Im Musterzellenbereich in der 2. Etage der Gedenkstätte Zuchthaus Cottbus wird am kommenden Dienstag, den 17. Juni, um 15:00 Uhr die Zelle der 1970er Jahre neu eröffnet. Die ehemaligen politischen Häftlinge und bildenden Künstler Gino Kuhn und Jörg Beier stellen hier eine Szene nach dem Wecken dar. In 44 qm sind 30 lebensgroße Figuren – 28 Häftlinge und zwei Wärter – von den beiden Künstlern künstlerisch gestaltet und aufgestellt worden. Damit soll die erdrückende Enge des Raums und das Leben in der Zelle für die 28 Häftlinge noch intensiver durch die Besucher wahrgenommen werden können. Innerhalb von ca. 30 Minuten mussten die Häftlinge folgendes erledigen:
– Schleunigst das Bett verlassen,
– Meldung durch den Stubenältesten,
– Zählung durch den Wärter,
– Toilettengang, waschen, Zähne putzen, rasieren,
– anziehen,
– Betten akkurat „auf Kante bauen“,
– frühstücken,
– Zelle säubern, ausrücken zur Arbeit
Die Belegung der Zellen war Mitte der 1970er Jahre so hoch, dass die Häftlinge in Vierstockbetten übereinander schliefen. 28 Häftlinge mussten auf lediglich 44 qm hausen. Während der Mahlzeiten konnten nicht alle an den Tischen sitzen. Fast alle rauchten. Durch den Schweiß und die stinkende Arbeitskleidung war die Luft in der Zelle erbärmlich. Es gab nur eine Toilette und zwei Waschbecken mit Kaltwasser. Hinter den Fenstern waren Blechblenden angebracht, so dass die Sicht nach außen als auch jeglicher Kontakt zu Häftlingen außerhalb des Hauses verhindert wurde. Licht konnte in den Zellen, die offiziell Verwahrraum hießen, nicht eingeschaltet werden. Es gab keine Möglichkeit, im Notfall einen Wärter zu rufen.
Es gehört zur Arbeitsweise der Gedenkstätte, mit Mitteln der Kunst und Kultur, interessierte Besucher für ihre Themen zu erreichen. An mehreren Stellen im Gedenkstättengelände können die Besucher weitere Werke von Jörg Beier und Gino Kuhn betrachten. Gino Kuhn wirkt darüber hinaus häufig als Künstler in Schülerworkshops mit. Die Herrichtung der 1970er Jahre-Zelle wurde durch den Windparkentwickler UKA mit einer großzügigen Spende ermöglicht. Die Unternehmensgruppe betreibt Niederlassungen in Cottbus, Meißen und Rostock. Ihr Motto “ Die Geschichte nicht vergessen … die Zukunft gestalten!“
Interessierte Bürger sind herzlich zur Eröffnung der neu gestalteten Zelle eingeladen.
Quelle: Menschenrechtszentrum Cottbus e.V.