Immer wieder ist von Gleichstellungsbeauftragten bei Kommunen, Kreisen, Hochschulen, in der Wirtschaft und Organisationen zu lesen. Die Frage, was sich genau hinter der Tätigkeit einer Gleichstellungsbeauftragten oder einem Gleichstellungsbeauftragten verbirgt, beschäftigte mich.
Frau Ehrengard Heinzig, seit 1998 Gleichstellungsbeauftragte an der BTU Cottbus, war gern zu einem Gespräch bereit. Am vergangenen Freitag trafen wir uns in ihrem Büro in der BTU.
Helmut Fleischhauer (hpf): Frau Heinzig, welche Bereiche umfasst Ihr Aufgabenengebiet? Geht es um die Gleichstellung von Männern und Frauen oder auch um Gleichbehandlung bezogen auf Religion, Rasse, Behinderungen …
Ehrengard Heinzig: Der Aufgabenbereich der Gleichstellungsbeauftragten ist im brandenburgischen Hochschulgesetz klar definiert. Es geht um die Gleichbehandlung von Männern und Frauen. Dazu gehört auch der Bereich ‘Familienorientierung’. Die anderen Bereiche fallen unter das ‘Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz ( AAG )’. Dazu möchte ich gerne später noch etwas sagen.
hpf: Frau Heinzig, welche Befugnisse, Möglichkeiten haben Sie z.B. bei Neueinstellungen, wenn Sie den Eindruck haben, es gäbe da .. ich nenne es einmal eine nicht korrekte Vorgehensweise?
E. Heinzig: Zuständig für die Durchsetzung der im Hochschulgesetz definierten Gleichbehandlung ist die Hochschulleitung. Als zentrale Gleichstellungsbeauftrage handele ich im Auftrag der Hochschulleitung. Unterstützt werde ich durch meine Stellvertreterin, durch die dezentralen Gleichstellungsbeauftragten und die Projektkoordinatorinnen. Die dezentralen Gleichstellungsbeauftragten in den vier Fakultäten und im Informations-, Kommunikations- und Medienzentrum achten beispielsweise bei Personaleinstellungen in allen Personalkategorien – also von Auszubildenden bis zu Professorinnen und Professoren – darauf, dass es keine Benachteiligungen wegen des Geschlechtes gibt. Und dann haben wir die Projekte „Familiengerechte Hochschule“, „Mentoring für Frauen“, „PROFEM – professura feminea“, „Diversity Management“ und „Gesundheitsmanagement“.
Zu Ihrer Frage … wenn z.B. bei Bewerbungen Frauen mit mindestens gleicher Qualifikation wie Männer nicht zu einem Bewerbungsgespräch eingeladen werden, sehen wir darin eine Ungleichbehandlung und werden aktiv.
hpf: Und welche Möglichkeiten haben Sie dann?
E. Heinzig: Zuerst sprechen wir mit dem Leiter bzw. der Leiterin des zuständigen Bereiches. Meistens findet sich eine einvernehmliche Lösung. Ist das nicht möglich, informieren wir die Hochschulverwaltung. Gelingt es auch der Hochschulverwaltung nicht, das Problem zu lösen, wird es an den Kanzler und letztendlich an den Präsidenten der Hochschule geleitet. Das kann dazu führen, dass eine erneute Ausschreibung erfolgen muss. Soweit ich mich erinnere, ist das bislang nur ein einziges Mal vorgekommen.
An dieser Stelle möchte ich darauf hinweisen, dass es nicht nur um Benachteiligungen von Frauen geht, es gilt gleichermaßen für Benachteiligungen von Männern in den „typischen Frauenberufen“, in denen Männer unterrepräsentiert sind.
hpf: Sie erwähnten den Bereich ‘Familienorientierung’. Was ist darunter zu verstehen?
E. Heinzig: Ich nenne einmal ein Beispiel. Wie an jeder Hochschule gibt es auch an der BTU Studienordnungen und Prüfungsordnungen. In einigen Studiengängen ist ein mehrmonatiges Praktikum, oft im Ausland, vorgeschrieben. Für Studentinnen oder Studenten mit Kindern könnte das eine unzumutbare Härte sein. In solchen Fällen greift der ‘Nachteilsausgleich’ im Landeshochschulgesetz. Damit wird der Ausgleich von möglichen Nachteilen für Studierende mit Familienaufgaben geregelt, seien es Kinder oder pflegebedürftige Familienangehörige.
hpf: Eine kurze Zwischenfrage, gibt es eigentlich nur weibliche Gleichstellungsbeauftragte an den Hochschulen?
