Manfred Stolpe ist in der Nacht zum Sonntag im Alter von 83 Jahren nach langer, schwerer Krankheit im Kreise seiner Familie friedlich eingeschlafen. Die Landesregierung gedenkt in tiefer Trauer und Dankbarkeit des ersten Ministerpräsidenten Brandenburgs und Bundesministers a. D.. In der Potsdamer Staatskanzlei liegt ab Dienstag, 31. Dezember, 11.00 Uhr ein Kondolenzbuch für die Öffentlichkeit aus.
Manfred Stolpe wurde am 16.Mai 1936 in Stettin geboren und war seit 1990 Mitglied der SPD. Er war von 1990 bis 2002 der erste Ministerpräsident des Landes Brandenburg nach der Wende und von 2002 bis 2005 Bundesminister für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen. Als Landtagsabgeordneter vertrat er gleichzeitig den Wahlkreis Cottbus mit einem Direktmandat. Im Sommer 2002 trat er zugunsten von Matthias Platzeck als Ministerpräsident zurück.
Reaktionen:
Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) erklärt zum Tode von Manfred Stolpe: „Dies ist ein Tag tiefer Trauer. Wir nehmen Abschied von einem großen Mann, der unser junges Land geprägt hat wie niemand sonst. Manfred Stolpe war der Vater des modernen Brandenburgs. Er trug die Liebe zu Brandenburg in seinem Herzen, lange schon bevor unser Land 1990 gegründet wurde. Er gab dem Land Stimme und Gesicht. Im besten Sinne des Wortes war Manfred Stolpe Landesvater und Mutmacher in einem. Unvergessen war seine unnachahmliche Art, widerstreitende Menschen einander anzunähern. Auch deshalb genoss er höchste Wertschätzung in allen seinen öffentlichen Ämtern: als Konsistorialpräsident der Evangelischen Kirche, als Ministerpräsident und als Bundesminister. Manfred Stolpe war ein Sachwalter ostdeutscher Interessen. Im schwierigen Umbruch gab er den Menschen in Brandenburg Orientierung und Zuversicht. Dabei war er immer auch Brückenbauer. Nur wenige haben sich um das Zusammenwachsen der Deutschen so verdient gemacht wie Manfred Stolpe. Aus der wechselvollen brandenburgisch-preußischen Geschichte schöpfte er Orientierung für die Zukunft. Europa endete für ihn nicht an Oder und Neiße. In Stettin geboren, betrachtete er es als historische Pflicht Deutschlands, Polen und anderen Staaten der östlichen Mitte Europas den Weg in die Europäische Union zu ebnen. Manfred Stolpe war ein großer Glücksfall für unser Land. Seine historische Leistung wird vor der Geschichte Bestand haben. Brandenburg hat Manfred Stolpe unendlich viel zu verdanken – er wird uns unvergessen bleiben.“
Brandenburgs Innenminister Michael Stübgen (CDU) würdigte Stolpe und drückte seiner Familie sein Beileid aus: „Manfred Stolpe war ein Landesvater im besten Sinne. Mit politischer Klugheit und menschlicher Wärme hat er Brandenburg in den schwierigen Anfangsjahren nach der Wiedervereinigung Halt und Richtung gegeben. In unseren vielen gemeinsamen Gesprächen habe ich Manfred Stolpe stets als besonnenen und zielgerichteten Politiker erlebt, dem unser Bundesland eine Herzensangelegenheit war. Manfred Stolpe hat sich um Brandenburg verdient gemacht und wir werden seinen Namen in Ehren halten. Unser Gedanken und Gebete gehören in diesen Stunden seiner Frau und seiner Familie.“
SPD-Landtagsfraktionsvorsitzender Erik Stohn und der Parlamentarische Geschäftsführer Daniel Keller: „Wir trauern gemeinsam mit den Brandenburgerinnen und Brandenburgern um einen großen Menschen. Er war dem Land und uns Freund, Gestalter, Ratgeber, Mahner und treuer Begleiter. Manfred Stolpe hat sein Leben lang für ein gutes, friedliches Miteinander gearbeitet, in Deutschland wie in Europa. Herausforderungen und Probleme hat er mutig angepackt und sich dafür eingesetzt, sie durch Gespräche und Ausgleich zu lösen. Den Menschen in Brandenburg hat er auch als Ministerpräsident ab 1990 Mut gemacht und den Rücken gestärkt, er hat das Wir-Gefühl gefördert und das Land maßgeblich geprägt. Dabei handelte er als überzeugter Demokrat immer so, dass der Landtag als Volksvertretung einbezogen war. Manfred Stolpe hat das neue Land Brandenburg mitbegründet und gestaltet. Ohne ihn wären wir nicht, wo wir heute sind; er wird uns allen fehlen. Unsere Gedanken sind in diesen schweren Stunden bei seiner Ehefrau und seinen Angehörigen.“
