Am Donnerstag traf ich mich mit Sven Zuber, Kandidat für das Amt des Forster Bürgermeisters.
Wie alle Kandidaten der anstehenden Wahl wurde er in Forst (Lausitz) geboren und lebt mit seiner Familie hier. Mir ging es in dem Gespräch darum, einzelne Punkte aus seinem Wahlprogramm genauer zu hinterfragen.
Helmut P. Fleischhauer: Herr Zuber, die Zukunft der Innenstadt um den Marktplatz hat bei den Bürgerinnen und Bürgern für intensive Diskussionen gesorgt und besonders der Entwurf mit der Ausstellungshalle wurde kritisiert. Was ist Ihre Vision des ehemaligen Zentrums der Stadt?
Sven Zuber: Die Stadtkirche und der Marktplatz waren immer das Zentrum der Stadt Forst (Lausitz). Ohne ein richtiges Zentrum fehlt den Bewohnern etwas, das für die Identifikation mit ihrer Stadt wichtig ist. Ein Zentrum ist wie ein Baum. Werden seine Wurzeln beschädigt, sterben irgendwann auch die Äste ab. Bei den Kämpfen 1945 hat die Stadt schwer gelitten und noch immer leiden wir unter den Folgen.
hpf: Wenn ich mir historische Fotos anschaue, waren Kirche und Marktplatz einmal ein echtes Zentrum mit einer Bebauung, die das umschloss.
Sven Zuber: Bei der Bebauung in den Siebzigern wurde eine radikale Lösung gewählt und durchaus sanierungsfähige alte Gebäude mussten den Neubauten weichen. Es sollte aber nicht vergessen werden, dass die neue Wohnbebauung für die Bewohner zu einer erheblichen Verbesserung der Wohnqualität führte. Durch die Bevölkerungsentwicklung und den hohen Leerstand mussten und müssen weitere Gebäude abgerissen werden.
hpf: Sie sagten ja, Sie lehnen einen Teich und ein Wäldchen ab …
Sven Zuber: Das ist richtig, weil es dann kein wirklichen Zentrum mehr ist. Es müssen da andere Entscheidungen getroffen werden. Ich denke da an einen Masterplan mit der Festlegung, welche Art von Häusern dort gebaut werden dürfen.
Es geht ja besonders um die Bebauung im südlichen und östlichen Bereich des Marktes. Ich denke da an die Bebauung mit kleineren Gebäuden.
Nach dem Brand 1748 erfolgte der Wiederaufbau der Stadt Forst (Lausitz) nach Plänen von Brühl und dem Baumeister Johann Christoph Knöffel. Auch das war ein Masterplan, der nach und nach umgesetzt wurde.
hpf: Aber wer wird dort bei den in Forst erzielbaren Mieten und den existierenden Leerständen bauen?
Sven Zuber: Es gibt zwar einen hohen Leerstand, andererseits fehlen Wohnungen für Interessenten, die eine bestimmte Größe und einen anderen Zuschnitt möchten.
Ein Masterplan für die Zukunft ist das Regelwerk, die Umsetzung kann nicht kurzfristig geschehen. Wir müssen da in Zeiträumen von vielen Jahren denken. Aber nur so kann wieder ein richtiges Zentrum mit einer interessanten Bebauung und Geschäften entstehen.
hpf: Der Bedarf und auch die erzielbaren Mieten sind ja direkt mit Arbeitsplätzen verknüpft. Vom Forster Zentrum nun zur Wirtschaftsförderung. Was Fördermittel angeht, ist Forst benachteiligt. Wie sind da Ihre Vorstellungen?
Sven Zuber: Forst hat einen sehr wichtigen Standortvorteil an einer Nahtstelle zu Osteuropa, die Verkehrsanbindungen. Das ist nicht nur für den Logistikbereich von Vorteil. In Zary zum Beispiel haben sich viele Unternehmen angesiedelt, die aus den gleichen Gründen die Stadt als Standort gewählt haben. Wir müssen Forst nicht nur einzeln sondern als Teil einer Region betrachten.
hpf: Also so etwas wie eine Kooperation?
Sven Zuber: Ja, ganz wichtig ist der Erhalt der Bahnverbindung, da muss die gesamte Region zusammenarbeiten.
Es gibt einen weiteren Punkt, der mir bei der Wirtschaftsförderung wichtig ist; eine deutlich stärkere Zusammenarbeit zwischen Wirtschaftsförderung und Stadtentwicklung.
hpf: Arbeiten diese beiden Bereiche zu sehr für sich?
Sven Zuber: Zumindest könnte die Zusammenarbeit deutlich intensiviert werden. Eine Neuansiedlung eines Unternehmens bedeutet ja nicht nur ausgewiesene Industrieflächen sondern auch ein attraktives Wohnumfeld. Wir dürfen nicht vergessen, dass Forst sehr viel zu bieten hat. Wir haben ein Frei- und Hallenbad, den Rosengarten und ein attraktives Naherholungsumfeld.
hpf: Das stimmt, denke da spontan an die Euloer und Schacksdorfer Teiche, das Radwegenetz und vieles mehr. Da kann so manche weitaus größere Stadt nicht mithalten.
