Es waren nur Sekunden, die das Leben von Kathleen Frank und ihrer Familie auf einen Schlag veränderten. Sie war mit ihrer Tochter Giulia beim Bummeln in der Dresdener City, als die schwangere Fitnesstrainerin plötzlich ein Ziehen im Rücken spürte. Der Rest ist Trauma: Die Fruchtblase platzte – ihr 18 Wochen altes Baby im Bauch hatte trotz aller ärztlichen Bemühungen keine Chance. Im Krankenhaus mussten bei Kathleen Frank die Wehen eingeleitet werden, um 5.30 Uhr kam ihr Baby tot zur Welt. Ein Junge, den sie und ihr Mann Marcel sich so sehr gewünscht haben.
Das ist nun über ein Jahr her, doch die Erinnerung an die tragischen Ereignisse hat sich für immer bei Kathleen Frank eingebrannt. Und immer noch ist die Familie dabei, das „Schlimmste, was wir je erlebt haben” aufzuarbeiten. Kein leichter Weg. Aber einen großen Schritt hat Kathleen Frank zusammen mit ihrer Tochter durch eine Mutter & Kind-Kur in der Mutter/Vater & Kind-Klinik Sellin zurücklegen können. In der Klinik auf der Insel Rügen wird unter dem Namen „Tautropfen” ein therapeutisches Programm angeboten, das mit gezielt dazu entwickelten Methoden versucht, das Trauma Fehlgeburt aufzuarbeiten.
Abschied vom „Küken“: Familienleben wie in Trance
Denn Kathleen Frank war bis zu diesem Zeitpunkt wie in Trance. Nur Tränen konnten ihre Gefühle ausdrücken. Das Baby, das in Kathleen Franks Bauch heranwuchs, nannten sie liebevoll ihr „Küken”. Ein Name, den ihr Sohn bis heute trägt. So nannten sie ihn auch, als sie das tote Baby in einem Körbchen mit Tüchern eingewickelt in der Klinik im Arm hielten. „Wir haben beide nur geweint. Es wird immer ein Stück von uns fehlen!”, schildert Kathleen Frank heute.
Abschied nahm die Familie von ihrem „Küken” auf der Sternenkinder-Wiese von Dresden. Zusammen mit ihrer Tochter hat Kathleen Frank den Sarg bemalt, ihr Mann die Grabkerze. Alle Erinnerungsstücke packten sie in eine bunte Holzkiste: die Geburtskarte, ein Plüschtier, eine Engelskerze. Das letzte Ultraschallbild mit perfekten Köpfchen, Beinen und Armen steht in der Vitrine – das Küken gehört zur Familie. „Und wann immer ich ihm nahe sein möchte, gehe ich auf die wunderschöne Sternenkinder-Wiese und weiß, er ist dort nicht allein”, sagt Kathleen Frank.
Hilflosigkeit und Wut verfinsterten die Seele
Die Familie versuchte, sich gegenseitig Halt zu geben. Doch die Tränen versiegten nicht. „Ich hatte lang zu kämpfen. Ich war so hilflos, traurig und wütend, weil es so ungerecht war. Warum ich und mein Baby, warum passiert das sonst keinem?”, haderte Kathleen Frank mit dem Schicksal. „Wie es einem in dieser Situation geht, kann nur jemand verstehen, der es selbst erlebt hat. Und dieses Verständnis habe ich gehofft, im Rahmen des Kuraufenthaltes in der Klinik Sellin zu finden – und ich wurde nicht enttäuscht”, sagt Kathleen Frank.
Im Rahmen dieser deutschlandweit einmaligen Schwerpunktkur für Mütter, die durch eine Fehlgeburt traumatisiert sind, wollen die Psychologinnen und Therapeutinnen die Mütter auf ihrem individuellen Trauerweg professionell begleiten und für drei Wochen Weggefährte sein. Das hat auch Kathleen Frank während ihrer Kur in der Klinik Sellin erlebt: „Ich wollte mich mit anderen austauschen, denen es ähnlich ging, und mich nicht mehr als Außenseiter fühlen. Und ich konnte mich noch einmal richtig von meinem Küken verabschieden und meine Erlebnisse durch verschiedene Rituale gut verarbeiten.”
„Tautropfen“: deutschlandweit einmaliges Therapiekonzept
Die Schwerpunktkur „Tautropfen” hat auch dazu beigetragen, die Lebenssituation der Familie Frank zu verbessern. Mit ihrer Tochter genoss Kathleen Frank die drei Wochen auf Kur, denn das Mädchen hat nicht nur die Fehlgeburt hautnah miterleben müssen, sie war gerade in dieser schweren Zeit immer ein Halt für ihre Mutter. Und zu ihrem Mann hat Kathleen Frank durch die Kur wieder seelisch Anschluss gefunden. „Er war mir mit der Aufarbeitung der Geschehnisse einen Schritt voraus“, sagt die Mutter heute.
Aber trotzdem: Kathleen Frank vermisst ihr Küken. Als sich im August vergangenen Jahres der Tag der Fehlgeburt zum ersten Mal jährte, holte die Familie die Geburtskarte, das Plüschtier und die Engelskerze aus der bunten Holzkiste auf den Tisch und hatte ihn so ganz nah bei sich. Anschließend gingen alle drei zur Sternenkinder-Wiese und besuchten ihren Sohn und Bruder auf dem Friedhof. Wie wäre es wenn er jetzt hier wäre und was könnte er schon alles? Und dann nahm sich die Familie an der Hand: „Wir haben alle drei den gleichen Verlust erlebt und dies schweißt uns noch mehr zusammen.”
Quelle: Kurklinik Sellin GmbH & Co. KG