E. Heinzig: Da fällt mir sofort ein junger Mann an der Uni Leipzig ein, der dort Gleichstellungsbeauftragter ist. Er ist noch Student und sehr engagiert. An den brandenburgischen Hochschulen gibt es keine männlichen Gleichstellungsbeauftragten.
hpf: Zurück zu Ihrem Aufgabenbereich. Was ist das größte Problem? Was macht Ihnen das Leben schwer?
E. Heinzig: Ja, das größte Problem hat seine Ursache in der Unterfinanzierung der Hochschule. Für die Bildungspolitik und somit auch für die Hochschulen sind die Länder zuständig. Die BTU erhält also Mittel des Landes, die aber bei Weitem nicht ausreichen. Leider hat Brandenburg einen unrühmlichen letzten Platz aller Bundesländer im Bezug auf die finanzielle Ausstattung der Hochschulen. Folglich müssen die Hochschulen, natürlich auch die BTU, die Unterfinanzierung durch Drittmittel kompensieren, und dabei ist die BTU sehr erfolgreich. Drittmittel kommen zum Beispiel aus der Wirtschaft, aus Bundesministerien und von der Deutschen Forschungsgesellschaft (DFG). Auch der Förderverein der BTU wirbt Sponsorengelder ein.
Die staatlichen Mittel sind zudem keine verlässliche Größe. Das ist die Crux und macht eine längerfristige Haushaltsplanung der Hochschule schwierig. An festen Kosten wie Gebäudekosten lässt sich nicht viel einsparen. Ein Ausweg ist, die Personalkosten nur noch für kürzere Zeiträume festzulegen. Der Anteil der befristeten Arbeitsverträge ist extrem angestiegen. Es gibt sogar Arbeitsverträge, die auf einen Monat befristet sind. Diese Situation ist für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht einfach, da ihre Lebensplanung immer mit einem großen Fragezeichen versehen ist. Und die Lehrstühle und andere Strukturbereiche haben dadurch Probleme, weil es oft keine nahtlosen Übergänge nach dem Auslaufen von Arbeitsverträgen gibt, und weil manche Stellen gar nicht mehr verlängert werden. Ganz zu schweigen davon, dass eine Hochschule so nicht sehr attraktiv ist für Leute, die eine Stelle suchen.
hpf: Ich möchte auf das ‘Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz ( AAG )’ zurückkommen, das Sie zu Beginn unseres Gespräches erwähnten.
E. Heinzig: An der BTU haben wir das ‘Diversity Management’, das auf dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AAG) beruht. Dieses Gesetz regelt die Gleichbehandlung unabhängig von Rasse oder ethnischer Herkunft, Geschlecht, Religion oder Weltanschauung, Behinderung, Alter oder sexueller Identität.
So gibt es z.B. an der BTU den ‘queer-Stammtisch’, bei dem sich Lesben, Schwule, Transsexuelle zum Austausch treffen und der zur Eröffnung des Akademischen Jahres 2010 für besonderes studentisches Engagement gewürdigt wurde.
Es konnte ebenfalls erreicht werden, dass bei offiziellen Beflaggungsanlässen auch die sorbische Flagge an der BTU gehisst wird.
hpf: Wie wird man eigentlich Gleichstellungsbeauftragte oder Gleichstellungsbeauftragter?
E. Heinzig: … durch die alle vier Jahre stattfindende Wahl. Wahlberechtigt sind alle Frauen und Männer, die an der BTU arbeiten oder studieren.
hpf: Eine Frage habe ich noch zum Abschluss unseres Gespräches. Definieren Sie Ihre Arbeit bitte in ein, zwei Sätzen …
E. Heinzig: Es ist eine vielfältige Aufgabe mit oft positiven und auch negativen Überraschungen. Ich denke, ich kann mit meiner Arbeit zur Gerechtigkeit beitragen.
hpf: Frau Heinzig, ich danke Ihnen für das interessante und offene Gespräch. Ich habe sehr viel daraus gelernt.
