Seit nunmehr über drei Jahren verweigert die Landesregierung die Schaffung einer Schlichtungsstelle für Bergbauschäden durch die Braunkohleförderung. Rot-rot plädiert stattdessen für weiterhin Gespräche mit dem Bund, wie ein am Mittwoch bekannt gewordener Antrag der Regierungskoalition von SPD und Linkspartei ergab. In einer Debatte am Freitag im Potsdamer Landtag werden die Freien Wähler, wie auch die Grünen wiederholt für Schaffung einer Schiedsstelle fordern. „Der Wirtschaftsminister hatte bereits 2014 angekündigt, dass er sich um die offenen Fragen der Schlichtungsstelle kümmern werde“, stellt Hannelore Wodtke, Vorstandsmitglied des Netzwerkes Bergbaugeschädigter in der Lausitzer Braunkohleregion fest. „Es ist eine Frechheit, dass die Betroffenen wieder einmal nur mit warmen Worten vertröstet werden. Dass sich die Regierung in Potsdam hinter dem Bund versteckt , ist einfach nur schäbig“.
Das Netzwerk Bergbaugeschädigter fordert Wirtschaftsminister Albrecht Gerber (SPD) auf, eine Schlichtungsstelle anfangs auch ohne LMBV einzurichten. Nach erfolgreichen Gesprächen könne der Bergbausanier später beitreten. Der Bergbaubetreiber Vattenfall sagte bereits die Teilnahme an einer Schiedsstelle zu. Nach dem Wunsch des Brandenburger Wirtschaftsministeriums sollte jedoch auch der Bergbausanierer LMBV als Betreiberin des Sanierungsbergbaus ihren Beitrag leisten. Bereits im Januar 2015 wurde von der Landesregierung verlautbart, dass ein Schlichter mit Befähigung zum Richteramt zur Verfügung stehe. Die Ansiedlung der Geschäftsstelle bei der IHK Cottbus vorbereitet sei und Finanzierungsanteil des Landes im Entwurf für den Doppelhaushalt 2015/2016 enthalten ist, bestätigte die Lausitzer Landtagsabgeordnete Heide Schinowsky (Grüne) dem Netzwerk. „Seitdem ist nichts passiert. Der Bund als Eigentümer der LMBV lehnt eine Beteiligung an einer Schiedsstelle kategorisch ab, wodurch das ganze Vorhaben wieder in Frage gestellt wird“ erklärt Wodtke.
„Statt nach Lösungen zu suchen, werden die Betroffenen seit Jahren mit der Ausrede abgespeist: Der Bund macht nicht mit, daher könne man nichts machen“, kritisiert Wodtke: „Die Landesregierung muss endlich aktiv werden“. Das Netzwerk spricht sich für eine unabhängige Schlichtungsstelle aus: „Mit dem bereits beschlossenen 120.000 Euro im Landeshaushalt wäre eine Schiedsstelle durchaus zu betreiben. Warum unbedingt die LMBV Finanzmittel dazu beitragen muss, konnte uns Gerber bislang noch nicht erklären“, sagte Wodtke.
Hintergrund
Nach aktuellem Bundesbergrecht stehen Betroffene in Braunkohletagebau-Gebieten vor der schwierigen Aufgabe, selbst nachweisen zu müssen, ob es sich bei Schäden an ihrem Eigentum um Bergschäden durch den Braunkohletagebau handelt. Da dieser Nachweis für die Betroffenen mit erheblichen Kosten verbunden ist und geschädigte Hausbesitzer oftmals nicht an Daten über den Untergrund kommen, scheuen Hausbesitzer häufig eine gutachterliche Beweisaufnahme, wenn ihre Schadensersatzforderung im ersten Anlauf abgelehnt wird. Entscheiden sich Bergbaubetroffene dennoch zu klagen, droht ihnen vor Gericht eine ungleiche Auseinandersetzung mit einem Großkonzern.
Bei Vattenfall gingen seit dem Jahr 2000 rund 4000 Schadensanträge ein, von denen nur etwa die Hälfte anerkannt wurde. Ähnlich sieht es beim Bergbausanierer LMBV (Lausitzer und Mitteldeutsche Bergbauverwaltungsgesellschaft mbH )aus, der für die alten DDR-Tagebaue zuständig ist. Dort wurden von 4300 Anträgen etwa 1700 abgelehnt.
pm/red
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