Zu dem neuen Erzählungsband von Erika Wollanik
Wenn man es authentisch nennt, dass jemand wahrhaft und unverstellt Zeugnis ablegt, dann sind die Texte von Erika Wollanik in ihrem neuen Erzählungsband „Zusammengesperrt“ authentisch. Die sieben Erzählungen und die sechs dazwischengestellten Gedichte bilden unverkennbar eine Einheit, auch wenn die angesprochenen Themen durchaus verschieden sind. Verstärkt wird der Eindruck der Ganzheitlichkeit noch durch die Grafiken, die wiederum zu jedem der sechs Gedichte gehören.
Von Anfang an stellt sich beim Lesen der Eindruck von Zuverlässigkeit ein. Man muss nicht befürchten, dass man wegen einer inhaltlichen oder formalen Uneindeutigkeit ins Stocken gerät. Diese Zuverlässigkeit hat vor allem mit dem Sprachrhythmus und der Sprachmelodie zu tun. Sie tragen. Jedes Wort, jeder Satz hält dem ungestörten Lesefluss stand. Das kommt jedoch nicht von ungefähr. Als Insider ahnt man vielleicht, dass nur aufwendige, intensive Arbeit am Text dazu führt, dass selbst eine kompliziertere, schwer zu fassenden Aussage letztendlich doch wieder unauffällig und leicht erscheint.
Die sprachliche Sorgfaltspflicht gilt auch dann, wenn wie in „Margeritenhof“ der Rahmen der überprüfbaren Realität verlassen und ins Fiktive übergegangen wird. Etwas Ähnliches ist zwar auch bei „Moneypoly“ der Fall, dort jedoch nimmt die Endaussage deutlicher auf vergleichbare, hinlänglich bekannte gesellschaftliche Vorgänge Bezug.
Wer Geschichten mit chronologisch ablaufenden Handlungen oder Gedanken mag, der hat allerdings bei „Im Treibhaus“ seine Schwierigkeiten, und wem gerade diese Geschichte am meisten gefällt, dem könnten die anderen Geschichten dagegen flacher erscheinen. Während diese eindimensional und nachvollziehbar erzählt werden, wendet die Autorin im „Treibhaus“ ein komplizierteres Erzählverfahren an. Im Verlauf der Geschichte werden Instanzen wie Ich-Erzähler, Protagonist und Leser unterschieden, sogar der Zustand des Autors während des Arbeitsablaufes wird einkalkuliert. Diesem Verfahren soll eine innere Logik zugrunde liegen, nämlich die, dass eine Geschichte eigentlich immer auf mehreren Ebenen spielt, was sich bei einer herkömmlichen Erzählweise nicht darstellen lässt, weil dort kompliziertere innere Abläufe nicht berücksichtigen werden können.
Zu der Geschichte „Im Treibhaus“ liegt dem Rezensenten (neben freundlichen Worten zum Buch und zur gesamten Erzählung) eine Einwendung von der Liedermacherin Bettina Wegner vor. Sie betrifft eine Passage, in welcher ein Konzert von ihr zum Gegenstand der Erzählung geworden ist, und Sie beanstandet den laxen Umgang der Autorin mit dem Zitieren. In Umkehrung zu dem derzeit viel diskutierten Plagiat hat die Autorin in ihrem Buch nämlich etwas als Zitat gekennzeichnet, was von Bettina Wegner so gar nicht gesagt worden ist. „Nie aber auch wirklich NIE“, schreibt Bettina Wegner in einem kleinen Briefwechsel zwischen ihr und der Autorin dazu, „hätte ich an mein Publikum die Worte ‚Gefährten und Fans’ gerichtet.“ So aber hat die Autorin sie fälschlicherweise zitiert. Bei etwas mehr Empathie und sorgsamerem Recherchieren hätte die Autorin selbst, und zwar rechtzeitig, darauf kommen können, dass diese Ausdrucksweise nicht dem Stil und der Art von Bettina Wegner entspricht. Da der Text gedruckt ist und sich nicht mehr ändern lässt, sollte die Erwähnung dessen in dieser Rezension, wenn schon nicht als Richtigstellung, so doch als Entschuldigung der Autorin für diesen Fehler genommen werden.
