25 Protagonist*innen der 12. Klasse der Freien Waldorfschule Cottbus, unter der Regie und musikalischen Leitung von Dirk Ibbeken sowie eine Band aus Musikpädagogikstudent*innen der BTU Cottbus unter der Leitung von Lutz Schulz entführten fast 1000 Fahrgäste, unter ihnen auch Staatstheater-Intendant Martin Schüler, in ein Drama. Fünf großartige Shows, allesamt ausverkauft, ernteten stehende Ovationen.
Ein minimal gestaltetes Bühnenbild, das nur Andeutungen einer U-Bahn, einen Bulettenkiosk am Bahnhof Zoo mit einem einzigen Standtresen enthielt, ließ Raum für Spielfreude, Choreographie, Tanz und 18 verschiedene musikalische Darbietungen. Detailgetreu gearbeitete und punktgenau gesetzte Kostüme ließen ein abwechslungsreiches, farbiges, präzise ausgeleuchtetes Bild entstehen, das eher wie mit 50 Darsteller*innen als „nur“ 25 daherkam.
Was dann auf der Bühne geschah, war Feuerwerk! Ich möchte am liebsten jede Szene einzeln beschreiben und herausstellen, welche Leistungen sich dahinter verbergen!
Alles passte. Das waren nicht 25 Schülerinnen und Schüler mit einem erlernten Text, das waren Großstadtgestalten in all ihren liebenswürdigen, grausamen, lächerlichen, bewundernswerten, zu bemitleidenden oder zu bestaunenden Existenzen: vom Verwirrten bis zum Junkie vom naiven Mädchen, dem Nazimann bis zu den Kontrollettis. Die fantastischen musikalischen und gesanglichen Darbietungen erschufen Gänsehautmomente, Betroffenheit und erleichtertes, befreiendes Lachen.
„Volksnotstand“ und „Armes Deutschland“, gehört zum Text des Nazimanns. Worte, die wir heute, im Jahr 2017, vielleicht wieder öfter hören als noch 1986. Mit dem Wissen um das Engagement um diese Show herum, das der 12. Klasse der Freien Waldorfschule Cottbus, der Band der BTU, der Leistung des Regisseurs und musikalischen Leiters, aller helfenden Hände, der großartigen Förderung durch die Stiftung Lausitzer Braunkohle und der Partner Cottbusverkehr sowie Glad-House entgegne ich: Reiches Cottbus! In deiner Bildungslandschaft gibt es Initiativen, die du pflegen, schützen, herausheben, unterstützen und viel mehr fördern musst als bisher. Denn da wird gute Zukunft entworfen!
Silvio Pohle, Klassenbetreuer der 12. Klasse, Darsteller von „Linie 1“
Hintergrund:
Ein Mädchen aus irgendeiner deutschen Provinz landet auf der Suche nach ihrem Freund in Berlin, in West-Berlin, um genau zu sein. Im Zug und auf den Bahnhöfen der U-Bahn Linie 1, zwischen Ruhleben und Schlesischem Tor (Kreuzberg), lernt sie die verschiedensten Menschen kennen, ein „Kaleidoskop großstädtischer Typen und Schicksale“ (1). Ihre Naivität darf belächelt werden und doch bewirken ihre Fragen, ihr Sein am Bahnhof Zoo, um 6.14 Uhr morgens und am darauffolgenden Tag, Handlungen, Gespräche, Kontakte von Fremden, die es ohne sie niemals gegeben hätte.
Die musikalische Revue von Volker Ludwig und Birger Heymann war und ist, nach kleinen Anlaufschwierigkeiten im Premierenjahr 1986, nach Brechts „Dreigroschenoper“ das meistgespielte deutsche Theaterstück weltweit. Die „Linie 1“ rollte durch Berlin, Amsterdam, Kalkutta, Omsk, Seoul, London, New York City, Wien oder Dublin – und diese Liste erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Vom 4. bis zum 7. Juli 2017 fuhr sie nun fünf Mal durch Cottbus, immer mit dem Zwischenhalt Glad-House.
Foto: Marlies Kross