Foto © Thomas Goethe
Immer wieder ist von Gleichstellungsbeauftragten bei Kommunen, Kreisen, Hochschulen, in der Wirtschaft und Organisationen zu lesen. Die Frage, was sich genau hinter der Tätigkeit einer Gleichstellungsbeauftragten oder einem Gleichstellungsbeauftragten verbirgt, beschäftigte mich.
Frau Ehrengard Heinzig, seit 1998 Gleichstellungsbeauftragte an der BTU Cottbus, war gern zu einem Gespräch bereit. Am vergangenen Freitag trafen wir uns in ihrem Büro in der BTU.
Helmut Fleischhauer (hpf): Frau Heinzig, welche Bereiche umfasst Ihr Aufgabenengebiet? Geht es um die Gleichstellung von Männern und Frauen oder auch um Gleichbehandlung bezogen auf Religion, Rasse, Behinderungen …
Ehrengard Heinzig: Der Aufgabenbereich der Gleichstellungsbeauftragten ist im brandenburgischen Hochschulgesetz klar definiert. Es geht um die Gleichbehandlung von Männern und Frauen. Dazu gehört auch der Bereich ‘Familienorientierung’. Die anderen Bereiche fallen unter das ‘Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz ( AAG )’. Dazu möchte ich gerne später noch etwas sagen.
hpf: Frau Heinzig, welche Befugnisse, Möglichkeiten haben Sie z.B. bei Neueinstellungen, wenn Sie den Eindruck haben, es gäbe da .. ich nenne es einmal eine nicht korrekte Vorgehensweise?
E. Heinzig: Zuständig für die Durchsetzung der im Hochschulgesetz definierten Gleichbehandlung ist die Hochschulleitung. Als zentrale Gleichstellungsbeauftrage handele ich im Auftrag der Hochschulleitung. Unterstützt werde ich durch meine Stellvertreterin, durch die dezentralen Gleichstellungsbeauftragten und die Projektkoordinatorinnen. Die dezentralen Gleichstellungsbeauftragten in den vier Fakultäten und im Informations-, Kommunikations- und Medienzentrum achten beispielsweise bei Personaleinstellungen in allen Personalkategorien – also von Auszubildenden bis zu Professorinnen und Professoren – darauf, dass es keine Benachteiligungen wegen des Geschlechtes gibt. Und dann haben wir die Projekte „Familiengerechte Hochschule“, „Mentoring für Frauen“, „PROFEM – professura feminea“, „Diversity Management“ und „Gesundheitsmanagement“.
Zu Ihrer Frage … wenn z.B. bei Bewerbungen Frauen mit mindestens gleicher Qualifikation wie Männer nicht zu einem Bewerbungsgespräch eingeladen werden, sehen wir darin eine Ungleichbehandlung und werden aktiv.
hpf: Und welche Möglichkeiten haben Sie dann?
E. Heinzig: Zuerst sprechen wir mit dem Leiter bzw. der Leiterin des zuständigen Bereiches. Meistens findet sich eine einvernehmliche Lösung. Ist das nicht möglich, informieren wir die Hochschulverwaltung. Gelingt es auch der Hochschulverwaltung nicht, das Problem zu lösen, wird es an den Kanzler und letztendlich an den Präsidenten der Hochschule geleitet. Das kann dazu führen, dass eine erneute Ausschreibung erfolgen muss. Soweit ich mich erinnere, ist das bislang nur ein einziges Mal vorgekommen.
An dieser Stelle möchte ich darauf hinweisen, dass es nicht nur um Benachteiligungen von Frauen geht, es gilt gleichermaßen für Benachteiligungen von Männern in den „typischen Frauenberufen“, in denen Männer unterrepräsentiert sind.
hpf: Sie erwähnten den Bereich ‘Familienorientierung’. Was ist darunter zu verstehen?
E. Heinzig: Ich nenne einmal ein Beispiel. Wie an jeder Hochschule gibt es auch an der BTU Studienordnungen und Prüfungsordnungen. In einigen Studiengängen ist ein mehrmonatiges Praktikum, oft im Ausland, vorgeschrieben. Für Studentinnen oder Studenten mit Kindern könnte das eine unzumutbare Härte sein. In solchen Fällen greift der ‘Nachteilsausgleich’ im Landeshochschulgesetz. Damit wird der Ausgleich von möglichen Nachteilen für Studierende mit Familienaufgaben geregelt, seien es Kinder oder pflegebedürftige Familienangehörige.
hpf: Eine kurze Zwischenfrage, gibt es eigentlich nur weibliche Gleichstellungsbeauftragte an den Hochschulen?