Erwähnenswert ist in diesem besonderen Fall das Layout des Büchleins. Es trägt auf der Titelseite das langjährige Markenzeichen der Autorin: Den roten Punkt. Er tritt diesmal in Form der knallroten Nachbildung eines Bluttropfens auf einer ansonsten in Schwarz-grau-Tönen gehaltenen Röntgenaufnahme in Erscheinung und verleiht dem BuchLayout ein wenig vom Ansehen eines xxxxThrillers. In einer limitierten Ausgabe ist dieser rote Punkt von der Autorin handgetropft. Dies wird in einem Zertifikat bestätigt, welches als schön gestaltetes Lesezeichen beigelegt ist. Diese Idee steigert Wert des Bandes, besonders dann, wenn man ihn verschenken will.
Viele der geschilderten Situationen und Gedanken in den einzelnen Erzählungen kann man gut nachvollziehen. Zum Beispiel wenn von einem längeren Krankenhausaufenthalt und dem dabei unausweichlichen Zusammengesperrtsein in einem Zweibettzimmer die Rede ist. Hierher gehört auch die Röntgenhand auf der Titelseite. Sowohl in den Prosatexten als auch bei den Gedichten gibt es sozial- und gesellschaftskritische Texte und diese nicht als fromme Betrachtungen, sondern als knallharte Beschreibung einer knallhart erlebten Wirklichkeit. Besonders hierin sind die Texte wahrhaftig und authentisch, so dass man sich ihrer Wirkung beim Lesen nur schwerlich entziehen kann.
Dementsprechend bleibt auch alles Philosophieren über den Sinn der Geschichten graue Theorie – es sei denn, man nimmt sich im Anschluss das Büchlein zur Hand und liest selbst.
Erika Wollanik: „Zusammengesperrt“
Einige sehr unterschiedliche Geschichten
Verlag Die Furt Jacobsdorf, 2010,
119 S., 9,50 (12,50) EUR
Zu dem neuen Erzählungsband von Erika Wollanik
Wenn man es authentisch nennt, dass jemand wahrhaft und unverstellt Zeugnis ablegt, dann sind die Texte von Erika Wollanik in ihrem neuen Erzählungsband „Zusammengesperrt“ authentisch. Die sieben Erzählungen und die sechs dazwischengestellten Gedichte bilden unverkennbar eine Einheit, auch wenn die angesprochenen Themen durchaus verschieden sind. Verstärkt wird der Eindruck der Ganzheitlichkeit noch durch die Grafiken, die wiederum zu jedem der sechs Gedichte gehören.
Von Anfang an stellt sich beim Lesen der Eindruck von Zuverlässigkeit ein. Man muss nicht befürchten, dass man wegen einer inhaltlichen oder formalen Uneindeutigkeit ins Stocken gerät. Diese Zuverlässigkeit hat vor allem mit dem Sprachrhythmus und der Sprachmelodie zu tun. Sie tragen. Jedes Wort, jeder Satz hält dem ungestörten Lesefluss stand. Das kommt jedoch nicht von ungefähr. Als Insider ahnt man vielleicht, dass nur aufwendige, intensive Arbeit am Text dazu führt, dass selbst eine kompliziertere, schwer zu fassenden Aussage letztendlich doch wieder unauffällig und leicht erscheint.
Die sprachliche Sorgfaltspflicht gilt auch dann, wenn wie in „Margeritenhof“ der Rahmen der überprüfbaren Realität verlassen und ins Fiktive übergegangen wird. Etwas Ähnliches ist zwar auch bei „Moneypoly“ der Fall, dort jedoch nimmt die Endaussage deutlicher auf vergleichbare, hinlänglich bekannte gesellschaftliche Vorgänge Bezug.
