Am 1. August 1954, an einem Sonntag und bei aufgehender Morgensonne erblickte Peter im thüringischen Schloss Weida das Licht der Welt. „Bei diesem Start ins Leben blieb mir gar nichts anderes übrig, als immer dieses Sonntagskind zu sein und tatsächlich gelang mir so manches ganz ordentlich, wenn auch der Fleiß letzten Endes der Pate der Erfolgs war – ein wenig muss man aber auch daran glauben, dann verlässt einen das Glück nicht“, erzählte er fünf Jahrzehnte später von sich. Aber erst mal durchlief er die typische DDR-Biografie eines Kindes und Jugendlichen im sächsischen Etzoldshain, in dem die Eltern im Rahmen der Initiative „Industriearbeiter aufs Land“ lebten. Der Landwirtschaft und dem großen elterlichen Garten sehr verbunden, wählte er einen Beruf, der damit und mit „Lebens“mitteln zu tun haben sollte: Er lernte Koch im Hotel „Grauer Wolf“ in Bad Lausick. Auch hier sollte der erste Tag ein besonderer, wenn auch kein besonders guter werden: Mit „Franke, beweg dich!!!“ bekam er von seinem Lehrkoch an diesem Tag mehr als einmal einen ordentlichen Rüffel. Für den Koch wiegte er nämlich die Petersilie viel zu langsam. Einen weiteren Dämpfer bekam er, als er bei der obligatorischen Musterung zum Grundwehrdienst eine Sehschwäche bestätigt bekam und ausgemustert wurde, hier verließ ihn sein Sonntagsglück zum ersten Mal – oder vielleicht auch nicht, denn Wehrdienst war für keine der erstrebenswerten Sachen. Er konnte nun ohne Unterbrechung nach seiner Lehre eine Tätigkeit als Jungfacharbeiter im heimischen „Lindenvorwerk“ anfangen und war damit unter zwölf gestandenen Frauen der einzige mit Facharbeiterabschluss, aber „frei von jeglicher Ahnung“, wie er gestand. „Die Frauen haben mich in Grund und Boden gekocht, sie haben kein Blatt vor den Mund genommen und sich diebisch gefreut, wenn ich jung‘scher Spund immer mal mit hochrotem Kopf ob des nicht gerade zurückhaltenden Umgangs mit gewissen zwischenmenschlichen Episödchen kurz die Küche verlassen habe. Aber hier habe ich wirklich kochen und eben was fürs Leben gelernt, diesen Frauen bin ich noch heute dankbar. Kochen wie bei Muttern – dieser Slogan hat für mich dort seinen Ursprung!“
Thüringer Klöße – mal ganz anders
Peter folgte mit 20 Jahren dem Ruf an die Drushba-Trasse, dem (DDR-)deutsch-sowjetischen Projekt einer fast dreitausend Kilometer langen Erdgasleitung und bekochte dort die Trassenbauer. Da verließ ihn mal sein Glück und es passierte das peinlichste Missgeschick seiner Karriere. Ausgerechnet die Thüringer Klöße, seine Spezialität und die der meist thüringischen Trassenbauer, hatte er an einem Weihnachtsabend für die 100 Gäste hoffnungslos zu Kloßbrühe zerkocht.
Nach vier Jahren in der Fremde holte er das Abitur nach und studierte an der Handelshochschule in Leipzig. Der frisch gebackene Diplomökonom bekam sofort eine Stelle als wissenschaftlicher Mitarbeiter im Leipziger Hotel „Astoria“ und stieg sehr schnell in höchste Kreise auf. Zuletzt war er stellvertretender Direktor der Interhotel-Kette mit insgesamt 16000 Mitarbeitern und hauptverantwortlich für die Valutawirtschaft. Die politische Wende brachte auch für ihn das „Aus“, er wollte auch gar keine große Verantwortung mehr. „Ich wollte zurück zu den Wurzeln, endlich wieder mal nur kochen und einen überschaubaren Aufgabenbereich haben.“ Aber dieser Weg war gar nicht so einfach, die wirtschaftlichen Umbrüche machten auch vor der Gastronomie nicht halt.
