Brandenburg erschließt neue Kapazitäten zur Aufnahme von neu ankommenden Flüchtlingen. Die Zentrale Ausländerbehörde (ZABH) des Landes in Eisenhüttenstadt (Oder-Spree) nimmt voraussichtlich ab 1. Oktober eine weitere Außenstelle mit rund 300 Plätzen in Betrieb. Das kündigte Innenminister Ralf Holzschuher am Freitag an. Für die Flüchtlinge soll ein erst kürzlich freigezogenes ehemaliges Wohnheim der Bundeswehr in Ferch (Gemeinde Schwielowsee) angemietet werden. Die Liegenschaft grenzt unmittelbar an den Werderaner Ortsteil Glindow (Potsdam-Mittelmark). Der Minister führte dazu heute erste Gespräche mit der 1. Beigeordneten und künftigen Bürgermeisterin von Werder, Manuela Saß, der Bürgermeisterin der Gemeinde Schwielowsee, Kerstin Hoppe, sowie Landrat Wolfgang Blasig. Zur Information der Anwohner plant das Innenministerium in Kürze eine Anwohnerversammlung durchzuführen.
Die einstige Bundeswehr-Liegenschaft in der Petzower Straße 6-8 ist derzeit das einzige Objekt, das zeitnah in Betrieb genommen werden kann. Die Gebäude mietet das Land bei der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (Bima) an. Insgesamt stehen vier ein- bis dreigeschossige Wohnheime zur Verfügung. Dort sollen vorwiegend Familien untergebracht werden. In dem Wohnheim sollen neben mehreren Wachschutzleuten auch drei Sozialarbeiter und ein Arzthelfer beschäftigt werden.
Brandenburg nimmt nach dem sogenannten Königsteiner Schlüssel etwa 3,1 Prozent der neu in Deutschland eintreffenden Flüchtlinge auf. Die Asylsuchenden werden zunächst in der Erstaufnahmeeinrichtung der ZABH in Eisenhüttenstadt untergebracht. Sie absolvieren dort einen Gesundheitscheck und stellen ihren Asylantrag beim zuständigen Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF). Zur anschließenden vorübergehenden Unterbringung der Asylbewerber werden auch die Außenstellen der ZABH genutzt, zu denen auch das neue Heim in Ferch gehören wird. Nach spätestens drei Monaten sollen die Flüchtlinge dann auf die Landkreise und kreisfreien Städte in Brandenburg weiter verteilt werden. Da bei stark steigenden Asylbewerberzahlen derzeit jedoch weder die Kommunen bei der Bereitstellung von Unterkünften noch das BAMF mit der Bearbeitung der Anträge nachkommen, ist die Erstaufnahmeeinrichtung weit über ihre ursprüngliche Kapazität hinaus belastet. Dabei wurde die Zahl der Plätze bereits verdreifacht. Dazu wurden Container und Notbetten in der Turnhalle aufgestellt sowie zwei Außenstellen in Eisenhüttenstadt und Frankfurt eingerichtet. Auch das Flughafenasyl in Schönefeld wird derzeit genutzt.
Die ZABH rechnet in diesem Jahr insgesamt mit etwa 6.000 Neuankömmlingen. Im vergangenen Jahr durchliefen etwa 3.300 Flüchtlinge die Erstaufnahme.
Holzschuher unterstrich: „Es ist unsere humanitäre und moralische Pflicht, Menschen aufzunehmen, die Schutz vor Krieg und Verfolgung suchen.“ Angesichts stark steigender Asylbewerberzahlen müssten Infrastruktur und Betreuungsangebote ausgebaut werden. Land und Kommunen seien dabei gleichermaßen gefordert. Zudem müsse der Bund für eine deutliche Beschleunigung der Asylverfahren sorgen. „Das ist auch im Interesse der Flüchtlinge, die damit schneller Klarheit über ihre weitere Perspektive erhalten“, betonte der Minister.
Hintergrund
In Brandenburg lebten Ende Juli insgesamt knapp 4.000 Asylbewerber. Hinzu kamen 28 Asylberechtigte, 2.130 geduldete Flüchtlinge sowie 297 Personen, die nach der Flüchtlingskonvention als Flüchtlinge anerkannt waren.
In der Erstaufnahmeeinrichtung des Landes ist aufgrund der weltweiten Krisen ein starker Anstieg bei der Zahl der neu ankommenden Flüchtlinge zu verzeichnen. Wurden dort im Jahr 2007 lediglich 565 Personen aufgenommen, waren es im Jahr 2010 bereits knapp 1.200 und im Jahr 2013 mehr als 3.300. In den ersten acht Monaten des Jahres 2014 durchliefen bereits mehr als 3.100 Menschen die Erstaufnahme. Aktuell sind knapp 1.300 Flüchtlinge in der Erstaufnahmeeinrichtung und ihren Außenstellen untergebracht. Hauptherkunftsländer sind derzeit Syrien, Serbien, die Russische Föderation und Eritrea.