Wer Geschichten mit chronologisch ablaufenden Handlungen oder Gedanken mag, der hat allerdings bei „Im Treibhaus“ seine Schwierigkeiten, und wem gerade diese Geschichte am meisten gefällt, dem könnten die anderen Geschichten dagegen flacher erscheinen. Während diese eindimensional und nachvollziehbar erzählt werden, wendet die Autorin im „Treibhaus“ ein komplizierteres Erzählverfahren an. Im Verlauf der Geschichte werden Instanzen wie Ich-Erzähler, Protagonist und Leser unterschieden, sogar der Zustand des Autors während des Arbeitsablaufes wird einkalkuliert. Diesem Verfahren soll eine innere Logik zugrunde liegen, nämlich die, dass eine Geschichte eigentlich immer auf mehreren Ebenen spielt, was sich bei einer herkömmlichen Erzählweise nicht darstellen lässt, weil dort kompliziertere innere Abläufe nicht berücksichtigen werden können.
Zu der Geschichte „Im Treibhaus“ liegt dem Rezensenten (neben freundlichen Worten zum Buch und zur gesamten Erzählung) eine Einwendung von der Liedermacherin Bettina Wegner vor. Sie betrifft eine Passage, in welcher ein Konzert von ihr zum Gegenstand der Erzählung geworden ist, und Sie beanstandet den laxen Umgang der Autorin mit dem Zitieren. In Umkehrung zu dem derzeit viel diskutierten Plagiat hat die Autorin in ihrem Buch nämlich etwas als Zitat gekennzeichnet, was von Bettina Wegner so gar nicht gesagt worden ist. „Nie aber auch wirklich NIE“, schreibt Bettina Wegner in einem kleinen Briefwechsel zwischen ihr und der Autorin dazu, „hätte ich an mein Publikum die Worte ‚Gefährten und Fans’ gerichtet.“ So aber hat die Autorin sie fälschlicherweise zitiert. Bei etwas mehr Empathie und sorgsamerem Recherchieren hätte die Autorin selbst, und zwar rechtzeitig, darauf kommen können, dass diese Ausdrucksweise nicht dem Stil und der Art von Bettina Wegner entspricht. Da der Text gedruckt ist und sich nicht mehr ändern lässt, sollte die Erwähnung dessen in dieser Rezension, wenn schon nicht als Richtigstellung, so doch als Entschuldigung der Autorin für diesen Fehler genommen werden.
Erwähnenswert ist in diesem besonderen Fall das Layout des Büchleins. Es trägt auf der Titelseite das langjährige Markenzeichen der Autorin: Den roten Punkt. Er tritt diesmal in Form der knallroten Nachbildung eines Bluttropfens auf einer ansonsten in Schwarz-grau-Tönen gehaltenen Röntgenaufnahme in Erscheinung und verleiht dem BuchLayout ein wenig vom Ansehen eines xxxxThrillers. In einer limitierten Ausgabe ist dieser rote Punkt von der Autorin handgetropft. Dies wird in einem Zertifikat bestätigt, welches als schön gestaltetes Lesezeichen beigelegt ist. Diese Idee steigert Wert des Bandes, besonders dann, wenn man ihn verschenken will.
Viele der geschilderten Situationen und Gedanken in den einzelnen Erzählungen kann man gut nachvollziehen. Zum Beispiel wenn von einem längeren Krankenhausaufenthalt und dem dabei unausweichlichen Zusammengesperrtsein in einem Zweibettzimmer die Rede ist. Hierher gehört auch die Röntgenhand auf der Titelseite. Sowohl in den Prosatexten als auch bei den Gedichten gibt es sozial- und gesellschaftskritische Texte und diese nicht als fromme Betrachtungen, sondern als knallharte Beschreibung einer knallhart erlebten Wirklichkeit. Besonders hierin sind die Texte wahrhaftig und authentisch, so dass man sich ihrer Wirkung beim Lesen nur schwerlich entziehen kann.
Dementsprechend bleibt auch alles Philosophieren über den Sinn der Geschichten graue Theorie – es sei denn, man nimmt sich im Anschluss das Büchlein zur Hand und liest selbst.
