“Viele Gespräche, aufnehmen, aufklären und abarbeiten von Bedenken, Sondervereinbarungen und Zeitpläne.” So ungefähr beschreibt ein Sprecher der Sana Kliniken Niederlausitz die aktuelle Situation um die Notfallsanitäter der Luftrettungsstation Senftenberg. Vier von zehn haben eine Änderungskündigung erhalten, die zum 1.1.2023 wirken würde, wenn sie der Zusatzvereinbarung zur Neugestaltung ihrer Arbeitsverträge ab 2023 nicht zustimmen. “Es gibt keine Punkte für die Angestellten, die sie schlechter als jetzt da stehen lassen würde, da haben der ADAC und wir darauf geachtet und Bedenken ernst genommen.” heißt es vom Klinikum, dennoch haben vier Mitarbeiter nicht zugestimmt. Die Gewerkschaft ver.di hatte die Änderungskündigungen kritisiert. Vieles dreht sich um die Frage, ob die Arbeitnehmer mit dem neuen Modell schlechter gestellt sind.
ADAC will System vereinheitlichen
Der ADAC betreibt deutschlandweit 37 Luftrettungsstandorte, wobei Senftenberg mit der sogenannten Personalgestellung eine Ausnahme bildet. Überall sonst wird mit dem Arbeitnehmerüberlassungsmodell gearbeitet, was ganz praktisch die Abrechnung und das Handling des Personals vereinheitlicht. Ab 1.1.2023 soll auch Senftenberg folgen, diesen Prozess haben die Sana Kliniken Niederlausitz nun angestoßen und viele Gespräche geführt, um über das neue Modell aufzuklären. “Die ADAC Luftrettung als Betreiber der Station in Senftenberg dringt aus tatsächlichen und rechtlichen Gründen bereits seit geraumer Zeit darauf, das deutschlandweit einheitliche Modell der Arbeitnehmerüberlassung auch für die Luftrettungsstation Senftenberg umzusetzen. Wir wollen auch in Zukunft unseren wichtigen Anteil in der Versorgung von Notfallpatienten aus der Luft leisten und dafür die notwendigen Voraussetzungen schaffen“, sagt Sadık Taştan, Geschäftsführer der Sana Kliniken Niederlausitz.
Mit der Änderungskündigung sollen die Notfallsanitäter der Luftrettung als Leiharbeitnehmer gemäß Arbeitnehmerüberlassungsgesetz am Standort Senftenberg weiter beschäftigt werden. Dazu erfolgte die Änderungskündigung des bestehenden Arbeitsvertrages zum 31.12.2022 und der Abschluss einer Zusatzvereinbarung für die Änderung in ein Leiharbeitsverhältnis nach dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) ab dem 01.01.2023. Stimmen die Notfallsanitäter der Zusatzvereinbarung nicht zu (auch nicht unter Vorbehalt), dann wirken die Änderungskündigungen wie Beendigungskündigungen zum 31.12.2022. “Die betroffenen Beschäftigten haben angekündigt, gegen die Änderungskündigungen Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht einzureichen.” heißt es von Ralf Franke, Gewerkschaft ver.di.
Gleiche Bezahlung, gleiche Behandlung. Entscheidung nötig
Der jetzt arbeitsrechtlich relevanten Maßnahme der Änderungskündigung für vier der zehn in der Luftrettung eingesetzten Mitarbeitenden sind viele intensive Gespräche vorausgegangen. „Wir haben gemeinsam mit der ADAC Luftrettung den Austausch mit den Mitarbeitenden gesucht, die Hintergründe erklärt und auch den gesetzlichen Rahmen, der die Mitarbeiter vor schlechteren Bedingungen als bisher schützt, aufgezeigt“, sagt Geschäftsführer Sadık Taştan. Viele verschiedene Berufsgruppen von der Geschäftsführung, über die Personalleitung, dem Ärztliche Direktorat bis hin zu Vertretern der ADAC Luftrettung haben sich dabei vor Ort an der Luftrettungsstation den Fragen der Kollegen gestellt und sich den Sorgen angenommen. „Wir stehen für Transparenz, klare Worte und versprechen nur, was wir auch halten können. Objektiv sind für die in der Luftrettung eingesetzten Mitarbeiter keine Nachteile erkennbar. Einige Kollegen sehen das genauso und haben unser Angebot für die Ergänzung des Arbeitsvertrages auch angenommen“, berichtet Geschäftsführer Sadık Taştan. „Wir wollen den Weiterbetrieb des wohl wichtigsten Rettungsmittels in der Lausitz gemeinsam mit der ADAC Luftrettung auf lange Zeit sichern. Deshalb mussten wir nach den vielen Gesprächsrunden und Erklärungen nun für vier Kollegen das im Arbeitsrecht vorgesehene Mittel, nämlich die Änderungskündigung, anwenden. Trotz aller Transparenz und auch wenn ich Bedenken der Mitarbeiter grundsätzlich sehr ernst nehme, kommt im Zeitverlauf der Punkt, an dem sich jeder der vier Kollegen entscheiden muss, ob er das Angebot annimmt oder nicht. Dieser Zeitpunkt ist jetzt mit den Änderungskündigungen definiert“, erklärt der Geschäftsführer.
