Heinz Florian Oertel, der vielleicht bekannteste Sohn der Stadt Cottbus, ist im Alter von 95 Jahren verstorben. Seine Karriere als Sportreporter begann 1949 bei einem Feldhandballspiel in dem “Stadion der Freundschaft”. Er wurde zu einer Kultfigur und erhielt 17-fache Ehrungen als Publikumsliebling. Nach der Wende wurde es jedoch ruhig um ihn, was ihm sehr zu schaffen machte. Er schrieb Bücher und hatte bis zuletzt Kontakt mit dem NL-aktuell Sportreporter Georg Zielonkowski. Dieser nahm die traurige Nachricht tief betroffen auf und wird den tollen Mann und die Männerfreundschaft in Erinnerung behalten.
Abschied von einem großartigen Menschen
Am frühen Mittwochabend machte die Nachricht die Runde, dass der wohl bekannteste Sohn der Stadt Cottbus Heinz Florian Oertel im Alter von 95 Jahren verstorben ist. Unser Sportreporter Georg Zielonkowski erfuhr die traurige Nachricht am Rande der Spielfläche, wo Oertel erstmals per Mikrofon die Hörer von einem Sportereignis informierte. Heute kaum vorstellbar, es war 1949 ein Feldhandballspiel der Frauen, es ging für Spremberg und Luckenwalde um die Brandenburger Landesmeisterschaft, das auf dem Rasen des „Stadion der Freundschaft“ ausgetragen wurde.
Wie hast Du die Nachricht vom Tode Deines guten Bekannten aufgenommen?
Georg: “Es war in der Stunde vor dem Anpfiff des Spiels Energie Cottbus gegen Carl-Zeiss Jena. Als die traurige Nachricht im Presseraum die Runde machte, hat sich meine Vorfreude auf das Spiel schon sehr reduziert. Ähnlich angefasst waren kurz danach auch viele andere Menschen, wie Klaus Stabach und Dieter Krein, die ich im VIP-Raum mit dieser Nachricht überrascht habe.”
Wie und wo hast Du Heinz Florian kennengelernt?
Georg: “Akustisch natürlich als Konsument der zig Friedensfahrt-Übertragungen oder der Fußballspiele und olympischen Spiele. Dann saß er im Dezember 1978 plötzlich neben mir. Ich hatte meinen Platz als Stadionsprecher in diesem kleinen „Starkasten“ in der Mitte der heutigen Westtribüne. Rechts neben mir nahmen die DDR-Rundfunkreporter für ihre Liveberichte Platz, und so kam er am 13. Dezember Florian die „Hühnerleiter“ hochgeklettert und nahm Platz. Sofort begann eine angeregte Unterhaltung, ohne irgendwelche Distanzen. Viele Male noch hatten wir uns bei diesen Anlässen getroffen und dabei in der ersten Halbzeit immer sehr rege Gespräche geführt. Florian wollte immer so viel wissen. Klar, auch von Energie, aber auch von der ganzen Palette des hiesigen Sports. Der Sport in der Lausitz hat ihn ja nie losgelassen.”
Als Sportreporter bis Du dann ja quasi in Oertels Fußstapfen getreten.
Georg: “Bezüglich des Jobs schon, aber zig Klassen tiefer. Sicher habe ich ihm dann erst recht gern zugehört, aber nie versucht, ihn zu kopieren. So wie er konnte es auch niemand auf der Welt. Seine Art war hier und da streitbar, aber ich behaupte, mehr als 90 % der Menschen haben ihn und seine Art geliebt. Da habe ich auch bei unseren gemeinsamen „Auftritten“ so erlebt.”
Welche waren das?
Georg: “Aufgrund unserer gewachsenen Freundschaft habe ich ihn dann und wann angefragt, ob er hier und da mein Gesprächspartner sein möchte. Ich erinnere mich an die Möbelhaus-Eröffnung in Willmersdorf, wo ich ihn einen ganzen Tag lang, natürlich mit Pausen, für die dortige Kundschaft interviewt habe. Auch in Senftenberg, als dort das Schlosspark-Center eröffnet wurde, hat er ganz locker aus seinem Schaffen erzählt. Übrigens hatte ich ihn vor ziemlich genau zehn Jahren letztmalig getroffen, als der SC Cottbus seinen 50. Geburtstag gefeiert hat.”
In der DDR war Heinz Florian Oertel ein allseits beliebter Mann, wie die 17-fache Ehrung zum Publikumsliebling beweist. Nach der Wende wurde es recht ruhig um die in Berlin lebende Reporterlegende.
Georg: “Diese Ignoranz hat ihm sehr zu schaffen gemacht. Man hat ihn nach der Wende offenbar zu einer zuvor staatsnahen Person gemacht und ihn in keinem Sender mehr haben wollen. Ein Skandal wie nicht nur ich finde. Einen Mann dieser Reporter-Qualitäten, dieses unglaublichen Wissens und dieser Nähe zu den Sportlern so abzuservieren, konnte kaum jemand verstehen. Als immer auch kritischer Geist hat er dann Bücher geschrieben. Ohne Hass, aber mit Bestimmtheit hat er nicht nur den Sport der neuen Welt beleuchtet und seine Leser damit sehr gut zum Blick hinter die Kulissen mitgenommen.”
Wann hattest Du letztmalig mit Florian Kontakt?
Georg: “Alljährlich habe ich ihn einige Tage nach dem elften Dezember, seinem Geburtstag, angerufen um in Ruhe mit ihm zu plaudern. Natürlich, um zu gratulieren und um zu erfahren wie es ihm geht. So auch Ende 2022, als wir wieder lange miteinander sprachen. Wie in den Jahren vorher fragte er stets höflich, ob ich noch einen Moment Zeit für ihn habe um auf seine neugierigen Fragen zu antworten. Nicht nur zur Situation bei Energie wollte er Verschiedenes wissen, auch nach anderen Sportarten, Vereinen oder auch frühere Cottbuser Wegbegleitern hat er gefragt. Er hat sich zum Beispiel nach Jürgen Trogisch erkundigt und nach dessen Gesundheitszustand gefragt. Diese von mir sehr geschätzten Unterhaltungen endeten selten unter einer halben Stunde.
Was bleibt bei Dir als Erinnerung an Heinz Florian Oertel?
Georg: “Ganz ehrlich, ich danke Gott, dass ich diesen tollen Mann nicht nur „dienstlich“ kennenlernen durfte. Flori war für mich nicht nur die „Lichtgestalt eines Sportreporters“, sondern über die Jahre hatte sich eine Männerfreundschaft entwickelt, über die ich glücklich bin, sie erlebt zu haben. Dass sie nun am 27. März zu Ende ging, macht mich sehr betroffen – Ruhe in Frieden Florian!”
Hintergrund
Heinz Florian Oertel (* 11. Dezember 1927 in Cottbus; † 27. März 2023 in Berlin) war ein deutscher Reporter, Moderator und Schauspieler. Er war jahrzehntelang als Sportkommentator im Hörfunk und im Fernsehen der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) tätig und bei den Hörern und Zuschauern außerordentlich beliebt.
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