Erika Wollanik: „Zusammengesperrt“
Einige sehr unterschiedliche Geschichten
Verlag Die Furt Jacobsdorf, 2010,
119 S., 9,50 (12,50) EUR
Zu dem neuen Erzählungsband von Erika Wollanik
Wenn man es authentisch nennt, dass jemand wahrhaft und unverstellt Zeugnis ablegt, dann sind die Texte von Erika Wollanik in ihrem neuen Erzählungsband „Zusammengesperrt“ authentisch. Die sieben Erzählungen und die sechs dazwischengestellten Gedichte bilden unverkennbar eine Einheit, auch wenn die angesprochenen Themen durchaus verschieden sind. Verstärkt wird der Eindruck der Ganzheitlichkeit noch durch die Grafiken, die wiederum zu jedem der sechs Gedichte gehören.
Von Anfang an stellt sich beim Lesen der Eindruck von Zuverlässigkeit ein. Man muss nicht befürchten, dass man wegen einer inhaltlichen oder formalen Uneindeutigkeit ins Stocken gerät. Diese Zuverlässigkeit hat vor allem mit dem Sprachrhythmus und der Sprachmelodie zu tun. Sie tragen. Jedes Wort, jeder Satz hält dem ungestörten Lesefluss stand. Das kommt jedoch nicht von ungefähr. Als Insider ahnt man vielleicht, dass nur aufwendige, intensive Arbeit am Text dazu führt, dass selbst eine kompliziertere, schwer zu fassenden Aussage letztendlich doch wieder unauffällig und leicht erscheint.
Die sprachliche Sorgfaltspflicht gilt auch dann, wenn wie in „Margeritenhof“ der Rahmen der überprüfbaren Realität verlassen und ins Fiktive übergegangen wird. Etwas Ähnliches ist zwar auch bei „Moneypoly“ der Fall, dort jedoch nimmt die Endaussage deutlicher auf vergleichbare, hinlänglich bekannte gesellschaftliche Vorgänge Bezug.
Wer Geschichten mit chronologisch ablaufenden Handlungen oder Gedanken mag, der hat allerdings bei „Im Treibhaus“ seine Schwierigkeiten, und wem gerade diese Geschichte am meisten gefällt, dem könnten die anderen Geschichten dagegen flacher erscheinen. Während diese eindimensional und nachvollziehbar erzählt werden, wendet die Autorin im „Treibhaus“ ein komplizierteres Erzählverfahren an. Im Verlauf der Geschichte werden Instanzen wie Ich-Erzähler, Protagonist und Leser unterschieden, sogar der Zustand des Autors während des Arbeitsablaufes wird einkalkuliert. Diesem Verfahren soll eine innere Logik zugrunde liegen, nämlich die, dass eine Geschichte eigentlich immer auf mehreren Ebenen spielt, was sich bei einer herkömmlichen Erzählweise nicht darstellen lässt, weil dort kompliziertere innere Abläufe nicht berücksichtigen werden können.
Zu der Geschichte „Im Treibhaus“ liegt dem Rezensenten (neben freundlichen Worten zum Buch und zur gesamten Erzählung) eine Einwendung von der Liedermacherin Bettina Wegner vor. Sie betrifft eine Passage, in welcher ein Konzert von ihr zum Gegenstand der Erzählung geworden ist, und Sie beanstandet den laxen Umgang der Autorin mit dem Zitieren. In Umkehrung zu dem derzeit viel diskutierten Plagiat hat die Autorin in ihrem Buch nämlich etwas als Zitat gekennzeichnet, was von Bettina Wegner so gar nicht gesagt worden ist. „Nie aber auch wirklich NIE“, schreibt Bettina Wegner in einem kleinen Briefwechsel zwischen ihr und der Autorin dazu, „hätte ich an mein Publikum die Worte ‚Gefährten und Fans’ gerichtet.“ So aber hat die Autorin sie fälschlicherweise zitiert. Bei etwas mehr Empathie und sorgsamerem Recherchieren hätte die Autorin selbst, und zwar rechtzeitig, darauf kommen können, dass diese Ausdrucksweise nicht dem Stil und der Art von Bettina Wegner entspricht. Da der Text gedruckt ist und sich nicht mehr ändern lässt, sollte die Erwähnung dessen in dieser Rezension, wenn schon nicht als Richtigstellung, so doch als Entschuldigung der Autorin für diesen Fehler genommen werden.
