Was bringt das neue Krankenhausstrukturgesetz für das Klinikum Niederlausitz und Brandenburger Krankenhäuser? Geschäftsführer der Unternehmensgruppe Klinikum Niederlausitz GmbH im Gespräch mit Staatssekretär Thomas Kralinski und dem Landtagsabgeordneten Wolfgang Roick (SPD)
Im Rahmen seiner Tour „Bundespolitik vor Ort auf dem Prüfstand“ besuchte Staatssekretär Thomas Kralinski, Bevollmächtigter des Landes Brandenburg beim Bund und Beauftragter für Internationale Beziehungen, letzte Woche (10.09.2015) den FamilienCampus LAUSITZ in Klettwitz und nutzte die Gelegenheit, sich mit der Geschäftsführung des Klinikums Niederlausitz über das von Bund und Ländern geplante Krankenhausstrukturgesetz (KHSG) auszutauschen. Bei fast der Hälfte der rund 2.000 Krankenhäuser in Deutschland gibt führen nach Ansicht der DKG die gesetzlichen Finanzierungslücken bereits jetzt zu einem Defizit und mit dem neuen Gesetz sind die Aussichten noch schlechter.
„Aus unserer Sicht dient das geplante Krankenhausstrukturgesetz eher der Marktbereinigung, als dass dadurch die Qualität in den Krankenhäusern verbessert werden soll, so wie es nach außen verkauft wird“, äußert Hendrik Karpinski, Geschäftsführer des Klinikums Niederlausitz seine Bedenken.
In den letzten fünf Jahren verzeichneten die Krankenhäuser in Deutschland einen Anstieg der Personalkosten von rund 15 %. Diese Steigerung wird aber nur zu einem Teil in der Vergütung der Krankenhausleistungen durch die Krankenkassen berücksichtigt und führt daher zu einer Unterfinanzierung. Die Folge des immer stärker werdenden Kostendrucks spüren die Mitarbeiter der Krankenhäuser bereits heute direkt vor Ort. Mit den vorgesehenen Eckpunkten des neuen Krankenhausstrukturgesetzt sind eine zunehmende Arbeitsverdichtung sowie oft eine Verschlechterung im Ablauf des Krankenhausbetriebes, insbesondere in der Pflege, zu erwarten. Die Krankenhausreform verspricht viel Hilfe, hält aber nichts ein. Im Gegenteil: die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Krankenhäusern werden weiter belastet. „Man kann die Krankenhäuser nicht noch weiter wie eine Zitrone ausquetschen, wenn es schon jetzt eine Unterfinanzierung im System gibt“, so Karpinski.
Wenn sich die wirtschaftliche Situation eines Unternehmens, wie es auch ein Krankenhaus ist, verschlechtert, muss man entweder mehr Leistungen erbringen, sprich also mehr Patienten behandeln, effizientere Strukturen schaffen oder die Kosten reduzieren. In diesem Fall trifft das fast immer das Personal, da dieser Kostenblock mit etwa 60% bis 65 % am größten ist und die Sachkosten bei zunehmend aufwendigeren Behandlungen, durch immer moderne Medizintechnik, teure Medikamente oder spezielle Implantate kaum noch zu deckeln sind. Und auch die Schaffung verbesserter Abläufe und Strukturen ist begrenzt.
Uwe Böttcher, stellvertretender Geschäftsführer des Klinikums Niederlausitz und Geschäftsführer des ambulanten Tochterunternehmens Gesundheitszentrum Niederlausitz, weiß: „Kostendeckend reicht nicht mehr. Die Krankenhäuser müssen im Vergleich zum Jahr 2010 umfangreiche Investitionen für Bauvorhaben, neue Medizintechnik und spezielle EDV-Software selbst stemmen und dafür Eigenmittel aufwenden oder Kredite in Anspruch nehmen.“
Auch Wolfgang Roick (SPD), Landtagsabgeordneter und Vorsitzender der seit Juni 2015 eingerichteten Enquetekommission „Lösungen für den Zusammenhalt im ländlichen Raum“, informierte sich im Gespräch mit der Klinikum-Unternehmensleitung am FamilienCampus LAUSITZ über die zukünftigen Herausforderungen für die stationäre und ambulante Gesundheitsversorgung aufgrund der geplanten Gesetzesänderungen. Denn diese werden auch die Krankenhäuser in den ländlichen Regionen treffen.
„Wir haben Sorge, wie sich das geplante Gesetz mit den jetzigen Eckpunkten für unser Krankenhaus und Brandenburg insgesamt und damit letztlich auch für die Menschen in der Region auswirken wird. Deshalb erachten wir einen konstruktiven Austausch und die Diskussion mit der Politik um die möglichen Folgen des neuen Krankenhausstrukturgesetzes für wichtig, um eventuell auch noch Änderungen der geplanten Reformpunkte herbeiführen zu können“, äußert Hendrik Karpinski den Wunsch an die Politik.
„Ich bin nach Klettwitz gekommen, um mich über die Auswirkungen des geplanten Krankenhausstrukturgesetzes auf das Klinikum Niederlausitz und die medizinische Versorgung in der Region zu informieren. Der Austausch mit den Experten, die tagtäglich in diesem Geschäft stecken, hat mir einen sehr guten Überblick geben und die Herausforderungen an die geplante Reform im Krankenhausbereich aufgezeigt. Diese gilt es nun mit den Vertretern von Bund und Ländern weiter zu diskutieren“, zieht Thomas Kralinski sein Fazit zu diesem gemeinsamen Gespräch. Der Staatssekretär würdigte zudem die Arbeit des Netzwerkes Gesunde Kinder, einem bundesweit einzigartigem Projekt zur Unterstützung von Familien. Er kündigte an, anlässlich des 10jährigen Bestehens des Netzwerkes im kommenden Jahr, dieses Modellprojekt und seine Akteure im Rahmen einer Veranstaltung in der Landesvertretung Brandenburgs vorzustellen und zu würdigen.
Fakten zum Krankenhausstrukturgesetz
Abschaffung des den Kliniken seit 2013 gewährten Versorgungszuschlags von 0,8 Prozent. Die vorgesehene Abschaffung in 2017 würde den Krankenhäusern 500 Millionen Euro entziehen.
Keine vorgesehenen Regelungen für die jährlichen Vergütungsanpassungen, die die tatsächlichen Kosten, insbesondere die Tariflohnsteigerungen, voll berücksichtigen. Im Gesetzentwurf vorgesehenen Kürzungen müssen zurückgenommen werden.
Die im Gesetzentwurf vorgesehenen überzogenen Kürzungen der Vergütungen für zusätzliche Leistungen (Fixkostendegressionsabschläge) sind mit mindestens 25% viel zu hoch, ebenso die Ausweitung der Dauer für die Zahlung der Mehrleistungsabschläge bis zu fünf Jahre führt zu weiteren Verlusten.
Mehr als 10 Millionen ambulante Notfälle mit einem Fehlbetrag von 88 Euro pro Fall führen zu 1 Milliarde Euro nicht gedeckter Kosten.
Es bedarf der Bereitstellung von ausreichenden Investitionsmitteln für die Krankenhäuser durch die einzeln en Bundesländer. Schon jetzt besteht ein Investitionsdefizit von jährlich drei Milliarden Euro. Der durch das KHSG vorgesehene einmalige Strukturfond in Höhe von maximal einer Milliarde Euro reicht nicht aus, um die Defizite zu kompensieren.
Quelle: Klinikum Niederlausitz GmbH