Erstmals wurde im Gefäßzentrum am Klinikum Niederlausitz eine fenestrierte Aortenprothese (FEVAR) erfolgreich eingesetzt.
Die sogenannte “Schlüsselochtechnik” hat sich seit einigen Jahren auch bei Erkrankungen der Bauchschlagader als Alternative zu großen offenen Operationen etabliert. Im Gefäßzentrum Niederlausitz in Senftenberg ist diese Methode fester Bestandteil der Behandlung von Gefäßpatienten. Für gewöhnlich werden Gefäßprothesen durch ein kleines “Schlüsselloch” in der Leistenschlagader eingebracht und anschließend in der Bauchschlagader entfaltet. Falls aber im erkrankten Abschnitt der Bauchschlagader noch lebenswichtige Gefäße, wie zum Beispiel Nieren- oder Darmschlagadern entspringen, ist dieses Verfahren nicht geeignet.
Die Medizintechnik entwickelte daher sogenannte fenestrierte (gefensterte) Prothesen, die eine Einbeziehung wichtiger Organarterien ermöglicht, so dass diese durch die “Fenster” hindurch ebenfalls mit kleinen Stentgrafts (*) versorgt werden können und zusätzlich stabilisierend wirken. Derartige Prothesen werden aufwändig und individuell für jeden Patienten angefertigt und an einem 3D Acrylmodell mehrfach durch Ärzte und Ingenieure getestet. Nur wenn alles passt, wird die Prothese für die Operation freigegeben.
“Gemeinsam mit Chefarzt Dr. Meisinger war uns die erste Implantation einer fenestrierten Gefäßprothese problemlos möglich. Mit dem Hybrid OP in Senftenberg verfügt das Gefäßzentrum technisch über die besten Voraussetzungen. Unser Patient ist längst wieder zu Hause. Eine erste Kontrolluntersuchung in der Gefäßambulanz zeigte ein optimales Ergebnis“, freut sich Tom Hammermüller, Chefarzt des Gefäßzentrums Niederlausitz, über die erfolgreiche OP.
„In Zukunft werden wir dieses hochaufwendige Verfahren in unser Standardrepertoire aufnehmen. Patienten bleiben damit lange Wege nach Dresden oder Berlin erspart. Die Implantation sowie die Vor- und Nachsorge erfolgen dann aus einer Hand“, erklärt Tom Hammermüller die Vorzüge der neuen OP Methode. „Noch sind die Verfahren sehr teuer und derzeit nicht vollständig durch die Kostenträger gedeckt. Auch ist nicht jeder Patient für dieses Verfahren geeignet und es ist eine lebenslange Betreuung in der Gefäßambulanz notwendig. Doch die Vorteile überwiegen: Mit einem vergleichsweise geringem Eingriff kann eine große und risikoreiche Operation vermieden werden. Die Patienten sind sofort und uneingeschränkt belastbar und in der Regel ist nur ein kurzer Krankenhausaufenthalt notwendig“, so Hammermüller.
Nach erfolgreicher Zertifizierung ist das Gefäßzentrum Niederlausitz in Senftenberg seit dem 1. Juni 2014 ein durch die Deutsche Gesellschaft für Gefäßchirurgie und Gefäßmedizin (DGG) anerkanntes Gefäßzentrum. Das Gefäßzentrum Niederlausitz behandelt jährlich auf einer interdisziplinären Station mit 36 Betten etwa 1.100 stationäre Patienten. Behandlungsschwerpunkte sind Aussackungen der Bauchschlagader und die arteriosklerotischen Gefäßerkrankungen, die zu einem Schlaganfall oder Durchblutungsstörungen der Beine führen können. Daneben bilden Dialysezugänge, das diabetische Fußsyndrom und das Krampfaderleiden weitere Schwerpunkte.
[* Ein Stentgraft ist die Kombination aus einem stabilisierenden Drahtgeflecht (= Stent) und einem künstlichen Blutgefäß aus Kunststoff (= Gefäßprothese).]
Modellabbildung: Eine fenestrierten Aortenprothese in einer Bauchschlagader (Quelle: Fenestratet Anaconda TM Vascutek)
Quelle: Klinikum Niederlausitz GmbH