Brandenburg wird seine Kommunen infolge der Corona-Pandemie mit gut 580 Millionen Euro unterstützen. Darauf haben sich jetzt die Landesregierung und die kommunalen Spitzenverbände im Land verständigt. Das teilten Vertreter von Land und Kommunen vergangene Woche in Potsdam mit. Der kommunale Rettungsschirm umfasst den Zeitraum von 2020 bis 2022 und enthält sowohl kurzfristig wirksame Liquiditätshilfen als auch Kompensationszahlungen des Landes für kommunale Steuerausfälle in den kommenden Jahren. Eine entsprechende gemeinsame Erklärung wurde ebenfalls heute von den Vertretern von Landesregierung und kommunalen Spitzenverbänden unterzeichnet.
Ein Rettungsschirm – drei Komponenten
Der kommunale Rettungsschirm Brandenburg besteht aus drei Komponenten:
Zum einen sollen kommunale Mehrausgaben und Einnahmeausfälle außerhalb von Steuern ausgeglichen werden durch Unterstützung aus dem Ausgleichsfonds des Landes sowie einen pauschalen Ausgleichsbetrag für Gemeinden, kreisfreie Städte und Landkreise.
Zweitens werden Einnahmeausfälle aus dem kommunalen Finanzausgleich im Jahr 2021 zu 75 Prozent und im Jahr 2022 zu 50 Prozent (soweit dies die Abrechnung des Jahres 2020 betrifft) durch das Land ausgeglichen. Für das laufende Jahr entstehen den Kommunen aus dem kommunalen Finanzausgleich keinerlei Mindereinnahmen, der Betrag wird vielmehr so ausgereicht wie im Nachtragshaushalt 2020 beschlossen.
Drittens wird das Land die Rückgänge der eigenen Steuereinnahmen der Kommunen im Jahr 2020 zur Hälfte und im Jahr 2021 zu 75 Prozent ausgleichen. Das Gesamtvolumen der Maßnahmen des Rettungsschirms beläuft sich nach derzeitigem Stand auf 580,7 Millionen Euro; letztlich maßgebend sind die jeweils vereinbarten Ausgleichsquoten. Eine Aktualisierung der Zahlen wird nach der Herbst-Steuerschätzung vorgenommen.
„Substanzieller Beitrag zur kommunalen Handlungsfähigkeit“
In der heute unterzeichneten „Gemeinsamen Erklärung“ heißt es: „Die Unterzeichnenden stimmen mit Blick auf die unerlässlichen Aufgaben der Gemeinden und Gemeindeverbände für das öffentliche Leben und die Daseinsvorsorge für die Bürgerinnen und Bürger Brandenburgs überein, dass drohende finanzielle Notlagen der Kommunen zu verhindern sind. Daher wird das Land in dieser schwierigen Lage einen substanziellen Beitrag zur Sicherstellung der kommunalen Handlungsfähigkeit leisten.“
„Das jetzt vereinbarte Hilfepaket ist ein solch substanzieller Beitrag. Das Land steht zu seinem Wort: Die Kommunen werden mit den schwerwiegenden finanziellen Folgen der Corona-Pandemie nicht allein gelassen. So war es angekündigt – und so wird es auch kommen“, sagte Finanzministerin Katrin Lange. „Es ist eine gute Einigung und sie wurde schneller erzielt als erwartet. Es war völlig richtig, mit dem im April vereinbarten Verfahren auf den Schulterschluss von Land, Kreisen und Gemeinden zu setzen anstatt einsame Beschlüsse vom grünen Tisch in Potsdam aus übers Knie zu brechen, wie von uns auch gefordert wurde. Die Landesregierung ist diesem schlechten Rat nicht gefolgt, sondern hat stattdessen das Gespräch mit den Kommunen selbst gesucht. So wie es sich gehört. Das Ergebnis kann sich sehen lassen: Der Rettungsschirm reicht finanziell richtigerweise bis ins Jahr 2022, weil davon auszugehen ist, dass die pandemiebedingt zu befürchtenden Einnahmeausfälle die Kommunen sich auch in den nächsten zwei Jahren fortsetzen werden. Die finanzielle Belastung des Landes infolge des kommunalen Rettungsschirms ist zweifelsohne erheblich, doch wäre es letztlich unverantwortlich, jetzt an der falschen Stelle zu sparen. Darauf läge kein Segen – weder für das Land und schon gar nicht für unsere Kommunen.“
Innenminister Michael Stübgen erklärte: „Die Corona-Pandemie bringt enorme finanzielle Herausforderungen mit sich, die gerade Brandenburgs Dörfer, Städte und Landkreise hart treffen. Deshalb ist der Rettungsschirm von besonderer Bedeutung. Die Landesregierung lässt keine Kommune im Stich. Wir sichern kurz-, mittel- und langfristig Belastungen durch unvermeidbare Mehrausgaben und drohende Einnahmeverluste gleichermaßen ab. Mir ist besonders wichtig, dass wir schnell helfen und unverzüglich Geld zur Verfügung stellen. Denn wer schnell hilft, hilft doppelt. Dass wir den Rettungsschirm so zügig aufspannen konnten, ist der außerordentlich guten und intensiven Zusammenarbeit aller Beteiligten aus Finanzministerium, Innenministerium und den kommunalen Spitzenverbänden zu verdanken. Hier haben nicht nur alle an einem Strang gezogen, sondern auch in die gleiche Richtung.“
Finanzierung im Jahr 2020 aus Corona-Rettungsschirm
Die Maßnahmen des kommunalen Rettungsschirms werden im Jahr 2020 aus dem allgemeinen Corona-Rettungsschirm des Landes finanziert. Er umfasst insgesamt zwei Milliarden Euro. Die Umsetzung der Maßnahmen für den Zeitraum ab 2021 steht unter dem Vorbehalt entsprechender Entscheidungen des Landtages.
