Um es kurz zu machen: „Brecht auf! Das Fest“ an der Neuen Bühne Senftenberg war sehenswert, interessant, abwechslungsreich und überraschend – bitte mehr davon. Unter dem Motto „3,2,1“ (3 Stücke, 2 Pausen, 1 Fest) konnten sich die Gäste ganz einem Spektakel hingeben, das 17.00 Uhr mit einem Jahrmarkt begann und gegen Mitternacht endete – ganz ohne Langeweile und Überforderung. Nach dem ersten Stück, der „Mutter Courage und ihre Kinder“, konnten die Gäste zwischen vier verschiedenen Vorstellungen wählen, die alle gleich sehenswert gewesen sein sollen und der Abend endete mit einem „bunten Liederabend“. Über die künstlerischen Leistungen ist auch hier auf Niederlausitz-aktuell schon ausreichend berichtet worden dennoch bleibt aber einiges Grundsätzliches zu Spektakeln in der „Provinz“ zu überlegen.
„Provinz versus Provinzialität“ heißt eine regelmäßige Tagung der Rosa-Luxemburg-Stiftung, die in diesem Jahr just in der Neuen Bühne Senftenberg stattfand. Eine der Kernaussagen war, dass es auch in randständigen Regionen keine provinzielle Kultur geben müsse. Auch wenn es manchmal schwierig sei, könnte das Publikum doch immer wieder neu begeistert werden und durch größere Veranstaltungen würden auch mehr Interessierte aus der Region und den umliegenden Städten kommen.
Der Neuen Bühne Senftenberg ist genau das in vollem Umfang gelungen. Von den 10 Vorstellungen von „Brecht auf! Das Fest“ waren sieben ausverkauft, die Auslastung lag insgesamt um die 90%. Und wer sich auf der „Derniere“, also der letzten Vorstellung am 31. Oktober, umschaute, sah auch viele bekannte Gesichter beispielsweise aus Cottbus. Im Theater waren Kartenbestellungen aus Cottbus und Dresden eingegangen, einige der Besucher kamen auch aus Berlin oder Potsdam, Gütersloh, Stuttgart und Rostock.
Und die Neue Bühne überzeugte – auch mit Qualität und Professionalität. Auf der Derniere fiel ein Stück aus, weil ein Schauspieler erkrankte. Kurzerhand wurde der Hannibal zwei Mal aufgeführt und die Pause wurde verkürzt durch eine spontane Lesung mehrerer Schauspieler und des Intendanten, der zeigte, dass er auch selbst einiges kann und auch selbst gern die Bühne sucht. Und vielleicht könnte mit einem Augenzwinkern noch hinzugefügt werden, dass sich auch der singende Intendant des Theaters statt mit einem T-Shirt doch mit einem Hemd kostümieren könnte – zumal sich ja auch viele Gäste in den feinen Zwirn zwängen… Aber auch da haben Spektakel in der Provinz ihren Vorteil: Denn da trifft man den Intendant auch mal am Bratwurststand…
Ein solches Spektakel ist aber auch ein Marathon mit 10 Vorstellungen, die ja eigentlich 60 sind – und da dürfte die Neue Bühne Senftenberg an der Ressourcengrenze schrammen. So soll es das Brecht-Spektakel in dieser Form auch sicher nicht mehr geben, aber einige der Stücke werden aufgrund der hohen Nachfrage wahrscheinlich in den Spielplan aufgenommen. Und ganz ehrlich: mir würde auch erst einmal kein Autor einfallen, der sich zu einem solchen Spektakel eignen würde. Brecht ist immerhin der meistgespielte deutsche Autor weltweit und hat vom großen Bühnenstück, über den intellektuellen Kommentar bis zum zotigen Lied einiges zu bieten.
Im nächsten Jahr feiert die Neue Bühne Senftenberg aber ihren 70. Geburtstag und nach diesem Spektakel ist zu erwarten, dass das Jubiläum spektakulös und spektakulär wird.







