eine Volksinitiative gebildet, die 40 000 Unterschriften gesammelt hat, und sich für den Erhalt der beiden Hochschulen in der Lausitz ausspricht.
Der Gesetzesentwurf will ein Fachhochschulangebot und ein universitäres miteinander vereinen sowie in den gemeinsamen Fakultäten verschränken.
Unabhängig vom Namen und der rechtlichen Struktur des neuen Gebildes ist dies keine neue Idee, sondern führte Anfang der 70er Jahre in NRW sowie Hessen zur Gründung von insgesamt 6 Gesamthochschulen, (Gesamthochschulen waren Duisburg, Essen, Paderborn, Siegen, Wuppertal (Sonderfall Fernuniversität Hagen) und Kassel). Da der Vorsitzende der Hochschulstrukturkommission der Gründungsrektor der Universität Gesamthochschule Paderborn war, ist er bestens mit diesem Modell vertraut.
Im nächsten Teil werden die geschaffenen Gesamthochschulen analysiert und Gründe aufgeführt, warum sie wieder in reine Universitäten überführt wurden.
Foto: Johannes Koziol
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