Die kommunalen Spitzenverbände begrüßen den jetzt vereinbarten kommunalen Rettungsschirm und tragen die notwendigen Schritte für dessen rechtliche Umsetzung vollständig mit, hieß es.
Reaktionen:
Der haushaltspolitische Sprecher der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Brandenburger Landtag Thomas von Gizycki: „Das ist ein sehr gutes Ergebnis, mit dem die Städte und Gemeinden jetzt deutlich mehr Planungssicherheit für die Haushaltsaufstellungen haben. Die Verhandlungen liefen ergebnisorientiert und schneller ab als gedacht. Nun ist es wichtig, dass die konkreten Umsetzungsschritte zügig erfolgen, damit das Geld auch bald bei den Kommunen ankommt! Die Aufgabe, das Finanzausgleichsgesetz für alle Städte und Gemeinden im Land zukunftsfest auszugestalten, liegt allerdings noch vor uns.“
Heiner Klemp, kommunalpolitischer Sprecher der Fraktion, ergänzt: „Ich freue mich, dass wir damit die Auswirkungen der Pandemie für die Städte und Gemeinden soweit abfedern können, dass diese in die Lage versetzt werden, im geplanten Umfang weiter zu investieren. Gerade in Zeiten der Krise ist es der Kenia-Koalition wichtig, dass kommunale Aufträge für die regionale Wirtschaft weiter erteilt werden.“
Der finanzpolitische Sprecher der SPD Jörg Vogelsänger erklärt dazu: „Der Rettungsschirm für unsere Brandenburger Kommunen steht. Das ist ein starkes Signal. Das Leben findet in den Kommunen statt. Jede und jeder vor Ort wird profitieren. Die Landesregierung hat im Auftrag des Landtages mit den kommunalen Spitzenverbänden in Rekordzeit einen Rettungsschirm ausgehandelt. Die Brandenburgerinnen und Brandenburger können sich auch in Krisenzeiten auf die SPD-geführte Koalition verlassen. Handlungsfähige Kommunen sind unverzichtbar für den sozialen Zusammenhalt in unseren Städten und Gemeinden. Das werden wir gemeinsam weiterhin absichern.“
Der Sprecher für Kommunalfinanzen in der SPD, Andreas Noack, erklärt: „In den nächsten drei Jahren unterstützen wir die Kommunen mit insgesamt 580 Millionen Euro. Das ist viel Geld, das nun klug investiert werden muss: Damit die Kommunen gut über die Krise kommen, die Dienstleistungen und Betriebe erhalten bleiben und die Menschen weiterhin eine gute Lebensqualität vor Ort erfahren. Investitionen vor Ort sind ein wichtiger Konjunkturmotor. So wird der Rettungsschirm dazu beitragen, dass das Land Brandenburg und seine Kommunen gestärkt aus dieser Krise hervorgehen.“
Der finanzpolitische Sprecher und parlamentarische Geschäftsführer der CDU-Fraktion, Steeven Bretz, erklärt hierzu: „Aufgrund der aktuellen Steuerschätzung ist klar, dass Brandenburgs Kommunen coronabedingt mit erheblichen Mindereinahmen rechnen müssen. Deshalb ist es folgerichtig, dass das Land mit einer Grundsatzentscheidung einen soliden Rettungschirm aufspannt. Mit den beschlossenen 580 Millionen Euro ist sichergestellt, dass Bürgermeister, Beigeordnete, Ortsvorsteher und all diejenigen, die vor Ort Verantwortung tragen, in den Kommunen handlungsfähig bleiben.“
Der Beigeordnete für Finanzen der Stadt Cottbus, Dr. Markus Niggemann (CDU): „Die dort genannten Zahlen vor allem zur höheren Erstattung von Kosten der Unterkunft sowie der geplante Ausgleich für Ausfälle bei der Gewerbesteuer klingen vielversprechend. Noch nicht abschätzbar ist, inwieweit die Stadt Cottbus von weiteren angekündigten Förderprogrammen beispielsweise für Kitas, Digitalisierung, Kultur- und Sporteinrichtungen profitieren könne. Gleiches gilt für die angestrebte Stabilisierung der heimischen Wirtschaft, von der auch der städtische Haushalt profitieren würde. Allein für das laufende Jahr rechnet die Stadtverwaltung mit zusätzlichen Belastungen aus den Folgen der Corona-Krise in Höhe von mindestens 15 Millionen Euro, verbunden mit vielen Unwägbarkeiten, was die Höhe der tatsächlichen Ausfälle betrifft. Das Konjunkturprogramm sowie der kommunale Rettungsschirm dürfte nach ersten Einschätzungen einen großen Teil der durch die Corona-Krise entstandenen Lücke im Haushalt abfedern. Allerdings müssen Bund und Land mit den meisten Vorhaben noch durch Gesetzgebungsprozesse. Beim Strukturstärkungsgesetz sehen wir, wie sich solche Prozesse verzögern können und die versprochenen Inhalte möglicherweise noch aufgeweicht werden.“
pm/red
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