In der Sitzung des Rechtsausschusses des Landestages am Montag nahm Justizminister Stefan Ludwig Stellung zur Aufhebung zweier Haftbefehle durch das Brandenburgische Oberlandesgericht. Dazu erklärte er: „Die Unabhängigkeit der Gerichte geht einher mit einer hohen Verantwortung. Dabei auch im Interesse der Angeklagten gerecht zu werden, ist bei ca. 22000 Strafverfahren vor den Amtsgerichten und 300 Strafverfahren vor den Landgerichten in einem Jahr eine große Aufgabe. Dieser kommen die brandenburgischen Richterinnen und Richter auch hervorragend nach. Aber, es kann zu einzelnen Fällen kommen, in denen Fehler gemacht werden. Ich gehe davon aus, dass die Begründung des OLG-Senats den Blick der Gerichte für die Selbstorganisation schärft.“
Weiter sagte er: „Prinzipiell ist es zutreffend, dass die personelle Situation in der Justiz Brandenburgs in den letzten Jahren angespannt war. Mit dem vorliegenden Haushalt 2019/20 ist es gelungen, hier eine Wende herbeizuführen. Bestehende Einsparungen wurden verschoben oder aufgehoben sowie neue Stellen geschaffen. In der Gesamtheit ist die ordentlichen Gerichtsbarkeit in Brandenburg gut aufgestellt.“
Hintergrund:
1. Die Personalausstattung des Landgerichts Potsdam seit 2016 ergibt sich aus der nachstehenden Tabelle. Bei den Angaben handelt es sich jeweils um Arbeitskraftanteile; als Personalbestand ist für 2016 und 2017 jeweils der Jahresdurchschnittswert angegeben, für 2018 der Durchschnittswert der ersten drei Quartale (der Jahreswert liegt noch nicht vor). Der Anstieg des Personalbedarfs von 2016 zu 2017 ist nicht auf einen Anstieg der Verfahrenseingänge zurückzuführen, sondern auf die Aktualisierung des Personalbedarfsberechnungssystems. Tatsächlich sind die Eingänge bei dem Landgericht Potsdam in allen Bereichen, auch den erstinstanzlichen Strafsachen, von 2016 zu 2017 zurückgegangen.
| 2016 | 2017 | 2018 | |||
Personal- bedarf | Personal- bestand | Personal- bedarf | Personal- bestand | Personal- bedarf | Personal- bestand (I. bis III. Quartal) | |
Richter | 41,87 | 50,55 | 45,60 | 47,90 | 45,46 | 46,83 |
Gehobener Dienst | 9,01 | 11,19 | 9,54 | 10,97 | 9,16 | 10,18 |
Mittlerer/Schreibdienst | 39,33 | 41,53 | 37,99 | 40,60 | 35,84 | 37,36 |
Einfacher Dienst | 15,94 | 19,75 | 16,21 | 20,00 | 16,26 | 17,67 |
2. Die gestellte Frage nach eventuell drohender Entlassungen aus der Untersuchungshaft lässt sich in dieser Allgemeinheit nicht beantworten. Ein Untersuchungshaftbefehl kann aus verschiedenen Gründen aufgehoben werden, etwa weil der Haftgrund der Verdunkelungsgefahr entfallen ist. Ob aus solchen Gründen die Entlassung aus der Untersuchungshaft bevorsteht, lässt sich nur im Einzelfall durch die zuständigen Richter beurteilen.
In der Sondersitzung des Rechtsausschusses am 8. Januar 2019 wurde daher auch gefragt, wie viele Untersuchungsgefangene sich seit mehr als sechs Monaten in Haft befinden.
Gemäß § 121 Abs. 2 der Strafprozessordnung (StPO) darf der Vollzug der Untersuchungshaft wegen derselben Tat über sechs Monate hinaus (nur) aufrechterhalten werden, wenn die besondere Schwierigkeit oder der besondere Umfang der Ermittlungen oder ein anderer wichtiger Grund das Urteil noch nicht zulassen und die Fortdauer der Haft rechtfertigen. Ob diese Voraussetzungen im Einzelfall jeweils vorliegen, bedarf einer sorgfältigen Prüfung und kann sich je nach Verlauf des Strafverfahrens kurzfristig ändern.
Beginnt die Hauptverhandlung vor Ablauf der Sechs-Monats-Frist, so ruht gemäß § 121 Abs. 3 Satz 2 StPO der Fristenlauf bis zur Verkündung des Urteils. Eine Entlassung aus der Untersuchungshaft kann in solchen Fällen geboten sein, wenn eine von staatlicher Seite zu vertretende rechtsstaatlich nicht zu rechtfertigende Verzögerung des Verfahrens eingetreten ist.
Vor diesem Hintergrund sind die folgenden Angaben zu werten: Am 31. Dezember 2018 befanden sich im Land Brandenburg 66 Personen länger als sechs Monate in Untersuchungshaft. Bis zum 31. Januar 2019 werden sich weitere 7 Personen mehr als sechs Monate in Untersuchungshaft befunden haben. Von diesen Untersuchungsgefangenen sind 44 bereits in erster Instanz verurteilt und haben Revision oder Berufung gegen das Urteil eingelegt.