Ankunft im Spreewald
In Person seines angehenden Schwiegervaters, des Präsidenten des Hotel- und Gaststättengewerbes Brandenburg, holte ihn das Glück aber bald wieder ein. Dieser war auf der Suche nach einem Geschäftsführer für die Bundesgartenschau 1995 in Cottbus. Seinen Schwiegersohn in spe konnte er dann doch wieder zu einer Verantwortungsübernahme bewegen. Von da an ging es wieder aufwärts, Peter Franke löste diese Aufgabe mit Bravour und konnte viele Kontakte herstellen. Nach der BUGA wollte er sich im schwiegerelterlichem Betrieb, dem „Stern“ in Werben, wieder nur der Kocherei widmen. So hatte er es jedenfalls vor, aber der für alles offene und neugierige Peter war von der Landschaft des Spreewaldes, den er früher gar nicht kannte, der Geschichte und den Menschen mit ihren gelebten Traditionen schwer beeindruckt. „Ich begann alles in mich aufzunehmen, ich war wie ein Schwamm. Und ich merkte die Dankbarkeit der Alten, die froh waren, wenn sie in mir einen Bewahrer ihrer Kochrezepte und ihrer traditionellen Küchenpraktiken gefunden hatten. Niemand hatte sich bisher sonderlich dafür interessiert.“ Peter Franke baute das spreewaldtypische Kochen aus, er hob es auf eine neue Stufe und kochte mit Prominenten und weniger Prominenten in aller Öffentlichkeit zu den verschiedensten Anlässen, er adelte die Spreewaldküche, die „pauersche Küche“, wie sie oft geringschätzig genannt wurde und sorgte somit für einen hohen Bekanntheitsgrad dieser regionalen Küche und der Region. Er buk mit Manfred Stolpe, dem ehemaligen Brandenburger Ministerpräsidenten, Spreewälder Plinsen, kochte mit dem ehemaligen Innenminister Jörg Schönbohm (und mit viel Knoblauch) Nudeln, mit polnischen und deutschen Landräten, für das japanische Fernsehen, trat in mehreren Koch-Shows auf –und legte urlaubende Bayern auf den Gurkenflieger und ließ sie ihre Gurken selbst pflücken: „Ein unvergessliches Urlaubserlebnis mit bleibende Eindrücken, die werden auch zu Hause noch viel vom Erlebnisurlaub im Spreewald zu erzählen haben“, so der umtriebige und nie rastende Peter Franke. Nach seiner Kochakademie gibt es nun die Kräutermanufaktur, sein neuestes Projekt. In einem Burger 150 Jahre alten, aber voll saniertem Doppelstubenhaus bietet er Kochwerkstätten an.
Ein Koch von Herz, Laib und Seele, einer, der diese Leidenschaft auch an seine Kinder weitergeben konnte: Sohn Jörg (Jahrgang 1981) ist Chefkoch und Tochter Susi Köchin. Nicht mal in der Freizeit lässt ihn das Kochen los: Regelmäßig wird mit Freunden bei ihm zu Hause gekocht, die Damen dürfen in der Zeit shoppen und stoßen später einfach zum Essen dazu. „Dabei machen wir oft gar nichts Besonderes, mir sind ohnehin die Eintöpfe am liebsten. Besonders gern esse ich auch Pellkartoffeln und Quark, aber ohne Leinöl.“ Hier kommt der Nicht-Spreewälder noch mal durch, hier zeigt er, dass er die „Schmiere für die Gelenke“ (Ehm Welk) noch nicht für sich entdeckt und zum Non Plus Ultra der Spreewaldküche gemacht hat. Aber dieses „seltsame Öl“ beschäftigt ihn immer öfter, „man kommt ja an dem Zeug nicht vorbei und eines Tages wird es auch Eingang mit meine Küche finden.“ Dann ist der Thüringer und Sachse Peter Franke für immer im Spreewald angekommen.
Vorabdruck aus Peter Becker: “Die Spreewälder und ihre geheimen Tipps aus Küche, Garten und Fließ”; erscheint im April 2011