Die Industrie- und Handelskammer (IHK) Cottbus stellte heute die Ergebnisse der Verkehrs- und Engpassanalyse vor, die die Verkehrsinfrastruktur im Flughafenumfeld bedarfsgerecht voranbringen soll. Die Analyse befasst sich mit der Verkehrsentwicklung in der länderübergreifenden Flughafenregion. In einem Radius von 30 Kilometern um Schönefeld wurde das aktuelle und künftige Verkehrsaufkommen für die Jahre 2020, 2025, 2030 und 2040 im Detail ermittelt. Die Untersuchung prognostiziert, dass die Verkehrsbelastung durch das Wachsen der Gemeinden, der Gewerbestandorte sowie durch die Eröffnung und das weitere Wachstum des Großflughafens BER stark zunehmen und die zukünftige Verkehrssituation sehr herausfordernd wird.
IHK-Hauptgeschäftsführer Marcus Tolle: „Angesichts der langen Planungs- und Realisierungszeiten von Verkehrsprojekten müssen jetzt Maßnahmen eingeleitet werden, damit die Verkehrssituation in Zukunft beherrschbar bleibt und die Wirtschaft in der Flughafenregion weiter gefördert wird. Dazu führen die IHKs und Gutachter Gespräche mit Entscheidungsträgern.“
Von 34,7 Millionen Fluggästen in 2018 soll die Fluggastnachfrage auf 55 Millionen in 2040 wachsen. Außerdem wird das Verkehrsaufkommen deutlich durch die Gewerbeentwicklung und stark wachsenden Einwohnerzahlen im Raum Schönefeld steigen. Bis 2040 wird hier mit über 67 000 neuen Einwohnern und 1 100 Hektar neuen Gewerbeflächen zu rechnen sein, 600 Hektar davon allein in Schönefeld. Durch diese Entwicklung werden 135 000 neue Arbeitsplätze bis zum Jahr 2040 erwartet.
Durch die dynamische Entwicklung der Region werden die Verkehrsmengen zunehmen und die Infrastruktur belasten. Die Bundesautobahnen werden stärker belastet, insbesondere die Autobahnen A100/A113 in Berlin mit beschränkten Ausbaumöglichkeiten.
Auch im ÖPNV ist mit einer stark steigenden Fahrgastnachfrage zu rechnen. Der Flughafenbahnhof wird von Pendlern in Richtung Berlin zunehmend als Umsteigebahnhof genutzt. Linien wie der RE2 und RE4 weisen in Spitzenzeiten hohe Auslastungen auf, ihr Angebot sollte ausgeweitet werden.
Die Angebote im landesüberschreitenden Busverkehr (X7, X71) sind im Jahr 2040 überlastet. Für die Beschäftigten an den Gewerbestandorten sind die Angebote im regionalen Busverkehr nicht attraktiv genug. Hier ist die Nachfrage größer als die Kapazitäten der stündlichen Fahrten.
Um die Verkehrsanbindung des Flughafens BER und dessen Umfeld den gestiegenen Nutzerzahlen anzupassen, haben die IHKs einen 16-Punkte-Maßnahmenkatalog erarbeitet.
Bekannt wurde auch, dass sich in Kiekebusch (Ortsteil der Gemeinde Schönefeld im Landkreis Dahme-Spreewald) direkt an der A113 Amazon auf etwa 15 Hektar Fläche mit einem großen Logistikzentrum niederlassen will. In einem Gewerbepark sollen dadurch 900 Arbeitsplätze entstehen, aber auch die Verkehrsbelastung um bis zu 1.000 LKWs pro Tag steigen. Für die Ansiedlung ist ein eigener Autobahnanschluss geplant, der zwischen 2025 und 2030 fertiggestellt sein soll, der Bund hat die Finanzierung dafür bereits zugesagt.
Christian Gräff, Vorsitzender des Vereins der Eigenheim- und Grundstücksbesitzer in Deutschland als größter Verein im Dachverband VDGN erklärt dazu: „Das bedeutet nicht nur enorme Herausforderungen für die Anbindung des Flughafens im Brandenburger Umland, sondern insbesondere auch für Berlins Verkehrspolitik. Es darf jetzt keine weiteren Verzögerungen bei der Herstellung der Tangentialen Verbindung Ost (TVO) geben. Ansonsten droht im Südosten Berlins der Verkehrskollaps. Für den ÖPPNV kann einem angesichts seines jetzigen Zustands in Berlin angst und bange werden. Wir brauchen eine dramatische Verbesserung, wenn die große Zahl der Pendler zwischen Berlin und Brandenburg noch durch Millionen weiterer Fluggäste erhöht wird. Hier bedarf es komplexen und weitsichtigen Denkens und Handelns. Ein Beitrag dazu wäre beispielsweise die Ausweitung der ÖPPNV-Tarifzone AB hinein nach Brandenburg und der Ausbau der Park-and-Ride-Möglichkeiten beiderseits der Landesgrenze.”
Hintergrund:
Anlass der Berlin-Brandenburger IHK-Studie unter Federführung der IHK Cottbus und Durchführung der Verkehrsplanungsbüros SPV Spreeplan GmbH Berlin und PST Werder (Havel) war, dass sich das Fluggastaufkommen auf den Flughäfen Tegel und Schönefeld weit positiver entwickelte als einst prognostiziert. Bisherige Planungen stützen sich auf eine überholte Datenbasis. Die Betrachtung der gesamten länderübergreifenden Flughafenregion, ein ganzheitlicher Überblick zum gegenwärtigen Verkehr und zur künftigen Verkehrsentwicklung der umliegenden Flughafengemeinden ist neu.
Detaillierte Informationen im Internet: www.cottbus.ihk.de/verkehrsanalyse