Von einigen wird er als DER Cottbuser Filmemacher gehyped. In den lokalen Medien wird derzeit viel über ihn berichtet. Wir kennen Erik Schiesko noch als Praktikanten des Kulturmagazins Blicklicht und wollten wissen, was dazwischen passiert ist. Wie kam es dazu, was hat es mit Crowdfunding auf sich und was erwartet uns in Zukunft? Getroffen haben wir ihn dazu im Artifex, einem offenen Atelier in der Friedrich-Ebert-Straße in Cottbus. Und auch das ist eine relativ neue Location.
Das Interview führte Daniel Häfner, Redakteur des Kulturmagazins Blicklicht.
Daniel: Jetzt haben wir uns hier in einem Haus in der Friedrich-Ebert-Straße getroffen – Artifex heißt es – was ist das hier?
Erik: Nun, ich hab früher gern gezeichnet und Graffitis gesprüht und wollte das als Ausgleich nach jahrelanger Pause wieder machen. Dann habe ich bei Facebook gesehen, dass die Malerin Eka Orba, die unten eine Malschule betreibt, offene Ateliers anbietet. Ich hatte mir eigentlich darunter vorgestellt, dass ich einmal die Woche zum Malen komme, danach meine Staffelei stehen lasse und mich wieder meinen anderen Sachen zuwenden kann.
Das habe ich aber falsch verstanden – sozusagen. Sie hat Kurse angeboten – ich wollte aber einfach nur malen. Daraufhin hat sie mir diese krassen Atelierräume gezeigt. Gerade dieses Haus, dieser ganze Komplex, bietet mit seinen freien Räumlichkeiten noch so viele Möglichkeiten. Eka war da ähnlich aufgestellt und so kam es, dass das Artifex gegründet wurde, sie hat das sozusagen organisatorisch begleitet. Wir haben jetzt ne Malschule, eine Glaskunstwerkstatt, ne Holzwerkstatt, Siebdrucker, einen Fotografen, wir haben vier Künstler im Atelier und ich habe hier mein Filmbüro.
Daniel: Eigentlich war es also ein Missverständnis das zur Gründung von Artifex geführt hat, habe ich das richtig verstanden?
Erik: Na kein Missverständnis sondern eher eine andere Vorstellung vom Begriff „offenes Atelier“. Und was es jetzt ist, ist das, was ich unter dem Begriff „offenes Atelier“ verstehe: Das mehrere junge Künstler einen Raum gemeinsam nutzen und kommen können, wann sie wollen, um dort ihre Kunst zu machen und sich austauschen.
Daniel: Gut, springen wir noch einmal zurück – wir sind uns ja nicht unbekannt. Wir haben uns kennengelernt, da hab ich ein Magazin mit redigiert – KONTUR MAG hieß das – ein jüngeres Magazin, ist auch schon ein bisschen länger her. Jetzt wirst du eigentlich immer gehyped als junger Filmemacher aus Cottbus – oder DER junge Filmemacher aus Cottbus. Was liegt denn da dazwischen? Kontur heißt es ja immer noch…
Erik: Ja genau, Konturmag war der Anfang. Das war noch die Zeit vor Myspace und Facebook, die Zeit in der man sich noch nicht so eng vernetzen konnte wie man das heutzutage macht. In der vor allem regionale Kunst, oder seine Bilder nicht so schnell andere Leute erreichten. Deswegen haben wir das KonturMagazin gegründet, bei dem es darum ging, dass kreative Leute ihre Sachen veröffentlichen konnten um sie anderen zu zeigen. Und das haben wir halt mit nem Kumpel – mit Alex – mit dem ich danach auch noch viele Projekte gemacht hab, quasi aus dem „Underground“ heraus gegründet. Das war aber nur ne ganz mini Auflage mit 200 Stück, für uns aber eine große und interessante Erfahrung.
Daniel: Ok, und dann gleich zum Film?
Erik: Na Filme habe ich eigentlich schon davor und währenddessen gedreht. So war damals schon klar, dass relativ schnell aus dem Konturmag das Konturprojekt wurde. Durch Unterstützung vom Blattwerke e.V. wir Robert Amat Kreft und Jens Pittasch haben wir dann eine sogenannte Youthbank gegründet, Partys gefeiert, z.B. die KonturKONZERTE organisiert. Und dann gabs eben auch noch Konturfilme. Für mich war`s damals schon klar, dass ich später Spielfilme machen möchte. Das war eigentlich schon immer mein Ziel.
Daniel: (lacht) Dann ist es aber ungewöhnlich, mit nem Magazin anzufangen.
Erik: Ähm-ja. Als Regisseur muss man sich aber in vielen Bereichen auskennen, wie zum Beispiel in Kamera-, Regie-, Schauspiel- und Schnittarbeit oder die einzelnen Bereiche wie Dramaturgie, Musikverständnis oder Marketing. Ich wusste, dass ich da erst einmal überall rein blicken muss um zu verstehen wie es funktioniert, um dann alles zu sammeln. Da war die Arbeit am Magazin ganz gut, da konnte ich Recherche betreiben und erfahren wie man ein Thema bearbeitet. Oder bei Youthbank ging es darum Finanzierungsmodelle zu verstehen. Ich hab dann auch über 3 Jahre Theater im Piccolo Theater Cottbus gespielt, um zu schauen wie ein Schauspieler denkt – wie man dann als Regisseur mit nem Schauspieler arbeiten würde. Das war schon so, dass alles die Vorarbeit im Hinblick auf die Regiearbeit war. Das möchte ich aber gern noch ausbauen, indem ich nochmal studiere oder eben auf Wanderschaft gehe.
Daniel: Gut, aber bevor wir in die Zukunft schauen, vielleicht da noch der Punkt: Holger und Hanna – das neue Projekt. Was ist das und was erwartet uns da?
Erik: Uns erwartet ein amüsanter, witziger, sicherlich auch nachdenklicher Film. Diesmal mit einer anderen Ausrichtung. Ich will nicht nur Subkultur oder eine spezielle Zielgruppe ins Kino holen, sondern es ist der Versuch, eine Geschichte hier in Cottbus umzusetzen, die möglicherweise auch über die Grenzen von Cottbus funktionieren kann.
Daniel: Aber was ist das? Wieder ein Coming of Age – Film, wie „Blaue Stunde“?
Erik: Naja, „Blaue Stunde“… coming of age – ich würde sagen der Film bediente eher ein Subgenre. Ein Jugendlicher, der depressiv ist und seine erste Liebe erlebt. Bei Holger und Hanna haben wir mehrere Themenaspekte. Die Geschichte basiert auf dem Theaterstück, „Holger und Hanna und der ganze kranke Rest“, welches hier im Piccolo Theater lief – und da geht’s um die Patchwork, Trennung, Scheidung, um Familie, Selbstfindung eines Jugendlichen, um Liebe in unterschiedlichen Situationen. Erzählt wird dass alles von Holger, der sich in ein Mädel verknallt, aber sich dessen Eltern trennen und sein Vater, als alter Sack sozusagen (lacht), mit dem Holgers Schwarm zusammenkommt. Und er natürlich alles tun muss um das wieder hinzubiegen. Das heißt, die Eltern wieder zusammenbringen, damit das Mädchen sich in ihn verliebt…
Daniel: Nun, das Ende wollen wir ja jetzt nicht schon verraten, aber schauen wir mal, ob es ein Hollywood-Ende gibt.
Erik: Nee, nee.
Daniel: Aha, Cottbuser Enden sind also anders als die in Hollywood.
Erik: Naja, ich kann auf jeden Fall verraten, dass das Ende… unvorhersehbar ist. Es ist ein anderes Ende als im Theaterstück. Ich bin sehr gespannt wie’s ankommt. Das ist ja immer die große Frage, ob die Idee, die lange Zeit des Machens, ob das die Zuschauer dann auch interessiert. Aber ich bin jetzt schon etwas stolz auf das was wir geschafft haben. Ich habe neulich in Tarantinos Django gesessen und da kam davor unser Trailer auf großer Leinwand im Weltspiegel. Das war schon cool. Wenn du selbst im Publikum sitzt und alle schauen mit dir gemeinsam den eigenen Trailer an und es heißt „Hä? War das grad Cottbus?“. Schon schön. Aber es ist ja nicht nur ein Projekt von mir allein.
Daniel: Genau – das wär die nächste Frage: Wer hat das mit gemacht?
Erik: Das ist grundsätzlich ein Gemeinschaftsprojekt von einem harten Kern aus vier Leuten: Von Clemens Schiesko meinem Bruder, der die anstrengende Kamera– und Schnittarbeit übernahm – ein sehr langwieriger Prozess. Dann sind da Matthias Heine und Maria Bock als Regieduo, die das Theaterstück zum Drehbuch umgeschrieben, mit den Schauspielern geprobt und den ganzen Film inszeniert haben. Zusammen mit Clemens sind sie wirklich komplett für das künstlerische Gewand des Projekts verantwortlich. Und ich bin diesmal derjenige, der schaut, dass das Projekt auf die Beine kommt, der leitet, organisiert, und zuständig ist, dass der Film im Kino läuft. Hinzukommen natürlich unsere lieben Schauspieler wie Florian Donath, Ruth-Maria Thomas, Kai Börner und Andrea Kulka und unsere Filmcrew, die vielen Helfer und Statisten bei den Dreharbeiten.
Daniel: Das heißt also seit dem Konturmag ist ziemlich viel Kenntnis an Projektmanagement dazugekommen.
Erik: Ja, deswegen heißt es ja auch Kontur-PROJEKT. Gerade für mich ist Projektmanagement mit seinen vielen Teilaspekten ein interessantes Thema. Ich hab ja auch noch ein bisschen was vor, nicht nur im Bereich Film sondern auch im Bereich soziales Engagement, Events, solche Sachen. Ich könnte mir später gut vorstellen, dass ich in ein paar Jahren nach einigen Filmen ein Startup daraus etabliere und eine Firma gründe, die es schafft nicht nur Gewinn orientiert zu arbeiten, sondern gleichsam soziales Engagement nicht nur in Form von Spenden, sondern in sozialer Projektarbeit zu wahren.
Daniel: Da sind wir auch schon bei einem anderen Thema: Fundraising. So heißt es ja heutzutage. Ressourcen organisieren, Geld vor allen Dingen. Auch noch ein neues Wort: Crowdfunding. Also ihr habt ein Projekt gestartet, wo viele Leute dazu beitragen, den Film oder besser gesagt die Promotion des Films zu finanzieren. Und ziemlich viele Leute sind ziemlich begeistert davon, dass es funktioniert hat.
Erik: Ach so? Ja?
Daniel: Ja, also das hab ich zu mindestens gehört. Weil das ja auch ein Beispiel sein kann, wie Kulturprojekte finanziert werden können. Aber wie seid ihr denn auf die Idee gekommen, oder was ist das genau?
Erik: Tja, Crowdfunding gibt’s seit vier, fünf Jahren und ist von Amerika herüber geschwappt. Da generiert es das fast mehr Umsatz als die Kulturförderung des Landes. Grundsätzlich geht’s bei Crowdfunding darum, wie du schon sagtest, dass mehrere Menschen über die Schwarmfinanzierung, also über kleinere Beiträge kreative, politische oder gemeinnützige Projekt vor- bzw. mitfinanzieren.
Ich selbst bin darauf über gute Projekte gekommen, die damit schon ordentlich Werbung gemacht haben. Und das ist auch das Wichtigste bei Crowdfunding: sich gut zu präsentieren und sein Projekt so transparent wie möglich zu gestalten. Also auch zu sagen, wie man das Geld ausgibt. Es gibt ganz viele Negativbeispiele, die nicht erfolgreich waren. Und es geht einher mit dem angebotenen Dankeschön. Dass die Leute auch eine Anerkennung, nen Mehrwert erhalten, wenn sie ein Projekt unterstützen ist Wichtig.
Daniel: Na, das kennt man aus dem Kapitalbereich: den „kulturellen Mehrwert“.
Erik: Naja, um noch mal was zu Crowdfunding zu erzählen – es war auch relativ schwierig das Projekt dort auf Startnext [Anm.: eine Crowdfundingplattform] einzustellen, denn es gibt mehrere Phasen, die man erreichen muss. Ich musste mein Projekt drei, viermal anpassen, um überhaupt erst die Finanzierungsphase zu erhalten. Jetzt bin ich glücklich dass alles hingehauen hat. Ich hatte etwas Angst, ob wir die 5000 Euro überhaupt im Ansatz erreichen. Schön ist es auch, dass wir quasi die ersten sind in Cottbus, die das gemacht haben. Bis auf Niederlausitz-aktuell.de die das in Forst und der Niederlausitz gemacht haben.
Daniel: Hmm, aber da hat’s ja nicht so richtig geklappt.
Erik: Ja, offiziell leider nicht. Intern weiß ich aber, dass ein Haufen Anfragen von Firmen und Personen kamen, die die Unterstützung nicht über die Plattform abwickeln wollten und damit das Projekt, wenn nicht offiziell, ein Erfolg für das Team war. Bei uns war das auch ähnlich. Der DGB, Adtower oder die Lausitzer Rundschau zum Beispiel haben uns als Sie davon Wind bekommen haben auch nebenbei gefördert, um nur Einige zu nennen. Interessant ist Crowdfunding ja vor allem für Privatpersonen.
Daniel: Jetzt hast du gesagt, im Wesentlichen hat das regional auch funktioniert mit der Unterstützung, oder sogar ziemlich gut funktioniert. Du bist jetzt in Cottbus groß geworden, hast hier deine Projekte gemacht, vom Praktikum, kleinen Magazinen und bist immer größer geworden – wird Cottbus irgendwann zu klein?
Erik: Ja, das Gefühl ist grad wirklich auch da. Das Problem ist nur, ich fühl’ mich sehr wohl in den Räumlichkeiten die ich hier gerade habe, auch mit meinem Umfeld. Aber ich merke, dass ich mich in einer gewissen Art von Stillstand befinde. Es dauert ja oft sehr lange so ein Projekt zu etablieren und oft kommt auch sehr viel Leerlauf rein.
Jetzt wär’ ja der nächste Schritt, entweder das was ich jetzt schaffe ewig weiterzumachen und immer größer und größer zu werden, bis ich dann wirklich tagtäglich früh auch zur Arbeit fahre und da meinen „Scheiß“ abarbeite… das kann ich aber mit meiner Vision nicht ganz vereinbaren. Ich würd’ gern nochmal das machen, was 18-19jährige grade machen, nach Australien fahren oder durch die Welt trampen. Ich habe das alles noch nicht erlebt, sondern mich seit meiner Schulzeit in Projekte geschmissen. Aber ich finde den Gedanken gut, so erlebe ich es derzeit auch bei einigen Leuten die nach Jahren wieder nach Cottbus kommen.
Daniel: … Also so etwas wie Gesellenjahre?
Erik: Ja genau, das kann ich mir vorstellen. Was eben auch Tischler machen, wenn sie 3 Jahre auf die Walz gehen. Ich würde es nicht ganz so lange machen, aber Ähnliches kann ich mir auch in der Kulturwirtschaft gut vorstellen. Dass man quasi durch die Lande zieht und bei Kreativfirmen anfragt, ob man für 1-3 Wochen dort arbeiten kann. Wegen mir gern auch für einen Hungerlohn oder nur was zu Essen und ‘ne Schlafmöglichkeit. Dann zieht man weiter. Ich bin der Meinung als Filmemacher und Regisseur braucht man Lebenserfahrungen, braucht Geschichten die man erzählen kann, braucht man so ein Menschenverständnis usw. Ja, das fehlt mir wohl noch etwas.
Daniel: Das heißt aber auch irgendwann zurückkommen.
Erik: Das ist die Frage. Cottbus ist ja so, zumindest am Tage, so ruhig, dass man… naja… wie soll mans sagen…also so – ist das schon ganz gut. Aber ich weiß nicht, ich kann mir auch vorstellen, im Norden an der Ostsee zu wohnen, weil ich die Ostsee mit seinen unterschiedlichen Erscheinungen sehr mag. Nur gerade gibt’s hier ja noch einiges zu tun.
Daniel: Ja – wir kriegen ja demnächst ‘nen Cottbuser Ostsee-vielleicht. Wenn es funktioniert – zieht’s dich wieder her.
Erik: Die zwanzig Jahre mag ich nicht warten. Oder vielleicht… ja, wenn in zwanzig Jahren der Ostsee da ist!
Daniel: Nun, das ist ja schon mal ein Deal. Aber was Konkretes – was kommt nach Holger und Hanna? Gut das ist jetzt bestimmt noch Stress, im März ist die Premiere im Weltspiegel.
Erik: … und dann wird das Projekt uns definitiv noch bis Ende des Jahres einnehmen, zumindest mich persönlich – da bin ich mir sicher. Weil wir nicht sofort starten, also mit einem Mal, sondern das kommt nacheinander. Nachdem die Premiere hier in Cottbus gelaufen ist wird der Film nacheinander in verschiedenen Kinos gezeigt, nicht gleichzeitig sondern Stück für Stück. Wir werden in Mecklenburg-Vorpommern ‘ne Rundreise machen durch kleinere Kinos, und sprechen nach dem Feedback der Cottbus-Premiere die Kinos in Deutschland an…
Daniel: Ok, du bist jetzt so mit dem Gemeinschaftsprojekt beschäftigt, dass noch nichts anderes in der Pipeline ist?
Erik: Vielleicht kann ich jetzt einfach noch nicht so wirklich viel erzählen dazu, eines nach dem andern. Es gibt aber ein kommendes Projekt, bei dem wir parallel am Stoff arbeiten, bei dem ich mich derzeit noch unregelmäßig mit einem Drehbuchschreiber aus Bautzen treffe, um einen Sorbenfilm auf die Beine zu stellen. Ich habe ja sorbische Wurzeln. Dummerweise kann ich die Sprache nicht sprechen, die Lebensart ist neben Zampern und Eierbemalen an mir vorbeigezogen. Idenditätsfindung zum einen, Heimatverlust, Traditionswahrung, Kohleförderung, diese Themen möchte ich neben einigen anderen aufgreifen, da es im Spielfilmbereich noch nicht hinreichend erzählt worden ist. Das kann dann auch politisch- und gesellschaftskritisch werden, wenn es sein muss.
Dort soll es sowieso mit den nächsten Filmen hingehen. Ich möchte zukünftig Filme drehen die Anecken und nicht nur zum Nachdenken über persönliche Strukturen anregen, sondern vor allem auch gesellschaftspolitische Diskurse ankurbeln.
Daniel: Ach, das wird schon noch, ich selbst bin ja Sympathiesorbe. Meinem Sorbischlehrer hatte ich mal gestanden, dass ich alles an Niedersorbisch vergessen hab, und er sagte dazu: „Wenn du alles vergessen hast, es zumindest aber mal gelernt hattest, dann bist du ein guter Sorbe!“ Also insofern kann das ja auch noch bei dir was werden. Hast du sonst noch irgendwas? Filmpremiere? Jetzt ist die Gelegenheit. Was willst du noch sagen?
Erik: Ich möchte mich bis hierher bei Maria, Clemens uns Heine, bei unserer Crew, unseren tollen Darstellern, sowie unseren zahlreichen Helfern und Unterstützern bedanken und lade alle ein, sich den Film ab dem 23. März im Weltspiegelkino anzusehen, damit wir es schaffen eine gute Startrampe zu bauen um den Film auch über die Grenzen von Cottbus hinaus auf die Leinwand zu bekommen. Und ich würd mich freuen, wenn sich bei unserem nächsten Projekt wieder viele Menschen dafür interessieren.
Daniel: Dann vielen Dank. Erik: Ich danke auch.
Das Interview wurde im Rahmen des EU-Projekts „Urban Creative Poles“ u.a. der BTU Cottbus gefördert.
