Am Sonntag, den 13.12.2020 fand im Rahmen des 30. Filmfestival ein Onlinepanel statt. Mit dem Thema „Diesseits von Babelsberg“ plauderte die Radio-Eins-Legende „Kino King Knut“ Elstermann über das Filmemachen in Brandenburg. Als Zuschauer eingeladen war ein jeder, aber als Teilnehmer am Panel selbst nahmen Peter Hartwig (Produzent bei der kineo Filmproduktion, produzierte u.a. Systemsprenger), Grit Lemke (Dokumentarregisseurin und Leiterin der deutsch-sorbischen Sektion beim FFC), Lena Vurma (Produzentin bei Dragonfly Film, produzierte u.a. den diesjährigen FFC-Film Adventures of a Mathematician), Daniel Saltzwedel (Förderreferent beim Hauptförderer des FFC, dem Medienboard BerlinBrandenburg) und Dennis Demmerle (PR & Marketing des FFC) teil.
Speckgürtel vs. Südbrandenburg
Insgesamt knapp eine Stunde sprachen die Teilnehmer über den Produktionsstandort Brandenburg, wo man schon mal New Mexico (USA) erzählen kann, wie es Produzentin Lena Vurma für den Film Adventures of a Mathematician gemacht hat. Dafür hat sie u.a. im Spreewald und am Flughafen Cottbus-Drehwitz gedreht. Ganz aktuell läuft auf Netflix die supergehypte Serie Queens Gambit (zu deutsch Damengambit) die ebenfalls zu weiten Teilen in Brandenburg gedreht wurde und nicht mal einen brandenburgischen Produzenten hat. Auch wurde die 5. Staffel der Serie Homeland zu vielen Teilen in Brandenburg gedreht (z.B. auf dem Marktplatz in Luckau). Wobei dies bei weitem nicht die einzigen internationalen Produktionen in Brandenburg sind. Viele MCU-Filme (Marvel Cinematic Universe) wurden in den Babelsberger Filmstudios gedreht und fanden auch Teile ihrer Außenszenen in den brandenburgischen Wäldern wieder oder nicht zuletzt Großmeister Quentin Tarantino hat Inglourious Basterds nahezu vollständig um Berlin herum gedreht. Aber genau hier stoßen die Meinungen der Panelteilnehmer dann zu Recht auf unterschiedliche Ansichten. Ist der Speckgürtel um Berlin herum dann wirklich ein Label „Made in Brandenburg“ wert? Oder geht gerade der Süden Brandenburgs oftmals leer aus? Hier stellte sich speziell Grit Lemke als Vorkämpferin dar, die auf die (oft finanziell leer ausgehende) sorbische Filmkultur aufmerksam machen wollte. Daniel Saltzwedel vom Medienboard konnte darauf nur antworten, dass die Filmförderungen in erster Linie nicht nach Landesteilen und Gebieten ausgeschüttet werden, sondern an Produzenten und deren Filmvorhaben gehe. Wenn diese förderfähig oder förderungswürdig sind, werden sie unterstützt, unabhängig davon, in welchen Teilen des Landes dann gedreht werden soll. Der Drehort wiederum hängt aber vor allem von den notwendigen Motiven und der kreativen Arbeit der jeweiligen Filmemacher ab. Natürlich wird dabei auf den Regionaleffekt geachtet, aber sollte Südbrandenburg leer ausgehen, hängt es vermutlich vor allem an den weniger attraktiven Drehorten oder an der unpraktischen Logistik, weswegen Produzenten lieber nahe Berlin produzieren, oder in erster Instanz vielleicht auch daran, dass schlicht die eingereichten Geschichten nicht förderungswürdig sind.
Südbrandenburger Drehorte: Erst Skepsis dann Hilfe
Peter Hartwig ergänzte an dieser Stelle, dass auch die Fernsehsender hier ihre besondere Stellung haben, schlussendlich seien die Regionalförderungen v.a. auch an die jeweiligen Regionalsender gebunden und so sei es in den letzten Jahren öfter dazu gekommen, dass Filme von Sendeanstalten gefördert wurden, die gar nicht aus den Regionen kommen, in denen die jeweiligen Geschichten spielten. So wurde z.B. ein Film, der aufgrund der Geschichte in Leipzig spielen musste, nicht vom MDR bezahlt, sondern vom BR. Der Hintergrund: Der zuständige Redakteur des BR fand die Geschichte eben so großartig, dass diese erzählt werden musste, auch wenn dafür in Sachsen gedreht werden musste. Davon abgesehen ist Peter Hartwig ein großer Befürworter davon, Dreharbeiten aus Berlin heraus nach Brandenburg zu verlagern, „dass die Menschen ihre Orte zeigen können und sie miteinbeziehen. Nicht in Berlin zu drehen ist oft die schönere, angenehmere und unkompliziertere Arbeit als die Großstadt, wo jede Woche an 10 Orten gedreht wird.“ Dies konnte auch Lena Vurma bestätigen. Natürlich hatten die Menschen gerade um den Flughafen Cottbus-Drehwitz (der bei den Dreharbeiten noch geöffnet war) am Anfang eine gewisse Skepsis angesichts einer so großen Filmcrew, aber diese wurde schnell abgebaut. Sie wuchsen als Team und mit den Menschen vor Ort zu einer großen Familie zusammen und durften schlussendlich vor Ort alles nutzen was sie wollten. „Es wurde uns geholfen, sobald wir ein kleines Problem hatten und es wurde nicht auf Cash geguckt, sondern sie haben den Süden der USA in Brandenburg gedreht. Mit Kleidung aus den 40er Jahren. Auch meinen nächsten Film, der in Südfrankreich spielt, werde ich wieder in Brandenburg drehen.“
Region mit (sorbischem) Potenzial
Als Fazit lässt sich am Ende aber doch zusammenfassen, dass Südbrandenburg als Filmstandort eine Region mit Potenzial ist. Die Herausforderungen liegen allerdings vielfach im organisatorischen Bereich. Einerseits fühlt sich Südbrandenburg durch sein sorbisches Erbe auch stark der gesamtsorbischen Region zugehörig, die zur Hälfte auch in Sachsen liegt, was eine gemeinsame kulturelle Förderung erschwert, allerdings haben sorbische Filmemacher in Sachsen deutlich einfacheren Zugang zu Fördermitteln.
Die Schönheit und Einzigartigkeit der Region Südbrandenburg, gepaart mit dem Umstand, dass Dreharbeiten dort mit deutlich geringerem Verwaltungsaufwand umzusetzen sind als in Metropolen wie Berlin oder Potsdam, machen aber deutlich, dass die Rahmenbedingungen gegeben wären, um nicht nur im Rahmen sorbischer Kulturarbeit, sondern auch weit darüber hinaus Möglichkeiten für Filmschaffende zu bieten.
Wenn man also über kurz oder lang ein Label wie „Made in Brandenburg“ einführen möchte, müssen in erster Linie die Filmemacher selbst daran weiterarbeiten – auch regionalübergreifend mit gemeinsamen Zielsetzungen mit den anderen Brandenburger Regionen. Auch, um zu zeigen, ob ländlich oder städtisch: Brandenburg jenseits des Berliner Speckgürtels hat weitaus mehr zu bieten als Tagebauten und Kuhfladen.
Natürlich sind an dieser Stelle auch wieder die Förderer gefragt. Daniel Saltzwedel deutete jedenfalls an, dass das Medienboard offen für Ideen und eine Zusammenarbeit ist.