Sven Zuber: So ist es und die Forster haben allen Grund auf ihre Stadt stolz zu sein.
hpf: Sie möchten also die Wirtschaftsförderung, das Werben um Neuansiedlungen, mit der Attraktivität des Wohnumfeldes verbinden?
Sven Zuber: Richtig, es gehört zusammen.
hpf: Herr Zuber, was hat für Sie noch eine hohe Priorität?
Sven Zuber: Das ist die Sicherheitslage in unserer Stadt. Da müssen wir unbedingt mit allen Beteiligten ins Gespräch kommen. Neben der Polizei, auch die Polizei jenseits der Grenze, gehören aber auch die Opferverbände, die Suchtberatung und andere dazu. Ein weiterer Punkt ist die Analyse und Bekämpfung der Kriminalitätsursachen, damit Taten im Vorfeld verhindert werden. Als Beispiel nenne ich einmal Beschaffungskriminalität bei Drogenabhängigkeit. Eine erfolgreiche Suchtprävention reduziert diese Art der Kriminalität.
Wichtig zur Verbesserung der Sicherheitslage ist aber auch der Schutz des Eigentums. Da ist jeder Bürger gefragt und muss selbst etwas tun.
hpf: Was halten Sie von Bürgerwehren?
Sven Zuber: Ich bin kein Befürworter von Bürgerwehren, das ist Aufgabe der Polizei, dafür ist sie da. Zur Sicherheitslage gehörten auch die Feuerwehren. Es ist nicht hoch genug zu achten, was die Freiwilligen in Forst und den Ortsteilen leisten, wie viel Zeit sie investieren und ihre ständige Bereitschaft, für ihre Mitbürger da zu sein wenn sie gebraucht werden. Viele der freiwilligen Feuerwehren haben Nachwuchssorgen. Wir müssen sie bei der Ausrüstung und wo immer möglich unterstützen.
hpf: … gehört das THW auch dazu?
Sven Zuber: Die freiwilligen Feuerwehren unterstehen der Stadt, das THW ist eine Organisation des Bundes. Wenn das THW aber benötigt wird, ich erinnere da an die Sicherung und Hilfe bei er Evakuierung bei der Bombenentschärfung, sind sie zur Stelle.
hpf: Zum Thema Bürgerhaushalt, den Sie ins Leben rufen wollen. Denken Sie da an ein Modell wie in Senftenberg?
Sven Zuber: Da muss ich ein wenig zurückgehen. Das Verhältnis von Bürgern zu der Verwaltung hat sich in den vergangenen Jahre verändert. Wenn Bürger mit Entscheidungen unzufrieden sind, haben sie Wege gefunden, das auch kundzutun. Es bilden sich Bürgerinitiativen, es finden Protestmärsche statt um sich Gehör zu verschaffen. Also müssen wir Bürgerinnen und Bürger stärker einbinden und gleichzeitig das Interesse an Kommunalpolitik stärken.
Ich denke an ein Vorschlagswesen, um Projekte von der Idee über die Planung bis zur Umsetzung von interessierten Bürgerinnen und Bürgern verantwortlich begleiten zu lassen.
Wichtig ist mir ebenfalls, dass es nicht nur darum geht, Geld in einem Bürgerhaushalt von, sagen wir mal 20.000 Euro, auszugeben. Ideen und Vorschläge zur Generierung von Einnahmen sind gleichfalls willkommen. Auch hier kann die Kreativität der Bürgerinnen und Bürger einen Beitrag leisten. Ein Bürgerhaushalt in dieser Art ist für mich einer der Wege, die Zukunft unserer Stadt gemeinsam zu gestalten.
hpf: Nun habe ich noch eine Frage zum Abschluss. Vor einiger Zeit habe ich Forst als ‘heimliche Kulturhauptstadt im Osten der Republik’ bezeichnet. Inzwischen werden eine Vielzahl von kulturellen Veranstaltungen und Ausstellungen in den Kirchen, dem Forster Hof, im komfor oder im Pavillon „Genuss und Kunst“ angeboten. Wie wichtig ist Ihnen die Förderung von Kunst und Kultur?
Sven Zuber: Kunst und Kultur sind für uns Menschen wichtige geistige Nahrung. Es gibt bereits wieder Netzwerke, so zum Beispiel die Montagsmaler. Ich freue mich darüber, dass Margret Holz ihr Hauptatelier nach Forst verlegt hat und vielleicht andere Künstlerinnen und Künstler animiert es ihr gleichzutun. Eine Förderung von Kunst und Kultur ist notwendig. Aber es geht nicht immer nur um eine finanzielle Förderung. Auch Räume oder Plätze für Kunst zur Verfügung zu stellen ist Förderung.
hpf: Ich danke Ihnen für das Gespräch und die ausführlichen Erläuterungen zu den angesprochenen Punkten
Die Gespräche mit den beiden weiteren Bürgermeisterkandidaten der Stadt Forst:
Im Gespräch mit Philipp Wesemann (SPD)
Im Gespräch mit Ingo Paeschke (DIE LINKE)