Dr. Jan Redmann, Fraktionsvorsitzender CDU-Fraktion im Landtag Brandenburg: „Mit großer Trauer haben wir vom Tod Manfred Stolpes erfahren. Er hat dem wiedergegründeten Land nach 40 Jahren DDR-Zentralismus seine Identität zurückgegeben. Brandenburg hat ihm viel zu verdanken, wir werden sein Andenken bewahren. Unsere Anteilnahme gilt seiner Frau und Familie, denen wir für diese schwere Zeit viel Kraft wünschen.“
Holger Kelch (CDU) Oberbürgermeister von Cottbus: “Mit Manfred Stolpe ist eine bedeutende politische Persönlichkeit von uns gegangen. Unvergessen bleiben für uns seine Verdienste um die Entwicklung unserer Stadt Cottbus/Chóśebuz. Als Ministerpräsident und Landtagsabgeordneter begegnete er den Bürgerinnen und Bürgern nicht nur in seinem damaligen Wahlkreis Sachsendorf als offener und nahbarer Gesprächspartner. Vor allem kümmerte er sich darum, dass die Sachsendorferinnen und Sachsendorfer in der schweren Umbruchsphase der 1990er Jahre eine faire Chance erhielten und der größte Stadtteil mit industriellem Wohnungsbau im Land zukunftsgerecht und modern umgebaut wurde. Manfred Stolpe hat einen überaus großen Anteil daran, dass sich Cottbus/Chóśebuz zu einem wichtigen Standort für Behörden und Dienstleister entwickeln konnte. Anerkennend sprach er in dieser Zeit angesichts der Gründung der BTU, der Bundesgartenschau 1995 und der Stadtentwicklung oft von der „heimlichen Hauptstadt des Landes. Wie kaum ein anderer hat er zudem die Geschichte Ostdeutschlands und besonders des Landes Brandenburg seit der deutschen Wiedervereinigung geprägt. Für eine ganze Generation war er Mutmacher, der mit Scharfsinn und Visionen die Region auf solide Beine gestellt und wirtschaftlich voran gebracht hat. Als geborener Stettiner hat er auch die Verbindung zu unseren östlichen Nachbarn gesucht und sich aktiv für den gegenseitigen Austausch und für die Völkerverständigung eingesetzt. Seinen Familienangehörigen wünsche ich in diesen schweren Stunden viel Kraft. Die Stadt Cottbus/Chóśebuz wird Manfred Stolpe ein ehrendes Andenken bewahren.”
Ursula Nonnemacher (Grüne), Ministerin für Soziales, Gesundheit, Integration und Verbraucherschutz: „Die Nachricht vom Tod von Manfred Stolpe erfüllt mich mit tiefer Trauer. Mit Manfred Stolpe verliert Brandenburg eine herausragende Persönlichkeit, einen leidenschaftlichen Politiker und eine große Identitätsfigur, die alle Brandenburgerinnen und Brandenburger im Blick hatte, besonders als sich das ganze Land im Umbruch befand. Manfred Stolpe stand mit seiner ganzen Persönlichkeit für den schwierigen Prozess der Neuorientierung nach der Neugründung des Landes Brandenburg. Viele Menschen hatten ihre Arbeit verloren, mussten in ihrer Heimat einen Neustart wagen. Manfred Stolpe hat ihnen Mut gemacht, ihnen Halt gegeben.
Als Ministerpräsident hat Manfred Stolpe viele wegweisende, aber oft auch schwierige Entscheidungen zum Wohle des Landes getroffen und Brandenburg mit Herz und Verstand gelenkt und gestaltet. Unermüdlich fuhr er durch das ganze Land, hörte den Menschen zu, achtete auch auf andere Meinungen. Dass er zum Beispiel bei der Erarbeitung der Verfassung des Landes Brandenburg auch die Opposition im Landtag intensiv mit einbezogen hatte, war keine Selbstverständlichkeit und ist ihm hoch anzurechnen. Er hat auch sehr früh erkannt, dass der Naturschutz für Menschen genauso lebenswichtig ist wie Fragen nach Arbeit, sozialer Gerechtigkeit und Gesundheit. Große Verdienste erwarb er sich zudem im Kampf gegen Rechtsextremismus und rechter Gewalt. Nach anfänglichem Zögern, vor allem aus Angst, den Ruf Brandenburgs zu schaden, widmete er sich dieser Sache voll und ganz. Maßgeblich auf seine Initiative hin hatte das Land Brandenburg 1998 als eines der ersten Länder bundesweit eine Strategie zur Bekämpfung des Rechtsextremismus entwickelt. Daraus entstand das ‚Tolerante Brandenburg‘.
