Zum am Dienstag veröffentlichten Gutachten der BTU Cottbus-Senftenberg zum Strukturwandel in der Lausitz [1], welches im Auftrag des brandenburgischen Wirtschaftsministeriums erstellt wurde, erklärt Axel Kruschat, Landesgeschäftsführer des BUND Brandenburg:
“Das Gutachten kommt zu einigen überraschenden Schlüssen bezüglich der Zukunft der Lausitz – überraschend deswegen, weil sie vom brandenburgischen Wirtschaftsministerium veröffentlicht wurden. Zwar hat sich Minister Gerber in seiner Pressemitteilung redliche Mühe gegeben, alle Punkte, die von der bisherigen Regierungslinie abweichen, unter den Tisch fallen zu lassen. Wenn man jedoch nachliest, werden der Landesregierung einige deutliche Empfehlungen mitgegeben oder sogar harsche Kritik am bisherigen Vorgehen geäußert.”
So wird beispielsweise geraten “angesichts der beträchtlichen und schwer kalkulierbaren ökonomischen und politischen Risiken [der Braunkohle, Anm. BUND Brandenburg] […] den Strukturwandel proaktiv zu bearbeiten, also nicht zu warten, bis weitere Strukturbrüche eintreten”. (S. 4) Das Predigen der langfristigen Notwendigkeit der Braunkohleverstromung, wie es die Landesregierung praktiziert, fällt ganz sicher nicht unter diese Empfehlung.
Darüber hinaus wird die Landesregierung kritisiert, durch das Festhalten an neuen Tagebauen einen erfolgreichen Strukturwandel zu verhindern: “In jedem Fall ist die politische Kluft zwischen den Braunkohlebefürwortern und den Braunkohlegegnern in der Lausitz, die immer wieder neu durch die Pläne, Tagebaue aufzuschließen und den Widerstand der Menschen in den Orten, die womöglich abgebaggert werden, befeuert wird, ein großes Hindernis für die Selbstfindung der Region und beeinträchtigt ihre politische Außendarstellung. Positiv formuliert: die Region unter den Bergbauregionen, die es als erste schafft, dieses Pro und Contra in ein Miteinander aufzulösen, hat einen beträchtlichen politischen Geländegewinn erzielt. Ein solcher Konsens könnte im Inneren neue Energien freisetzen und in der politischen Außendarstellung wäre ein solcher Konsens von Vorteil, wenn es z. B. darum geht, Bundesmittel zu akquirieren.” (S. 24)
Zudem ergab die im Rahmen des Gutachten durchgeführte Befragung von Vattenfall-Zulieferern, dass “von einer Mehrheit ein fester Ausstiegsfahrplan mit Blick auf die Planungssicherheit für das eigene Geschäft begrüßt wird.” (S. 5) Die Autoren bemerken weiter überbetont diplomatisch: “Dieser Wunsch nach Planungssicherheit kann, muss aber nicht im Gegensatz zur Position der Landesregierung stehen, die sich nicht auf ein Ausstiegsdatum festlegen möchte.”
Auch die von Ministerpräsident Woidke und anderen Kohlebefürwortern immer wieder genutzte “Katastrophenrhetorik” (z. B. “Klimaabgabe führt zu «Strukturbruch» in der Lausitz” in der Lausitzer Rundschau am 11.06.2015) wird stark kritisiert: “In der politischen Kommunikation wäre es ratsam, nicht der Versuchung nachzugeben, die drohende Verelendung der Region heraufzubeschwören. Die Situation ist sicher sehr ernst, aber eine ökonomische Katastrophe wie in den 1990er Jahren droht nicht. Die Lausitzer haben nach der Wende in einem wesentlich kürzeren Zeitraum einen dramatischeren Strukturwandel bewältigt. Das ist ebenfalls eine Leistung auf die aufgebaut werden kann und die sich in der Kommunikation spiegeln sollte.” (S. 30)
“Die Landesregierung sollte sich das Gutachten noch einmal ganz genau durchlesen und die Ratschläge beherzigen: Für einen erfolgreichen Strukturwandel muss sie zu allererst den Widerstand gegen einen schrittweisen Kohleausstiegsplan aufgeben und die Planungen für die neuen Tagebaue einstellen. Stattdessen knüpft der Ministerpräsident die Zukunft der Region an eine Zukunft der Braunkohle.[2] Damit tut er den Lausitzern wahrlich keinen Gefallen”, so Axel Kruschat.
Für Rückfragen: Axel Kruschat, BUND Brandenburg, Tel. 0331-237 00 143
[1] Gutachten der BTU CS “Strukturwandel in der Lausitz – Wissenschaftliche Auswertung der Potentialanalysen der Wirtschaft der Lausitz ab 2010” vom 9.8.2016. Abrufbar unter: http://www.mwe.brandenburg.de/media_fast/5671/Gutachten_Strukturwandel_Lausitz.pdf
[2] Dietmar Woidke in der Lausitzer Rundschau vom 12.9.2016: “Und das größte Risiko für Sanierung und Rekultivierung ist ein schneller Ausstieg aus der Braunkohle. Denn alle Konzepte sehen eine Finanzierung der Sanierung über die Laufzeit der Tagebaue vor. Und es ist ein Widerspruch in sich, dass dieselben Leute, die sagen: Am Liebsten heute schon aussteigen, den Menschen nun Angst machen wollen, EPH würde seinen Verpflichtungen nicht nachkommen. Das größte Risiko für die Region und die Steuerzahler wäre ein schneller Kohleausstieg.”
pm/red