E. Heinzig: Da fällt mir sofort ein junger Mann an der Uni Leipzig ein, der dort Gleichstellungsbeauftragter ist. Er ist noch Student und sehr engagiert. An den brandenburgischen Hochschulen gibt es keine männlichen Gleichstellungsbeauftragten.
hpf: Zurück zu Ihrem Aufgabenbereich. Was ist das größte Problem? Was macht Ihnen das Leben schwer?
E. Heinzig: Ja, das größte Problem hat seine Ursache in der Unterfinanzierung der Hochschule. Für die Bildungspolitik und somit auch für die Hochschulen sind die Länder zuständig. Die BTU erhält also Mittel des Landes, die aber bei Weitem nicht ausreichen. Leider hat Brandenburg einen unrühmlichen letzten Platz aller Bundesländer im Bezug auf die finanzielle Ausstattung der Hochschulen. Folglich müssen die Hochschulen, natürlich auch die BTU, die Unterfinanzierung durch Drittmittel kompensieren, und dabei ist die BTU sehr erfolgreich. Drittmittel kommen zum Beispiel aus der Wirtschaft, aus Bundesministerien und von der Deutschen Forschungsgesellschaft (DFG). Auch der Förderverein der BTU wirbt Sponsorengelder ein.
Die staatlichen Mittel sind zudem keine verlässliche Größe. Das ist die Crux und macht eine längerfristige Haushaltsplanung der Hochschule schwierig. An festen Kosten wie Gebäudekosten lässt sich nicht viel einsparen. Ein Ausweg ist, die Personalkosten nur noch für kürzere Zeiträume festzulegen. Der Anteil der befristeten Arbeitsverträge ist extrem angestiegen. Es gibt sogar Arbeitsverträge, die auf einen Monat befristet sind. Diese Situation ist für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht einfach, da ihre Lebensplanung immer mit einem großen Fragezeichen versehen ist. Und die Lehrstühle und andere Strukturbereiche haben dadurch Probleme, weil es oft keine nahtlosen Übergänge nach dem Auslaufen von Arbeitsverträgen gibt, und weil manche Stellen gar nicht mehr verlängert werden. Ganz zu schweigen davon, dass eine Hochschule so nicht sehr attraktiv ist für Leute, die eine Stelle suchen.
hpf: Ich möchte auf das ‘Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz ( AAG )’ zurückkommen, das Sie zu Beginn unseres Gespräches erwähnten.
E. Heinzig: An der BTU haben wir das ‘Diversity Management’, das auf dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AAG) beruht. Dieses Gesetz regelt die Gleichbehandlung unabhängig von Rasse oder ethnischer Herkunft, Geschlecht, Religion oder Weltanschauung, Behinderung, Alter oder sexueller Identität.
So gibt es z.B. an der BTU den ‘queer-Stammtisch’, bei dem sich Lesben, Schwule, Transsexuelle zum Austausch treffen und der zur Eröffnung des Akademischen Jahres 2010 für besonderes studentisches Engagement gewürdigt wurde.
Es konnte ebenfalls erreicht werden, dass bei offiziellen Beflaggungsanlässen auch die sorbische Flagge an der BTU gehisst wird.
hpf: Wie wird man eigentlich Gleichstellungsbeauftragte oder Gleichstellungsbeauftragter?
E. Heinzig: … durch die alle vier Jahre stattfindende Wahl. Wahlberechtigt sind alle Frauen und Männer, die an der BTU arbeiten oder studieren.
hpf: Eine Frage habe ich noch zum Abschluss unseres Gespräches. Definieren Sie Ihre Arbeit bitte in ein, zwei Sätzen …
E. Heinzig: Es ist eine vielfältige Aufgabe mit oft positiven und auch negativen Überraschungen. Ich denke, ich kann mit meiner Arbeit zur Gerechtigkeit beitragen.
hpf: Frau Heinzig, ich danke Ihnen für das interessante und offene Gespräch. Ich habe sehr viel daraus gelernt.
Foto © Thomas Goethe