Trotz langer und schwerer Krankheit blieb er bis zu seinem Tod ein wichtiger Vordenker in unserer Gesellschaft, der zum richtigen Zeitpunkt die richtigen Worte fand. So war er für all seine Nachfolgerinnen und Nachfolger, die in den verschiedenen Landesregierungen politische Verantwortung für Brandenburg übernahmen, Vorbild und Mahner zugleich. Das Land Brandenburg hat Manfred Stolpe sehr viel zu verdanken und ist ihm für sein Wirken zutiefst dankbar. Wir werden ihn nicht vergessen und ihm ein ehrendes Andenken bewahren.“
Christian Stäblein, Bischof der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz: „Er war eine sehr eindrückliche Persönlichkeit: menschenfreundlich, verbindend und voller Gottvertrauen. Von 1969 bis 1981 war Manfred Stolpe Leiter des Sekretariats des Bundes der Evangelischen Kirchen in der DDR und dann bis 1989 Konsistorialpräsident der Ostregion der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg. Manfred Stolpe war ein Mann der Kirche. Er hat dafür gesorgt, dass die evangelische Kirche auch in der DDR ihren eigenständigen Platz bewahren konnte“, so Bischof Christian Stäblein. „Er hatte immer den Menschen im Blick; er hat immer für das Wohl der Menschen gearbeitet. In schweren Zeiten war er bereit war, Verantwortung zu tragen. Auch seiner großen integrativen Kraft sei es zu verdanken, dass Brandenburg während seiner Zeit als Ministerpräsident mutig und offen den Weg in die Zukunft gegangen ist. Wie viele Menschen hat es mich sehr beeindruckt, wie ehrlich Manfred Stolpe und seine Frau Ingrid mit ihrer Krebserkrankung umgegangen sind, mit allen Einschränkungen und Ängsten, die dazu gehören, aber auch mit Lebensmut und Stärke und lebendigem Glauben. Für mich ist er auch darin ein großes Vorbild. Zahlreiche Menschen auch in der Evangelischen Kirche würden um Manfred Stolpe trauern und ihn vermissen, ist Bischof Christian Stäblein sicher. „Wir sind traurig, dass Manfred Stolpe nicht mehr bei uns ist. Aber wir wissen ihn in Gottes Hand.“
Siegurd Heinze (CDU), Landrat des Landkreises Oberspreewald-Lausitz: „Mit tiefer Bestürzung haben wir vom Tod von Manfred Stolpe erfahren. Gerade in den Nachwendejahren, die von einer hohen Arbeitslosigkeit und der unsicheren Zukunft ganzer Branchen geprägt war, hat er den Brandenburgerinnen und Brandenburgern Hoffnung und Mut gegeben. Als erster Ministerpräsident hat er dabei auch unsere Region wesentlich geprägt. Unvergessen bleibt mir hierbei auch sein unermüdlicher Einsatz für den Lausitzring, dessen Einweihung sich in 2020 zum 20. Mal jähren wird. Unsere Gedanken sind in diesen Tagen vor allem bei seiner Frau Ingrid und seiner Familie.“
Péter Vida (BVB / FREIE WÄHLER): “Mit ihm verliert unser Land eine herausragende und prägende Persönlichkeit. Die erfolgreiche Geschichte von Brandenburg ist aufs Engste mit ihm und seinen politischen Leistungen verbunden. Seine Amtszeit war geprägt von grundlegenden Reformen in allen Bereichen der Landespolitik. Es gelang ihm, die Integration der unterschiedlichen Landesteile wirkungsvoll voranzubringen und so die Identifikation der Bürgerinnen und Bürger mit dem Land Brandenburg zu stärken. Er war als Landesvater sehr beliebt und fand das Vertrauen der Einwohnerinnen und Einwohner. In großer Dankbarkeit und mit Hochachtung gedenken wir dieser herausragenden Persönlichkeit.”
Annalena Baerbock (Grüne), Brandenburger Bundestagsabgeordnete: “Brandenburg wäre ohne Manfred Stolpe ein anderes Bundesland. Als erster Ministerpräsident Brandenburgs nach der Wiedervereinigung hat er die Menschen zusammengeführt. Wir verdanken ihm nicht zuletzt das Bündnis ‘Tolerantes Brandenburg’ – damals wie heute mehr als notwendig. Mein herzliches Beileid seiner Familie, seinen Freundinnen und Freunden sowie Weggefährten.”
In Brandenburg haben gemäß der Anordnung alle Landesdienststellen, die Gemeinden und Gemeindeverbände sowie die übrigen Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts, die der Aufsicht des Landes unterstehen, eine Trauerbeflaggung vorzunehmen.
Foto: Manfred Stolpe 2015, CC BY-SA 3.0 de, Olaf Kosinsky/Skillshare.eu