Von einigen wird er als DER Cottbuser Filmemacher gehyped. In den lokalen Medien wird derzeit viel über ihn berichtet. Wir kennen Erik Schiesko noch als Praktikanten des Kulturmagazins Blicklicht und wollten wissen, was dazwischen passiert ist. Wie kam es dazu, was hat es mit Crowdfunding auf sich und was erwartet uns in Zukunft? Getroffen haben wir ihn dazu im Artifex, einem offenen Atelier in der Friedrich-Ebert-Straße in Cottbus. Und auch das ist eine relativ neue Location.
Das Interview führte Daniel Häfner, Redakteur des Kulturmagazins Blicklicht.
Daniel: Jetzt haben wir uns hier in einem Haus in der Friedrich-Ebert-Straße getroffen – Artifex heißt es – was ist das hier?
Erik: Nun, ich hab früher gern gezeichnet und Graffitis gesprüht und wollte das als Ausgleich nach jahrelanger Pause wieder machen. Dann habe ich bei Facebook gesehen, dass die Malerin Eka Orba, die unten eine Malschule betreibt, offene Ateliers anbietet. Ich hatte mir eigentlich darunter vorgestellt, dass ich einmal die Woche zum Malen komme, danach meine Staffelei stehen lasse und mich wieder meinen anderen Sachen zuwenden kann.
Das habe ich aber falsch verstanden – sozusagen. Sie hat Kurse angeboten – ich wollte aber einfach nur malen. Daraufhin hat sie mir diese krassen Atelierräume gezeigt. Gerade dieses Haus, dieser ganze Komplex, bietet mit seinen freien Räumlichkeiten noch so viele Möglichkeiten. Eka war da ähnlich aufgestellt und so kam es, dass das Artifex gegründet wurde, sie hat das sozusagen organisatorisch begleitet. Wir haben jetzt ne Malschule, eine Glaskunstwerkstatt, ne Holzwerkstatt, Siebdrucker, einen Fotografen, wir haben vier Künstler im Atelier und ich habe hier mein Filmbüro.
Daniel: Eigentlich war es also ein Missverständnis das zur Gründung von Artifex geführt hat, habe ich das richtig verstanden?
Erik: Na kein Missverständnis sondern eher eine andere Vorstellung vom Begriff „offenes Atelier“. Und was es jetzt ist, ist das, was ich unter dem Begriff „offenes Atelier“ verstehe: Das mehrere junge Künstler einen Raum gemeinsam nutzen und kommen können, wann sie wollen, um dort ihre Kunst zu machen und sich austauschen.
Daniel: Gut, springen wir noch einmal zurück – wir sind uns ja nicht unbekannt. Wir haben uns kennengelernt, da hab ich ein Magazin mit redigiert – KONTUR MAG hieß das – ein jüngeres Magazin, ist auch schon ein bisschen länger her. Jetzt wirst du eigentlich immer gehyped als junger Filmemacher aus Cottbus – oder DER junge Filmemacher aus Cottbus. Was liegt denn da dazwischen? Kontur heißt es ja immer noch…
Erik: Ja genau, Konturmag war der Anfang. Das war noch die Zeit vor Myspace und Facebook, die Zeit in der man sich noch nicht so eng vernetzen konnte wie man das heutzutage macht. In der vor allem regionale Kunst, oder seine Bilder nicht so schnell andere Leute erreichten. Deswegen haben wir das KonturMagazin gegründet, bei dem es darum ging, dass kreative Leute ihre Sachen veröffentlichen konnten um sie anderen zu zeigen. Und das haben wir halt mit nem Kumpel – mit Alex – mit dem ich danach auch noch viele Projekte gemacht hab, quasi aus dem „Underground“ heraus gegründet. Das war aber nur ne ganz mini Auflage mit 200 Stück, für uns aber eine große und interessante Erfahrung.
Daniel: Ok, und dann gleich zum Film?
Erik: Na Filme habe ich eigentlich schon davor und währenddessen gedreht. So war damals schon klar, dass relativ schnell aus dem Konturmag das Konturprojekt wurde. Durch Unterstützung vom Blattwerke e.V. wir Robert Amat Kreft und Jens Pittasch haben wir dann eine sogenannte Youthbank gegründet, Partys gefeiert, z.B. die KonturKONZERTE organisiert. Und dann gabs eben auch noch Konturfilme. Für mich war`s damals schon klar, dass ich später Spielfilme machen möchte. Das war eigentlich schon immer mein Ziel.
Daniel: (lacht) Dann ist es aber ungewöhnlich, mit nem Magazin anzufangen.
Erik: Ähm-ja. Als Regisseur muss man sich aber in vielen Bereichen auskennen, wie zum Beispiel in Kamera-, Regie-, Schauspiel- und Schnittarbeit oder die einzelnen Bereiche wie Dramaturgie, Musikverständnis oder Marketing. Ich wusste, dass ich da erst einmal überall rein blicken muss um zu verstehen wie es funktioniert, um dann alles zu sammeln. Da war die Arbeit am Magazin ganz gut, da konnte ich Recherche betreiben und erfahren wie man ein Thema bearbeitet. Oder bei Youthbank ging es darum Finanzierungsmodelle zu verstehen. Ich hab dann auch über 3 Jahre Theater im Piccolo Theater Cottbus gespielt, um zu schauen wie ein Schauspieler denkt – wie man dann als Regisseur mit nem Schauspieler arbeiten würde. Das war schon so, dass alles die Vorarbeit im Hinblick auf die Regiearbeit war. Das möchte ich aber gern noch ausbauen, indem ich nochmal studiere oder eben auf Wanderschaft gehe.
Daniel: Gut, aber bevor wir in die Zukunft schauen, vielleicht da noch der Punkt: Holger und Hanna – das neue Projekt. Was ist das und was erwartet uns da?
Erik: Uns erwartet ein amüsanter, witziger, sicherlich auch nachdenklicher Film. Diesmal mit einer anderen Ausrichtung. Ich will nicht nur Subkultur oder eine spezielle Zielgruppe ins Kino holen, sondern es ist der Versuch, eine Geschichte hier in Cottbus umzusetzen, die möglicherweise auch über die Grenzen von Cottbus funktionieren kann.
Daniel: Aber was ist das? Wieder ein Coming of Age – Film, wie „Blaue Stunde“?
Erik: Naja, „Blaue Stunde“… coming of age – ich würde sagen der Film bediente eher ein Subgenre. Ein Jugendlicher, der depressiv ist und seine erste Liebe erlebt. Bei Holger und Hanna haben wir mehrere Themenaspekte. Die Geschichte basiert auf dem Theaterstück, „Holger und Hanna und der ganze kranke Rest“, welches hier im Piccolo Theater lief – und da geht’s um die Patchwork, Trennung, Scheidung, um Familie, Selbstfindung eines Jugendlichen, um Liebe in unterschiedlichen Situationen. Erzählt wird dass alles von Holger, der sich in ein Mädel verknallt, aber sich dessen Eltern trennen und sein Vater, als alter Sack sozusagen (lacht), mit dem Holgers Schwarm zusammenkommt. Und er natürlich alles tun muss um das wieder hinzubiegen. Das heißt, die Eltern wieder zusammenbringen, damit das Mädchen sich in ihn verliebt…
Daniel: Nun, das Ende wollen wir ja jetzt nicht schon verraten, aber schauen wir mal, ob es ein Hollywood-Ende gibt.
Erik: Nee, nee.
Daniel: Aha, Cottbuser Enden sind also anders als die in Hollywood.
Erik: Naja, ich kann auf jeden Fall verraten, dass das Ende… unvorhersehbar ist. Es ist ein anderes Ende als im Theaterstück. Ich bin sehr gespannt wie’s ankommt. Das ist ja immer die große Frage, ob die Idee, die lange Zeit des Machens, ob das die Zuschauer dann auch interessiert. Aber ich bin jetzt schon etwas stolz auf das was wir geschafft haben. Ich habe neulich in Tarantinos Django gesessen und da kam davor unser Trailer auf großer Leinwand im Weltspiegel. Das war schon cool. Wenn du selbst im Publikum sitzt und alle schauen mit dir gemeinsam den eigenen Trailer an und es heißt „Hä? War das grad Cottbus?“. Schon schön. Aber es ist ja nicht nur ein Projekt von mir allein.
Daniel: Genau – das wär die nächste Frage: Wer hat das mit gemacht?
Erik: Das ist grundsätzlich ein Gemeinschaftsprojekt von einem harten Kern aus vier Leuten: Von Clemens Schiesko meinem Bruder, der die anstrengende Kamera– und Schnittarbeit übernahm – ein sehr langwieriger Prozess. Dann sind da Matthias Heine und Maria Bock als Regieduo, die das Theaterstück zum Drehbuch umgeschrieben, mit den Schauspielern geprobt und den ganzen Film inszeniert haben. Zusammen mit Clemens sind sie wirklich komplett für das künstlerische Gewand des Projekts verantwortlich. Und ich bin diesmal derjenige, der schaut, dass das Projekt auf die Beine kommt, der leitet, organisiert, und zuständig ist, dass der Film im Kino läuft. Hinzukommen natürlich unsere lieben Schauspieler wie Florian Donath, Ruth-Maria Thomas, Kai Börner und Andrea Kulka und unsere Filmcrew, die vielen Helfer und Statisten bei den Dreharbeiten.
Daniel: Das heißt also seit dem Konturmag ist ziemlich viel Kenntnis an Projektmanagement dazugekommen.
Erik: Ja, deswegen heißt es ja auch Kontur-PROJEKT. Gerade für mich ist Projektmanagement mit seinen vielen Teilaspekten ein interessantes Thema. Ich hab ja auch noch ein bisschen was vor, nicht nur im Bereich Film sondern auch im Bereich soziales Engagement, Events, solche Sachen. Ich könnte mir später gut vorstellen, dass ich in ein paar Jahren nach einigen Filmen ein Startup daraus etabliere und eine Firma gründe, die es schafft nicht nur Gewinn orientiert zu arbeiten, sondern gleichsam soziales Engagement nicht nur in Form von Spenden, sondern in sozialer Projektarbeit zu wahren.
Daniel: Da sind wir auch schon bei einem anderen Thema: Fundraising. So heißt es ja heutzutage. Ressourcen organisieren, Geld vor allen Dingen. Auch noch ein neues Wort: Crowdfunding. Also ihr habt ein Projekt gestartet, wo viele Leute dazu beitragen, den Film oder besser gesagt die Promotion des Films zu finanzieren. Und ziemlich viele Leute sind ziemlich begeistert davon, dass es funktioniert hat.
Erik: Ach so? Ja?
Daniel: Ja, also das hab ich zu mindestens gehört. Weil das ja auch ein Beispiel sein kann, wie Kulturprojekte finanziert werden können. Aber wie seid ihr denn auf die Idee gekommen, oder was ist das genau?
Erik: Tja, Crowdfunding gibt’s seit vier, fünf Jahren und ist von Amerika herüber geschwappt. Da generiert es das fast mehr Umsatz als die Kulturförderung des Landes. Grundsätzlich geht’s bei Crowdfunding darum, wie du schon sagtest, dass mehrere Menschen über die Schwarmfinanzierung, also über kleinere Beiträge kreative, politische oder gemeinnützige Projekt vor- bzw. mitfinanzieren.
Ich selbst bin darauf über gute Projekte gekommen, die damit schon ordentlich Werbung gemacht haben. Und das ist auch das Wichtigste bei Crowdfunding: sich gut zu präsentieren und sein Projekt so transparent wie möglich zu gestalten. Also auch zu sagen, wie man das Geld ausgibt. Es gibt ganz viele Negativbeispiele, die nicht erfolgreich waren. Und es geht einher mit dem angebotenen Dankeschön. Dass die Leute auch eine Anerkennung, nen Mehrwert erhalten, wenn sie ein Projekt unterstützen ist Wichtig.
Daniel: Na, das kennt man aus dem Kapitalbereich: den „kulturellen Mehrwert“.
Erik: Naja, um noch mal was zu Crowdfunding zu erzählen – es war auch relativ schwierig das Projekt dort auf Startnext [Anm.: eine Crowdfundingplattform] einzustellen, denn es gibt mehrere Phasen, die man erreichen muss. Ich musste mein Projekt drei, viermal anpassen, um überhaupt erst die Finanzierungsphase zu erhalten. Jetzt bin ich glücklich dass alles hingehauen hat. Ich hatte etwas Angst, ob wir die 5000 Euro überhaupt im Ansatz erreichen. Schön ist es auch, dass wir quasi die ersten sind in Cottbus, die das gemacht haben. Bis auf Niederlausitz-aktuell.de die das in Forst und der Niederlausitz gemacht haben.
Daniel: Hmm, aber da hat’s ja nicht so richtig geklappt.
Erik: Ja, offiziell leider nicht. Intern weiß ich aber, dass ein Haufen Anfragen von Firmen und Personen kamen, die die Unterstützung nicht über die Plattform abwickeln wollten und damit das Projekt, wenn nicht offiziell, ein Erfolg für das Team war. Bei uns war das auch ähnlich. Der DGB, Adtower oder die Lausitzer Rundschau zum Beispiel haben uns als Sie davon Wind bekommen haben auch nebenbei gefördert, um nur Einige zu nennen. Interessant ist Crowdfunding ja vor allem für Privatpersonen.
Daniel: Jetzt hast du gesagt, im Wesentlichen hat das regional auch funktioniert mit der Unterstützung, oder sogar ziemlich gut funktioniert. Du bist jetzt in Cottbus groß geworden, hast hier deine Projekte gemacht, vom Praktikum, kleinen Magazinen und bist immer größer geworden – wird Cottbus irgendwann zu klein?
Erik: Ja, das Gefühl ist grad wirklich auch da. Das Problem ist nur, ich fühl’ mich sehr wohl in den Räumlichkeiten die ich hier gerade habe, auch mit meinem Umfeld. Aber ich merke, dass ich mich in einer gewissen Art von Stillstand befinde. Es dauert ja oft sehr lange so ein Projekt zu etablieren und oft kommt auch sehr viel Leerlauf rein.
Jetzt wär’ ja der nächste Schritt, entweder das was ich jetzt schaffe ewig weiterzumachen und immer größer und größer zu werden, bis ich dann wirklich tagtäglich früh auch zur Arbeit fahre und da meinen „Scheiß“ abarbeite… das kann ich aber mit meiner Vision nicht ganz vereinbaren. Ich würd’ gern nochmal das machen, was 18-19jährige grade machen, nach Australien fahren oder durch die Welt trampen. Ich habe das alles noch nicht erlebt, sondern mich seit meiner Schulzeit in Projekte geschmissen. Aber ich finde den Gedanken gut, so erlebe ich es derzeit auch bei einigen Leuten die nach Jahren wieder nach Cottbus kommen.
Daniel: … Also so etwas wie Gesellenjahre?
Erik: Ja genau, das kann ich mir vorstellen. Was eben auch Tischler machen, wenn sie 3 Jahre auf die Walz gehen. Ich würde es nicht ganz so lange machen, aber Ähnliches kann ich mir auch in der Kulturwirtschaft gut vorstellen. Dass man quasi durch die Lande zieht und bei Kreativfirmen anfragt, ob man für 1-3 Wochen dort arbeiten kann. Wegen mir gern auch für einen Hungerlohn oder nur was zu Essen und ‘ne Schlafmöglichkeit. Dann zieht man weiter. Ich bin der Meinung als Filmemacher und Regisseur braucht man Lebenserfahrungen, braucht Geschichten die man erzählen kann, braucht man so ein Menschenverständnis usw. Ja, das fehlt mir wohl noch etwas.
Daniel: Das heißt aber auch irgendwann zurückkommen.
Erik: Das ist die Frage. Cottbus ist ja so, zumindest am Tage, so ruhig, dass man… naja… wie soll mans sagen…also so – ist das schon ganz gut. Aber ich weiß nicht, ich kann mir auch vorstellen, im Norden an der Ostsee zu wohnen, weil ich die Ostsee mit seinen unterschiedlichen Erscheinungen sehr mag. Nur gerade gibt’s hier ja noch einiges zu tun.
Daniel: Ja – wir kriegen ja demnächst ‘nen Cottbuser Ostsee-vielleicht. Wenn es funktioniert – zieht’s dich wieder her.
Erik: Die zwanzig Jahre mag ich nicht warten. Oder vielleicht… ja, wenn in zwanzig Jahren der Ostsee da ist!
Daniel: Nun, das ist ja schon mal ein Deal. Aber was Konkretes – was kommt nach Holger und Hanna? Gut das ist jetzt bestimmt noch Stress, im März ist die Premiere im Weltspiegel.
Erik: … und dann wird das Projekt uns definitiv noch bis Ende des Jahres einnehmen, zumindest mich persönlich – da bin ich mir sicher. Weil wir nicht sofort starten, also mit einem Mal, sondern das kommt nacheinander. Nachdem die Premiere hier in Cottbus gelaufen ist wird der Film nacheinander in verschiedenen Kinos gezeigt, nicht gleichzeitig sondern Stück für Stück. Wir werden in Mecklenburg-Vorpommern ‘ne Rundreise machen durch kleinere Kinos, und sprechen nach dem Feedback der Cottbus-Premiere die Kinos in Deutschland an…
Daniel: Ok, du bist jetzt so mit dem Gemeinschaftsprojekt beschäftigt, dass noch nichts anderes in der Pipeline ist?
Erik: Vielleicht kann ich jetzt einfach noch nicht so wirklich viel erzählen dazu, eines nach dem andern. Es gibt aber ein kommendes Projekt, bei dem wir parallel am Stoff arbeiten, bei dem ich mich derzeit noch unregelmäßig mit einem Drehbuchschreiber aus Bautzen treffe, um einen Sorbenfilm auf die Beine zu stellen. Ich habe ja sorbische Wurzeln. Dummerweise kann ich die Sprache nicht sprechen, die Lebensart ist neben Zampern und Eierbemalen an mir vorbeigezogen. Idenditätsfindung zum einen, Heimatverlust, Traditionswahrung, Kohleförderung, diese Themen möchte ich neben einigen anderen aufgreifen, da es im Spielfilmbereich noch nicht hinreichend erzählt worden ist. Das kann dann auch politisch- und gesellschaftskritisch werden, wenn es sein muss.
Dort soll es sowieso mit den nächsten Filmen hingehen. Ich möchte zukünftig Filme drehen die Anecken und nicht nur zum Nachdenken über persönliche Strukturen anregen, sondern vor allem auch gesellschaftspolitische Diskurse ankurbeln.
Daniel: Ach, das wird schon noch, ich selbst bin ja Sympathiesorbe. Meinem Sorbischlehrer hatte ich mal gestanden, dass ich alles an Niedersorbisch vergessen hab, und er sagte dazu: „Wenn du alles vergessen hast, es zumindest aber mal gelernt hattest, dann bist du ein guter Sorbe!“ Also insofern kann das ja auch noch bei dir was werden. Hast du sonst noch irgendwas? Filmpremiere? Jetzt ist die Gelegenheit. Was willst du noch sagen?
Erik: Ich möchte mich bis hierher bei Maria, Clemens uns Heine, bei unserer Crew, unseren tollen Darstellern, sowie unseren zahlreichen Helfern und Unterstützern bedanken und lade alle ein, sich den Film ab dem 23. März im Weltspiegelkino anzusehen, damit wir es schaffen eine gute Startrampe zu bauen um den Film auch über die Grenzen von Cottbus hinaus auf die Leinwand zu bekommen. Und ich würd mich freuen, wenn sich bei unserem nächsten Projekt wieder viele Menschen dafür interessieren.
Daniel: Dann vielen Dank. Erik: Ich danke auch.
Das Interview wurde im Rahmen des EU-Projekts „Urban Creative Poles“ u.a. der BTU Cottbus gefördert.
