Für die meisten Leser dürfte die Überschrift ungewöhnlich klingen, schließlich gibt es in Deutschland eine Krankenversicherungspflicht. Dies stimmt zwar, trotzdem leben mindestens 60.000 Menschen in unserem Land ohne eine entsprechende Police. Unterstützung vom Staat erhalten sie häufig nicht.
Betroffen sind oft Menschen, von denen es niemand erwartet
Seit 2009 gilt in Deutschland die Krankenversicherungspflicht. Die Idee war, dass niemand das extreme finanzielle Risiko allein tragen muss, dass durch eine Erkrankung entsteht. Angestellte wählen eine der unzähligen gesetzlichen Krankenversicherungen aus. Die Beiträge teilen sie sich mit dem Arbeitgeber. Die Krankenkassen übernehmen nicht alle medizinischen Leistungen. Wer eine bessere Versorgung möchte, kann Zusatzversicherungen abschließen. Zudem gibt es sogenannte IGeL-Leistungen, welche der Arzt individuell anbieten kann. Nehmen die Patienten diese Dienste in Anspruch, sind sie kostenpflichtig.
Selbstständige und Freiberufler können sich alternativ auch bei privaten Krankenversicherungen versichern. Besonders jüngere Menschen profitieren von günstigeren Tarifen. Diese Personengruppe ist ebenfalls verpflichtet, sich gegen das finanzielle Risiko abzusichern. Trotzdem gibt es besonders unter den Selbstständigen etwa 100.000 Menschen, die über keine Krankenversicherung verfügen.
Nicht versichert zu sein, ist nicht strafbar, aber teuer
Strafbar ist es nicht, ohne Versicherung durch das Leben zu gehen. Besonders junge Menschen könnten denken, auf diese Weise eine Zeitlang das Budget zu entlasten. Davon ist jedoch abzuraten. Wer krank wird, erhält außer in lebensbedrohlichen Fällen keine medizinische Versorgung. Sind über einen bestimmten Zeitraum keine Beiträge geflossen, müssen diese nachgezahlt werden. Die Verjährungsfrist beträgt laut Verbraucherzentrale vier Jahre. Gesetzliche Krankenkassen dürfen neben den rückständigen Beiträgen auch Säumniszuschläge erheben und die Forderungen vollstrecken lassen.
Es ist also auf keinen Fall ratsam, ohne Versicherung zu leben. Wichtig ist es, mit der Krankenkasse eine Vereinbarung zu treffen, um die Schulden zu begleichen. Meistens wird eine Ratenzahlung gewährt. Sie ist zusätzlich zu den aktuellen Beiträgen zu zahlen. Möglicherweise bleiben Leistungsbeschränkungen bestehen, bis zumindest ein Teil der Schuld getilgt ist. Dies ist für die Betroffenen eine harte Situation. Häufig kann Menschen ohne Krankenversicherung durch Experten geholfen werden, wieder eine vollständige Gesundheitsversorgung zu erhalten.
Verschiedene Gründe für fehlende Versicherung
Offiziell sind rund 60.000 Menschen in Deutschland nicht krankenversichert. Andere Schätzungen sprechen von 100.000. Der Professor für Medizinmanagement an der Universität Duisburg-Essen, Jürgen Wasem, rechnet mit einer hohen Dunkelziffer. Zwischen 700.000 und einer Million Menschen könnten betroffen sein. Zwei große Gruppen sind die Obdachlosen und Asylbewerber ohne Aufenthaltstitel.
Daneben sind Menschen betroffen, von denen dies niemand erwartet. Junge Selbstständige sind eine Risikogruppe. Wenn anfangs die Einnahmen nicht wie erhofft sprudeln, muss bei den Ausgaben gespart werden. Einer der größten Posten ist dabei die Krankenversicherung. Wer jung ist, wähnt sich nicht selten für unzerstörbar – eine fatale Sichtweise.
Ein anderes Problem sind nicht verschuldete wirtschaftliche Schwierigkeiten. Wenn ein Bauherr seine Rechnungen nicht begleicht, kann dies bei selbstständigen Handwerkern schnell zu eigenen Zahlungsschwierigkeiten führen. Es ist nicht selten ein Dilemma. Die Schuldner machen Zahlungsversprechen, auf welche sich die Leistungserbringer verlassen. Dann bleiben die Zahlungen aus und das Desaster ist perfekt. Nachträglich kann man in einem deutschen Amt keine Unterstützung beantragen. Der soziale Abstieg kann in unserem Land schnell vonstattengehen. Nicht selten sind Behörden nicht ganz unbeteiligt.
Zusammengefasst bleibt festzustellen, dass es in Deutschland trotz einer Krankenversicherungspflicht ein hohe Zahl an Menschen gibt, die keinen Gesundheitsschutz haben. Fatal ist, dass diese Menschen von Behörden häufig keine Hilfe erhalten. Im Gegenteil, das Problem wird weitgehend ignoriert. Dabei gibt es Möglichkeiten, zurück in die Krankenversicherung zu kommen.