Erwähnenswert ist in diesem besonderen Fall das Layout des Büchleins. Es trägt auf der Titelseite das langjährige Markenzeichen der Autorin: Den roten Punkt. Er tritt diesmal in Form der knallroten Nachbildung eines Bluttropfens auf einer ansonsten in Schwarz-grau-Tönen gehaltenen Röntgenaufnahme in Erscheinung und verleiht dem BuchLayout ein wenig vom Ansehen eines xxxxThrillers. In einer limitierten Ausgabe ist dieser rote Punkt von der Autorin handgetropft. Dies wird in einem Zertifikat bestätigt, welches als schön gestaltetes Lesezeichen beigelegt ist. Diese Idee steigert Wert des Bandes, besonders dann, wenn man ihn verschenken will.
Viele der geschilderten Situationen und Gedanken in den einzelnen Erzählungen kann man gut nachvollziehen. Zum Beispiel wenn von einem längeren Krankenhausaufenthalt und dem dabei unausweichlichen Zusammengesperrtsein in einem Zweibettzimmer die Rede ist. Hierher gehört auch die Röntgenhand auf der Titelseite. Sowohl in den Prosatexten als auch bei den Gedichten gibt es sozial- und gesellschaftskritische Texte und diese nicht als fromme Betrachtungen, sondern als knallharte Beschreibung einer knallhart erlebten Wirklichkeit. Besonders hierin sind die Texte wahrhaftig und authentisch, so dass man sich ihrer Wirkung beim Lesen nur schwerlich entziehen kann.
Dementsprechend bleibt auch alles Philosophieren über den Sinn der Geschichten graue Theorie – es sei denn, man nimmt sich im Anschluss das Büchlein zur Hand und liest selbst.
Erika Wollanik: „Zusammengesperrt“
Einige sehr unterschiedliche Geschichten
Verlag Die Furt Jacobsdorf, 2010,
119 S., 9,50 (12,50) EUR
Zu dem neuen Erzählungsband von Erika Wollanik
Wenn man es authentisch nennt, dass jemand wahrhaft und unverstellt Zeugnis ablegt, dann sind die Texte von Erika Wollanik in ihrem neuen Erzählungsband „Zusammengesperrt“ authentisch. Die sieben Erzählungen und die sechs dazwischengestellten Gedichte bilden unverkennbar eine Einheit, auch wenn die angesprochenen Themen durchaus verschieden sind. Verstärkt wird der Eindruck der Ganzheitlichkeit noch durch die Grafiken, die wiederum zu jedem der sechs Gedichte gehören.
Von Anfang an stellt sich beim Lesen der Eindruck von Zuverlässigkeit ein. Man muss nicht befürchten, dass man wegen einer inhaltlichen oder formalen Uneindeutigkeit ins Stocken gerät. Diese Zuverlässigkeit hat vor allem mit dem Sprachrhythmus und der Sprachmelodie zu tun. Sie tragen. Jedes Wort, jeder Satz hält dem ungestörten Lesefluss stand. Das kommt jedoch nicht von ungefähr. Als Insider ahnt man vielleicht, dass nur aufwendige, intensive Arbeit am Text dazu führt, dass selbst eine kompliziertere, schwer zu fassenden Aussage letztendlich doch wieder unauffällig und leicht erscheint.
Die sprachliche Sorgfaltspflicht gilt auch dann, wenn wie in „Margeritenhof“ der Rahmen der überprüfbaren Realität verlassen und ins Fiktive übergegangen wird. Etwas Ähnliches ist zwar auch bei „Moneypoly“ der Fall, dort jedoch nimmt die Endaussage deutlicher auf vergleichbare, hinlänglich bekannte gesellschaftliche Vorgänge Bezug.
