Manchmal weiß ich nicht ob ich lachen oder weinen soll. Da brüstet sich der Braunkohlelobbyverein „Pro Lausitzer Braunkohle“ mit seinem 30 Meter Plakat vor der Hamburger „Konzernzentrale“ von Greenpeace (Greenpeace ist ein eingetragener Verein) mit der Aufschrift: „Wir lassen die Lausitz nicht ausradieren“ und übergab Greenpeace einen überdimensionierten Radiergummi in Form eines Braunkohlebriketts. Man konnte sich fragen, ob nicht noch weitere 20 Meter fehlten mit der Ergänzung „wir machen das schon selber!“.
Hier beschuldigen diejenigen, die mit riesigen Maschinen jeden Stein und See, jedes Haus, jede Straße und jeden Baum im Namen der Kohle umpflügen eine Umweltorganisation die vor den Risiken des Tagebaus und seinen langfristigen Folgen warnt, sowie die Wirtschaftlichkeit der landespolitisch gewollten und konzerngewollten Braunkohletagebaue bezweifelt, dass diese die Lausitz ausradieren würde. Schizophren? Ja! Ein eindrucksvoller und gleichzeitig bedrückender Nachweis findet sich auf der Webseite des „Archiv verschwundener Orte“ Dokumentation bergbaubedingter Umsiedlung.“. Es liest sich wie ein eine Auflistung des Gewinners (Der Wirtschaftkonzern) gegenüber Heimat und Geschichte von Menschen, Orten und Naturlandschaften, aber ebenso wirtschaftlichen Existenzen, aber eben kein Braunkohlegeschäft. Derzeit sind es 136 Orte, die der Kohle schon weichen mussten. Weitere sollen folgen, wenn es nach Plänen des schwedischen Staatskonzerns Vattenfall und der Brandenburgischen SPD-LINKE Landesregierung sowie einiger Lokalfürsten geht.
Der Verein „ProLausitzerBraunkohle“ bedient sich martialischer Worte wie „Lausitz ausradieren“ und besetzt damit Begriffe, die eigentlich auf sie selbst zurückfallen. Eine durchaus clevere Marketingtaktik des Vattenfall-gestützten Vereins. Begriffe besetzen und Hoheit darüber haben wird in der Politik und Wirtschaft durchaus öfter gemacht. Heiner Geißler sagte einst: „Wer die Begriffe besetzt, besetzt die Köpfe.“ Spätestens da sollte klar werden, dass es nicht um auf Vernunft basierende Entscheidungen geht, sondern um Parolen. Denn die Braunkohlelobbyisten erlangen so Deutungshoheit über Begriffe, die eigentlich gar nicht zusammenpassen.
In der Pressemeldung spricht der Verein von „flexiblen Ankern“. Entweder ist ein Anker etwas Stabiles und festes um Dinge (vorrangig Schiffe) unveränderlich an einem Ort zu halten, oder es gibt etwas flexibles, aber einen flexiblen Stabilitätsanker? Selbst Google weiß hier keinen Rat. Wie der Stabilität bringen soll, muss jemand mal erklären. Ebenfalls wird die Braunkohle nun schon in einem Satz mit den erneuerbaren Energien als natürlicher Partner für die Durchsetzung der Energiewende.“ genannt wird. Es ist von „Bürgertrassen“ in den Südwesten die Rede, um die Republik mit Lausitzer (Braunkohle)-Strom zu versorgen. (Die vergleichende Deutung erspare ich mir hier). Es wird sich großer Schlagwörter wie „innovativ, wettbewerbsfähig, Zukunft, stärken“ bedient, es hört sich so inhaltslos wie aneinandergereiht aus einem Textgenerator an. Hauptsache die Begriffe sind besetzt und erscheinen in Verbindung mit dem fossilen Brennstoff, der für die Ausradierung Lausitzer Geschichte verantwortlich ist. Hier sind Marketing- und Rhetorikprofis am Werk, das Bild der „Kumpels die um ihre Arbeit fürchten“ ist schon lange nicht mehr haltbar. Hier sei angemerkt, dass sicher auch Greenpeace Profis beschäftigt, das zeigt, wie abstrakt die Darstellungen geworden sind.
Gleichzeitig schwingt eine Drohung in der Pressemeldung mit, „Mit der Hamburger Aktion will der Verein noch mal eindringlich aufzeigen, dass Braunkohle in der Lausitz ein wichtiger und in den nächsten Jahrzehnten unverzichtbarer Wirtschaftsfaktor ist. Zukunftsfähige Arbeitsplätze, kulturelle Vielfalt und eine unverzichtbare Vereinslandschaft in der Lausitz sowie den neuen Bundesländern sind dabei nur die regionalen Komponenten.“ heißt es in der Meldung. Hier wird die Drohung deutlich, sollte es Entscheidungen gegen neue Tagebaue geben (hier sei angemerkt dass diese nicht vor 2030-2040 überhaupt aufgeschlossen werden sollen) und Vattenfall sich zurückziehen, auch die vielen clever platzierten Engagements in kleinen und großen sozialen aber vor allem Sportvereinen enden würden. Die Schlinge die der Konzern um die Lausitz gelegt hat, würde sich zuziehen, da der Konzern sich als das unveränderliche Maß der Dinge darstellt und alternative Wirtschaftsentwicklungen in der Region völlig außen vor lässt.
Man könnte es als „Pakt mit dem Teufel“ bezeichnen. Auf der einen Seite verdienen viele Menschen ihren Lebensunterhalt durch die Kohle, auf der anderen Seite verhindert genau diese Monokultur der Industrie eine flexible Entwicklung mit wirklicher Innovation in zukunftsträchtigen Industriebranchen. Das Ruhrgebiet hat die Phase der nachindustriellen Zeit, nachdem Zechen von heute auf Morgen geschlossen wurden, gerade erst durchschritten. Einige ehemalige Protagonisten aus dem Ruhrpott sind nun in der Lausitzer Politik im Bundestag oder für eben jenen „Pro Lausitzer Braunkohle“-Verein tätig. Die Talsohle im Ruhrgebiet dauerte übrigens knapp 30 Jahre…..
Es wird nicht das letzte Kapitel um die Lausitzer Zukunft gewesen sein, jedoch hat der sonst auf Sachlichkeit pochende „ProBraunkohle“ Verein damit die eigene Linie verlassen. Die Marketingmaschinerie wird weiterlaufen hinein in die Köpfe der Menschen. Wer sich wirklich um die Zukunft der Lausitz und ihrer Menschen schert, sollte sich sowohl von konzerngelenkten aber auch umweltideologischen und politischen Machtinteressen freimachen, alle Bestände ohne Anspruch auf scheinbar ewigen Bestand auf den Tisch legen und eine nüchterne Analyse machen.
Foto1: Archivbild
Foto2: Verein „ProLausitzer Braunkohle“
Aktuelle Sturmwarnung für Südbrandenburg. Bis 100 km/h möglich
Nach Sonntag mit hochsommerlichen Temperaturen und örtlichen Unwettern mit Gewittern, dominieren nun deutliche Abkühlung und Sturmwarnungen. Für heute (23. Juni, 17–21 Uhr)...







