Am Samstag, 29. Februar 2020, 19.30 Uhr, hat im Großes Haus des Staatstheaters Cottbus „Antifaust“ in der Regie von Jo Fabian Premiere. Goethes „Faust“ ist ein mächtiger Ausgangspunkt für eine theatrale Installation der besonderen Art: Drei Monate nachdem der Schauspieldirektor Jo Fabian und das Ensemble das Sprachkunstwerk auf die Bühne gebracht haben, folgt eine weitere Auseinandersetzung mit dem berühmten Stoff in Form einer künstlerischen Reflexion über die Möglichkeiten menschlichen Zusammenlebens.
Die Cottbuser „Faust“-Inszenierung zeigt einen Faust, dessen Bild sich während der 30 Jahre, in denen Goethe sich mit dieser Figur beschäftigte, gewaltig geändert hat. Identifizierte er sich als jugendlicher Autor stark mit Faust, so wandelte sich dies in den folgenden Jahrzehnten seiner Auseinandersetzung. Am Ende wurde Faust zu einem Muster des modernen Menschen im angehenden Industriezeitalter und des sich entwickelnden Kapitalismus: Ein intellektueller Einzelgänger, isoliert und rücksichtslos, ruhelos und unsolidarisch, nur auf den eigenen Vorteil bedacht. Ein Faust, der erst zu Einsicht und Reue kommt, als es für Gretchen bereits zu spät ist.
Im „Antifaust“ ist zu erleben, wie die Beteiligten durch ihre Beschäftigung mit Goethes „Faust“ inspiriert wurden zu einem außergewöhnlichen „Faust“-Kommentar unter Mitwirkung von Musikern und Videokünstlern. Theater entsteht im Prozess. Was also tatsächlich ab Ende Februar 2020 als „Antifaust“ zu sehen ist, entspringt der kreativen Reibung an Goethe, am „Faust“, an zwei Jahrhunderten Wirklichkeit nach Goethe und an frühen Äußerungsformen der Menschheitsgeschichte.
Foto: Andreas Klose
pm/red