Von einigen wird er als DER Cottbuser Filmemacher gehyped. In den lokalen Medien wird derzeit viel über ihn berichtet. Wir kennen Erik Schiesko noch als Praktikanten des Kulturmagazins Blicklicht und wollten wissen, was dazwischen passiert ist. Wie kam es dazu, was hat es mit Crowdfunding auf sich und was erwartet uns in Zukunft? Getroffen haben wir ihn dazu im Artifex, einem offenen Atelier in der Friedrich-Ebert-Straße in Cottbus. Und auch das ist eine relativ neue Location.
Das Interview führte Daniel Häfner, Redakteur des Kulturmagazins Blicklicht.
Daniel: Jetzt haben wir uns hier in einem Haus in der Friedrich-Ebert-Straße getroffen – Artifex heißt es – was ist das hier?
Erik: Nun, ich hab früher gern gezeichnet und Graffitis gesprüht und wollte das als Ausgleich nach jahrelanger Pause wieder machen. Dann habe ich bei Facebook gesehen, dass die Malerin Eka Orba, die unten eine Malschule betreibt, offene Ateliers anbietet. Ich hatte mir eigentlich darunter vorgestellt, dass ich einmal die Woche zum Malen komme, danach meine Staffelei stehen lasse und mich wieder meinen anderen Sachen zuwenden kann.
Das habe ich aber falsch verstanden – sozusagen. Sie hat Kurse angeboten – ich wollte aber einfach nur malen. Daraufhin hat sie mir diese krassen Atelierräume gezeigt. Gerade dieses Haus, dieser ganze Komplex, bietet mit seinen freien Räumlichkeiten noch so viele Möglichkeiten. Eka war da ähnlich aufgestellt und so kam es, dass das Artifex gegründet wurde, sie hat das sozusagen organisatorisch begleitet. Wir haben jetzt ne Malschule, eine Glaskunstwerkstatt, ne Holzwerkstatt, Siebdrucker, einen Fotografen, wir haben vier Künstler im Atelier und ich habe hier mein Filmbüro.
Daniel: Eigentlich war es also ein Missverständnis das zur Gründung von Artifex geführt hat, habe ich das richtig verstanden?
Erik: Na kein Missverständnis sondern eher eine andere Vorstellung vom Begriff „offenes Atelier“. Und was es jetzt ist, ist das, was ich unter dem Begriff „offenes Atelier“ verstehe: Das mehrere junge Künstler einen Raum gemeinsam nutzen und kommen können, wann sie wollen, um dort ihre Kunst zu machen und sich austauschen.
Daniel: Gut, springen wir noch einmal zurück – wir sind uns ja nicht unbekannt. Wir haben uns kennengelernt, da hab ich ein Magazin mit redigiert – KONTUR MAG hieß das – ein jüngeres Magazin, ist auch schon ein bisschen länger her. Jetzt wirst du eigentlich immer gehyped als junger Filmemacher aus Cottbus – oder DER junge Filmemacher aus Cottbus. Was liegt denn da dazwischen? Kontur heißt es ja immer noch…
Erik: Ja genau, Konturmag war der Anfang. Das war noch die Zeit vor Myspace und Facebook, die Zeit in der man sich noch nicht so eng vernetzen konnte wie man das heutzutage macht. In der vor allem regionale Kunst, oder seine Bilder nicht so schnell andere Leute erreichten. Deswegen haben wir das KonturMagazin gegründet, bei dem es darum ging, dass kreative Leute ihre Sachen veröffentlichen konnten um sie anderen zu zeigen. Und das haben wir halt mit nem Kumpel – mit Alex – mit dem ich danach auch noch viele Projekte gemacht hab, quasi aus dem „Underground“ heraus gegründet. Das war aber nur ne ganz mini Auflage mit 200 Stück, für uns aber eine große und interessante Erfahrung.
Daniel: Ok, und dann gleich zum Film?
Erik: Na Filme habe ich eigentlich schon davor und währenddessen gedreht. So war damals schon klar, dass relativ schnell aus dem Konturmag das Konturprojekt wurde. Durch Unterstützung vom Blattwerke e.V. wir Robert Amat Kreft und Jens Pittasch haben wir dann eine sogenannte Youthbank gegründet, Partys gefeiert, z.B. die KonturKONZERTE organisiert. Und dann gabs eben auch noch Konturfilme. Für mich war`s damals schon klar, dass ich später Spielfilme machen möchte. Das war eigentlich schon immer mein Ziel.
Daniel: (lacht) Dann ist es aber ungewöhnlich, mit nem Magazin anzufangen.
Erik: Ähm-ja. Als Regisseur muss man sich aber in vielen Bereichen auskennen, wie zum Beispiel in Kamera-, Regie-, Schauspiel- und Schnittarbeit oder die einzelnen Bereiche wie Dramaturgie, Musikverständnis oder Marketing. Ich wusste, dass ich da erst einmal überall rein blicken muss um zu verstehen wie es funktioniert, um dann alles zu sammeln. Da war die Arbeit am Magazin ganz gut, da konnte ich Recherche betreiben und erfahren wie man ein Thema bearbeitet. Oder bei Youthbank ging es darum Finanzierungsmodelle zu verstehen. Ich hab dann auch über 3 Jahre Theater im Piccolo Theater Cottbus gespielt, um zu schauen wie ein Schauspieler denkt – wie man dann als Regisseur mit nem Schauspieler arbeiten würde. Das war schon so, dass alles die Vorarbeit im Hinblick auf die Regiearbeit war. Das möchte ich aber gern noch ausbauen, indem ich nochmal studiere oder eben auf Wanderschaft gehe.
Daniel: Gut, aber bevor wir in die Zukunft schauen, vielleicht da noch der Punkt: Holger und Hanna – das neue Projekt. Was ist das und was erwartet uns da?
Erik: Uns erwartet ein amüsanter, witziger, sicherlich auch nachdenklicher Film. Diesmal mit einer anderen Ausrichtung. Ich will nicht nur Subkultur oder eine spezielle Zielgruppe ins Kino holen, sondern es ist der Versuch, eine Geschichte hier in Cottbus umzusetzen, die möglicherweise auch über die Grenzen von Cottbus funktionieren kann.
Daniel: Aber was ist das? Wieder ein Coming of Age – Film, wie „Blaue Stunde“?
Erik: Naja, „Blaue Stunde“… coming of age – ich würde sagen der Film bediente eher ein Subgenre. Ein Jugendlicher, der depressiv ist und seine erste Liebe erlebt. Bei Holger und Hanna haben wir mehrere Themenaspekte. Die Geschichte basiert auf dem Theaterstück, „Holger und Hanna und der ganze kranke Rest“, welches hier im Piccolo Theater lief – und da geht’s um die Patchwork, Trennung, Scheidung, um Familie, Selbstfindung eines Jugendlichen, um Liebe in unterschiedlichen Situationen. Erzählt wird dass alles von Holger, der sich in ein Mädel verknallt, aber sich dessen Eltern trennen und sein Vater, als alter Sack sozusagen (lacht), mit dem Holgers Schwarm zusammenkommt. Und er natürlich alles tun muss um das wieder hinzubiegen. Das heißt, die Eltern wieder zusammenbringen, damit das Mädchen sich in ihn verliebt…
Daniel: Nun, das Ende wollen wir ja jetzt nicht schon verraten, aber schauen wir mal, ob es ein Hollywood-Ende gibt.
Erik: Nee, nee.
Daniel: Aha, Cottbuser Enden sind also anders als die in Hollywood.
Erik: Naja, ich kann auf jeden Fall verraten, dass das Ende… unvorhersehbar ist. Es ist ein anderes Ende als im Theaterstück. Ich bin sehr gespannt wie’s ankommt. Das ist ja immer die große Frage, ob die Idee, die lange Zeit des Machens, ob das die Zuschauer dann auch interessiert. Aber ich bin jetzt schon etwas stolz auf das was wir geschafft haben. Ich habe neulich in Tarantinos Django gesessen und da kam davor unser Trailer auf großer Leinwand im Weltspiegel. Das war schon cool. Wenn du selbst im Publikum sitzt und alle schauen mit dir gemeinsam den eigenen Trailer an und es heißt „Hä? War das grad Cottbus?“. Schon schön. Aber es ist ja nicht nur ein Projekt von mir allein.
Daniel: Genau – das wär die nächste Frage: Wer hat das mit gemacht?
Erik: Das ist grundsätzlich ein Gemeinschaftsprojekt von einem harten Kern aus vier Leuten: Von Clemens Schiesko meinem Bruder, der die anstrengende Kamera– und Schnittarbeit übernahm – ein sehr langwieriger Prozess. Dann sind da Matthias Heine und Maria Bock als Regieduo, die das Theaterstück zum Drehbuch umgeschrieben, mit den Schauspielern geprobt und den ganzen Film inszeniert haben. Zusammen mit Clemens sind sie wirklich komplett für das künstlerische Gewand des Projekts verantwortlich. Und ich bin diesmal derjenige, der schaut, dass das Projekt auf die Beine kommt, der leitet, organisiert, und zuständig ist, dass der Film im Kino läuft. Hinzukommen natürlich unsere lieben Schauspieler wie Florian Donath, Ruth-Maria Thomas, Kai Börner und Andrea Kulka und unsere Filmcrew, die vielen Helfer und Statisten bei den Dreharbeiten.
Daniel: Das heißt also seit dem Konturmag ist ziemlich viel Kenntnis an Projektmanagement dazugekommen.
Erik: Ja, deswegen heißt es ja auch Kontur-PROJEKT. Gerade für mich ist Projektmanagement mit seinen vielen Teilaspekten ein interessantes Thema. Ich hab ja auch noch ein bisschen was vor, nicht nur im Bereich Film sondern auch im Bereich soziales Engagement, Events, solche Sachen. Ich könnte mir später gut vorstellen, dass ich in ein paar Jahren nach einigen Filmen ein Startup daraus etabliere und eine Firma gründe, die es schafft nicht nur Gewinn orientiert zu arbeiten, sondern gleichsam soziales Engagement nicht nur in Form von Spenden, sondern in sozialer Projektarbeit zu wahren.
Daniel: Da sind wir auch schon bei einem anderen Thema: Fundraising. So heißt es ja heutzutage. Ressourcen organisieren, Geld vor allen Dingen. Auch noch ein neues Wort: Crowdfunding. Also ihr habt ein Projekt gestartet, wo viele Leute dazu beitragen, den Film oder besser gesagt die Promotion des Films zu finanzieren. Und ziemlich viele Leute sind ziemlich begeistert davon, dass es funktioniert hat.
Erik: Ach so? Ja?
Daniel: Ja, also das hab ich zu mindestens gehört. Weil das ja auch ein Beispiel sein kann, wie Kulturprojekte finanziert werden können. Aber wie seid ihr denn auf die Idee gekommen, oder was ist das genau?
Erik: Tja, Crowdfunding gibt’s seit vier, fünf Jahren und ist von Amerika herüber geschwappt. Da generiert es das fast mehr Umsatz als die Kulturförderung des Landes. Grundsätzlich geht’s bei Crowdfunding darum, wie du schon sagtest, dass mehrere Menschen über die Schwarmfinanzierung, also über kleinere Beiträge kreative, politische oder gemeinnützige Projekt vor- bzw. mitfinanzieren.
Ich selbst bin darauf über gute Projekte gekommen, die damit schon ordentlich Werbung gemacht haben. Und das ist auch das Wichtigste bei Crowdfunding: sich gut zu präsentieren und sein Projekt so transparent wie möglich zu gestalten. Also auch zu sagen, wie man das Geld ausgibt. Es gibt ganz viele Negativbeispiele, die nicht erfolgreich waren. Und es geht einher mit dem angebotenen Dankeschön. Dass die Leute auch eine Anerkennung, nen Mehrwert erhalten, wenn sie ein Projekt unterstützen ist Wichtig.
Daniel: Na, das kennt man aus dem Kapitalbereich: den „kulturellen Mehrwert“.
Erik: Naja, um noch mal was zu Crowdfunding zu erzählen – es war auch relativ schwierig das Projekt dort auf Startnext [Anm.: eine Crowdfundingplattform] einzustellen, denn es gibt mehrere Phasen, die man erreichen muss. Ich musste mein Projekt drei, viermal anpassen, um überhaupt erst die Finanzierungsphase zu erhalten. Jetzt bin ich glücklich dass alles hingehauen hat. Ich hatte etwas Angst, ob wir die 5000 Euro überhaupt im Ansatz erreichen. Schön ist es auch, dass wir quasi die ersten sind in Cottbus, die das gemacht haben. Bis auf Niederlausitz-aktuell.de die das in Forst und der Niederlausitz gemacht haben.
Daniel: Hmm, aber da hat’s ja nicht so richtig geklappt.
Erik: Ja, offiziell leider nicht. Intern weiß ich aber, dass ein Haufen Anfragen von Firmen und Personen kamen, die die Unterstützung nicht über die Plattform abwickeln wollten und damit das Projekt, wenn nicht offiziell, ein Erfolg für das Team war. Bei uns war das auch ähnlich. Der DGB, Adtower oder die Lausitzer Rundschau zum Beispiel haben uns als Sie davon Wind bekommen haben auch nebenbei gefördert, um nur Einige zu nennen. Interessant ist Crowdfunding ja vor allem für Privatpersonen.
Daniel: Jetzt hast du gesagt, im Wesentlichen hat das regional auch funktioniert mit der Unterstützung, oder sogar ziemlich gut funktioniert. Du bist jetzt in Cottbus groß geworden, hast hier deine Projekte gemacht, vom Praktikum, kleinen Magazinen und bist immer größer geworden – wird Cottbus irgendwann zu klein?
Erik: Ja, das Gefühl ist grad wirklich auch da. Das Problem ist nur, ich fühl’ mich sehr wohl in den Räumlichkeiten die ich hier gerade habe, auch mit meinem Umfeld. Aber ich merke, dass ich mich in einer gewissen Art von Stillstand befinde. Es dauert ja oft sehr lange so ein Projekt zu etablieren und oft kommt auch sehr viel Leerlauf rein.
Jetzt wär’ ja der nächste Schritt, entweder das was ich jetzt schaffe ewig weiterzumachen und immer größer und größer zu werden, bis ich dann wirklich tagtäglich früh auch zur Arbeit fahre und da meinen „Scheiß“ abarbeite… das kann ich aber mit meiner Vision nicht ganz vereinbaren. Ich würd’ gern nochmal das machen, was 18-19jährige grade machen, nach Australien fahren oder durch die Welt trampen. Ich habe das alles noch nicht erlebt, sondern mich seit meiner Schulzeit in Projekte geschmissen. Aber ich finde den Gedanken gut, so erlebe ich es derzeit auch bei einigen Leuten die nach Jahren wieder nach Cottbus kommen.
Daniel: … Also so etwas wie Gesellenjahre?
Erik: Ja genau, das kann ich mir vorstellen. Was eben auch Tischler machen, wenn sie 3 Jahre auf die Walz gehen. Ich würde es nicht ganz so lange machen, aber Ähnliches kann ich mir auch in der Kulturwirtschaft gut vorstellen. Dass man quasi durch die Lande zieht und bei Kreativfirmen anfragt, ob man für 1-3 Wochen dort arbeiten kann. Wegen mir gern auch für einen Hungerlohn oder nur was zu Essen und ‘ne Schlafmöglichkeit. Dann zieht man weiter. Ich bin der Meinung als Filmemacher und Regisseur braucht man Lebenserfahrungen, braucht Geschichten die man erzählen kann, braucht man so ein Menschenverständnis usw. Ja, das fehlt mir wohl noch etwas.
Daniel: Das heißt aber auch irgendwann zurückkommen.
Erik: Das ist die Frage. Cottbus ist ja so, zumindest am Tage, so ruhig, dass man… naja… wie soll mans sagen…also so – ist das schon ganz gut. Aber ich weiß nicht, ich kann mir auch vorstellen, im Norden an der Ostsee zu wohnen, weil ich die Ostsee mit seinen unterschiedlichen Erscheinungen sehr mag. Nur gerade gibt’s hier ja noch einiges zu tun.
Daniel: Ja – wir kriegen ja demnächst ‘nen Cottbuser Ostsee-vielleicht. Wenn es funktioniert – zieht’s dich wieder her.
Erik: Die zwanzig Jahre mag ich nicht warten. Oder vielleicht… ja, wenn in zwanzig Jahren der Ostsee da ist!
Daniel: Nun, das ist ja schon mal ein Deal. Aber was Konkretes – was kommt nach Holger und Hanna? Gut das ist jetzt bestimmt noch Stress, im März ist die Premiere im Weltspiegel.
Erik: … und dann wird das Projekt uns definitiv noch bis Ende des Jahres einnehmen, zumindest mich persönlich – da bin ich mir sicher. Weil wir nicht sofort starten, also mit einem Mal, sondern das kommt nacheinander. Nachdem die Premiere hier in Cottbus gelaufen ist wird der Film nacheinander in verschiedenen Kinos gezeigt, nicht gleichzeitig sondern Stück für Stück. Wir werden in Mecklenburg-Vorpommern ‘ne Rundreise machen durch kleinere Kinos, und sprechen nach dem Feedback der Cottbus-Premiere die Kinos in Deutschland an…
Daniel: Ok, du bist jetzt so mit dem Gemeinschaftsprojekt beschäftigt, dass noch nichts anderes in der Pipeline ist?
Erik: Vielleicht kann ich jetzt einfach noch nicht so wirklich viel erzählen dazu, eines nach dem andern. Es gibt aber ein kommendes Projekt, bei dem wir parallel am Stoff arbeiten, bei dem ich mich derzeit noch unregelmäßig mit einem Drehbuchschreiber aus Bautzen treffe, um einen Sorbenfilm auf die Beine zu stellen. Ich habe ja sorbische Wurzeln. Dummerweise kann ich die Sprache nicht sprechen, die Lebensart ist neben Zampern und Eierbemalen an mir vorbeigezogen. Idenditätsfindung zum einen, Heimatverlust, Traditionswahrung, Kohleförderung, diese Themen möchte ich neben einigen anderen aufgreifen, da es im Spielfilmbereich noch nicht hinreichend erzählt worden ist. Das kann dann auch politisch- und gesellschaftskritisch werden, wenn es sein muss.
Dort soll es sowieso mit den nächsten Filmen hingehen. Ich möchte zukünftig Filme drehen die Anecken und nicht nur zum Nachdenken über persönliche Strukturen anregen, sondern vor allem auch gesellschaftspolitische Diskurse ankurbeln.
Daniel: Ach, das wird schon noch, ich selbst bin ja Sympathiesorbe. Meinem Sorbischlehrer hatte ich mal gestanden, dass ich alles an Niedersorbisch vergessen hab, und er sagte dazu: „Wenn du alles vergessen hast, es zumindest aber mal gelernt hattest, dann bist du ein guter Sorbe!“ Also insofern kann das ja auch noch bei dir was werden. Hast du sonst noch irgendwas? Filmpremiere? Jetzt ist die Gelegenheit. Was willst du noch sagen?
Erik: Ich möchte mich bis hierher bei Maria, Clemens uns Heine, bei unserer Crew, unseren tollen Darstellern, sowie unseren zahlreichen Helfern und Unterstützern bedanken und lade alle ein, sich den Film ab dem 23. März im Weltspiegelkino anzusehen, damit wir es schaffen eine gute Startrampe zu bauen um den Film auch über die Grenzen von Cottbus hinaus auf die Leinwand zu bekommen. Und ich würd mich freuen, wenn sich bei unserem nächsten Projekt wieder viele Menschen dafür interessieren.
Daniel: Dann vielen Dank. Erik: Ich danke auch.
Das Interview wurde im Rahmen des EU-Projekts „Urban Creative Poles“ u.a. der BTU Cottbus gefördert.