Wer Geschichten mit chronologisch ablaufenden Handlungen oder Gedanken mag, der hat allerdings bei „Im Treibhaus“ seine Schwierigkeiten, und wem gerade diese Geschichte am meisten gefällt, dem könnten die anderen Geschichten dagegen flacher erscheinen. Während diese eindimensional und nachvollziehbar erzählt werden, wendet die Autorin im „Treibhaus“ ein komplizierteres Erzählverfahren an. Im Verlauf der Geschichte werden Instanzen wie Ich-Erzähler, Protagonist und Leser unterschieden, sogar der Zustand des Autors während des Arbeitsablaufes wird einkalkuliert. Diesem Verfahren soll eine innere Logik zugrunde liegen, nämlich die, dass eine Geschichte eigentlich immer auf mehreren Ebenen spielt, was sich bei einer herkömmlichen Erzählweise nicht darstellen lässt, weil dort kompliziertere innere Abläufe nicht berücksichtigen werden können.
Zu der Geschichte „Im Treibhaus“ liegt dem Rezensenten (neben freundlichen Worten zum Buch und zur gesamten Erzählung) eine Einwendung von der Liedermacherin Bettina Wegner vor. Sie betrifft eine Passage, in welcher ein Konzert von ihr zum Gegenstand der Erzählung geworden ist, und Sie beanstandet den laxen Umgang der Autorin mit dem Zitieren. In Umkehrung zu dem derzeit viel diskutierten Plagiat hat die Autorin in ihrem Buch nämlich etwas als Zitat gekennzeichnet, was von Bettina Wegner so gar nicht gesagt worden ist. „Nie aber auch wirklich NIE“, schreibt Bettina Wegner in einem kleinen Briefwechsel zwischen ihr und der Autorin dazu, „hätte ich an mein Publikum die Worte ‚Gefährten und Fans’ gerichtet.“ So aber hat die Autorin sie fälschlicherweise zitiert. Bei etwas mehr Empathie und sorgsamerem Recherchieren hätte die Autorin selbst, und zwar rechtzeitig, darauf kommen können, dass diese Ausdrucksweise nicht dem Stil und der Art von Bettina Wegner entspricht. Da der Text gedruckt ist und sich nicht mehr ändern lässt, sollte die Erwähnung dessen in dieser Rezension, wenn schon nicht als Richtigstellung, so doch als Entschuldigung der Autorin für diesen Fehler genommen werden.
Erwähnenswert ist in diesem besonderen Fall das Layout des Büchleins. Es trägt auf der Titelseite das langjährige Markenzeichen der Autorin: Den roten Punkt. Er tritt diesmal in Form der knallroten Nachbildung eines Bluttropfens auf einer ansonsten in Schwarz-grau-Tönen gehaltenen Röntgenaufnahme in Erscheinung und verleiht dem BuchLayout ein wenig vom Ansehen eines xxxxThrillers. In einer limitierten Ausgabe ist dieser rote Punkt von der Autorin handgetropft. Dies wird in einem Zertifikat bestätigt, welches als schön gestaltetes Lesezeichen beigelegt ist. Diese Idee steigert Wert des Bandes, besonders dann, wenn man ihn verschenken will.
Viele der geschilderten Situationen und Gedanken in den einzelnen Erzählungen kann man gut nachvollziehen. Zum Beispiel wenn von einem längeren Krankenhausaufenthalt und dem dabei unausweichlichen Zusammengesperrtsein in einem Zweibettzimmer die Rede ist. Hierher gehört auch die Röntgenhand auf der Titelseite. Sowohl in den Prosatexten als auch bei den Gedichten gibt es sozial- und gesellschaftskritische Texte und diese nicht als fromme Betrachtungen, sondern als knallharte Beschreibung einer knallhart erlebten Wirklichkeit. Besonders hierin sind die Texte wahrhaftig und authentisch, so dass man sich ihrer Wirkung beim Lesen nur schwerlich entziehen kann.
Dementsprechend bleibt auch alles Philosophieren über den Sinn der Geschichten graue Theorie – es sei denn, man nimmt sich im Anschluss das Büchlein zur Hand und liest selbst.
Erika Wollanik: „Zusammengesperrt“
Einige sehr unterschiedliche Geschichten
Verlag Die Furt Jacobsdorf, 2010,
119 S., 9,50 (12,50) EUR