Erstes Südbrandenburger Symposium für Psychosoziale Gesundheit zur Information und Vernetzung
Im Rahmen des ersten Südbrandenburger Symposiums für Psychosoziale Gesundheit stand am 17.10.2015 das Thema Crystal Meth im Mittelpunkt. Gemeinsam mit der Brandenburgischen Landesstelle für Suchtfragen e.V. führte das Zentrum für Psychosoziale Gesundheit am Klinikum Niederlausitz die Fachtagung an der Brandenburgischen Technischen Universität am Standort Senftenberg durch. Neben den Vortragenden aus unterschiedlichen Fachdisziplinen und Institutionen, wurde der Landkreis Oberspreewald Lausitz durch Herrn Landrat Heinze persönlich vertreten. Mit rund 300 Teilnehmern war der große Hörsaal im Konrad-Zuse-Medienzentrum bis auf den letzten Sitzplatz gefüllt. Zahlreiche Interessierte und Fachkräfte aus den unterschiedlichsten Institutionen wie Schulen, Gesundheitseinrichtungen, Arztpraxen, der Polizei, Kinder- und Jugendeinrichtungen, Beratungsstellen, Kommunen und Ämtern folgten interessiert den Vorträgen und berieten anschließend in Workshops über Möglichkeiten der Prävention, Beratung, Therapie, Rehabilitation und Strafverfolgung.
Der Konsum von Crystal ist in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen. Hauptverbreitungsgebiete sind insbesondere die Bundesländer Sachsen, Brandenburg, Bayern, Sachsen-Anhalt und Thüringen. Eine Ausbreitung in Richtung Norden und Westen der Bundesrepublik wird zunehmend beobachtet. Zudem kann man davon ausgehen, dass eine hohe Dunkelziffer an Konsumenten existiert. Die bisherigen Erkenntnisse stützen sich in erster Linie auf Daten aus Sachsen und Bayern. Konkrete Zahlen aus Brandenburg sind aufgrund der mangelnden Datenlage bei fehlender Erhebung kaum bekannt. Alexander Erbert, Dezernent für Gesundheit, Jugend und Soziales des Landkreises Oberspreewald-Lausitz, berichtete von einem Anstieg der Inanspruchnahme der Suchtberatungsstellen in Bezug auf die Droge Crystal innerhalb der letzten Jahre. Karsten Wolff, Chefarzt des Zentrums für Psychosoziale Gesundheit des Klinikums, kann den Anstieg aus Sicht des Krankenhauses ebenfalls bestätigen. Waren es im Jahr 2013 nur vier Patienten, die mit der Haupt- und/oder Nebendiagnose Methamphetamin-Konsum im Klinikum Niederlausitz stationär-psychiatrisch behandelt wurden, werden es im Jahr 2015 über 70 Patienten mit dieser Diagnose sein.
Methamphetamin ist ein synthetisch hergestelltes Stimulans, entsteht durch die chemische Reduktion von Ephedrin und liegt meist in kristalliner Form vor, woher sich der umgangssprachliche englische Begriff Crystal ableitet. Methamphetamin ist keine neue Substanz, sondern wurde bereits seit Ende des 19. Jahrhunderts und vermehrt im 2. Weltkrieg als Mittel zur Minderung des Angst- und Schmerzgefühls eingesetzt sowie als Dopingmittel im Sport.
Das Einstiegsalter für den Konsum von Crystal liegt im Durchschnitt bei rund 17,5 Jahren. Vorher werden bereits häufig andere Drogen konsumiert, wie zum Beispiel Zigaretten, Alkohol oder Cannabis. Daher ist die Prävention von Drogenkonsum insgesamt eine wichtige Aufgabe und darf nicht aus dem Fokus geraten. Zudem ist Crystal, wie häufig vermutet, keine typische Jugenddroge, sondern betrifft fast alle Altersschichten und kommt auch in allen sozialen Schichten vor. Crystal ist in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Das Problem bei Crystal ist die Tatsache, dass es enorm schnell abhängig macht und eine Abstinenz anschließend kaum möglich ist, so dass extrem hohe Rückfallquoten zu verzeichnen sind. Folgen eines regelmäßigen Crystal-Konsums sind schwere körperliche (Schwächung des Immunsystems, Herzrhythmusstörungen, Hirnblutungen, Nierenschädigungen etc.) und psychische (Psychosen, Schlafstörungen, Depressionen, Angstzustände etc.) Schädigungen. Besonders gefährlich auch für die Mitarbeiter des Helfersystems ist das enorm gesteigerte Aggressionspotential in bestimmten Phasen des Crystal-Konsums sowie die deutlich erhöhte Delinquenz der Konsumenten auch im Rahmen der Beschaffungskriminalität.
„Ein großes Problem besteht darin, dass es oft lange Zeit dauert, bis die Betroffenen in speziellen Therapieangeboten ankommen. Das Thema Crystal ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Wir brauchen zukünftig zusätzliche finanzielle Mittel für die Prävention, Therapie und Nachsorge dieser Suchtkranken“, so Karsten Wolff, Chefarzt des Zentrums für Psychosoziale Gesundheit. Hendrik Karpinski, Geschäftsführer und Ärztlicher Direktor des Klinikums Niederlausitz, sieht auch eine Chance darin, dass dadurch die verschiedensten Einrichtungen und Professionen zusammengeführt werden, um die Herausforderungen gemeinsam zu bewältigen.
Es bedarf zukünftig eines abgestimmten ganzheitlichen Konzeptes für die Prävention, Therapie und Rehabilitation sowie die Strafverfolgung im Zusammenhang mit Crystal. In diesem Zusammenhang ist das gemeinsame Engagement und abgestimmtes Handeln aller Akteure wichtig. Eine wesentliche Voraussetzung dafür ist die Vernetzung der Akteure und Institutionen vor Ort. Insbesondere für die frühzeitige Prävention in Schulen müssen Strukturen geschaffen und ausreichend finanzielle Mittel zur Verfügung gestellt werden. Ein weiterer wichtiger Baustein ist die Selbsthilfe und Angehörigenarbeit. Die Akteure sind sich einig, dass es mehr Unterstützungsangebote für Angehörige von Crystal-Patienten und eine Vernetzung zwischen professionellen Einrichtungen und Selbsthilfeinitiativen geben muss. Auch der konsequente Ausbau für zusätzliche Angebote der Suchtberatung ist ein wichtiges Ziel. Zudem braucht es noch mehr Information und Aufklärung für alle Fachgruppen und gezielte Weiterbildungen.
Chefarzt Karsten Wolff möchte in Zusammenarbeit mit Andrea Hardeling, Geschäftsführerin der Brandenburgischen Landesstelle für Suchtfragen e.V., nach dieser Auftaktveranstaltung nun die Vernetzung weiter voranbringen. „Mit dem Thema Crystal geht es weiter ebenso wie mit der Reihe des Symposiums für Psychosoziale Gesundheit zu aktuellen Themen“, so Chefarzt Wolff.
Weitere Informationen zum Thema Crystal Meth und Drogenprävention sowie die Fachbeiträge der Tagung sind im Internet abrufbar unter www.blsev.de.
Bis auf den letzten Platz gefüllt war der große Hörsaal des Konrad-Zuse-Medienzentrums anlässlich der Fachtagung zum Thema Crystal
Titelfoto: Chefarzt Dipl.-Med. Karsten Wolff, Zentrum für Psychosoziale Gesundheit und Andrea Hardeling, Geschäftsführerin der Brandenburgischen Landesstelle für Suchtfragen e.V.
Quelle & Fotos: Klinikum Niederlausitz