Von einigen wird er als DER Cottbuser Filmemacher gehyped. In den lokalen Medien wird derzeit viel über ihn berichtet. Wir kennen Erik Schiesko noch als Praktikanten des Kulturmagazins Blicklicht und wollten wissen, was dazwischen passiert ist. Wie kam es dazu, was hat es mit Crowdfunding auf sich und was erwartet uns in Zukunft? Getroffen haben wir ihn dazu im Artifex, einem offenen Atelier in der Friedrich-Ebert-Straße in Cottbus. Und auch das ist eine relativ neue Location.
Das Interview führte Daniel Häfner, Redakteur des Kulturmagazins Blicklicht.
Daniel: Jetzt haben wir uns hier in einem Haus in der Friedrich-Ebert-Straße getroffen – Artifex heißt es – was ist das hier?
Erik: Nun, ich hab früher gern gezeichnet und Graffitis gesprüht und wollte das als Ausgleich nach jahrelanger Pause wieder machen. Dann habe ich bei Facebook gesehen, dass die Malerin Eka Orba, die unten eine Malschule betreibt, offene Ateliers anbietet. Ich hatte mir eigentlich darunter vorgestellt, dass ich einmal die Woche zum Malen komme, danach meine Staffelei stehen lasse und mich wieder meinen anderen Sachen zuwenden kann.
Das habe ich aber falsch verstanden – sozusagen. Sie hat Kurse angeboten – ich wollte aber einfach nur malen. Daraufhin hat sie mir diese krassen Atelierräume gezeigt. Gerade dieses Haus, dieser ganze Komplex, bietet mit seinen freien Räumlichkeiten noch so viele Möglichkeiten. Eka war da ähnlich aufgestellt und so kam es, dass das Artifex gegründet wurde, sie hat das sozusagen organisatorisch begleitet. Wir haben jetzt ne Malschule, eine Glaskunstwerkstatt, ne Holzwerkstatt, Siebdrucker, einen Fotografen, wir haben vier Künstler im Atelier und ich habe hier mein Filmbüro.
Daniel: Eigentlich war es also ein Missverständnis das zur Gründung von Artifex geführt hat, habe ich das richtig verstanden?
Erik: Na kein Missverständnis sondern eher eine andere Vorstellung vom Begriff „offenes Atelier“. Und was es jetzt ist, ist das, was ich unter dem Begriff „offenes Atelier“ verstehe: Das mehrere junge Künstler einen Raum gemeinsam nutzen und kommen können, wann sie wollen, um dort ihre Kunst zu machen und sich austauschen.
Daniel: Gut, springen wir noch einmal zurück – wir sind uns ja nicht unbekannt. Wir haben uns kennengelernt, da hab ich ein Magazin mit redigiert – KONTUR MAG hieß das – ein jüngeres Magazin, ist auch schon ein bisschen länger her. Jetzt wirst du eigentlich immer gehyped als junger Filmemacher aus Cottbus – oder DER junge Filmemacher aus Cottbus. Was liegt denn da dazwischen? Kontur heißt es ja immer noch…
Erik: Ja genau, Konturmag war der Anfang. Das war noch die Zeit vor Myspace und Facebook, die Zeit in der man sich noch nicht so eng vernetzen konnte wie man das heutzutage macht. In der vor allem regionale Kunst, oder seine Bilder nicht so schnell andere Leute erreichten. Deswegen haben wir das KonturMagazin gegründet, bei dem es darum ging, dass kreative Leute ihre Sachen veröffentlichen konnten um sie anderen zu zeigen. Und das haben wir halt mit nem Kumpel – mit Alex – mit dem ich danach auch noch viele Projekte gemacht hab, quasi aus dem „Underground“ heraus gegründet. Das war aber nur ne ganz mini Auflage mit 200 Stück, für uns aber eine große und interessante Erfahrung.
Daniel: Ok, und dann gleich zum Film?
Erik: Na Filme habe ich eigentlich schon davor und währenddessen gedreht. So war damals schon klar, dass relativ schnell aus dem Konturmag das Konturprojekt wurde. Durch Unterstützung vom Blattwerke e.V. wir Robert Amat Kreft und Jens Pittasch haben wir dann eine sogenannte Youthbank gegründet, Partys gefeiert, z.B. die KonturKONZERTE organisiert. Und dann gabs eben auch noch Konturfilme. Für mich war`s damals schon klar, dass ich später Spielfilme machen möchte. Das war eigentlich schon immer mein Ziel.
Daniel: (lacht) Dann ist es aber ungewöhnlich, mit nem Magazin anzufangen.
Erik: Ähm-ja. Als Regisseur muss man sich aber in vielen Bereichen auskennen, wie zum Beispiel in Kamera-, Regie-, Schauspiel- und Schnittarbeit oder die einzelnen Bereiche wie Dramaturgie, Musikverständnis oder Marketing. Ich wusste, dass ich da erst einmal überall rein blicken muss um zu verstehen wie es funktioniert, um dann alles zu sammeln. Da war die Arbeit am Magazin ganz gut, da konnte ich Recherche betreiben und erfahren wie man ein Thema bearbeitet. Oder bei Youthbank ging es darum Finanzierungsmodelle zu verstehen. Ich hab dann auch über 3 Jahre Theater im Piccolo Theater Cottbus gespielt, um zu schauen wie ein Schauspieler denkt – wie man dann als Regisseur mit nem Schauspieler arbeiten würde. Das war schon so, dass alles die Vorarbeit im Hinblick auf die Regiearbeit war. Das möchte ich aber gern noch ausbauen, indem ich nochmal studiere oder eben auf Wanderschaft gehe.
Daniel: Gut, aber bevor wir in die Zukunft schauen, vielleicht da noch der Punkt: Holger und Hanna – das neue Projekt. Was ist das und was erwartet uns da?
Erik: Uns erwartet ein amüsanter, witziger, sicherlich auch nachdenklicher Film. Diesmal mit einer anderen Ausrichtung. Ich will nicht nur Subkultur oder eine spezielle Zielgruppe ins Kino holen, sondern es ist der Versuch, eine Geschichte hier in Cottbus umzusetzen, die möglicherweise auch über die Grenzen von Cottbus funktionieren kann.
Daniel: Aber was ist das? Wieder ein Coming of Age – Film, wie „Blaue Stunde“?
Erik: Naja, „Blaue Stunde“… coming of age – ich würde sagen der Film bediente eher ein Subgenre. Ein Jugendlicher, der depressiv ist und seine erste Liebe erlebt. Bei Holger und Hanna haben wir mehrere Themenaspekte. Die Geschichte basiert auf dem Theaterstück, „Holger und Hanna und der ganze kranke Rest“, welches hier im Piccolo Theater lief – und da geht’s um die Patchwork, Trennung, Scheidung, um Familie, Selbstfindung eines Jugendlichen, um Liebe in unterschiedlichen Situationen. Erzählt wird dass alles von Holger, der sich in ein Mädel verknallt, aber sich dessen Eltern trennen und sein Vater, als alter Sack sozusagen (lacht), mit dem Holgers Schwarm zusammenkommt. Und er natürlich alles tun muss um das wieder hinzubiegen. Das heißt, die Eltern wieder zusammenbringen, damit das Mädchen sich in ihn verliebt…
Daniel: Nun, das Ende wollen wir ja jetzt nicht schon verraten, aber schauen wir mal, ob es ein Hollywood-Ende gibt.
Erik: Nee, nee.
Daniel: Aha, Cottbuser Enden sind also anders als die in Hollywood.
Erik: Naja, ich kann auf jeden Fall verraten, dass das Ende… unvorhersehbar ist. Es ist ein anderes Ende als im Theaterstück. Ich bin sehr gespannt wie’s ankommt. Das ist ja immer die große Frage, ob die Idee, die lange Zeit des Machens, ob das die Zuschauer dann auch interessiert. Aber ich bin jetzt schon etwas stolz auf das was wir geschafft haben. Ich habe neulich in Tarantinos Django gesessen und da kam davor unser Trailer auf großer Leinwand im Weltspiegel. Das war schon cool. Wenn du selbst im Publikum sitzt und alle schauen mit dir gemeinsam den eigenen Trailer an und es heißt „Hä? War das grad Cottbus?“. Schon schön. Aber es ist ja nicht nur ein Projekt von mir allein.
Daniel: Genau – das wär die nächste Frage: Wer hat das mit gemacht?
Erik: Das ist grundsätzlich ein Gemeinschaftsprojekt von einem harten Kern aus vier Leuten: Von Clemens Schiesko meinem Bruder, der die anstrengende Kamera– und Schnittarbeit übernahm – ein sehr langwieriger Prozess. Dann sind da Matthias Heine und Maria Bock als Regieduo, die das Theaterstück zum Drehbuch umgeschrieben, mit den Schauspielern geprobt und den ganzen Film inszeniert haben. Zusammen mit Clemens sind sie wirklich komplett für das künstlerische Gewand des Projekts verantwortlich. Und ich bin diesmal derjenige, der schaut, dass das Projekt auf die Beine kommt, der leitet, organisiert, und zuständig ist, dass der Film im Kino läuft. Hinzukommen natürlich unsere lieben Schauspieler wie Florian Donath, Ruth-Maria Thomas, Kai Börner und Andrea Kulka und unsere Filmcrew, die vielen Helfer und Statisten bei den Dreharbeiten.
Daniel: Das heißt also seit dem Konturmag ist ziemlich viel Kenntnis an Projektmanagement dazugekommen.
Erik: Ja, deswegen heißt es ja auch Kontur-PROJEKT. Gerade für mich ist Projektmanagement mit seinen vielen Teilaspekten ein interessantes Thema. Ich hab ja auch noch ein bisschen was vor, nicht nur im Bereich Film sondern auch im Bereich soziales Engagement, Events, solche Sachen. Ich könnte mir später gut vorstellen, dass ich in ein paar Jahren nach einigen Filmen ein Startup daraus etabliere und eine Firma gründe, die es schafft nicht nur Gewinn orientiert zu arbeiten, sondern gleichsam soziales Engagement nicht nur in Form von Spenden, sondern in sozialer Projektarbeit zu wahren.
Daniel: Da sind wir auch schon bei einem anderen Thema: Fundraising. So heißt es ja heutzutage. Ressourcen organisieren, Geld vor allen Dingen. Auch noch ein neues Wort: Crowdfunding. Also ihr habt ein Projekt gestartet, wo viele Leute dazu beitragen, den Film oder besser gesagt die Promotion des Films zu finanzieren. Und ziemlich viele Leute sind ziemlich begeistert davon, dass es funktioniert hat.
Erik: Ach so? Ja?
Daniel: Ja, also das hab ich zu mindestens gehört. Weil das ja auch ein Beispiel sein kann, wie Kulturprojekte finanziert werden können. Aber wie seid ihr denn auf die Idee gekommen, oder was ist das genau?
Erik: Tja, Crowdfunding gibt’s seit vier, fünf Jahren und ist von Amerika herüber geschwappt. Da generiert es das fast mehr Umsatz als die Kulturförderung des Landes. Grundsätzlich geht’s bei Crowdfunding darum, wie du schon sagtest, dass mehrere Menschen über die Schwarmfinanzierung, also über kleinere Beiträge kreative, politische oder gemeinnützige Projekt vor- bzw. mitfinanzieren.
Ich selbst bin darauf über gute Projekte gekommen, die damit schon ordentlich Werbung gemacht haben. Und das ist auch das Wichtigste bei Crowdfunding: sich gut zu präsentieren und sein Projekt so transparent wie möglich zu gestalten. Also auch zu sagen, wie man das Geld ausgibt. Es gibt ganz viele Negativbeispiele, die nicht erfolgreich waren. Und es geht einher mit dem angebotenen Dankeschön. Dass die Leute auch eine Anerkennung, nen Mehrwert erhalten, wenn sie ein Projekt unterstützen ist Wichtig.
Daniel: Na, das kennt man aus dem Kapitalbereich: den „kulturellen Mehrwert“.
Erik: Naja, um noch mal was zu Crowdfunding zu erzählen – es war auch relativ schwierig das Projekt dort auf Startnext [Anm.: eine Crowdfundingplattform] einzustellen, denn es gibt mehrere Phasen, die man erreichen muss. Ich musste mein Projekt drei, viermal anpassen, um überhaupt erst die Finanzierungsphase zu erhalten. Jetzt bin ich glücklich dass alles hingehauen hat. Ich hatte etwas Angst, ob wir die 5000 Euro überhaupt im Ansatz erreichen. Schön ist es auch, dass wir quasi die ersten sind in Cottbus, die das gemacht haben. Bis auf Niederlausitz-aktuell.de die das in Forst und der Niederlausitz gemacht haben.
Daniel: Hmm, aber da hat’s ja nicht so richtig geklappt.
Erik: Ja, offiziell leider nicht. Intern weiß ich aber, dass ein Haufen Anfragen von Firmen und Personen kamen, die die Unterstützung nicht über die Plattform abwickeln wollten und damit das Projekt, wenn nicht offiziell, ein Erfolg für das Team war. Bei uns war das auch ähnlich. Der DGB, Adtower oder die Lausitzer Rundschau zum Beispiel haben uns als Sie davon Wind bekommen haben auch nebenbei gefördert, um nur Einige zu nennen. Interessant ist Crowdfunding ja vor allem für Privatpersonen.
Daniel: Jetzt hast du gesagt, im Wesentlichen hat das regional auch funktioniert mit der Unterstützung, oder sogar ziemlich gut funktioniert. Du bist jetzt in Cottbus groß geworden, hast hier deine Projekte gemacht, vom Praktikum, kleinen Magazinen und bist immer größer geworden – wird Cottbus irgendwann zu klein?
Erik: Ja, das Gefühl ist grad wirklich auch da. Das Problem ist nur, ich fühl’ mich sehr wohl in den Räumlichkeiten die ich hier gerade habe, auch mit meinem Umfeld. Aber ich merke, dass ich mich in einer gewissen Art von Stillstand befinde. Es dauert ja oft sehr lange so ein Projekt zu etablieren und oft kommt auch sehr viel Leerlauf rein.
Jetzt wär’ ja der nächste Schritt, entweder das was ich jetzt schaffe ewig weiterzumachen und immer größer und größer zu werden, bis ich dann wirklich tagtäglich früh auch zur Arbeit fahre und da meinen „Scheiß“ abarbeite… das kann ich aber mit meiner Vision nicht ganz vereinbaren. Ich würd’ gern nochmal das machen, was 18-19jährige grade machen, nach Australien fahren oder durch die Welt trampen. Ich habe das alles noch nicht erlebt, sondern mich seit meiner Schulzeit in Projekte geschmissen. Aber ich finde den Gedanken gut, so erlebe ich es derzeit auch bei einigen Leuten die nach Jahren wieder nach Cottbus kommen.
Daniel: … Also so etwas wie Gesellenjahre?
Erik: Ja genau, das kann ich mir vorstellen. Was eben auch Tischler machen, wenn sie 3 Jahre auf die Walz gehen. Ich würde es nicht ganz so lange machen, aber Ähnliches kann ich mir auch in der Kulturwirtschaft gut vorstellen. Dass man quasi durch die Lande zieht und bei Kreativfirmen anfragt, ob man für 1-3 Wochen dort arbeiten kann. Wegen mir gern auch für einen Hungerlohn oder nur was zu Essen und ‘ne Schlafmöglichkeit. Dann zieht man weiter. Ich bin der Meinung als Filmemacher und Regisseur braucht man Lebenserfahrungen, braucht Geschichten die man erzählen kann, braucht man so ein Menschenverständnis usw. Ja, das fehlt mir wohl noch etwas.
Daniel: Das heißt aber auch irgendwann zurückkommen.
Erik: Das ist die Frage. Cottbus ist ja so, zumindest am Tage, so ruhig, dass man… naja… wie soll mans sagen…also so – ist das schon ganz gut. Aber ich weiß nicht, ich kann mir auch vorstellen, im Norden an der Ostsee zu wohnen, weil ich die Ostsee mit seinen unterschiedlichen Erscheinungen sehr mag. Nur gerade gibt’s hier ja noch einiges zu tun.
Daniel: Ja – wir kriegen ja demnächst ‘nen Cottbuser Ostsee-vielleicht. Wenn es funktioniert – zieht’s dich wieder her.
Erik: Die zwanzig Jahre mag ich nicht warten. Oder vielleicht… ja, wenn in zwanzig Jahren der Ostsee da ist!
Daniel: Nun, das ist ja schon mal ein Deal. Aber was Konkretes – was kommt nach Holger und Hanna? Gut das ist jetzt bestimmt noch Stress, im März ist die Premiere im Weltspiegel.
Erik: … und dann wird das Projekt uns definitiv noch bis Ende des Jahres einnehmen, zumindest mich persönlich – da bin ich mir sicher. Weil wir nicht sofort starten, also mit einem Mal, sondern das kommt nacheinander. Nachdem die Premiere hier in Cottbus gelaufen ist wird der Film nacheinander in verschiedenen Kinos gezeigt, nicht gleichzeitig sondern Stück für Stück. Wir werden in Mecklenburg-Vorpommern ‘ne Rundreise machen durch kleinere Kinos, und sprechen nach dem Feedback der Cottbus-Premiere die Kinos in Deutschland an…
Daniel: Ok, du bist jetzt so mit dem Gemeinschaftsprojekt beschäftigt, dass noch nichts anderes in der Pipeline ist?
Erik: Vielleicht kann ich jetzt einfach noch nicht so wirklich viel erzählen dazu, eines nach dem andern. Es gibt aber ein kommendes Projekt, bei dem wir parallel am Stoff arbeiten, bei dem ich mich derzeit noch unregelmäßig mit einem Drehbuchschreiber aus Bautzen treffe, um einen Sorbenfilm auf die Beine zu stellen. Ich habe ja sorbische Wurzeln. Dummerweise kann ich die Sprache nicht sprechen, die Lebensart ist neben Zampern und Eierbemalen an mir vorbeigezogen. Idenditätsfindung zum einen, Heimatverlust, Traditionswahrung, Kohleförderung, diese Themen möchte ich neben einigen anderen aufgreifen, da es im Spielfilmbereich noch nicht hinreichend erzählt worden ist. Das kann dann auch politisch- und gesellschaftskritisch werden, wenn es sein muss.
Dort soll es sowieso mit den nächsten Filmen hingehen. Ich möchte zukünftig Filme drehen die Anecken und nicht nur zum Nachdenken über persönliche Strukturen anregen, sondern vor allem auch gesellschaftspolitische Diskurse ankurbeln.
Daniel: Ach, das wird schon noch, ich selbst bin ja Sympathiesorbe. Meinem Sorbischlehrer hatte ich mal gestanden, dass ich alles an Niedersorbisch vergessen hab, und er sagte dazu: „Wenn du alles vergessen hast, es zumindest aber mal gelernt hattest, dann bist du ein guter Sorbe!“ Also insofern kann das ja auch noch bei dir was werden. Hast du sonst noch irgendwas? Filmpremiere? Jetzt ist die Gelegenheit. Was willst du noch sagen?
Erik: Ich möchte mich bis hierher bei Maria, Clemens uns Heine, bei unserer Crew, unseren tollen Darstellern, sowie unseren zahlreichen Helfern und Unterstützern bedanken und lade alle ein, sich den Film ab dem 23. März im Weltspiegelkino anzusehen, damit wir es schaffen eine gute Startrampe zu bauen um den Film auch über die Grenzen von Cottbus hinaus auf die Leinwand zu bekommen. Und ich würd mich freuen, wenn sich bei unserem nächsten Projekt wieder viele Menschen dafür interessieren.
Daniel: Dann vielen Dank. Erik: Ich danke auch.
Das Interview wurde im Rahmen des EU-Projekts „Urban Creative Poles“ u.a. der BTU Cottbus gefördert.
