Der Brandenburger Verfassungsschutz stuft die AfD im Land als gesichert rechtsextremistische Bestrebung ein. Grundlage ist ein 142 Seiten umfassendes Gutachten, das Innenminister René Wilke (parteilos) und Verfassungsschutz-Chef Wilfried Peters am Donnerstag in Potsdam vorgestellt haben. Die Veröffentlichung wurde möglich, weil der AfD-Landesverband seinen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz gegen die Einstufung zurückgenommen hat. Am Nachmittag reagierte die Partei entsetzt über die Begründung zur Einstufung und die dafür eingebrachten Zitate. Die AfD wies die Vorwürfe entschieden zurück und geht juritisch dagegen vor.
142 Seiten Gutachten soll Begründung liefern
Nach Angaben der Behörde stützt sich die Bewertung vor allem auf Verstöße gegen die Menschenwürde und das Demokratieprinzip, die als zentrale Bestandteile der freiheitlichen demokratischen Grundordnung gelten. Die AfD Brandenburg, so das Gutachten, verfolge „eine gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtete Zielsetzung“ und arbeite bewusst auf eine Veränderung der politischen Ordnung hin.
Als Belege werden unter anderem Zitate von Brandenburger AfD-Politikern angeführt, die nach Einschätzung der Behörde diskriminierend und ausgrenzend wirken. Besonders im Fokus stehen Aussagen zum Thema „Remigration“, die laut Gutachten auf die Ausgrenzung und Rückführung von Menschen mit Migrationshintergrund abzielen – unabhängig von deren Staatsangehörigkeit. Diese Forderungen seien „mit der Menschenwürdegarantie unvereinbar“. Das Papier betont zudem, dass die Partei gezielt Begriffe und Narrative etabliere, „um extremistische Inhalte gesellschaftlich anschlussfähig zu machen“ und damit den öffentlichen Diskurs zu verschieben.
Innenminister Wilke erklärte, die Veröffentlichung des Vermerks sei ein Gebot der Transparenz. Zugleich warf er der AfD vor, auf einem Kurs zu sein, der den demokratischen Staat und seine Institutionen zerstören wolle. Es sei Aufgabe des Rechtsstaats, die Partei von diesem Pfad abzubringen oder sie die Konsequenzen spüren zu lassen. Zudem betonte er, die Einstufung richte sich nicht pauschal gegen alle Mitglieder oder Wähler der Partei. Im Mittelpunkt stünden der „Kader“ sowie „Anhänger mit einem gewissen Fanatismus“. Zugleich warf er der AfD vor, rechtsstaatliche Institutionen systematisch zu diskreditieren. So werde behauptet, Gerichte, Medien oder auch der Verfassungsschutz seien „staatsgelenkt“, sobald sie gegen die Partei agierten.
Verfassungsschutzchef Peters bezeichnete die AfD Brandenburg als „in hohem Maße fremdenfeindlich und zum Teil rassistisch“. Die Partei vertrete einen ethnokulturellen Volksbegriff, „der Menschen ausschließt und diskriminiert“. Zudem gebe es gravierende Äußerungen von Funktionären, „die als unmittelbare Kampfansage gegen die Demokratie und ihren zentralen Kern, die freiheitliche demokratische Grundordnung, gerichtet sind“.
Mit der Hochstufung können nachrichtendienstliche Mittel nun effektiver und leichter eingesetzt werden. Für den öffentlichen Dienst bleibt es nach Angaben des Ministers bei einer Einzelfallprüfung. Beamte seien verpflichtet, sich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung zu bekennen, für Tarifbeschäftigte gelte eine funktionsbezogene Betrachtung je nach Stellung, Aufgabenkreis und Loyalitätspflichten. Nur Mitglieder einer verbotenen Organisation könnten grundsätzlich vom Dienst ausgeschlossen werden. Der Vermerk werde fortlaufend aktualisiert und in Abständen überprüft.
AfD weist Vorwürfe zurück und geht juritisch vor
Der AfD-Landesverband Brandenburg weist die Einstufung als gesichert rechtsextremistische Bestrebung zurück und sieht in dem veröffentlichten Einstufungsvermerk keine verfassungsfeindlichen Inhalte. Nach Darstellung der Partei sei die Veröffentlichung auf ihren eigenen Antrag im Landtag zurückzuführen.
Landeschef Christoph Berndt kritisierte den Vermerk als einseitig und warf dem Verfassungsschutz vor, nicht abzuwägen, sondern auf Grundlage von Unterstellungen zu urteilen. Aus Sicht der AfD sei der Bericht von Feindseligkeit gegenüber der Partei geprägt und enthalte teils persönliche Angriffe. Bestimmte Aussagen, die vom Verfassungsschutz als problematisch eingestuft würden, wie etwa die Forderung nach Integration von Zugewanderten oder die Betonung nationaler Interessen, wertet die AfD als legitime politische Positionen.
Die Partei beanstandet außerdem, dass der Verfassungsschutz ihr auch dann verfassungsfeindliche Absichten unterstelle, wenn sie Positionen in abgeschwächter Form beschlossen oder gegen problematisches Verhalten von Mitgliedern vorgegangen sei. Zudem sieht sie im Vorgehen der Behörde eine Bevormundung im politischen Wettbewerb und eine Rolle als „Schiedsrichter“ zwischen Parteien.
Die AfD lehnt den Vorwurf ab, Menschen aufgrund ihrer Herkunft oder Religion benachteiligen zu wollen, und betont, alle Staatsbürger gleich zu behandeln. Sie bekräftigte ebenfalls, juristisch gegen den Einstufungsvermerk vorzugehen.
Heute in der Lausitz – Unser täglicher Newsüberblick
Mehr Infos und News aus der Lausitzer und Südbrandenburger Region sowie Videos und Social-Media-Content von heute findet ihr in unserer Tagesübersicht –>> Hier zur Übersicht
Red.