Sana widerspricht ver.di Kritik
ver.di hatte in seiner Kritik angemerkt, dass die Arbeitsbedingungen der Notfallsanitäter sich nicht verschlechtern dürfen und sich weiterhin nach dem Tarifvertrag mit der Sana Kliniken Niederlausitz gGmbH richten müssen. Auf Nachfrage von Niederlausitz aktuell bei Sana ist dies auch der Fall und kein Gegenstand der Verhandlungen: „Das spiegelt exakt das wider, was das Gesetz regelt und was wir auch den Luftrettern versprochen haben. Auch den Vertretern der Gewerkschaft sind diese gesetzlichen Regelungen zu equal treatment und equal pay bekannt, die einen Gleichbehandlungsgrundsatz und auch einen entsprechenden Entlohnungsgrundsatz regeln. Die Luftretter bleiben Mitarbeiter der Sana Kliniken Niederlausitz und fallen damit auch unter die tarifvertraglichen Regelungen. Es gibt keine Lohndifferenz. Mitarbeiter, die über eine Arbeitnehmerüberlassung in der Luftrettung eingesetzt werden, sind weiterhin Mitarbeitende in den Sana Kliniken Niederlausitz und unterliegen den tarifvertraglichen Regelungen in vollem Umfang. Das ist auch gesetzlich so vorgeschrieben. „Es ist weder unser Ziel, noch unsere Absicht, an Gehalt, Urlaub oder anderen tariflichen Zusicherungen zu sparen. Im Gegenteil. Mit der zukünftigen Basis der Kooperation profitieren unsere Luftretter von gesetzlichen Mechanismen wie dem Gleichbehandlungsgrundsatz und den Regelungen für equal pay sogar dann, wenn die ADAC Luftrettung für den Arbeitnehmer bessere tarifliche Eckpunkte vereinbart, als es der hauseigene Tarifvertrag vorsieht“, erklärt Klinikgeschäftsführer Sadık Taştan.
Weiterhin kritisiert ver.di, dass die Arbeitsverhältnisse nach 18 Monaten Einsatz für die Luftrettung an den ADAC übergehen würden, auch dem widerspricht die Sana Kliniken Niederlausitz gGmbH: „Die Behauptung, dass die Arbeitsverhältnisse nach 18 Monaten auf den ADAC übergehen würden, ist schlichtweg falsch. Der Einsatz darf nach Arbeitnehmerüberlassungsgesetzt nicht länger als 18 Monaten am Stück andauern“, erklärt Geschäftsführer Sadık Taştan. „Wir wollen weder Geld sparen, noch das Beschäftigungsverhältnis mit einem einzigen unserer Kollegen in der Luftrettung über ein Manöver an den ADAC übertragen.“ Nach 18 Monaten ununterbrochenem Einsatz müssen die Kolleginnen und Kollegen eine sogenannte ANÜ–Pause einlegen. Diese muss mindestens 3 Monate und 1 Tag andauern, um den gesetzlichen Regelungen gerecht zu werden. „Wir haben bereits die Voraussetzungen geschaffen, um die Notfallsanitäter während ihrer Überlassungspause in der Klinik und im bodengebundenen Rettungsdienst einzusetzen (Anm. der Redaktion: Auf Nachfrage auch in den gleichen 24h-Schichtmodellen wie bisher wenn gewollt). Wir sind in enger Abstimmung mit dem Landkreis OSL und werden den Einsatz im Rettungsdienst während der Überlassungspause sicherlich auch dann noch anbieten können, wenn der Landkreis zukünftig Betreiber der Rettungswachen wird“, sagt Sadık Taştan.
Darüber hinaus fordert die Gewerkschaft ver.di, dass bei Übernahme des bodengebundenen Rettungsdienstes durch eine kreiseigene Rettungsdienstgesellschaft die Notfallsanitäter der Luftrettung auch auf die kreiseigene Rettungsdienstgesellschaft übergehen sollen, damit dann die kreiseigene Rettungsdienstgesellschaft die Notfallsanitäter für die ADAC-Luftrettung im Wege einer Personalgestellung an die ADAC Luftrettung ausleihen kann.
„Diese Forderung würde nichts daran ändern, dass die ADAC Luftrettung als Stationsbetreiber bereits seit geraumer Zeit eine neue Basis für die Zusammenarbeit anstrebt. Ich bin mir sicher, dass die Kooperation auch mit einer kreiseigenen Rettungsdienstgesellschaft in Form eines Arbeitnehmerüberlassungsvertrages geregelt werden würde. Das Ergebnis wäre also das gleiche“, so Sadık Taştan.
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