Von einigen wird er als DER Cottbuser Filmemacher gehyped. In den lokalen Medien wird derzeit viel über ihn berichtet. Wir kennen Erik Schiesko noch als Praktikanten des Kulturmagazins Blicklicht und wollten wissen, was dazwischen passiert ist. Wie kam es dazu, was hat es mit Crowdfunding auf sich und was erwartet uns in Zukunft? Getroffen haben wir ihn dazu im Artifex, einem offenen Atelier in der Friedrich-Ebert-Straße in Cottbus. Und auch das ist eine relativ neue Location.
Das Interview führte Daniel Häfner, Redakteur des Kulturmagazins Blicklicht.
Daniel: Jetzt haben wir uns hier in einem Haus in der Friedrich-Ebert-Straße getroffen – Artifex heißt es – was ist das hier?
Erik: Nun, ich hab früher gern gezeichnet und Graffitis gesprüht und wollte das als Ausgleich nach jahrelanger Pause wieder machen. Dann habe ich bei Facebook gesehen, dass die Malerin Eka Orba, die unten eine Malschule betreibt, offene Ateliers anbietet. Ich hatte mir eigentlich darunter vorgestellt, dass ich einmal die Woche zum Malen komme, danach meine Staffelei stehen lasse und mich wieder meinen anderen Sachen zuwenden kann.
Das habe ich aber falsch verstanden – sozusagen. Sie hat Kurse angeboten – ich wollte aber einfach nur malen. Daraufhin hat sie mir diese krassen Atelierräume gezeigt. Gerade dieses Haus, dieser ganze Komplex, bietet mit seinen freien Räumlichkeiten noch so viele Möglichkeiten. Eka war da ähnlich aufgestellt und so kam es, dass das Artifex gegründet wurde, sie hat das sozusagen organisatorisch begleitet. Wir haben jetzt ne Malschule, eine Glaskunstwerkstatt, ne Holzwerkstatt, Siebdrucker, einen Fotografen, wir haben vier Künstler im Atelier und ich habe hier mein Filmbüro.
Daniel: Eigentlich war es also ein Missverständnis das zur Gründung von Artifex geführt hat, habe ich das richtig verstanden?
Erik: Na kein Missverständnis sondern eher eine andere Vorstellung vom Begriff „offenes Atelier“. Und was es jetzt ist, ist das, was ich unter dem Begriff „offenes Atelier“ verstehe: Das mehrere junge Künstler einen Raum gemeinsam nutzen und kommen können, wann sie wollen, um dort ihre Kunst zu machen und sich austauschen.
Daniel: Gut, springen wir noch einmal zurück – wir sind uns ja nicht unbekannt. Wir haben uns kennengelernt, da hab ich ein Magazin mit redigiert – KONTUR MAG hieß das – ein jüngeres Magazin, ist auch schon ein bisschen länger her. Jetzt wirst du eigentlich immer gehyped als junger Filmemacher aus Cottbus – oder DER junge Filmemacher aus Cottbus. Was liegt denn da dazwischen? Kontur heißt es ja immer noch…
Erik: Ja genau, Konturmag war der Anfang. Das war noch die Zeit vor Myspace und Facebook, die Zeit in der man sich noch nicht so eng vernetzen konnte wie man das heutzutage macht. In der vor allem regionale Kunst, oder seine Bilder nicht so schnell andere Leute erreichten. Deswegen haben wir das KonturMagazin gegründet, bei dem es darum ging, dass kreative Leute ihre Sachen veröffentlichen konnten um sie anderen zu zeigen. Und das haben wir halt mit nem Kumpel – mit Alex – mit dem ich danach auch noch viele Projekte gemacht hab, quasi aus dem „Underground“ heraus gegründet. Das war aber nur ne ganz mini Auflage mit 200 Stück, für uns aber eine große und interessante Erfahrung.
Daniel: Ok, und dann gleich zum Film?
Erik: Na Filme habe ich eigentlich schon davor und währenddessen gedreht. So war damals schon klar, dass relativ schnell aus dem Konturmag das Konturprojekt wurde. Durch Unterstützung vom Blattwerke e.V. wir Robert Amat Kreft und Jens Pittasch haben wir dann eine sogenannte Youthbank gegründet, Partys gefeiert, z.B. die KonturKONZERTE organisiert. Und dann gabs eben auch noch Konturfilme. Für mich war`s damals schon klar, dass ich später Spielfilme machen möchte. Das war eigentlich schon immer mein Ziel.
Daniel: (lacht) Dann ist es aber ungewöhnlich, mit nem Magazin anzufangen.
Erik: Ähm-ja. Als Regisseur muss man sich aber in vielen Bereichen auskennen, wie zum Beispiel in Kamera-, Regie-, Schauspiel- und Schnittarbeit oder die einzelnen Bereiche wie Dramaturgie, Musikverständnis oder Marketing. Ich wusste, dass ich da erst einmal überall rein blicken muss um zu verstehen wie es funktioniert, um dann alles zu sammeln. Da war die Arbeit am Magazin ganz gut, da konnte ich Recherche betreiben und erfahren wie man ein Thema bearbeitet. Oder bei Youthbank ging es darum Finanzierungsmodelle zu verstehen. Ich hab dann auch über 3 Jahre Theater im Piccolo Theater Cottbus gespielt, um zu schauen wie ein Schauspieler denkt – wie man dann als Regisseur mit nem Schauspieler arbeiten würde. Das war schon so, dass alles die Vorarbeit im Hinblick auf die Regiearbeit war. Das möchte ich aber gern noch ausbauen, indem ich nochmal studiere oder eben auf Wanderschaft gehe.
Daniel: Gut, aber bevor wir in die Zukunft schauen, vielleicht da noch der Punkt: Holger und Hanna – das neue Projekt. Was ist das und was erwartet uns da?
Erik: Uns erwartet ein amüsanter, witziger, sicherlich auch nachdenklicher Film. Diesmal mit einer anderen Ausrichtung. Ich will nicht nur Subkultur oder eine spezielle Zielgruppe ins Kino holen, sondern es ist der Versuch, eine Geschichte hier in Cottbus umzusetzen, die möglicherweise auch über die Grenzen von Cottbus funktionieren kann.
Daniel: Aber was ist das? Wieder ein Coming of Age – Film, wie „Blaue Stunde“?
Erik: Naja, „Blaue Stunde“… coming of age – ich würde sagen der Film bediente eher ein Subgenre. Ein Jugendlicher, der depressiv ist und seine erste Liebe erlebt. Bei Holger und Hanna haben wir mehrere Themenaspekte. Die Geschichte basiert auf dem Theaterstück, „Holger und Hanna und der ganze kranke Rest“, welches hier im Piccolo Theater lief – und da geht’s um die Patchwork, Trennung, Scheidung, um Familie, Selbstfindung eines Jugendlichen, um Liebe in unterschiedlichen Situationen. Erzählt wird dass alles von Holger, der sich in ein Mädel verknallt, aber sich dessen Eltern trennen und sein Vater, als alter Sack sozusagen (lacht), mit dem Holgers Schwarm zusammenkommt. Und er natürlich alles tun muss um das wieder hinzubiegen. Das heißt, die Eltern wieder zusammenbringen, damit das Mädchen sich in ihn verliebt…
Daniel: Nun, das Ende wollen wir ja jetzt nicht schon verraten, aber schauen wir mal, ob es ein Hollywood-Ende gibt.
Erik: Nee, nee.
Daniel: Aha, Cottbuser Enden sind also anders als die in Hollywood.
Erik: Naja, ich kann auf jeden Fall verraten, dass das Ende… unvorhersehbar ist. Es ist ein anderes Ende als im Theaterstück. Ich bin sehr gespannt wie’s ankommt. Das ist ja immer die große Frage, ob die Idee, die lange Zeit des Machens, ob das die Zuschauer dann auch interessiert. Aber ich bin jetzt schon etwas stolz auf das was wir geschafft haben. Ich habe neulich in Tarantinos Django gesessen und da kam davor unser Trailer auf großer Leinwand im Weltspiegel. Das war schon cool. Wenn du selbst im Publikum sitzt und alle schauen mit dir gemeinsam den eigenen Trailer an und es heißt „Hä? War das grad Cottbus?“. Schon schön. Aber es ist ja nicht nur ein Projekt von mir allein.
Daniel: Genau – das wär die nächste Frage: Wer hat das mit gemacht?
Erik: Das ist grundsätzlich ein Gemeinschaftsprojekt von einem harten Kern aus vier Leuten: Von Clemens Schiesko meinem Bruder, der die anstrengende Kamera– und Schnittarbeit übernahm – ein sehr langwieriger Prozess. Dann sind da Matthias Heine und Maria Bock als Regieduo, die das Theaterstück zum Drehbuch umgeschrieben, mit den Schauspielern geprobt und den ganzen Film inszeniert haben. Zusammen mit Clemens sind sie wirklich komplett für das künstlerische Gewand des Projekts verantwortlich. Und ich bin diesmal derjenige, der schaut, dass das Projekt auf die Beine kommt, der leitet, organisiert, und zuständig ist, dass der Film im Kino läuft. Hinzukommen natürlich unsere lieben Schauspieler wie Florian Donath, Ruth-Maria Thomas, Kai Börner und Andrea Kulka und unsere Filmcrew, die vielen Helfer und Statisten bei den Dreharbeiten.
Daniel: Das heißt also seit dem Konturmag ist ziemlich viel Kenntnis an Projektmanagement dazugekommen.
Erik: Ja, deswegen heißt es ja auch Kontur-PROJEKT. Gerade für mich ist Projektmanagement mit seinen vielen Teilaspekten ein interessantes Thema. Ich hab ja auch noch ein bisschen was vor, nicht nur im Bereich Film sondern auch im Bereich soziales Engagement, Events, solche Sachen. Ich könnte mir später gut vorstellen, dass ich in ein paar Jahren nach einigen Filmen ein Startup daraus etabliere und eine Firma gründe, die es schafft nicht nur Gewinn orientiert zu arbeiten, sondern gleichsam soziales Engagement nicht nur in Form von Spenden, sondern in sozialer Projektarbeit zu wahren.
Daniel: Da sind wir auch schon bei einem anderen Thema: Fundraising. So heißt es ja heutzutage. Ressourcen organisieren, Geld vor allen Dingen. Auch noch ein neues Wort: Crowdfunding. Also ihr habt ein Projekt gestartet, wo viele Leute dazu beitragen, den Film oder besser gesagt die Promotion des Films zu finanzieren. Und ziemlich viele Leute sind ziemlich begeistert davon, dass es funktioniert hat.
Erik: Ach so? Ja?
Daniel: Ja, also das hab ich zu mindestens gehört. Weil das ja auch ein Beispiel sein kann, wie Kulturprojekte finanziert werden können. Aber wie seid ihr denn auf die Idee gekommen, oder was ist das genau?
Erik: Tja, Crowdfunding gibt’s seit vier, fünf Jahren und ist von Amerika herüber geschwappt. Da generiert es das fast mehr Umsatz als die Kulturförderung des Landes. Grundsätzlich geht’s bei Crowdfunding darum, wie du schon sagtest, dass mehrere Menschen über die Schwarmfinanzierung, also über kleinere Beiträge kreative, politische oder gemeinnützige Projekt vor- bzw. mitfinanzieren.
Ich selbst bin darauf über gute Projekte gekommen, die damit schon ordentlich Werbung gemacht haben. Und das ist auch das Wichtigste bei Crowdfunding: sich gut zu präsentieren und sein Projekt so transparent wie möglich zu gestalten. Also auch zu sagen, wie man das Geld ausgibt. Es gibt ganz viele Negativbeispiele, die nicht erfolgreich waren. Und es geht einher mit dem angebotenen Dankeschön. Dass die Leute auch eine Anerkennung, nen Mehrwert erhalten, wenn sie ein Projekt unterstützen ist Wichtig.
Daniel: Na, das kennt man aus dem Kapitalbereich: den „kulturellen Mehrwert“.
Erik: Naja, um noch mal was zu Crowdfunding zu erzählen – es war auch relativ schwierig das Projekt dort auf Startnext [Anm.: eine Crowdfundingplattform] einzustellen, denn es gibt mehrere Phasen, die man erreichen muss. Ich musste mein Projekt drei, viermal anpassen, um überhaupt erst die Finanzierungsphase zu erhalten. Jetzt bin ich glücklich dass alles hingehauen hat. Ich hatte etwas Angst, ob wir die 5000 Euro überhaupt im Ansatz erreichen. Schön ist es auch, dass wir quasi die ersten sind in Cottbus, die das gemacht haben. Bis auf Niederlausitz-aktuell.de die das in Forst und der Niederlausitz gemacht haben.
Daniel: Hmm, aber da hat’s ja nicht so richtig geklappt.
Erik: Ja, offiziell leider nicht. Intern weiß ich aber, dass ein Haufen Anfragen von Firmen und Personen kamen, die die Unterstützung nicht über die Plattform abwickeln wollten und damit das Projekt, wenn nicht offiziell, ein Erfolg für das Team war. Bei uns war das auch ähnlich. Der DGB, Adtower oder die Lausitzer Rundschau zum Beispiel haben uns als Sie davon Wind bekommen haben auch nebenbei gefördert, um nur Einige zu nennen. Interessant ist Crowdfunding ja vor allem für Privatpersonen.
Daniel: Jetzt hast du gesagt, im Wesentlichen hat das regional auch funktioniert mit der Unterstützung, oder sogar ziemlich gut funktioniert. Du bist jetzt in Cottbus groß geworden, hast hier deine Projekte gemacht, vom Praktikum, kleinen Magazinen und bist immer größer geworden – wird Cottbus irgendwann zu klein?
Erik: Ja, das Gefühl ist grad wirklich auch da. Das Problem ist nur, ich fühl’ mich sehr wohl in den Räumlichkeiten die ich hier gerade habe, auch mit meinem Umfeld. Aber ich merke, dass ich mich in einer gewissen Art von Stillstand befinde. Es dauert ja oft sehr lange so ein Projekt zu etablieren und oft kommt auch sehr viel Leerlauf rein.
Jetzt wär’ ja der nächste Schritt, entweder das was ich jetzt schaffe ewig weiterzumachen und immer größer und größer zu werden, bis ich dann wirklich tagtäglich früh auch zur Arbeit fahre und da meinen „Scheiß“ abarbeite… das kann ich aber mit meiner Vision nicht ganz vereinbaren. Ich würd’ gern nochmal das machen, was 18-19jährige grade machen, nach Australien fahren oder durch die Welt trampen. Ich habe das alles noch nicht erlebt, sondern mich seit meiner Schulzeit in Projekte geschmissen. Aber ich finde den Gedanken gut, so erlebe ich es derzeit auch bei einigen Leuten die nach Jahren wieder nach Cottbus kommen.
Daniel: … Also so etwas wie Gesellenjahre?
Erik: Ja genau, das kann ich mir vorstellen. Was eben auch Tischler machen, wenn sie 3 Jahre auf die Walz gehen. Ich würde es nicht ganz so lange machen, aber Ähnliches kann ich mir auch in der Kulturwirtschaft gut vorstellen. Dass man quasi durch die Lande zieht und bei Kreativfirmen anfragt, ob man für 1-3 Wochen dort arbeiten kann. Wegen mir gern auch für einen Hungerlohn oder nur was zu Essen und ‘ne Schlafmöglichkeit. Dann zieht man weiter. Ich bin der Meinung als Filmemacher und Regisseur braucht man Lebenserfahrungen, braucht Geschichten die man erzählen kann, braucht man so ein Menschenverständnis usw. Ja, das fehlt mir wohl noch etwas.
Daniel: Das heißt aber auch irgendwann zurückkommen.
Erik: Das ist die Frage. Cottbus ist ja so, zumindest am Tage, so ruhig, dass man… naja… wie soll mans sagen…also so – ist das schon ganz gut. Aber ich weiß nicht, ich kann mir auch vorstellen, im Norden an der Ostsee zu wohnen, weil ich die Ostsee mit seinen unterschiedlichen Erscheinungen sehr mag. Nur gerade gibt’s hier ja noch einiges zu tun.
Daniel: Ja – wir kriegen ja demnächst ‘nen Cottbuser Ostsee-vielleicht. Wenn es funktioniert – zieht’s dich wieder her.
Erik: Die zwanzig Jahre mag ich nicht warten. Oder vielleicht… ja, wenn in zwanzig Jahren der Ostsee da ist!
Daniel: Nun, das ist ja schon mal ein Deal. Aber was Konkretes – was kommt nach Holger und Hanna? Gut das ist jetzt bestimmt noch Stress, im März ist die Premiere im Weltspiegel.
Erik: … und dann wird das Projekt uns definitiv noch bis Ende des Jahres einnehmen, zumindest mich persönlich – da bin ich mir sicher. Weil wir nicht sofort starten, also mit einem Mal, sondern das kommt nacheinander. Nachdem die Premiere hier in Cottbus gelaufen ist wird der Film nacheinander in verschiedenen Kinos gezeigt, nicht gleichzeitig sondern Stück für Stück. Wir werden in Mecklenburg-Vorpommern ‘ne Rundreise machen durch kleinere Kinos, und sprechen nach dem Feedback der Cottbus-Premiere die Kinos in Deutschland an…
Daniel: Ok, du bist jetzt so mit dem Gemeinschaftsprojekt beschäftigt, dass noch nichts anderes in der Pipeline ist?
Erik: Vielleicht kann ich jetzt einfach noch nicht so wirklich viel erzählen dazu, eines nach dem andern. Es gibt aber ein kommendes Projekt, bei dem wir parallel am Stoff arbeiten, bei dem ich mich derzeit noch unregelmäßig mit einem Drehbuchschreiber aus Bautzen treffe, um einen Sorbenfilm auf die Beine zu stellen. Ich habe ja sorbische Wurzeln. Dummerweise kann ich die Sprache nicht sprechen, die Lebensart ist neben Zampern und Eierbemalen an mir vorbeigezogen. Idenditätsfindung zum einen, Heimatverlust, Traditionswahrung, Kohleförderung, diese Themen möchte ich neben einigen anderen aufgreifen, da es im Spielfilmbereich noch nicht hinreichend erzählt worden ist. Das kann dann auch politisch- und gesellschaftskritisch werden, wenn es sein muss.
Dort soll es sowieso mit den nächsten Filmen hingehen. Ich möchte zukünftig Filme drehen die Anecken und nicht nur zum Nachdenken über persönliche Strukturen anregen, sondern vor allem auch gesellschaftspolitische Diskurse ankurbeln.
Daniel: Ach, das wird schon noch, ich selbst bin ja Sympathiesorbe. Meinem Sorbischlehrer hatte ich mal gestanden, dass ich alles an Niedersorbisch vergessen hab, und er sagte dazu: „Wenn du alles vergessen hast, es zumindest aber mal gelernt hattest, dann bist du ein guter Sorbe!“ Also insofern kann das ja auch noch bei dir was werden. Hast du sonst noch irgendwas? Filmpremiere? Jetzt ist die Gelegenheit. Was willst du noch sagen?
Erik: Ich möchte mich bis hierher bei Maria, Clemens uns Heine, bei unserer Crew, unseren tollen Darstellern, sowie unseren zahlreichen Helfern und Unterstützern bedanken und lade alle ein, sich den Film ab dem 23. März im Weltspiegelkino anzusehen, damit wir es schaffen eine gute Startrampe zu bauen um den Film auch über die Grenzen von Cottbus hinaus auf die Leinwand zu bekommen. Und ich würd mich freuen, wenn sich bei unserem nächsten Projekt wieder viele Menschen dafür interessieren.
Daniel: Dann vielen Dank. Erik: Ich danke auch.
Das Interview wurde im Rahmen des EU-Projekts „Urban Creative Poles“ u.a. der BTU Cottbus gefördert.
