Gestern Abend berichtete die ZDF-Sendung “Frontal 21” über den Käufer der Lausitzer Vattenfall-Braunkohlesparte, EPH. Heute ist das “Schwarzbuch EPH” erschienen. In der Sendung wurde auch Ministerpräsident Dietmar Woidke auf dem Energieforum in Leipzig nach fehlenden Sicherheitsleistungen für die Rekultivierung gefragt, worauf er ausweichend antwortete: “EPH wird alle gesetzlichen Verpflichtungen in diesem Bereich erfüllen. […] und mehr ist dazu nicht zu sagen.” Die Entscheidung ob EPH das Vattenfallgeschäft überhaupt kaufen darf, trifft die EU Wettbewerbskommission Ende September, zwei Beschwerden eines ausgeschlossenen sächsisch-mongolischen Bieters waren eingegangen.
Greenpeace hat das Schwarzbuch EPH heute veröffentlicht und äußert sich wie folgt: Das undurchsichtige Firmengeflecht und Geschäftsgebahren des tschechischen Energiekonzerns EPH, der mit seinem Finanzpartner PPF Investments Ltd. die Lausitzer Braunkohlesparte von Vattenfall übernehmen will, beleuchtet Greenpeace in einem aktuellen Dossier. Das „Schwarzbuch EPH“ zeigt, wie brisant diese Übernahme ist. Will Deutschland seine Klimaziele erreichen, muss der Vattenfall-Nachfolger einen geordneten und sozial verträglichen Rückbau des Kohlegeschäfts vorbereiten. Greenpeace belegt jedoch, dass Politik und Region sich diesbezüglich nicht auf die tschechischen Käufer verlassen sollten. „Politisch ist es unverantwortlich, diesen Finanzjongleuren die Braunkohle ohne Auflagen zur Rekultivierung und zur Einhaltung von Klimazielen zu überlassen“, sagt Greenpeace Energieexperte Karsten Smid. „Die Ministerpräsidenten von Brandenburg und Sachsen müssen Sicherheitsleistungen für die Sanierung der Bergbauschäden von EPH verlangen. Sonst verletzen sie ihre Sorgfaltspflicht.“
Wie das „Schwarzbuch EPH“ belegt, stehen hinter Energetický a Průmyslový Holding (EPH) Oligarchen und ein Netz aus Beteiligungsgesellschaften, die als anonyme „Offshore Gesellschaften“ mit beschränkter Haftung in Steuerparadiesen wie Zypern und Jersey firmieren. Ihr Geschäftsmodell ist es, Firmen aufzukaufen und finanziell auszupressen. Dies zeigte sich bereits bei der Übernahme des sachsen-anhaltischen Braunkohlekonzerns Mibrag im Jahr 2009. Gleich nach der Übernahme reduzierte EPH dort massiv die Rückstellungen und will erst nach 2030 mit der „Akkumulation erheblicher Barreserven“ beginnen, wie es im Konzernabschluss der Mibrag-Mutter JTSD Braunkohlebergbau GmbH für das Geschäftsjahr 2014 heißt. Bis 2030 jedoch muss bereits das letzte Braunkohlekraftwerk von Netz gegangen sein, wenn Deutschland seine Zusagen im Klimaschutz einhalten will.
International geriet EPH immer wieder ins Visier von Ermittlungen wie die der europäischen Antitrust-Behörde oder der tschechischen Antikorruptionsbehörde. Aktuell im Fokus der Strafverfolger: der ehemalige Geschäftsführer der Mibrag und Braunkohle-Lobbyist Joachim Geisler. Die Staatsanwaltschaft Bochum ermittelt gegen Geisler wegen Schmiergeldzahlungen im Zusammenhang mit dem Mibrag-Verkauf an EPH. Geisler spielte auch jetzt eine zentrale Rolle bei den Übernahmeverhandlungen von Vattenfalls Braunkohlesparte.
Lausitzer Braunkohle muss im Boden bleiben
Als Vattenfall-Käufer übernimmt EPH große Verantwortung: Sollen die internationalen Vereinbarungen im Pariser Klimaabkommen erfüllt werden, muss ein Großteil der Kohle im Boden bleiben. Braunkohlekraftwerke müssen dafür in den nächsten 15 Jahren vom Netz gehen. EPH hingegen spekuliert auf künftige Marktchancen der Braunkohle, die heute schon als überholt gelten. Zu befürchten ist, dass Milliardenkosten für die Rekultivierung der Braunkohletagebaue schließlich am Steuerzahler hängenbleiben.
Das Schwarzbuch EPH ist unter diesem Link als PDF abrufbar.
pm/red