Von einigen wird er als DER Cottbuser Filmemacher gehyped. In den lokalen Medien wird derzeit viel über ihn berichtet. Wir kennen Erik Schiesko noch als Praktikanten des Kulturmagazins Blicklicht und wollten wissen, was dazwischen passiert ist. Wie kam es dazu, was hat es mit Crowdfunding auf sich und was erwartet uns in Zukunft? Getroffen haben wir ihn dazu im Artifex, einem offenen Atelier in der Friedrich-Ebert-Straße in Cottbus. Und auch das ist eine relativ neue Location.
Das Interview führte Daniel Häfner, Redakteur des Kulturmagazins Blicklicht.
Daniel: Jetzt haben wir uns hier in einem Haus in der Friedrich-Ebert-Straße getroffen – Artifex heißt es – was ist das hier?
Erik: Nun, ich hab früher gern gezeichnet und Graffitis gesprüht und wollte das als Ausgleich nach jahrelanger Pause wieder machen. Dann habe ich bei Facebook gesehen, dass die Malerin Eka Orba, die unten eine Malschule betreibt, offene Ateliers anbietet. Ich hatte mir eigentlich darunter vorgestellt, dass ich einmal die Woche zum Malen komme, danach meine Staffelei stehen lasse und mich wieder meinen anderen Sachen zuwenden kann.
Das habe ich aber falsch verstanden – sozusagen. Sie hat Kurse angeboten – ich wollte aber einfach nur malen. Daraufhin hat sie mir diese krassen Atelierräume gezeigt. Gerade dieses Haus, dieser ganze Komplex, bietet mit seinen freien Räumlichkeiten noch so viele Möglichkeiten. Eka war da ähnlich aufgestellt und so kam es, dass das Artifex gegründet wurde, sie hat das sozusagen organisatorisch begleitet. Wir haben jetzt ne Malschule, eine Glaskunstwerkstatt, ne Holzwerkstatt, Siebdrucker, einen Fotografen, wir haben vier Künstler im Atelier und ich habe hier mein Filmbüro.
Daniel: Eigentlich war es also ein Missverständnis das zur Gründung von Artifex geführt hat, habe ich das richtig verstanden?
Erik: Na kein Missverständnis sondern eher eine andere Vorstellung vom Begriff „offenes Atelier“. Und was es jetzt ist, ist das, was ich unter dem Begriff „offenes Atelier“ verstehe: Das mehrere junge Künstler einen Raum gemeinsam nutzen und kommen können, wann sie wollen, um dort ihre Kunst zu machen und sich austauschen.
Daniel: Gut, springen wir noch einmal zurück – wir sind uns ja nicht unbekannt. Wir haben uns kennengelernt, da hab ich ein Magazin mit redigiert – KONTUR MAG hieß das – ein jüngeres Magazin, ist auch schon ein bisschen länger her. Jetzt wirst du eigentlich immer gehyped als junger Filmemacher aus Cottbus – oder DER junge Filmemacher aus Cottbus. Was liegt denn da dazwischen? Kontur heißt es ja immer noch…
Erik: Ja genau, Konturmag war der Anfang. Das war noch die Zeit vor Myspace und Facebook, die Zeit in der man sich noch nicht so eng vernetzen konnte wie man das heutzutage macht. In der vor allem regionale Kunst, oder seine Bilder nicht so schnell andere Leute erreichten. Deswegen haben wir das KonturMagazin gegründet, bei dem es darum ging, dass kreative Leute ihre Sachen veröffentlichen konnten um sie anderen zu zeigen. Und das haben wir halt mit nem Kumpel – mit Alex – mit dem ich danach auch noch viele Projekte gemacht hab, quasi aus dem „Underground“ heraus gegründet. Das war aber nur ne ganz mini Auflage mit 200 Stück, für uns aber eine große und interessante Erfahrung.
Daniel: Ok, und dann gleich zum Film?
Erik: Na Filme habe ich eigentlich schon davor und währenddessen gedreht. So war damals schon klar, dass relativ schnell aus dem Konturmag das Konturprojekt wurde. Durch Unterstützung vom Blattwerke e.V. wir Robert Amat Kreft und Jens Pittasch haben wir dann eine sogenannte Youthbank gegründet, Partys gefeiert, z.B. die KonturKONZERTE organisiert. Und dann gabs eben auch noch Konturfilme. Für mich war`s damals schon klar, dass ich später Spielfilme machen möchte. Das war eigentlich schon immer mein Ziel.
Daniel: (lacht) Dann ist es aber ungewöhnlich, mit nem Magazin anzufangen.
Erik: Ähm-ja. Als Regisseur muss man sich aber in vielen Bereichen auskennen, wie zum Beispiel in Kamera-, Regie-, Schauspiel- und Schnittarbeit oder die einzelnen Bereiche wie Dramaturgie, Musikverständnis oder Marketing. Ich wusste, dass ich da erst einmal überall rein blicken muss um zu verstehen wie es funktioniert, um dann alles zu sammeln. Da war die Arbeit am Magazin ganz gut, da konnte ich Recherche betreiben und erfahren wie man ein Thema bearbeitet. Oder bei Youthbank ging es darum Finanzierungsmodelle zu verstehen. Ich hab dann auch über 3 Jahre Theater im Piccolo Theater Cottbus gespielt, um zu schauen wie ein Schauspieler denkt – wie man dann als Regisseur mit nem Schauspieler arbeiten würde. Das war schon so, dass alles die Vorarbeit im Hinblick auf die Regiearbeit war. Das möchte ich aber gern noch ausbauen, indem ich nochmal studiere oder eben auf Wanderschaft gehe.
Daniel: Gut, aber bevor wir in die Zukunft schauen, vielleicht da noch der Punkt: Holger und Hanna – das neue Projekt. Was ist das und was erwartet uns da?
Erik: Uns erwartet ein amüsanter, witziger, sicherlich auch nachdenklicher Film. Diesmal mit einer anderen Ausrichtung. Ich will nicht nur Subkultur oder eine spezielle Zielgruppe ins Kino holen, sondern es ist der Versuch, eine Geschichte hier in Cottbus umzusetzen, die möglicherweise auch über die Grenzen von Cottbus funktionieren kann.
Daniel: Aber was ist das? Wieder ein Coming of Age – Film, wie „Blaue Stunde“?
Erik: Naja, „Blaue Stunde“… coming of age – ich würde sagen der Film bediente eher ein Subgenre. Ein Jugendlicher, der depressiv ist und seine erste Liebe erlebt. Bei Holger und Hanna haben wir mehrere Themenaspekte. Die Geschichte basiert auf dem Theaterstück, „Holger und Hanna und der ganze kranke Rest“, welches hier im Piccolo Theater lief – und da geht’s um die Patchwork, Trennung, Scheidung, um Familie, Selbstfindung eines Jugendlichen, um Liebe in unterschiedlichen Situationen. Erzählt wird dass alles von Holger, der sich in ein Mädel verknallt, aber sich dessen Eltern trennen und sein Vater, als alter Sack sozusagen (lacht), mit dem Holgers Schwarm zusammenkommt. Und er natürlich alles tun muss um das wieder hinzubiegen. Das heißt, die Eltern wieder zusammenbringen, damit das Mädchen sich in ihn verliebt…
Daniel: Nun, das Ende wollen wir ja jetzt nicht schon verraten, aber schauen wir mal, ob es ein Hollywood-Ende gibt.
Erik: Nee, nee.
Daniel: Aha, Cottbuser Enden sind also anders als die in Hollywood.
Erik: Naja, ich kann auf jeden Fall verraten, dass das Ende… unvorhersehbar ist. Es ist ein anderes Ende als im Theaterstück. Ich bin sehr gespannt wie’s ankommt. Das ist ja immer die große Frage, ob die Idee, die lange Zeit des Machens, ob das die Zuschauer dann auch interessiert. Aber ich bin jetzt schon etwas stolz auf das was wir geschafft haben. Ich habe neulich in Tarantinos Django gesessen und da kam davor unser Trailer auf großer Leinwand im Weltspiegel. Das war schon cool. Wenn du selbst im Publikum sitzt und alle schauen mit dir gemeinsam den eigenen Trailer an und es heißt „Hä? War das grad Cottbus?“. Schon schön. Aber es ist ja nicht nur ein Projekt von mir allein.
Daniel: Genau – das wär die nächste Frage: Wer hat das mit gemacht?
Erik: Das ist grundsätzlich ein Gemeinschaftsprojekt von einem harten Kern aus vier Leuten: Von Clemens Schiesko meinem Bruder, der die anstrengende Kamera– und Schnittarbeit übernahm – ein sehr langwieriger Prozess. Dann sind da Matthias Heine und Maria Bock als Regieduo, die das Theaterstück zum Drehbuch umgeschrieben, mit den Schauspielern geprobt und den ganzen Film inszeniert haben. Zusammen mit Clemens sind sie wirklich komplett für das künstlerische Gewand des Projekts verantwortlich. Und ich bin diesmal derjenige, der schaut, dass das Projekt auf die Beine kommt, der leitet, organisiert, und zuständig ist, dass der Film im Kino läuft. Hinzukommen natürlich unsere lieben Schauspieler wie Florian Donath, Ruth-Maria Thomas, Kai Börner und Andrea Kulka und unsere Filmcrew, die vielen Helfer und Statisten bei den Dreharbeiten.
Daniel: Das heißt also seit dem Konturmag ist ziemlich viel Kenntnis an Projektmanagement dazugekommen.
Erik: Ja, deswegen heißt es ja auch Kontur-PROJEKT. Gerade für mich ist Projektmanagement mit seinen vielen Teilaspekten ein interessantes Thema. Ich hab ja auch noch ein bisschen was vor, nicht nur im Bereich Film sondern auch im Bereich soziales Engagement, Events, solche Sachen. Ich könnte mir später gut vorstellen, dass ich in ein paar Jahren nach einigen Filmen ein Startup daraus etabliere und eine Firma gründe, die es schafft nicht nur Gewinn orientiert zu arbeiten, sondern gleichsam soziales Engagement nicht nur in Form von Spenden, sondern in sozialer Projektarbeit zu wahren.
Daniel: Da sind wir auch schon bei einem anderen Thema: Fundraising. So heißt es ja heutzutage. Ressourcen organisieren, Geld vor allen Dingen. Auch noch ein neues Wort: Crowdfunding. Also ihr habt ein Projekt gestartet, wo viele Leute dazu beitragen, den Film oder besser gesagt die Promotion des Films zu finanzieren. Und ziemlich viele Leute sind ziemlich begeistert davon, dass es funktioniert hat.
Erik: Ach so? Ja?
Daniel: Ja, also das hab ich zu mindestens gehört. Weil das ja auch ein Beispiel sein kann, wie Kulturprojekte finanziert werden können. Aber wie seid ihr denn auf die Idee gekommen, oder was ist das genau?
Erik: Tja, Crowdfunding gibt’s seit vier, fünf Jahren und ist von Amerika herüber geschwappt. Da generiert es das fast mehr Umsatz als die Kulturförderung des Landes. Grundsätzlich geht’s bei Crowdfunding darum, wie du schon sagtest, dass mehrere Menschen über die Schwarmfinanzierung, also über kleinere Beiträge kreative, politische oder gemeinnützige Projekt vor- bzw. mitfinanzieren.
Ich selbst bin darauf über gute Projekte gekommen, die damit schon ordentlich Werbung gemacht haben. Und das ist auch das Wichtigste bei Crowdfunding: sich gut zu präsentieren und sein Projekt so transparent wie möglich zu gestalten. Also auch zu sagen, wie man das Geld ausgibt. Es gibt ganz viele Negativbeispiele, die nicht erfolgreich waren. Und es geht einher mit dem angebotenen Dankeschön. Dass die Leute auch eine Anerkennung, nen Mehrwert erhalten, wenn sie ein Projekt unterstützen ist Wichtig.
Daniel: Na, das kennt man aus dem Kapitalbereich: den „kulturellen Mehrwert“.
Erik: Naja, um noch mal was zu Crowdfunding zu erzählen – es war auch relativ schwierig das Projekt dort auf Startnext [Anm.: eine Crowdfundingplattform] einzustellen, denn es gibt mehrere Phasen, die man erreichen muss. Ich musste mein Projekt drei, viermal anpassen, um überhaupt erst die Finanzierungsphase zu erhalten. Jetzt bin ich glücklich dass alles hingehauen hat. Ich hatte etwas Angst, ob wir die 5000 Euro überhaupt im Ansatz erreichen. Schön ist es auch, dass wir quasi die ersten sind in Cottbus, die das gemacht haben. Bis auf Niederlausitz-aktuell.de die das in Forst und der Niederlausitz gemacht haben.
Daniel: Hmm, aber da hat’s ja nicht so richtig geklappt.
Erik: Ja, offiziell leider nicht. Intern weiß ich aber, dass ein Haufen Anfragen von Firmen und Personen kamen, die die Unterstützung nicht über die Plattform abwickeln wollten und damit das Projekt, wenn nicht offiziell, ein Erfolg für das Team war. Bei uns war das auch ähnlich. Der DGB, Adtower oder die Lausitzer Rundschau zum Beispiel haben uns als Sie davon Wind bekommen haben auch nebenbei gefördert, um nur Einige zu nennen. Interessant ist Crowdfunding ja vor allem für Privatpersonen.
Daniel: Jetzt hast du gesagt, im Wesentlichen hat das regional auch funktioniert mit der Unterstützung, oder sogar ziemlich gut funktioniert. Du bist jetzt in Cottbus groß geworden, hast hier deine Projekte gemacht, vom Praktikum, kleinen Magazinen und bist immer größer geworden – wird Cottbus irgendwann zu klein?
Erik: Ja, das Gefühl ist grad wirklich auch da. Das Problem ist nur, ich fühl’ mich sehr wohl in den Räumlichkeiten die ich hier gerade habe, auch mit meinem Umfeld. Aber ich merke, dass ich mich in einer gewissen Art von Stillstand befinde. Es dauert ja oft sehr lange so ein Projekt zu etablieren und oft kommt auch sehr viel Leerlauf rein.
Jetzt wär’ ja der nächste Schritt, entweder das was ich jetzt schaffe ewig weiterzumachen und immer größer und größer zu werden, bis ich dann wirklich tagtäglich früh auch zur Arbeit fahre und da meinen „Scheiß“ abarbeite… das kann ich aber mit meiner Vision nicht ganz vereinbaren. Ich würd’ gern nochmal das machen, was 18-19jährige grade machen, nach Australien fahren oder durch die Welt trampen. Ich habe das alles noch nicht erlebt, sondern mich seit meiner Schulzeit in Projekte geschmissen. Aber ich finde den Gedanken gut, so erlebe ich es derzeit auch bei einigen Leuten die nach Jahren wieder nach Cottbus kommen.
Daniel: … Also so etwas wie Gesellenjahre?
Erik: Ja genau, das kann ich mir vorstellen. Was eben auch Tischler machen, wenn sie 3 Jahre auf die Walz gehen. Ich würde es nicht ganz so lange machen, aber Ähnliches kann ich mir auch in der Kulturwirtschaft gut vorstellen. Dass man quasi durch die Lande zieht und bei Kreativfirmen anfragt, ob man für 1-3 Wochen dort arbeiten kann. Wegen mir gern auch für einen Hungerlohn oder nur was zu Essen und ‘ne Schlafmöglichkeit. Dann zieht man weiter. Ich bin der Meinung als Filmemacher und Regisseur braucht man Lebenserfahrungen, braucht Geschichten die man erzählen kann, braucht man so ein Menschenverständnis usw. Ja, das fehlt mir wohl noch etwas.
Daniel: Das heißt aber auch irgendwann zurückkommen.
Erik: Das ist die Frage. Cottbus ist ja so, zumindest am Tage, so ruhig, dass man… naja… wie soll mans sagen…also so – ist das schon ganz gut. Aber ich weiß nicht, ich kann mir auch vorstellen, im Norden an der Ostsee zu wohnen, weil ich die Ostsee mit seinen unterschiedlichen Erscheinungen sehr mag. Nur gerade gibt’s hier ja noch einiges zu tun.
Daniel: Ja – wir kriegen ja demnächst ‘nen Cottbuser Ostsee-vielleicht. Wenn es funktioniert – zieht’s dich wieder her.
Erik: Die zwanzig Jahre mag ich nicht warten. Oder vielleicht… ja, wenn in zwanzig Jahren der Ostsee da ist!
Daniel: Nun, das ist ja schon mal ein Deal. Aber was Konkretes – was kommt nach Holger und Hanna? Gut das ist jetzt bestimmt noch Stress, im März ist die Premiere im Weltspiegel.
Erik: … und dann wird das Projekt uns definitiv noch bis Ende des Jahres einnehmen, zumindest mich persönlich – da bin ich mir sicher. Weil wir nicht sofort starten, also mit einem Mal, sondern das kommt nacheinander. Nachdem die Premiere hier in Cottbus gelaufen ist wird der Film nacheinander in verschiedenen Kinos gezeigt, nicht gleichzeitig sondern Stück für Stück. Wir werden in Mecklenburg-Vorpommern ‘ne Rundreise machen durch kleinere Kinos, und sprechen nach dem Feedback der Cottbus-Premiere die Kinos in Deutschland an…
Daniel: Ok, du bist jetzt so mit dem Gemeinschaftsprojekt beschäftigt, dass noch nichts anderes in der Pipeline ist?
Erik: Vielleicht kann ich jetzt einfach noch nicht so wirklich viel erzählen dazu, eines nach dem andern. Es gibt aber ein kommendes Projekt, bei dem wir parallel am Stoff arbeiten, bei dem ich mich derzeit noch unregelmäßig mit einem Drehbuchschreiber aus Bautzen treffe, um einen Sorbenfilm auf die Beine zu stellen. Ich habe ja sorbische Wurzeln. Dummerweise kann ich die Sprache nicht sprechen, die Lebensart ist neben Zampern und Eierbemalen an mir vorbeigezogen. Idenditätsfindung zum einen, Heimatverlust, Traditionswahrung, Kohleförderung, diese Themen möchte ich neben einigen anderen aufgreifen, da es im Spielfilmbereich noch nicht hinreichend erzählt worden ist. Das kann dann auch politisch- und gesellschaftskritisch werden, wenn es sein muss.
Dort soll es sowieso mit den nächsten Filmen hingehen. Ich möchte zukünftig Filme drehen die Anecken und nicht nur zum Nachdenken über persönliche Strukturen anregen, sondern vor allem auch gesellschaftspolitische Diskurse ankurbeln.
Daniel: Ach, das wird schon noch, ich selbst bin ja Sympathiesorbe. Meinem Sorbischlehrer hatte ich mal gestanden, dass ich alles an Niedersorbisch vergessen hab, und er sagte dazu: „Wenn du alles vergessen hast, es zumindest aber mal gelernt hattest, dann bist du ein guter Sorbe!“ Also insofern kann das ja auch noch bei dir was werden. Hast du sonst noch irgendwas? Filmpremiere? Jetzt ist die Gelegenheit. Was willst du noch sagen?
Erik: Ich möchte mich bis hierher bei Maria, Clemens uns Heine, bei unserer Crew, unseren tollen Darstellern, sowie unseren zahlreichen Helfern und Unterstützern bedanken und lade alle ein, sich den Film ab dem 23. März im Weltspiegelkino anzusehen, damit wir es schaffen eine gute Startrampe zu bauen um den Film auch über die Grenzen von Cottbus hinaus auf die Leinwand zu bekommen. Und ich würd mich freuen, wenn sich bei unserem nächsten Projekt wieder viele Menschen dafür interessieren.
Daniel: Dann vielen Dank. Erik: Ich danke auch.
Das Interview wurde im Rahmen des EU-Projekts „Urban Creative Poles“ u.a. der BTU Cottbus gefördert.
Von einigen wird er als DER Cottbuser Filmemacher gehyped. In den lokalen Medien wird derzeit viel über ihn berichtet. Wir kennen Erik Schiesko noch als Praktikanten des Kulturmagazins Blicklicht und wollten wissen, was dazwischen passiert ist. Wie kam es dazu, was hat es mit Crowdfunding auf sich und was erwartet uns in Zukunft? Getroffen haben wir ihn dazu im Artifex, einem offenen Atelier in der Friedrich-Ebert-Straße in Cottbus. Und auch das ist eine relativ neue Location.
Das Interview führte Daniel Häfner, Redakteur des Kulturmagazins Blicklicht.
Daniel: Jetzt haben wir uns hier in einem Haus in der Friedrich-Ebert-Straße getroffen – Artifex heißt es – was ist das hier?
Erik: Nun, ich hab früher gern gezeichnet und Graffitis gesprüht und wollte das als Ausgleich nach jahrelanger Pause wieder machen. Dann habe ich bei Facebook gesehen, dass die Malerin Eka Orba, die unten eine Malschule betreibt, offene Ateliers anbietet. Ich hatte mir eigentlich darunter vorgestellt, dass ich einmal die Woche zum Malen komme, danach meine Staffelei stehen lasse und mich wieder meinen anderen Sachen zuwenden kann.
Das habe ich aber falsch verstanden – sozusagen. Sie hat Kurse angeboten – ich wollte aber einfach nur malen. Daraufhin hat sie mir diese krassen Atelierräume gezeigt. Gerade dieses Haus, dieser ganze Komplex, bietet mit seinen freien Räumlichkeiten noch so viele Möglichkeiten. Eka war da ähnlich aufgestellt und so kam es, dass das Artifex gegründet wurde, sie hat das sozusagen organisatorisch begleitet. Wir haben jetzt ne Malschule, eine Glaskunstwerkstatt, ne Holzwerkstatt, Siebdrucker, einen Fotografen, wir haben vier Künstler im Atelier und ich habe hier mein Filmbüro.
Daniel: Eigentlich war es also ein Missverständnis das zur Gründung von Artifex geführt hat, habe ich das richtig verstanden?
Erik: Na kein Missverständnis sondern eher eine andere Vorstellung vom Begriff „offenes Atelier“. Und was es jetzt ist, ist das, was ich unter dem Begriff „offenes Atelier“ verstehe: Das mehrere junge Künstler einen Raum gemeinsam nutzen und kommen können, wann sie wollen, um dort ihre Kunst zu machen und sich austauschen.
Daniel: Gut, springen wir noch einmal zurück – wir sind uns ja nicht unbekannt. Wir haben uns kennengelernt, da hab ich ein Magazin mit redigiert – KONTUR MAG hieß das – ein jüngeres Magazin, ist auch schon ein bisschen länger her. Jetzt wirst du eigentlich immer gehyped als junger Filmemacher aus Cottbus – oder DER junge Filmemacher aus Cottbus. Was liegt denn da dazwischen? Kontur heißt es ja immer noch…
Erik: Ja genau, Konturmag war der Anfang. Das war noch die Zeit vor Myspace und Facebook, die Zeit in der man sich noch nicht so eng vernetzen konnte wie man das heutzutage macht. In der vor allem regionale Kunst, oder seine Bilder nicht so schnell andere Leute erreichten. Deswegen haben wir das KonturMagazin gegründet, bei dem es darum ging, dass kreative Leute ihre Sachen veröffentlichen konnten um sie anderen zu zeigen. Und das haben wir halt mit nem Kumpel – mit Alex – mit dem ich danach auch noch viele Projekte gemacht hab, quasi aus dem „Underground“ heraus gegründet. Das war aber nur ne ganz mini Auflage mit 200 Stück, für uns aber eine große und interessante Erfahrung.
Daniel: Ok, und dann gleich zum Film?
Erik: Na Filme habe ich eigentlich schon davor und währenddessen gedreht. So war damals schon klar, dass relativ schnell aus dem Konturmag das Konturprojekt wurde. Durch Unterstützung vom Blattwerke e.V. wir Robert Amat Kreft und Jens Pittasch haben wir dann eine sogenannte Youthbank gegründet, Partys gefeiert, z.B. die KonturKONZERTE organisiert. Und dann gabs eben auch noch Konturfilme. Für mich war`s damals schon klar, dass ich später Spielfilme machen möchte. Das war eigentlich schon immer mein Ziel.
Daniel: (lacht) Dann ist es aber ungewöhnlich, mit nem Magazin anzufangen.
Erik: Ähm-ja. Als Regisseur muss man sich aber in vielen Bereichen auskennen, wie zum Beispiel in Kamera-, Regie-, Schauspiel- und Schnittarbeit oder die einzelnen Bereiche wie Dramaturgie, Musikverständnis oder Marketing. Ich wusste, dass ich da erst einmal überall rein blicken muss um zu verstehen wie es funktioniert, um dann alles zu sammeln. Da war die Arbeit am Magazin ganz gut, da konnte ich Recherche betreiben und erfahren wie man ein Thema bearbeitet. Oder bei Youthbank ging es darum Finanzierungsmodelle zu verstehen. Ich hab dann auch über 3 Jahre Theater im Piccolo Theater Cottbus gespielt, um zu schauen wie ein Schauspieler denkt – wie man dann als Regisseur mit nem Schauspieler arbeiten würde. Das war schon so, dass alles die Vorarbeit im Hinblick auf die Regiearbeit war. Das möchte ich aber gern noch ausbauen, indem ich nochmal studiere oder eben auf Wanderschaft gehe.
Daniel: Gut, aber bevor wir in die Zukunft schauen, vielleicht da noch der Punkt: Holger und Hanna – das neue Projekt. Was ist das und was erwartet uns da?
Erik: Uns erwartet ein amüsanter, witziger, sicherlich auch nachdenklicher Film. Diesmal mit einer anderen Ausrichtung. Ich will nicht nur Subkultur oder eine spezielle Zielgruppe ins Kino holen, sondern es ist der Versuch, eine Geschichte hier in Cottbus umzusetzen, die möglicherweise auch über die Grenzen von Cottbus funktionieren kann.
Daniel: Aber was ist das? Wieder ein Coming of Age – Film, wie „Blaue Stunde“?
Erik: Naja, „Blaue Stunde“… coming of age – ich würde sagen der Film bediente eher ein Subgenre. Ein Jugendlicher, der depressiv ist und seine erste Liebe erlebt. Bei Holger und Hanna haben wir mehrere Themenaspekte. Die Geschichte basiert auf dem Theaterstück, „Holger und Hanna und der ganze kranke Rest“, welches hier im Piccolo Theater lief – und da geht’s um die Patchwork, Trennung, Scheidung, um Familie, Selbstfindung eines Jugendlichen, um Liebe in unterschiedlichen Situationen. Erzählt wird dass alles von Holger, der sich in ein Mädel verknallt, aber sich dessen Eltern trennen und sein Vater, als alter Sack sozusagen (lacht), mit dem Holgers Schwarm zusammenkommt. Und er natürlich alles tun muss um das wieder hinzubiegen. Das heißt, die Eltern wieder zusammenbringen, damit das Mädchen sich in ihn verliebt…
Daniel: Nun, das Ende wollen wir ja jetzt nicht schon verraten, aber schauen wir mal, ob es ein Hollywood-Ende gibt.
Erik: Nee, nee.
Daniel: Aha, Cottbuser Enden sind also anders als die in Hollywood.
Erik: Naja, ich kann auf jeden Fall verraten, dass das Ende… unvorhersehbar ist. Es ist ein anderes Ende als im Theaterstück. Ich bin sehr gespannt wie’s ankommt. Das ist ja immer die große Frage, ob die Idee, die lange Zeit des Machens, ob das die Zuschauer dann auch interessiert. Aber ich bin jetzt schon etwas stolz auf das was wir geschafft haben. Ich habe neulich in Tarantinos Django gesessen und da kam davor unser Trailer auf großer Leinwand im Weltspiegel. Das war schon cool. Wenn du selbst im Publikum sitzt und alle schauen mit dir gemeinsam den eigenen Trailer an und es heißt „Hä? War das grad Cottbus?“. Schon schön. Aber es ist ja nicht nur ein Projekt von mir allein.
Daniel: Genau – das wär die nächste Frage: Wer hat das mit gemacht?
Erik: Das ist grundsätzlich ein Gemeinschaftsprojekt von einem harten Kern aus vier Leuten: Von Clemens Schiesko meinem Bruder, der die anstrengende Kamera– und Schnittarbeit übernahm – ein sehr langwieriger Prozess. Dann sind da Matthias Heine und Maria Bock als Regieduo, die das Theaterstück zum Drehbuch umgeschrieben, mit den Schauspielern geprobt und den ganzen Film inszeniert haben. Zusammen mit Clemens sind sie wirklich komplett für das künstlerische Gewand des Projekts verantwortlich. Und ich bin diesmal derjenige, der schaut, dass das Projekt auf die Beine kommt, der leitet, organisiert, und zuständig ist, dass der Film im Kino läuft. Hinzukommen natürlich unsere lieben Schauspieler wie Florian Donath, Ruth-Maria Thomas, Kai Börner und Andrea Kulka und unsere Filmcrew, die vielen Helfer und Statisten bei den Dreharbeiten.
Daniel: Das heißt also seit dem Konturmag ist ziemlich viel Kenntnis an Projektmanagement dazugekommen.
Erik: Ja, deswegen heißt es ja auch Kontur-PROJEKT. Gerade für mich ist Projektmanagement mit seinen vielen Teilaspekten ein interessantes Thema. Ich hab ja auch noch ein bisschen was vor, nicht nur im Bereich Film sondern auch im Bereich soziales Engagement, Events, solche Sachen. Ich könnte mir später gut vorstellen, dass ich in ein paar Jahren nach einigen Filmen ein Startup daraus etabliere und eine Firma gründe, die es schafft nicht nur Gewinn orientiert zu arbeiten, sondern gleichsam soziales Engagement nicht nur in Form von Spenden, sondern in sozialer Projektarbeit zu wahren.
Daniel: Da sind wir auch schon bei einem anderen Thema: Fundraising. So heißt es ja heutzutage. Ressourcen organisieren, Geld vor allen Dingen. Auch noch ein neues Wort: Crowdfunding. Also ihr habt ein Projekt gestartet, wo viele Leute dazu beitragen, den Film oder besser gesagt die Promotion des Films zu finanzieren. Und ziemlich viele Leute sind ziemlich begeistert davon, dass es funktioniert hat.
Erik: Ach so? Ja?
Daniel: Ja, also das hab ich zu mindestens gehört. Weil das ja auch ein Beispiel sein kann, wie Kulturprojekte finanziert werden können. Aber wie seid ihr denn auf die Idee gekommen, oder was ist das genau?
Erik: Tja, Crowdfunding gibt’s seit vier, fünf Jahren und ist von Amerika herüber geschwappt. Da generiert es das fast mehr Umsatz als die Kulturförderung des Landes. Grundsätzlich geht’s bei Crowdfunding darum, wie du schon sagtest, dass mehrere Menschen über die Schwarmfinanzierung, also über kleinere Beiträge kreative, politische oder gemeinnützige Projekt vor- bzw. mitfinanzieren.
Ich selbst bin darauf über gute Projekte gekommen, die damit schon ordentlich Werbung gemacht haben. Und das ist auch das Wichtigste bei Crowdfunding: sich gut zu präsentieren und sein Projekt so transparent wie möglich zu gestalten. Also auch zu sagen, wie man das Geld ausgibt. Es gibt ganz viele Negativbeispiele, die nicht erfolgreich waren. Und es geht einher mit dem angebotenen Dankeschön. Dass die Leute auch eine Anerkennung, nen Mehrwert erhalten, wenn sie ein Projekt unterstützen ist Wichtig.
Daniel: Na, das kennt man aus dem Kapitalbereich: den „kulturellen Mehrwert“.
Erik: Naja, um noch mal was zu Crowdfunding zu erzählen – es war auch relativ schwierig das Projekt dort auf Startnext [Anm.: eine Crowdfundingplattform] einzustellen, denn es gibt mehrere Phasen, die man erreichen muss. Ich musste mein Projekt drei, viermal anpassen, um überhaupt erst die Finanzierungsphase zu erhalten. Jetzt bin ich glücklich dass alles hingehauen hat. Ich hatte etwas Angst, ob wir die 5000 Euro überhaupt im Ansatz erreichen. Schön ist es auch, dass wir quasi die ersten sind in Cottbus, die das gemacht haben. Bis auf Niederlausitz-aktuell.de die das in Forst und der Niederlausitz gemacht haben.
Daniel: Hmm, aber da hat’s ja nicht so richtig geklappt.
Erik: Ja, offiziell leider nicht. Intern weiß ich aber, dass ein Haufen Anfragen von Firmen und Personen kamen, die die Unterstützung nicht über die Plattform abwickeln wollten und damit das Projekt, wenn nicht offiziell, ein Erfolg für das Team war. Bei uns war das auch ähnlich. Der DGB, Adtower oder die Lausitzer Rundschau zum Beispiel haben uns als Sie davon Wind bekommen haben auch nebenbei gefördert, um nur Einige zu nennen. Interessant ist Crowdfunding ja vor allem für Privatpersonen.
Daniel: Jetzt hast du gesagt, im Wesentlichen hat das regional auch funktioniert mit der Unterstützung, oder sogar ziemlich gut funktioniert. Du bist jetzt in Cottbus groß geworden, hast hier deine Projekte gemacht, vom Praktikum, kleinen Magazinen und bist immer größer geworden – wird Cottbus irgendwann zu klein?
Erik: Ja, das Gefühl ist grad wirklich auch da. Das Problem ist nur, ich fühl’ mich sehr wohl in den Räumlichkeiten die ich hier gerade habe, auch mit meinem Umfeld. Aber ich merke, dass ich mich in einer gewissen Art von Stillstand befinde. Es dauert ja oft sehr lange so ein Projekt zu etablieren und oft kommt auch sehr viel Leerlauf rein.
Jetzt wär’ ja der nächste Schritt, entweder das was ich jetzt schaffe ewig weiterzumachen und immer größer und größer zu werden, bis ich dann wirklich tagtäglich früh auch zur Arbeit fahre und da meinen „Scheiß“ abarbeite… das kann ich aber mit meiner Vision nicht ganz vereinbaren. Ich würd’ gern nochmal das machen, was 18-19jährige grade machen, nach Australien fahren oder durch die Welt trampen. Ich habe das alles noch nicht erlebt, sondern mich seit meiner Schulzeit in Projekte geschmissen. Aber ich finde den Gedanken gut, so erlebe ich es derzeit auch bei einigen Leuten die nach Jahren wieder nach Cottbus kommen.
Daniel: … Also so etwas wie Gesellenjahre?
Erik: Ja genau, das kann ich mir vorstellen. Was eben auch Tischler machen, wenn sie 3 Jahre auf die Walz gehen. Ich würde es nicht ganz so lange machen, aber Ähnliches kann ich mir auch in der Kulturwirtschaft gut vorstellen. Dass man quasi durch die Lande zieht und bei Kreativfirmen anfragt, ob man für 1-3 Wochen dort arbeiten kann. Wegen mir gern auch für einen Hungerlohn oder nur was zu Essen und ‘ne Schlafmöglichkeit. Dann zieht man weiter. Ich bin der Meinung als Filmemacher und Regisseur braucht man Lebenserfahrungen, braucht Geschichten die man erzählen kann, braucht man so ein Menschenverständnis usw. Ja, das fehlt mir wohl noch etwas.
Daniel: Das heißt aber auch irgendwann zurückkommen.
Erik: Das ist die Frage. Cottbus ist ja so, zumindest am Tage, so ruhig, dass man… naja… wie soll mans sagen…also so – ist das schon ganz gut. Aber ich weiß nicht, ich kann mir auch vorstellen, im Norden an der Ostsee zu wohnen, weil ich die Ostsee mit seinen unterschiedlichen Erscheinungen sehr mag. Nur gerade gibt’s hier ja noch einiges zu tun.
Daniel: Ja – wir kriegen ja demnächst ‘nen Cottbuser Ostsee-vielleicht. Wenn es funktioniert – zieht’s dich wieder her.
Erik: Die zwanzig Jahre mag ich nicht warten. Oder vielleicht… ja, wenn in zwanzig Jahren der Ostsee da ist!
Daniel: Nun, das ist ja schon mal ein Deal. Aber was Konkretes – was kommt nach Holger und Hanna? Gut das ist jetzt bestimmt noch Stress, im März ist die Premiere im Weltspiegel.
Erik: … und dann wird das Projekt uns definitiv noch bis Ende des Jahres einnehmen, zumindest mich persönlich – da bin ich mir sicher. Weil wir nicht sofort starten, also mit einem Mal, sondern das kommt nacheinander. Nachdem die Premiere hier in Cottbus gelaufen ist wird der Film nacheinander in verschiedenen Kinos gezeigt, nicht gleichzeitig sondern Stück für Stück. Wir werden in Mecklenburg-Vorpommern ‘ne Rundreise machen durch kleinere Kinos, und sprechen nach dem Feedback der Cottbus-Premiere die Kinos in Deutschland an…
Daniel: Ok, du bist jetzt so mit dem Gemeinschaftsprojekt beschäftigt, dass noch nichts anderes in der Pipeline ist?
Erik: Vielleicht kann ich jetzt einfach noch nicht so wirklich viel erzählen dazu, eines nach dem andern. Es gibt aber ein kommendes Projekt, bei dem wir parallel am Stoff arbeiten, bei dem ich mich derzeit noch unregelmäßig mit einem Drehbuchschreiber aus Bautzen treffe, um einen Sorbenfilm auf die Beine zu stellen. Ich habe ja sorbische Wurzeln. Dummerweise kann ich die Sprache nicht sprechen, die Lebensart ist neben Zampern und Eierbemalen an mir vorbeigezogen. Idenditätsfindung zum einen, Heimatverlust, Traditionswahrung, Kohleförderung, diese Themen möchte ich neben einigen anderen aufgreifen, da es im Spielfilmbereich noch nicht hinreichend erzählt worden ist. Das kann dann auch politisch- und gesellschaftskritisch werden, wenn es sein muss.
Dort soll es sowieso mit den nächsten Filmen hingehen. Ich möchte zukünftig Filme drehen die Anecken und nicht nur zum Nachdenken über persönliche Strukturen anregen, sondern vor allem auch gesellschaftspolitische Diskurse ankurbeln.
Daniel: Ach, das wird schon noch, ich selbst bin ja Sympathiesorbe. Meinem Sorbischlehrer hatte ich mal gestanden, dass ich alles an Niedersorbisch vergessen hab, und er sagte dazu: „Wenn du alles vergessen hast, es zumindest aber mal gelernt hattest, dann bist du ein guter Sorbe!“ Also insofern kann das ja auch noch bei dir was werden. Hast du sonst noch irgendwas? Filmpremiere? Jetzt ist die Gelegenheit. Was willst du noch sagen?
Erik: Ich möchte mich bis hierher bei Maria, Clemens uns Heine, bei unserer Crew, unseren tollen Darstellern, sowie unseren zahlreichen Helfern und Unterstützern bedanken und lade alle ein, sich den Film ab dem 23. März im Weltspiegelkino anzusehen, damit wir es schaffen eine gute Startrampe zu bauen um den Film auch über die Grenzen von Cottbus hinaus auf die Leinwand zu bekommen. Und ich würd mich freuen, wenn sich bei unserem nächsten Projekt wieder viele Menschen dafür interessieren.
Daniel: Dann vielen Dank. Erik: Ich danke auch.
Das Interview wurde im Rahmen des EU-Projekts „Urban Creative Poles“ u.a. der BTU Cottbus gefördert.
Von einigen wird er als DER Cottbuser Filmemacher gehyped. In den lokalen Medien wird derzeit viel über ihn berichtet. Wir kennen Erik Schiesko noch als Praktikanten des Kulturmagazins Blicklicht und wollten wissen, was dazwischen passiert ist. Wie kam es dazu, was hat es mit Crowdfunding auf sich und was erwartet uns in Zukunft? Getroffen haben wir ihn dazu im Artifex, einem offenen Atelier in der Friedrich-Ebert-Straße in Cottbus. Und auch das ist eine relativ neue Location.
Das Interview führte Daniel Häfner, Redakteur des Kulturmagazins Blicklicht.
Daniel: Jetzt haben wir uns hier in einem Haus in der Friedrich-Ebert-Straße getroffen – Artifex heißt es – was ist das hier?
Erik: Nun, ich hab früher gern gezeichnet und Graffitis gesprüht und wollte das als Ausgleich nach jahrelanger Pause wieder machen. Dann habe ich bei Facebook gesehen, dass die Malerin Eka Orba, die unten eine Malschule betreibt, offene Ateliers anbietet. Ich hatte mir eigentlich darunter vorgestellt, dass ich einmal die Woche zum Malen komme, danach meine Staffelei stehen lasse und mich wieder meinen anderen Sachen zuwenden kann.
Das habe ich aber falsch verstanden – sozusagen. Sie hat Kurse angeboten – ich wollte aber einfach nur malen. Daraufhin hat sie mir diese krassen Atelierräume gezeigt. Gerade dieses Haus, dieser ganze Komplex, bietet mit seinen freien Räumlichkeiten noch so viele Möglichkeiten. Eka war da ähnlich aufgestellt und so kam es, dass das Artifex gegründet wurde, sie hat das sozusagen organisatorisch begleitet. Wir haben jetzt ne Malschule, eine Glaskunstwerkstatt, ne Holzwerkstatt, Siebdrucker, einen Fotografen, wir haben vier Künstler im Atelier und ich habe hier mein Filmbüro.
Daniel: Eigentlich war es also ein Missverständnis das zur Gründung von Artifex geführt hat, habe ich das richtig verstanden?
Erik: Na kein Missverständnis sondern eher eine andere Vorstellung vom Begriff „offenes Atelier“. Und was es jetzt ist, ist das, was ich unter dem Begriff „offenes Atelier“ verstehe: Das mehrere junge Künstler einen Raum gemeinsam nutzen und kommen können, wann sie wollen, um dort ihre Kunst zu machen und sich austauschen.
Daniel: Gut, springen wir noch einmal zurück – wir sind uns ja nicht unbekannt. Wir haben uns kennengelernt, da hab ich ein Magazin mit redigiert – KONTUR MAG hieß das – ein jüngeres Magazin, ist auch schon ein bisschen länger her. Jetzt wirst du eigentlich immer gehyped als junger Filmemacher aus Cottbus – oder DER junge Filmemacher aus Cottbus. Was liegt denn da dazwischen? Kontur heißt es ja immer noch…
Erik: Ja genau, Konturmag war der Anfang. Das war noch die Zeit vor Myspace und Facebook, die Zeit in der man sich noch nicht so eng vernetzen konnte wie man das heutzutage macht. In der vor allem regionale Kunst, oder seine Bilder nicht so schnell andere Leute erreichten. Deswegen haben wir das KonturMagazin gegründet, bei dem es darum ging, dass kreative Leute ihre Sachen veröffentlichen konnten um sie anderen zu zeigen. Und das haben wir halt mit nem Kumpel – mit Alex – mit dem ich danach auch noch viele Projekte gemacht hab, quasi aus dem „Underground“ heraus gegründet. Das war aber nur ne ganz mini Auflage mit 200 Stück, für uns aber eine große und interessante Erfahrung.
Daniel: Ok, und dann gleich zum Film?
Erik: Na Filme habe ich eigentlich schon davor und währenddessen gedreht. So war damals schon klar, dass relativ schnell aus dem Konturmag das Konturprojekt wurde. Durch Unterstützung vom Blattwerke e.V. wir Robert Amat Kreft und Jens Pittasch haben wir dann eine sogenannte Youthbank gegründet, Partys gefeiert, z.B. die KonturKONZERTE organisiert. Und dann gabs eben auch noch Konturfilme. Für mich war`s damals schon klar, dass ich später Spielfilme machen möchte. Das war eigentlich schon immer mein Ziel.
Daniel: (lacht) Dann ist es aber ungewöhnlich, mit nem Magazin anzufangen.
Erik: Ähm-ja. Als Regisseur muss man sich aber in vielen Bereichen auskennen, wie zum Beispiel in Kamera-, Regie-, Schauspiel- und Schnittarbeit oder die einzelnen Bereiche wie Dramaturgie, Musikverständnis oder Marketing. Ich wusste, dass ich da erst einmal überall rein blicken muss um zu verstehen wie es funktioniert, um dann alles zu sammeln. Da war die Arbeit am Magazin ganz gut, da konnte ich Recherche betreiben und erfahren wie man ein Thema bearbeitet. Oder bei Youthbank ging es darum Finanzierungsmodelle zu verstehen. Ich hab dann auch über 3 Jahre Theater im Piccolo Theater Cottbus gespielt, um zu schauen wie ein Schauspieler denkt – wie man dann als Regisseur mit nem Schauspieler arbeiten würde. Das war schon so, dass alles die Vorarbeit im Hinblick auf die Regiearbeit war. Das möchte ich aber gern noch ausbauen, indem ich nochmal studiere oder eben auf Wanderschaft gehe.
Daniel: Gut, aber bevor wir in die Zukunft schauen, vielleicht da noch der Punkt: Holger und Hanna – das neue Projekt. Was ist das und was erwartet uns da?
Erik: Uns erwartet ein amüsanter, witziger, sicherlich auch nachdenklicher Film. Diesmal mit einer anderen Ausrichtung. Ich will nicht nur Subkultur oder eine spezielle Zielgruppe ins Kino holen, sondern es ist der Versuch, eine Geschichte hier in Cottbus umzusetzen, die möglicherweise auch über die Grenzen von Cottbus funktionieren kann.
Daniel: Aber was ist das? Wieder ein Coming of Age – Film, wie „Blaue Stunde“?
Erik: Naja, „Blaue Stunde“… coming of age – ich würde sagen der Film bediente eher ein Subgenre. Ein Jugendlicher, der depressiv ist und seine erste Liebe erlebt. Bei Holger und Hanna haben wir mehrere Themenaspekte. Die Geschichte basiert auf dem Theaterstück, „Holger und Hanna und der ganze kranke Rest“, welches hier im Piccolo Theater lief – und da geht’s um die Patchwork, Trennung, Scheidung, um Familie, Selbstfindung eines Jugendlichen, um Liebe in unterschiedlichen Situationen. Erzählt wird dass alles von Holger, der sich in ein Mädel verknallt, aber sich dessen Eltern trennen und sein Vater, als alter Sack sozusagen (lacht), mit dem Holgers Schwarm zusammenkommt. Und er natürlich alles tun muss um das wieder hinzubiegen. Das heißt, die Eltern wieder zusammenbringen, damit das Mädchen sich in ihn verliebt…
Daniel: Nun, das Ende wollen wir ja jetzt nicht schon verraten, aber schauen wir mal, ob es ein Hollywood-Ende gibt.
Erik: Nee, nee.
Daniel: Aha, Cottbuser Enden sind also anders als die in Hollywood.
Erik: Naja, ich kann auf jeden Fall verraten, dass das Ende… unvorhersehbar ist. Es ist ein anderes Ende als im Theaterstück. Ich bin sehr gespannt wie’s ankommt. Das ist ja immer die große Frage, ob die Idee, die lange Zeit des Machens, ob das die Zuschauer dann auch interessiert. Aber ich bin jetzt schon etwas stolz auf das was wir geschafft haben. Ich habe neulich in Tarantinos Django gesessen und da kam davor unser Trailer auf großer Leinwand im Weltspiegel. Das war schon cool. Wenn du selbst im Publikum sitzt und alle schauen mit dir gemeinsam den eigenen Trailer an und es heißt „Hä? War das grad Cottbus?“. Schon schön. Aber es ist ja nicht nur ein Projekt von mir allein.
Daniel: Genau – das wär die nächste Frage: Wer hat das mit gemacht?
Erik: Das ist grundsätzlich ein Gemeinschaftsprojekt von einem harten Kern aus vier Leuten: Von Clemens Schiesko meinem Bruder, der die anstrengende Kamera– und Schnittarbeit übernahm – ein sehr langwieriger Prozess. Dann sind da Matthias Heine und Maria Bock als Regieduo, die das Theaterstück zum Drehbuch umgeschrieben, mit den Schauspielern geprobt und den ganzen Film inszeniert haben. Zusammen mit Clemens sind sie wirklich komplett für das künstlerische Gewand des Projekts verantwortlich. Und ich bin diesmal derjenige, der schaut, dass das Projekt auf die Beine kommt, der leitet, organisiert, und zuständig ist, dass der Film im Kino läuft. Hinzukommen natürlich unsere lieben Schauspieler wie Florian Donath, Ruth-Maria Thomas, Kai Börner und Andrea Kulka und unsere Filmcrew, die vielen Helfer und Statisten bei den Dreharbeiten.
Daniel: Das heißt also seit dem Konturmag ist ziemlich viel Kenntnis an Projektmanagement dazugekommen.
Erik: Ja, deswegen heißt es ja auch Kontur-PROJEKT. Gerade für mich ist Projektmanagement mit seinen vielen Teilaspekten ein interessantes Thema. Ich hab ja auch noch ein bisschen was vor, nicht nur im Bereich Film sondern auch im Bereich soziales Engagement, Events, solche Sachen. Ich könnte mir später gut vorstellen, dass ich in ein paar Jahren nach einigen Filmen ein Startup daraus etabliere und eine Firma gründe, die es schafft nicht nur Gewinn orientiert zu arbeiten, sondern gleichsam soziales Engagement nicht nur in Form von Spenden, sondern in sozialer Projektarbeit zu wahren.
Daniel: Da sind wir auch schon bei einem anderen Thema: Fundraising. So heißt es ja heutzutage. Ressourcen organisieren, Geld vor allen Dingen. Auch noch ein neues Wort: Crowdfunding. Also ihr habt ein Projekt gestartet, wo viele Leute dazu beitragen, den Film oder besser gesagt die Promotion des Films zu finanzieren. Und ziemlich viele Leute sind ziemlich begeistert davon, dass es funktioniert hat.
Erik: Ach so? Ja?
Daniel: Ja, also das hab ich zu mindestens gehört. Weil das ja auch ein Beispiel sein kann, wie Kulturprojekte finanziert werden können. Aber wie seid ihr denn auf die Idee gekommen, oder was ist das genau?
Erik: Tja, Crowdfunding gibt’s seit vier, fünf Jahren und ist von Amerika herüber geschwappt. Da generiert es das fast mehr Umsatz als die Kulturförderung des Landes. Grundsätzlich geht’s bei Crowdfunding darum, wie du schon sagtest, dass mehrere Menschen über die Schwarmfinanzierung, also über kleinere Beiträge kreative, politische oder gemeinnützige Projekt vor- bzw. mitfinanzieren.
Ich selbst bin darauf über gute Projekte gekommen, die damit schon ordentlich Werbung gemacht haben. Und das ist auch das Wichtigste bei Crowdfunding: sich gut zu präsentieren und sein Projekt so transparent wie möglich zu gestalten. Also auch zu sagen, wie man das Geld ausgibt. Es gibt ganz viele Negativbeispiele, die nicht erfolgreich waren. Und es geht einher mit dem angebotenen Dankeschön. Dass die Leute auch eine Anerkennung, nen Mehrwert erhalten, wenn sie ein Projekt unterstützen ist Wichtig.
Daniel: Na, das kennt man aus dem Kapitalbereich: den „kulturellen Mehrwert“.
Erik: Naja, um noch mal was zu Crowdfunding zu erzählen – es war auch relativ schwierig das Projekt dort auf Startnext [Anm.: eine Crowdfundingplattform] einzustellen, denn es gibt mehrere Phasen, die man erreichen muss. Ich musste mein Projekt drei, viermal anpassen, um überhaupt erst die Finanzierungsphase zu erhalten. Jetzt bin ich glücklich dass alles hingehauen hat. Ich hatte etwas Angst, ob wir die 5000 Euro überhaupt im Ansatz erreichen. Schön ist es auch, dass wir quasi die ersten sind in Cottbus, die das gemacht haben. Bis auf Niederlausitz-aktuell.de die das in Forst und der Niederlausitz gemacht haben.
Daniel: Hmm, aber da hat’s ja nicht so richtig geklappt.
Erik: Ja, offiziell leider nicht. Intern weiß ich aber, dass ein Haufen Anfragen von Firmen und Personen kamen, die die Unterstützung nicht über die Plattform abwickeln wollten und damit das Projekt, wenn nicht offiziell, ein Erfolg für das Team war. Bei uns war das auch ähnlich. Der DGB, Adtower oder die Lausitzer Rundschau zum Beispiel haben uns als Sie davon Wind bekommen haben auch nebenbei gefördert, um nur Einige zu nennen. Interessant ist Crowdfunding ja vor allem für Privatpersonen.
Daniel: Jetzt hast du gesagt, im Wesentlichen hat das regional auch funktioniert mit der Unterstützung, oder sogar ziemlich gut funktioniert. Du bist jetzt in Cottbus groß geworden, hast hier deine Projekte gemacht, vom Praktikum, kleinen Magazinen und bist immer größer geworden – wird Cottbus irgendwann zu klein?
Erik: Ja, das Gefühl ist grad wirklich auch da. Das Problem ist nur, ich fühl’ mich sehr wohl in den Räumlichkeiten die ich hier gerade habe, auch mit meinem Umfeld. Aber ich merke, dass ich mich in einer gewissen Art von Stillstand befinde. Es dauert ja oft sehr lange so ein Projekt zu etablieren und oft kommt auch sehr viel Leerlauf rein.
Jetzt wär’ ja der nächste Schritt, entweder das was ich jetzt schaffe ewig weiterzumachen und immer größer und größer zu werden, bis ich dann wirklich tagtäglich früh auch zur Arbeit fahre und da meinen „Scheiß“ abarbeite… das kann ich aber mit meiner Vision nicht ganz vereinbaren. Ich würd’ gern nochmal das machen, was 18-19jährige grade machen, nach Australien fahren oder durch die Welt trampen. Ich habe das alles noch nicht erlebt, sondern mich seit meiner Schulzeit in Projekte geschmissen. Aber ich finde den Gedanken gut, so erlebe ich es derzeit auch bei einigen Leuten die nach Jahren wieder nach Cottbus kommen.
Daniel: … Also so etwas wie Gesellenjahre?
Erik: Ja genau, das kann ich mir vorstellen. Was eben auch Tischler machen, wenn sie 3 Jahre auf die Walz gehen. Ich würde es nicht ganz so lange machen, aber Ähnliches kann ich mir auch in der Kulturwirtschaft gut vorstellen. Dass man quasi durch die Lande zieht und bei Kreativfirmen anfragt, ob man für 1-3 Wochen dort arbeiten kann. Wegen mir gern auch für einen Hungerlohn oder nur was zu Essen und ‘ne Schlafmöglichkeit. Dann zieht man weiter. Ich bin der Meinung als Filmemacher und Regisseur braucht man Lebenserfahrungen, braucht Geschichten die man erzählen kann, braucht man so ein Menschenverständnis usw. Ja, das fehlt mir wohl noch etwas.
Daniel: Das heißt aber auch irgendwann zurückkommen.
Erik: Das ist die Frage. Cottbus ist ja so, zumindest am Tage, so ruhig, dass man… naja… wie soll mans sagen…also so – ist das schon ganz gut. Aber ich weiß nicht, ich kann mir auch vorstellen, im Norden an der Ostsee zu wohnen, weil ich die Ostsee mit seinen unterschiedlichen Erscheinungen sehr mag. Nur gerade gibt’s hier ja noch einiges zu tun.
Daniel: Ja – wir kriegen ja demnächst ‘nen Cottbuser Ostsee-vielleicht. Wenn es funktioniert – zieht’s dich wieder her.
Erik: Die zwanzig Jahre mag ich nicht warten. Oder vielleicht… ja, wenn in zwanzig Jahren der Ostsee da ist!
Daniel: Nun, das ist ja schon mal ein Deal. Aber was Konkretes – was kommt nach Holger und Hanna? Gut das ist jetzt bestimmt noch Stress, im März ist die Premiere im Weltspiegel.
Erik: … und dann wird das Projekt uns definitiv noch bis Ende des Jahres einnehmen, zumindest mich persönlich – da bin ich mir sicher. Weil wir nicht sofort starten, also mit einem Mal, sondern das kommt nacheinander. Nachdem die Premiere hier in Cottbus gelaufen ist wird der Film nacheinander in verschiedenen Kinos gezeigt, nicht gleichzeitig sondern Stück für Stück. Wir werden in Mecklenburg-Vorpommern ‘ne Rundreise machen durch kleinere Kinos, und sprechen nach dem Feedback der Cottbus-Premiere die Kinos in Deutschland an…
Daniel: Ok, du bist jetzt so mit dem Gemeinschaftsprojekt beschäftigt, dass noch nichts anderes in der Pipeline ist?
Erik: Vielleicht kann ich jetzt einfach noch nicht so wirklich viel erzählen dazu, eines nach dem andern. Es gibt aber ein kommendes Projekt, bei dem wir parallel am Stoff arbeiten, bei dem ich mich derzeit noch unregelmäßig mit einem Drehbuchschreiber aus Bautzen treffe, um einen Sorbenfilm auf die Beine zu stellen. Ich habe ja sorbische Wurzeln. Dummerweise kann ich die Sprache nicht sprechen, die Lebensart ist neben Zampern und Eierbemalen an mir vorbeigezogen. Idenditätsfindung zum einen, Heimatverlust, Traditionswahrung, Kohleförderung, diese Themen möchte ich neben einigen anderen aufgreifen, da es im Spielfilmbereich noch nicht hinreichend erzählt worden ist. Das kann dann auch politisch- und gesellschaftskritisch werden, wenn es sein muss.
Dort soll es sowieso mit den nächsten Filmen hingehen. Ich möchte zukünftig Filme drehen die Anecken und nicht nur zum Nachdenken über persönliche Strukturen anregen, sondern vor allem auch gesellschaftspolitische Diskurse ankurbeln.
Daniel: Ach, das wird schon noch, ich selbst bin ja Sympathiesorbe. Meinem Sorbischlehrer hatte ich mal gestanden, dass ich alles an Niedersorbisch vergessen hab, und er sagte dazu: „Wenn du alles vergessen hast, es zumindest aber mal gelernt hattest, dann bist du ein guter Sorbe!“ Also insofern kann das ja auch noch bei dir was werden. Hast du sonst noch irgendwas? Filmpremiere? Jetzt ist die Gelegenheit. Was willst du noch sagen?
Erik: Ich möchte mich bis hierher bei Maria, Clemens uns Heine, bei unserer Crew, unseren tollen Darstellern, sowie unseren zahlreichen Helfern und Unterstützern bedanken und lade alle ein, sich den Film ab dem 23. März im Weltspiegelkino anzusehen, damit wir es schaffen eine gute Startrampe zu bauen um den Film auch über die Grenzen von Cottbus hinaus auf die Leinwand zu bekommen. Und ich würd mich freuen, wenn sich bei unserem nächsten Projekt wieder viele Menschen dafür interessieren.
Daniel: Dann vielen Dank. Erik: Ich danke auch.
Das Interview wurde im Rahmen des EU-Projekts „Urban Creative Poles“ u.a. der BTU Cottbus gefördert.